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Fanny Lewald

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Fanny Lewald (* 24. März 1811 in Königsberg / Preußen als Fanny Marcus; † 5. August 1889 in Dresden) ist eine der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen des Vormärz.

Leben

Geboren als ältestes von neun Kindern des jüdischen Kaufmanns David Marcus und seiner Frau Zipora, geb. Assur, trägt Fanny den Namen Marcus bis 1831. In diesem Jahr lässt der Vater seine gesamte Familie umbenennen in Lewald. Bereits 1826 hatte er seinen beiden Söhnen und 1829 Fanny den Übertritt zum protestantischen Glauben gestattet - im Bestreben, den Kindern zu helfen, ihre soziale Außenseitersituation zu überwinden, den Söhnen freie Berufswahl, Fanny die Eheschließung mit einem christlichen Mann zu ermöglichen. Obgleich ihre Familie nicht religiös ist, hat Fanny schon als kleines Kind und 1819 bei den Hep-Hep-Unruhen antisemitische Anfeindungen zu spüren bekommen. Jedoch bereut sie schon unmittelbar nach der Taufe den Übergang zum Christentum, da sie der Vorstellung eines persönlichen Gottes zunehmend kritisch, ja ablehnend gegenübersteht.

Bis zum 14. Lebensjahr darf Fanny Lewald eine Privatschule besuchen, da David Lewald trotz seiner Vorbehalte gegen die sogenannten gelehrten Frauenzimmer dem Bildungshunger seiner hochbegabten ältesten Tochter nachgibt. Ein Universitätsstudium, das ihren Brüdern selbstverständlich zusteht, kommt für sie - wie im 19. Jahrhundert für Frauen üblich - nicht in Frage. Fanny werden nun die Betätigungen übertragen, die sich für eine gebildete Bürgerin ihres Standes gehören: Handarbeiten und leichte Hausarbeiten, außerdem Klavierspiel und etwas Lektüre. Zeitweise, während einer schweren Erkrankung ihrer Mutter, führt sie den ganzen großen Haushalt der Familie.

Dass Fanny Lewald es trotzdem schafft, sich als erfolgreiche und geachtete Schriftstellerin durchzusetzen, zeugt von einem erstaunlichen Selbstbewusstsein, von großen Mut und einem beträchtlichen Talent.

Nachdem bereits in der von ihrem Cousin, dem Publizisten August Lewald (1792-1871) geleiteten Zeitschrift Europa einige Artikel von ihr erschienen sind, veröffentlicht sie 1843 die beiden Romane „Clementine“ und „Jenny“ - aus Rücksicht auf die Familie zunächst anonym. Allen inneren und äußeren Widerständen zum Trotz, versucht sie ab da ihren Lebensunterhalt mit der Schriftstellerei zu bestreiten, verlässt Königsberg und zieht nach Berlin.

In das Jahr 1845 fallen zwei entscheidende Begegnungen. Fanny Lewald lernt die Schriftstellerin Therese von Bacheracht kennen, mit der sie für die nächsten Jahre, bis zu Thereses Tod 1852 eine enge Freundschaft verbindet. Und sie trifft während ihres ersten großen Auslandsaufenthaltes 1845/46 in Rom auf den Mann, der zur großen Liebe ihres Lebens wird, den Oldenburger Gymnasiallehrer, Kritiker und Schriftsteller Adolf Stahr (1805 - 1876). Stahr will seine Frau und seine fünf Kinder zunächst nicht verlassen, aber auch die Beziehung zu Fanny nicht aufgeben. Eine ménage a trois ist jedoch besonders für Fanny unakzeptabel. Es folgen lange Jahre, in denen Fanny und Stahr sich jedes Jahr wenige Wochen sehen, bevor Stahr sich entscheidet und im Herbst 1852 zu Fanny nach Berlin zieht. Bis Stahrs Ehe geschieden ist und sie heiraten können, dauert es weitere zweieinhalb Jahre.

Fanny Lewald ist eine entschiedene Vorkämpferin der Frauenemanzipation: Sie fordert das uneingeschränkte Recht der Frauen auf Bildung und auf gewerbliche Arbeit ebenso wie sie sich gegen die Zwangsverheiratung junger Frauen einsetzt: Sie selbst hat sich in ihrer Jugend erfolgreich der Verheiratung mit einem ungeliebten Mann widersetzt. Auch gegen das Scheidungsverbot opponiert sie und spricht sich in ihrem dritten Roman „Die Lebensfrage“ für die Erleichterung der Ehescheidung aus. Soziale Fragen beschäftigten sie immer wieder: So „Der dritte Stand“ (1846) oder „die Lage der weiblichen Dienstboten“ (1843). Aber auch fantasievolle Erzählungen und Reisebilder, gehören zum Repertoire der reisefreudigen Schriftstellerin. Die Konventionen und Traditionen ihrer Zeit analysiert Fanny Lewald kritisch und mit großem analytischen Verstand. Sie spart auch nicht an selbstkritischen Äußerungen gegen sich und das weibliche Geschlecht.

Zu ihrem Freundeskreis gehören neben vielen Anderen Heinrich Heine, Herzog Carl Alexander (Sachsen-Weimar-Eisenach), Franz Liszt, Karl August Varnhagen von Ense, Johann Jacoby und Heinrich Laube. Nach der Revolution von 1848 gründete die deutsche George Sand einen einflussreichen politisch-literarischen Salon in Berlin.

Fanny Lewalds Schriften sind von einem klaren Schreibstil geprägt, den romantisch-sentimentalen Tenor ihrer Zeit lehnt sie entschieden ab. Ihre bitterböse Satire „Diogena“ (1847), die sie ihrer Schriftstellerkollegin Ida von Hahn-Hahn zudenkt, zeigt das deutlich. Von Witz und analytischen Sachverstand geprägt, sind ihre Schriften auch für den modernen Leser noch eine interessante und gut lesbare Lektüre.

Werke (Auswahl)

  • 1842 Clementine
  • 1843 Jenny
  • 1843 Einige Gedanken über Mädchenerziehung
  • 1843 Andeutungen über die Lage der weiblichen Dienstboten
  • 1845 Eine Lebensfrage
  • 1847 Diogena
  • 1847 Italienisches Bilderbuch
  • 1849 Prinz Louis Ferdinand
  • 1850 Erinnerungen aus dem Jahr 1848
  • 1851 Dünen- und Berggeschichten
  • 1851 England und Schottland
  • 1856 Die Kammerjungfer
  • 1861–1863 Meine Lebensgeschichte
  • 1863 Osterbriefe für die Frauen
  • 1868 Erzählungen (3 Bände)
  • 1870 Für und wider die Frauen
  • 1875 Benvenuto
  • 1887 Erinnerungen an Franz Liszt
  • 1887 Erinnerungen an Fürst Hermann von Pückler-Muskau
  • 1888 Die Familie Darner
  • 1888 Zwölf Bilder aus dem Leben

Literatur

  • Gabriele Schneider: Fanny Lewald, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1996, ISBN 3-499-50553-3
  • Eckart Kleßmann: Mein gnädigster Herr! Meine gütige Korrespondentin! - Fanny Lewalds Briefwechsel mit Carl Alexander von Sachsen-Weimar, Böhlaus Nachf., Weimar, 2000, ISBN 3-740-01112-2
  • Margaret E. Ward: Fanny Lewald, Between Rebellion and RenunciationPeter Lang, New York 2006, ISBN 0-8204-8184--X

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