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Bindungsstörung

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Die Bindungsstörungen gehören nach der ICD 10-Klassifikation zu einer Gruppe gestörter sozialer Funktonen. Man unterscheidet zwei Formen:

Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters, auch "gehemmte Form", (ICD 10-F94.1):

  • Störungen der sozialen Funktionen:
    • Abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen mit einer Mischung aus Annäherung und Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch,
    • Eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen,
    • Beeinträchtigung des sozialen Spielens,
    • Gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen


  • Emotionale Auffälligkeiten:
    • Furchtsamkeit,
    • Übervorsichtigkeit,
    • Unglücklichsein,
    • Mangel an emotionaler Ansprechbarkeit,
    • Verlust/Mangel an emotionalen Reaktionen,
    • Apathie,
    • "frozen watchfulness" ("eingefrorene Wachsamkeit")

Nach der Definition sollten die Störungen der sozialen und emotionalen Reaktionen in verschiedenen Situationen bemerkbar sein.


Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung, auch "ungehemmte Form", (ICD 10-F 94.2):

  • Störungen der sozialen Funktionen:
    • Abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen mit einer Mischung aus Annäherung und Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch,
    • Inadäquate Reaktionen auf Beziehungsangebote von Bezugspersonen,
    • Nicht-selektives Bindungsverhalten mit wahlloser Freundlichkeit und Distanzlosigkeit,
    • Gleichförmige Interaktionsmuster gegenüber Fremden,
    • Eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen,
    • Beeinträchtigung des sozialen Spielens,
    • Gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen

Emotionale Auffälligkeiten stehen nicht im Vordergrund, aber kommen vor.


Es ist keine Einteilung in Schweregrade bekannt.


Die reaktive Bindungsstörung (ICD 10-F94.1) tritt besonders bei jüngeren Kindern auf. Die Bindungsstörung mit Enthemmung (ICD 10-F94.2) entwickelt sich in der Regel aus der erstgenannten Störung im fünften Lebensjahr.


Für die Diagnose "Bindungsstörung" müssen bestimmte andere Störungen ausgeschlossen sein, zum Beispiel psychosoziale Probleme als Folge von sexueller oder körperlicher Misshandlung im Kindesalter und körperliche Probleme infolge von Misshandlung.


Eine britische Studie an rumänischen Adoptivkindern mit unterschiedlich langer Deprivationsdauer kommt zu folgenden Ergebnissen: Unter den rumänischen Kindern mit langer Deprivationsdauer vor der Adoption lag die Häufigkeit schwerer Bindungsstörungen im Alter von sechs Jahren bei 30%.


Siehe auch: Autismus, Hospitalismus, Deprivation, Vernachlässigung, Bindung (Psychologie), Soziale Isolation, Anpassungsstörung, Verwahrlosung, Vernachlässigung, Außenseiter, Jaktation, Cighid, Liste psychischer Störungen