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Nikolaus Ludwig von Zinzendorf

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Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf
Zinzendorf-Denkmal in Herrnhut

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (* 26. Mai 1700 in Dresden; † 9. Mai 1760 in Herrnhut) war ein lutherisch-pietistischer Theologe, Gründer und Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine („Brüder-Unität“) und Dichter zahlreicher Kirchenlieder.


Biografie

Zinzendorf war der Sohn von Georg Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf und Pottendorf (1662-1700) und Charlotte Justina von Gersdorff. Ludiwg Spener war sein Taufpate - der Vater verstarb früh und er wohnte bei seiner frommen Großmutter. Er besuchte von 1710-1715 das Pädagogium der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale), wo er sehr durch den Pietismus geprägt wurde. Gerade August Hermann Francke selbst hatte großen Einfluss auf ihn.

Von 1716-1719 studierte Zinzendorf in Wittenberg Rechtswissenschaft. Er gründete 1710 mit Friedrich von Watteville den Senfkornorden (Sammlung von Liebhabern Jesu). Von 1719 bis 1720 unternimmt er eine Bildungsreise nach Holland und Frankreich. Dort freundete er sich mit anderen Ko´nfessionen (auch Katholiken) an und erlebte die Einheit unter Christen. Danach, von 1721-1732 war er Hof- und Justizrat in Diensten August des Starken in Dresden. 1722 gründete er die Siedlung Herrnhut auf seinem Gut bei Berthelsdorf. 1727 wurde im August die Brüdergemeine in Herrnhut gegründet durch die Umkehr durch Busse von Pfarrer Rothe, Zinzendorf und der ganzen Gemeinde. 1731 bringt Zinzendorf einen westindischen Negersklaven von Kopenhagen nach Herrnhut. Seine Berichte von St. Thomas motivieren die Gemeine zur Missionsarbeit. So beginnt 1732 die Missionsarbeit der Brüdergemeine mit den Missionaren Johann Leonhard Dober und David Nitschmann. Sie reisen nach St. Thomas und waren bereit, selber Sklaven zu werden. 1735 begann die Missionsarbeit unter Indianern in Georgia; 1737 unter Hottentotten in Südafrika und an der Goldküste; 1738 in Surinam; 1754 in Jamaika.

Er gehörte der 1741 vom Breslauer Fürstbischof Grafen Schaffgotsch gestifteten und von den Grafen Hoditz und Gossa installierten Wiener Freimaurerloge Aux trois canons an. Weitere Angehörige dieser Loge waren Kaiser Franz I. Stephan Prinz von Hessen-Rheinfels, die Grafen Gondola, Hamilton, Bethlen, Wallenstein, de la Cerda, Hojos, Starhemberg, Kaunitz, Trauttmansdorff, Draskovich, Gallas, Soerger, Seilern, Salm, Marchese Doria, die Barone Tinti und Lievenstein.[1]

1722 heiratete Zinzendorf Erdmuthe Dorothea Gräfin Reuß-Ebersdorf. Im Mai des gleichen Jahres erwarb er von seiner Großmutter das Rittergut Mittelberthelsdorf in der Oberlausitz. Dort begann im Juni 1722 die Aufnahme von Glaubensflüchtlingen aus Mähren, Nachkommen der alten böhmisch-mährischen Brüder. Sie gründeten außerhalb von Berthelsdorf die Siedlung Herrnhut, aus der eine kirchlich eigenständige Brüdergemeine erwuchs. Hier erfolgte ab 1731 die schriftliche Herausgabe der Herrnhuter Losungen, Bibelverse für jeden Tag. Sie werden heute noch jährlich neu herausgegeben.

1734 wurde Zinzendorf als lutherischer Theologe ordiniert. Die Rechtgläubigkeitsprüfung erfolgte in Stralsund, die Ernennung zum Kandidaten in Tübingen. 1736 erfolgte die Verbannung Zinzendorfs aus Sachsen (endgültig 1738). Er ging in die Wetterau und gründete dort die beiden Gemeinden Marienborn (1736) und Herrnhaag (1738). 1737 wurde er durch den reformierten Hofprediger Daniel Ernst Jablonski in Berlin, der zugleich Bischof der polnischen Brüder-Unität war, zum Brüderbischof ordiniert. Die polnische Unität war durch Sukzession mit der alten böhmisch-mährischen verbunden, deren eigene Bischofssukzession über Johann Amos Comenius hinaus nicht fortgesetzt werden konnte.

In den folgenden Jahren unternahm Zinzendorf Reisen als Prediger nach den Ostseeprovinzen, England, Nordamerika, auf die Westindischen Inseln und Saint Thomas. 1747 wurde ihm auch die Rückkehr nach Sachsen wieder gestattet. Im Jahr 1749 erreichte er für die Herrnhuter Brüdergemeine die Freiheit der Verkündigung und der Gemeinde als eine der sächsischen Landeskirche verbundene Gemeinschaft. Seit 1750 lebte Zinzendorf meistens in London, dann seit 1755 in Berthelsdorf. Nach dem Tod seiner Frau Erdmuthe Dorothea, mit der er sich auseinandergelebt hatte, heiratete Zinzendorf einige Zeit später seine enge Mitarbeiterin Anna Nitzschmann.

Nikolaus Ludwig von Zinzendorf war der Vater von Renatus von Zinzendorf.

Werk

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf

Zinzendorf hat etwa 2000 Kirchenlieder gedichtet. Viele von ihnen werden heute noch gesungen, darunter das Lied Jesu, geh voran.

Siehe auch

Literatur

  • Holger Bauer: Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und das lutherische Bekenntnis. Zinzendorf und die Augsburger Konfession von 1530. (= Beiheft der Unitas Fratrum; Bd. 12). Herrnhuter Verlag, Herrnhut 2004, ISBN 3-931956-19-9 (zugl. Diss. Münster 2002)
  • Erich Beyreuther: Nikolaus Ludwig von Zinzendorf. Selbstzeugnisse und Bilddokumente. Eine Biographie. Brunnen, Gießen und Basel 2000, ISBN 3-7655-1191-9
  • Martin Brecht und Paul Peucker (Hrsg.): Neue Aspekte der Zinzendorf-Forschung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-55832-5
  • Erika Geiger: Nikolaus Ludwig von Zinzendorf. Der Erfinder der Herrnhuter Losungen. Seine Lebensgeschichte. 2. Auflage. Hänssler, Holzgerlingen 2000, ISBN 3-7751-2839-5 (Biographie)
  • Dietrich Meyer (Hrsg.): Bibliographisches Handbuch zur Zinzendorf-Forschung. Selbstverlag, Düsseldorf 1987 (Bibliographie)
  • Paul Tschakkert: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig Graf von Z. und Pottendorf, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 45. Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 344-353 (Digitalisat)
  • Stephan Hirzel: Der Graf und die Brüder. Quell Verlag, Stuttgart 1980, ISBN 3-7918-4001-0
  • Peter Zimmerling: Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine. Geschichte, Theologie, Spiritualität, Holzgerlingen 1999
  • Peter Zimmerling: Nikolaus Ludwig von Zinzendorf als Herausforderung für heutige Seelsorge, in: International Journal of Practical Theology 6 (2002), S. 104-120

Einzelnachweise

  1. Eugen Lennhoff: Die Freimaurer. S. 118. Nachdruck der Ausgabe von 1929. Sonderausgabe für den Michael Lechner Verlag - Wien in Coproduktion mit dem Gondrom Verlag, 1981. ISBN 3-8112-05845-4