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Max-Havelaar-Stiftung (Schweiz)

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Max Havelaar-Stiftung (Schweiz)
Rechtsform Stiftung
Gründung 1992
Sitz Basel, Schweiz
Leitung Martin Rohner
Website www.maxhavelaar.ch

Die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) ist eine Stiftung nach Schweizer Recht mit Sitz in Basel. Die Stiftung zeichnet mit ihrem Gütesiegel Porukte aus, welche nach den internationalen Standards für fairen Handel (FLO) produziert und gehandelt wurden.


Porträt

Die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) zeichnet fair gehandelte Produkte mit ihrem Gütesiegel (Label) aus und fördert dadurch den fairen Handel mit Produzenten, Arbeiterinnen und Arbeiter in benachteiligten Regionen des Südens. Die Einhaltung der international gültigen Standards des fairen Handels wird von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle kontrolliert. Die Max Havelaar-Stiftung vergibt Importeuren, Verarbeitungsbetrieben und Händlern das Recht, gegen die Entrichtung einer Lizenzgebühr das Max Haveaaar-Gütesiegel zu benutzen. Voraussetzung dafür ist, dass sie die Standards des fairen Handels erfüllen. die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) ist nicht gewinnorientiert und seit 2001 selbsttragend.


Geschichte

Die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) wurde 1992 von den Schweizer Hilfswerken Brot für alle, Caritas, Fastenopfer, Heks, Helvetas und Swissaid gegründet. Das Bundesamt für Aussenwirtschaft (heutiges SECO) leistete einen Startbeitrag. Seit 2001 steht die Stiftung finanziell auf eigenen Füssen.

Schon damals existierte in den Niederlanden eine Fair-Trade-Organisation, dessen Name auf der berühmten Romanfigur Max Havelaar basierte. Nach dem Vorbild dieser Fair-Trade-Organisation, wurde die Max Havelaar-Stiftung in der Schweiz gegründet.

Das erste Max Havelaar-zertifizierte Produkt kam 1992 auf den Markt. Es handelte sich um Kaffee, dessen Weltmarktpreis in den vorangegangenen Jahren rasant sank, und so viele Kleinbauern in Armut und Ruin trieb. Um dem entgegenzuwirken, wurde der Max Havelaar-zertifizierte Kaffee lanciert. Dadurch konnten die Kleinbauern, dank dem stabilen Mindestpreist und der Fair-Trade-Prämie, ihre Lebens- und Arbeitsbedingugen verbessern. Im Laufe der folgenden Jahre wuchs die Stiftung stetig an und es wurden nach und nach neue Produkte zertifiziert. So sind nach 15-jähriger Tätigkeit der Stiftung mehrere Fairt-Trade-zertifizierte Produkte im Handel und auch in der Gastronomie erhältlich. Under diesen befinden sich über 60 verschiedene Kaffemischungen, Bananen, Blumen, etliche Fruchtsäfte, Textilien/Baumwoll-Produkte, mehr als 15 Honigsorten, eine vielzahl von Schokolade-/Kakao-Produkten, Ananas, Reis, Tee, Zucker, Trockenfrüchte, Avocados und Mangos.

Um noch mehr Konsumenten zu erreichen und dadurch noch mehr Produzenten in benachteiligten Regionen des Südens unterstützen zu können, werden sowohl Absatzkanäle, wie z.B. in der Gastronomie, wie auch Angebotsformen, wie z.B. Markenartikel, laufend ergänzt und ausgebaut.


Wer war Max Havelaar?

Max Havelaar ist die Hauptfigur eines Romans, erschienen im Jahr 1860 unter dem Titel "Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handels-Gesellschaft". Der Autor, Eduard Douwes Dekker, schrieb sein zum Teil autobiografisches Buch unter dem Pseudonym Multatuli. Dekker lebte seit seinem 18. Lebensjahr in den niederländischen Kolonien als Angestellter des Staates. Er wehrte sich erfolglos gegen die dortigen Missstände und quittierte zuletzt den Dienst.

Der Roman und seine Hauptfigur Max Havelaar sind in den Niederlanden sehr populär. Als in diversen Ländern Gütesiegelorganisationen für den fairen Handel gegründet wurden, lag es auf der Hand, auch in der Schweiz, aus symbolischen Gründen, den Namen Max Havelaar zu wählen.


Zweck der Max Havelaar-Stiftung

Ziel der Stiftung ist die Förderung des fairen und umweltschonenden Handels mit Produzenten in so genannten Entwicklungsgebieten und die Information über damit zusammenhängende Themen. Konkret hat die Stiftung zwei Kernaufgaben:

  • Sie sichert den Marktzugang zu fairen Handelsbedingungen für Produzenten und Arbeiterschaft aus benachteiligten Regionen des Südens.
  • Sie zeichnet Produkte mit dem Max Havelaar-Gütesiegel aus, die gemäss den internationalen Standards des fairen Handels, gemäss der Fairtrade Labelling Organization International ([FLO]), produziert und gehandelt werden.


Bedeutung des Max Havelaar-Gütesiegels

Das Max Havelaar-Gütesiegel steht für fair produzierte und gehandelte Produkte, so unter Anderem für:

  • stabile Mindestpreise
  • die Bezahlng einer Fair-Trade-Prämie
  • langfristige Handelsbeziehungen
  • umweltschonenden Anbau. Mindestenst IP (Integrierte Produktion), vermehrt auch in Bio-Qualität

Auswirkungen des fairen Handels in Entwicklungsgebieten

Die vor rund 40 Jahren in Europa entstandene Fair-Trade-Bewegung hatte das Ziel, den Schattenseiten des globalisierten Welthandels entgegenzuwirken. Kleinbauern in benachteiligten Regionen des Südens sollten für ihre Produkte einen stabilen Mindestpreis, eine Fair-Trade-Prämie sowie einen direkten Zugang zu den Märkten der Industriestaaten erhalten. Auf diese Weise wollte man die Lage der Kleinbauern stabilisieren und langfristig verbessern. Einige Jahre später wurde das Fair-Trade-System auf Arbeiterinnen und Arbeiter ausgeweitet.


Finanzierung

Die umsatzstärksten Partner blieben unverändert Coop und Migros, gefolgt von claro fair trade, AG für Fruchthandel und Agrotropic (Blumengrosshandel). Textilien und Watteprodukte mit Max Havelaar-Gütesiegel entwickelten sich erfreulich. Dank Sortimentserweiterungen u.a bei Manor und Switcher stieg der Umsatz um 73%. Im Sektor Fruchtsäfte konnten verschiedene neue Partner, u.a. Cremo, Rauch und Rivella (Marke Michel) gewonnen werden, was sich in steigenden Verkäufen niederschlug (+24%). Die Bananen spürten erneut den Preisdruck und mussten einen leichten Umsatzrückgang von -5,8% hinnehmen.

Die Stiftung verwaltete 2005 ca. 5 Mio Euro; 70% werden für Personal und Verwaltung, 1/5 für Monitoring ausgegeben.


Internationale Zusammenarbeit

1997 war die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) Gründungsmitglied der internationalen Organisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) mit Sitz in Bonn. Im Rahmen dieses Netzwerks arbeitet die Max Havelaar-Stiftung mit 19 weiteren national organisierten Fair-Handels-Initiativen zu-sammen. Diese sind rechtlich und finanziell voneinander unabhängig und treten unter verschiedenen Namen auf (z.B. TransFair Deutschland, Fairtrade Foundation UK). Zu FLO gehören die Organisation FLO e.V. und die unabhängige Zertifizierungsstelle FLO-CERT GmbH. FLO e.V. definiert die internationalen Fair-Trade-Standards und lässt sich dabei von einem Gremium aus Produzenten, Händlern und Entwicklungsexperten beraten. Die Standards und die darin enthaltenen Mindestpreise werden rund alle zwei Jahre überprüft und wenn nötig angepasst. Überdies begleitet und unterstützt Flo e.V. die Produzenten in Zusammenarbeit mit lokalen Betreuern. FLO-CERT GmbH seinerseits ist für die Inspektion und Zertifizierung der Produzentenorganisationen sowie für die Überprüfung der Einhaltung der Fair-Trade-Standards zuständig. Dafür arbeitet sie mit lokal präsenten Inspektoren. FLO-CERT überprüft die Organisationsstruktur sowie die Verwendung der Fair-Trade-Prämie. Bei Mängeln werden Korrekturmassnahmen verlangt. Wenn diese nicht in der vorgegebenen Zeit umgesetzt werden, kann es zu einer Dezertifizierung der Produzentenorganisation kommen.


Die internationalen Fair-Trade-Standards

Bei den Fair-Trade-Standards unterscheidet man zwischen zwei Gruppen: In der einen Gruppe befinden sich die Standards die für Kleinbauern und die Standards für Plantagearbeiter, und in einer zweiten Gruppe, werden die produktspezifischen Standards geregelt.

Standards für Plantagearbeiter

Die internationalen Fair-Trade-Standards beruhen auf den Standards und Konventionen der Internationalalen Arbeitsorganisation (ILO). Anbei Auszüge aus den Fair-Trade-Standars (FLO), die für Plantagearbeiter (Hired Labour) gelten:

  • Die Geschäftsleitung betreibt, unterstützt oder toleriert keine Form von körperlicher Strafe, geistige oder physische Nötigung oder wörtliche Beschimpfung.
  • Die Geschäftsleitung leitet kein Disziplinarverfahrenein oder Kündigung ein, und betreibt auch keine Diskriminierung gegen Arbeiter, diese eine Beschwerde einreichen.
  • Die Geschäftsleitung stellt sicher dass die angestellten Frauen gleiche Chancen im Betrieb, und den gleichen Zugang zum Nutzenden der Fair-Trade-Vorteile haben.
  • Es wird keine Kinderarbeit toleriert.
  • Ehefrauen haben das Recht woanders zu arbeiten.
  • Die Geschäftsleitung anerkennt schriftlich und praktisch das Recht aller Arbeiter, einer Arbeiterorganisation ihrer eigenen Wahl beizutreten oder eine solche zu gründen, um gemeinsam ihre Arbeitsbedingungen auszuhandeln.
  • Alle Arbeiter werden in Kenntnis über ihre Rechte, Aufgaben, Verantwortungen, Entlöhnung und Arbeitszeiten gesetzt
  • Die Lohnzahlung erfolgt regelmässig und wird in Dokumenten festgehalten.
  • Alle fest angestellten Arbeiter müssen zwingend einen legalen, schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten, der einen Jobbeschrieb beinhaltet und sowohl vom Arbeiter wie auch vom Arbeitgeber unterschrieben wurde.
  • Allen Arbeitern stehen alle 7 Tage mindestens 24 aufeinanderfolgende freie Stunden zur Verfügung.
  • Den Arbeitern stehen jährlich mindestens zwei Wochen bezahlten Urlaub zu.
  • Der bezahlte Mutterschaftsurlaub soll nicht weniger als 8 Wochen betragen. Den Müttern wird nach der Wideraufnahme der Arbeit Pausen zum Stillen gewährt.
  • Der Arbeitgeber engagiert sich damit alle festangestellten Arbeitnehmer in den Schutz einer Pensionskasse kommen.
  • Der Arbeitgeber setzt sich für die Sicherheit am Arbeitsplatz ein.
  • Die Fair-Trade-Prämie muss dafür eingesetzt werden, die soziale und wirtschaftliche Situation der Arbeiter, ihrer Familien und deren Region zu verbessern.
  • Von den Betrieben wird erwartet, den Abfall zu reduzieren, recyclieren oder zu compostieren.
  • Es ist den Betrieben verboten GVO sowohl in der Produktion wie auch in der Verarbeitung der Produkte zu verwenden.


Standards für Organisationen von Kleinbauern

Kleinbauern können sich dem fairen Handel anschliessen, solange sie sich organisatorisch zusammenschliessen (z.B. Kooperativen oder Vereinigungen). Diese Organisation, die dem sozialen und wirtschaftlichen Wohlergehen und Entwicklung ihrer Mitglieder und deren Umwelt beisteuert, wird demokratisch durch ihre Mitgliedern kontrolliert. Bei Kleinbauern handelt es sich um diejenigen Bauern, welche nicht von einer unbefristeten angestellten Arbeitskraft abhängen, sondern normalerweise den Betrieb eigenhändig mit der Unterstützung der Familie betreiben. Anbei Auszüge aus den Fair-Trade-Standars (FLO), die für Kleinbauern-Organisationen (Small Farmer's Organisations) gelten:

  • Die Mehrheit der Organisationsmitglieder sind Kleinbauern.
  • Von jedem Fair-Trade-zertifiziertem Produkt muss mindestens 50% des Volumens durch Kleinbauern produziert worden sein.
  • Die Organisation muss ein Instrument für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung ihrer Mitglieder sein.
  • Die Organisation muss eine demokratische Struktur und eine durchschaubare Verwaltung aufweisen.
  • Mindestens ein mal pro Jahr findet eine Generalversammlung statt, an der jedes Mitglied teilnehmen und abstimmen darf.
  • Der Jahresbericht wird an der Generalversammlung präsentier und durch die Mitglieder gutgeheissen.
  • Wenn ein Mitglidschaftsantrag nicht genehmigt wird, darf dies nicht aus Gründen welche auf dem Geschlecht, Hautfarbe, politische Meinungen, soziale Herkunft oder Religion beruhen geschehen.
  • Über die Verwendung der Fair-Trade-Prämie wird demokratisch an der Generalversammlung, bei der jedes Mitglied eine Stimme hat, entschieden.
  • Die Organisation stellt sicher, dass ihre Mitglieder die natürliche Umwelt schützen. Dabei stellt sie sicher dass synthetische Dünger minimiert werden, und der biologische Anbau gefördert wird.
  • Die Mitglieder werden ermuntert ihren Energieverbrauch zu reduzieren, speziell denjenigen, der von nicht erneuerbaren Energiequellen stammt.
  • Es dürfen keine von FLO verotenen Substanzen weder eingesetzt noch vertrieben, verteilt oder gehandhabt werden.
  • Düngemittel müssen korrekt gebraucht, gehandhabt und gelagert werden, sodass sie weder die Menschen noch die Umwelt gefährden.
  • Es wird erwartet dass die Organisationsmitglieder die Abfallmänge reduzieren, und den Abfall recyclen oder kompostieren.
  • Wasserresourcen werden mit dem Ziel der Erhahltung und der nicht-Verschmutzung genutzt und verwaltet.
  • Den Produzenten ist es verboten GVOs sowohl in der Produktion wie auch bei der Verarbeitung einzusetzen.


Produktestandards

Da es sich hierbei um produktspezifische Standards handelt, werden hier diese nicht aufgeführt.


Beispiel

Max Havelaar-Bananen

Die Banane gilt als typisches Beispiel für fair gehandelte Produkte. Unterschiedlich ist die Verteilung der Einnahmen.

Konventionelle Banane

  • 14% des Endpreises fließen ins Herkunftsland
  • 34% des Endpreises fließen in den Transport
  • 52% des Endpreises bleiben in der Schweiz

Max Havelaar-Banane

  • 29% des Endpreises fließen ins Herkunftsland
  • 34% des Endpreises fließen in den Transport
  • 37% des Endpreises bleiben in der Schweiz

Produkte

Folgende Produkte werden von Max Havelaar zertifiziert (Zahlen von 2004):

  • Baumwolle (seit 2005)
  • Ananas (seit 2003; Verkaufspreis um 10-20% höher als im konventionellen Handel)
  • Bananen (seit 1997; Marktanteil in der Schweiz: 24% Verkaufspreis um ca. 3.5% oder ca. 10 Rappen/kg höher als im konventionellen Handel)
  • Blumen (seit 2001; Marktanteil in der Schweiz: 5%)
  • Honig (seit 1993; Marktanteil in der Schweiz: 10%)
  • Kaffee (seit 1992; Marktanteil in der Schweiz: 5%)
  • Kakao/Schokolade (seit 1994; Marktanteil in der Schweiz: 1%)
  • Mango (seit 2003; Verkaufspreis 10-20% höher als im konventionellen Handel)
  • Orangensaft (seit 1999; Marktanteil in der Schweiz: 7%)
  • Reis (seit 2002; Marktanteil in der Schweiz: 3%)
  • Tee (seit 1995; Marktanteil in der Schweiz: 5%)
  • Zucker (seit 1994; Marktanteil in der Schweiz: 1%)

Literatur