Tracker (Musik)
Tracker oder Rastersequenzer ist die Bezeichnung für eine Klasse von Musik-Sequenzer-Programme, die es dem Benutzer gestatten, Samples auf einer schrittweisen Zeitleiste quer über mehrere einstimmige Kanäle anzuordnen. Die Eingabe der Tonhöhe, Lautstärke und Effektbefehle erfolgt dabei gewöhnlich nicht graphisch, sondern alphanumerisch in eine Tabelle, teilweise sogar in hexadezimaler Schreibweise. Ein fertiges Musikstück besteht aus mehreren mehrstimmigen Patterns, die mittels einer Master List hintereinanderghängt sind.
Der Aufbau eines Samplers ist leicht verständlich, da einerseits sehr simpel und außerdem im Allgemeinen gut dokumentert. Die Klangerzeugung erfolgt rein rechnerisch und ist außerdem weitgehend definiert. Somit klingen Tracker-Stücke – im Gegensatz zu MIDI-Dateien – unabhängig von der verwendeten Soft- und Hardware immer gleich. Im Wesentlichen besteht der Tracker aus zwei Teilen: aus einem Sequenzer mit Zeitraster, sowie einem einfachen Synthesizer, einem so genannten Sampler. Als letzterer diente früher der Soundchip des Commodore Amiga, später auch die Soundkarte „Gravis Ultrasound“; heute sind es hingegen gewöhnlich rein software-basierte Mix-Routinen.
Die Tracker-Technologie skaliert sehr stark, d.h. es gibt zum einen Tracker, die auf Rechnern mit entsprechendem RAM Samples von bis zu vier Gibibyte verarbeiten können, mit anderen Trackern wiederum kann selbst auf dem Sinclair ZX-80 und ähnlichen Rechnern in gewissen Grenzen Musik gemacht werden.
Geschichte
Der Ausdruck „Tracker“ geht zurück ist auf den Ultimate Soundtracker, der erste Tracker seiner Art, geschrieben von Karsten Obarski und 1987 herausgegeben für den Commodore Amiga, obwohl das Gesamtkonzept, Samples mit einem zeitlich gerasterten und numerisch gesteuerten Sequencer auszugeben, bereits auf die Fairlight CMI Sampling Workstation zurückzuführen ist. Auch ist es interessant, die Arbeiten von The Art of Noise oder den Pet Shop Boys mit der frühen Tracker-Musik zu vergleichen. Ein gespeichertes Tracker-Stück enthält üblicherweise alle Sequencerdaten, sowie die Samples, und so wurde es während auf dem Höhepunkt des Formats fast zum Sport, lange, komplexe .mod (oder .sng) Dateien zu schaffen, die dennoch kleiner waren als 880 Kilobytes. Typischerweise hat der Komponist sein Pseudonym in der Sampleliste verewigt.
Interessanterweise schienen die meisten Tracker-Musiker aus dem Vereinigten Königreich und den nordischen Nationen zu kommen, wahrscheinlich weil der Tracker eng mit der Demo-Szene verbunden war, die in den skandinavischen Ländern schnell wuchs. So wurde zum Beispiel ScreamTracker, einer der einflussreichsten PC-Tracker, von Future Crew ursprünglich für den Gebrauch in ihren eigenen Demos entwickelt.
Das Editierfenster eines Trackers ähnelt der Papierrolle eines automatischen Klaviers, welche sich von unten nach oben über den Bildschirm bewegt. Die ersten Tracker gestatteten nur vier Kanäle, obgleich, da die Noten Samples waren, diese Einschränkungen weniger gravierend als bei synthetisierenden Musikchips, wie z.B. Commodores SID or Yamahas ehrwürdige AY-Reihe, da der Benutzer auch Akkorde samplen und diese in einem einzigen Kanal abspielen konnte, ein Vorgang, der in frühen Pop-Rave Chart Liedern zum Klischee wurde; schnelle Chordal-Stöße, oft Fünftel, waren der Gütestempel von Altern-8 und anderen vergänglichen Techno-Phänomenen. Spätere Trackersoftware, bekanntestes Beispiel: Octamed gestatteten acht oder mehr Kanäle, während spezielle Hardware auch 16-bit-Wiedergabe gestattete. for 16-bit playback.
Der ursprüngliche Ultimate Soundtracker von Karsten Obarski, oft einfach nur Soundtracker genannt, war ursprünglich ein internes Entwicklungswerkzeug für EAS (eine deutsche Software-Firma), was seine programmierer-freundliche Schnittstelle erklären könnte. Die Firma veröffentlichte es schließlich als kommerzielles Produkt, obwohl Shareware- und Freeware-Clones wie MasterSoundtracker, ProTracker und NoiseTracker nicht lange auf sich warten ließen. Die Maschinen, auf denen Tracker-Software lief, waren besonders im Vereinigten Königreich nicht teuer, wo der Amiga und Atari ST am Anfang der 1990er die bevorzugten Heimcomputer waren. So wurde Tracker-Musik etwas wie ein Underground-Punk-Phänomen, besonders weil zu dieser Zeit so viel zeitgenössische Charts-Musik sample-basierte Tanzmusik war, ein Genre, das relativ einfach mit zeit-gerastertem Sequencing zu erzeugen war. Tracker-Musik war ein phantastischer Übungsplatz für eine Generation von elektronischen Tanzmusikern, von denen viele auf einen Akai-Sampler, einen Multi-Effekt-Prozessor, ein Mischpult und ein Mikrofon sparten, um daraufhin die Charts zu stürmen.
Es gab aber auch eine Kehrseite zu all dem, nämlich daß der Ausdruck „Tracker-Musik“ zu einem Ausdruck des Spotts wurde für stereotypisch rave-ige Popmusik im „Computerspielestil“, da die Schwierigkeit, dem mechanistischen Sequencer-Stil etwas „Swing“ zu verleihen, zu vielen Stücken im 4/4-Takt mit Vier-Takte-Abschnitten hinauslief, die oft auch ähnliche Samples verwendeten. – Da instrumental, verlangte Tracker-Musik nach charakteristischen Vordergrundinstrumente, von denen Chimes, jaulenede Gitarrentöne und Rave Piano übermäßig zum Einsatz kamen.
Im Laufe der 1990er Jahre wechselten Tracker-Musiker auf IBM-kompatible PCs. Tracker-Musik lebt auch heute noch. Computerspiele gebrauchen es noch, namentlich die Unreal-Reihe und der erste Command & Conquer-Teil. Andererseits hat die leichte Verfügbarkeit anderer Software-Sampler und -Sequenzern, sowie das neue MP3-Format Musiker dazu veranlaßt, sich anderer Musik-Software zuzuwenden. Dennoch besteht Tracker-Software noch. Buzz, ModPlug Tracker, MadTracker, Renoise, Sk@le, CheeseTracker und andere weisen Fähigkeiten auf, von denen man früher nicht zu träumen wagte – Ausgabe in hoher Qualität, Automatisierung, Unterstützung von VST-Plugins, interne DSPs und Multieffekte, Unterstützung für Multi-I/O-Karten usw. Tracker-Dateien sind auch populär in der Gameboy-Advance-Gemeinschaft geworden; anders als der ursprüngliche Gameboy hat der Gameboy-Advance die Rechenleistung, Tracker-Musik zu unterstützen, und die Qualität ist verglichen mit den eingebauten Tongeneratoren um einiges höher, wobei sie dennoch verglichen mit MP3s oder anderen Formaten hoher Tonqualität relativ wenig Speicher verbrauchen.
Tracker-Begriffe
- Ein Modul oder Mod ist eine Datei, in welcher Notation, Samples und sonstige Daten eines Stückes zusammengefaßt sind. – Siehe auch: MOD
- Mit dem Wert BPM – „Beats (Viertel-Noten) pro Minute“ – wird die Dauer einer 1/96-Note bestimmt. Diese kleinste Notendauer dient dem Tracker als internes Zeitraster und wird vor allem für die Effekterzeugung benutzt. Da der Wert ganzzahlig ist, ergeben sich Schritte von 0,4 Hertz. Voreingestellt sind üblicherweise 125 BPM (50 Hz) oder 150 BPM (60 Hz), weil diese Werte für Amiga-Spiele praktisch waren. Der Wert kann während des Stückes jederzeit durch einen Effektbefehl geändert werden.
- Der Wert Tempo bestimmt das Verhältnis zwischen dem internen und dem externen Zeittakt, der einer Tabellenzeile im Editor entspricht. Voreingestellt ist der Wert 6, wodurch eine Zeile einer 1/16-Note entspricht.
- Ein Pattern ist ein Abschnitt des Stückes, typischerweise 64/16 Noten lang. Die Reihenfolge der Patterns wird im Pattern-Editor festgelegt.
- Ein Sample ist eine Tonaufnahme, üblicherweise ein einzelner Ton, es kann aber auch eine komplexere Aufnahme, z.B. Gesang sein.
- Der Ausdruck Instrument ist bei älteren Trackern gleichbedeutend mit „Sample“, bei neueren Trackern bezeichnet er eine abstrakte Struktur, bei welcher für verschiedenen Tonhöhen verschiedene Samples benutzt werden können, um einen realistischeren Klang zu erhalten. Auch eine Hüllkurve ist möglich.
- Die C-4-Frequenz ist die Samplingrate eines Samples beim Spielen der Note C-4, zwischen den einzelnen Tracker-Normen ein wenig abweichend. Fasttracker II definiert z.B. einen Standardwert von 8363 Hz. Geändert wird die C-4-Frequenz entweder durch „Stimmen“ des Instruments (s. RelNote u. Finetuning) oder – z.B. bei Digitrakker – durch direkte Eingabe der gewünschten Frequenz (z.B. „44100 Hz“).
- Die Werte RelNote und Finetuning bieten eine Möglichkeit zum Stimmen der Instrumente in Halbtonschritten bzw. 1/128 Halbtonschritten. Hierdurch ändert sich effektiv die C-4-Frequenz des Samples.
- Je nach Frequenzmodell wird die Tonhöhe intern entweder (Typ „Amiga“) als Quotient einer sehr großen Frequenz dargestellt oder (Typ „linear“) als Exponent dargestellt. Bei letzterem Modell wodurch es stets die gleiche Anzahl von Zwischenschritten zwischen zwei Halbtönen gibt. Einige Effekte (z.B. Sliding) klingen je nach Modell verschieden.
Liste von Trackern
- Amiga
- Apple IIgs
- SoundSmith
- NoiseTracker GS (nicht zu verwechseln mit dem Amiga Noisetracker)
- Atari ST
- Audio Sculpture
- DBE Tracker
- Digicomposer
- Protracker STe
- Noisetracker
- Octalyser (nicht zu verwechseln mit dem Amiga Oktalyzer)
- TCB Tracker
- MSX
- DOS
- Windows
- Linux bzw. Mac OS X
- Cheesetracker
- PlayerPRO [7]
- Renoise
- Soundtracker [8] (nicht zu verwechseln mit dem Amiga Soundtracker)
- GoatTracker
- ZX Spectrum