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Totentaufe

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Die Totentaufe ist ein Ritus, der in verschiedenen Zusammenhängen auftaucht als Handlung für Verstorbene.

Totentaufe im Neuen Testament

Das Neue Testament kennt den Begriff der Totentaufe im Zusammenhang einer Frage des Apostels Paulus im Ersten Korintherbrief, Kapitel 15, Vers 29 nur als eine stellvertretende Handlung für einen Toten, nicht jedoch als Handlung an einem Toten. Diese Art der Taufe wird auch als "Vikariatstaufe" bezeichnet.

Totentaufe in der Alten Kirche

Die Kirchenväter wie etwa Johannes Chrysostomus berichten, dass christliche Sondergemeinschaften (z.B. Marcioniten, Kerinthianer, Montanisten) im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus diese stellvertretende Form der Taufe geübt haben. Dabei versteckten die Anhänger dieser Taufpraxis beispielsweise einen Menschen unter dem Totenbett, und ließen diesen dann bei der Tauffrage stellvertretend für den Gestorbenen antworten.

Totentaufe in der Praxis der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und der Neuapostolischen Kirche

Der Begriff Totentaufe bezeichnet auch die Praxis der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage („Mormonen“) und der Neuapostolischen Kirche, Lebende stellvertretend für Verstorbene zu taufen. Mormonen führen diese Taufe ausschließlich in ihren Tempeln durch, die Neuapostolischen Kirche in ihren Gemeindehäusern.

Diese Totentaufe stützt sich auch auf die Aussage in 1. Kor 15:29, die in der mormonischen Schrift Lehre und Bündnisse weiter ausgeführt wird. Sie dient nach dem Verständnis der Mitglieder der Kirche der „Sammlung Israels“, an der die Mitglieder aktiv mitwirken. Da das ewige Leben nur der erlangen könne, der getauft sei, jedoch viele bereits verstorbene Menschen nie die Möglichkeit hatten, sich in dieser Kirche taufen zu lassen, soll ihnen durch die stellvertretende Taufe der Weg zum ewigen Leben ermöglicht werden. Der Verstorbene entscheide dann im Jenseits selbst, ob er die ihm solchermaßen zugedachte Taufe auch annehmen will. Für die in der jetzigen Zeit nicht erfassten Menschen werde die stellvertretende Taufe nach der Wiederkehr Christi durchgeführt werden.

Notwendig zur stellvertretende Taufe für den Verstorbenen (wie die Totentaufe bei den Mormonen offiziell genannt wird) ist nach mormonischem Glauben allein die Kenntnis des korrekten Namens sowie der Geburts- und Sterbedaten. Außerhalb der USA sind Mormonen daher vor allem durch ihre rege Tätigkeit als Ahnenforscher bekannt. Nach offizieller Lehre dürfen jedoch Personen zur stellvertretenden Taufe nur von direkten Nachfahren eingereicht werden, was allerdings von den Mitgliedern der Kirche nicht immer korrekt gehandhabt wird. Die Taufe darf nur durchgeführt werden, wenn die betreffende Person mindestens 1 Jahr verstorben ist oder, bei fehlendem Sterbedatum, vor mindestens 110 Jahren geboren wurde. Hierauf wird sehr strikt geachtet.

Durch ihre Sammeltätigkeit verfügt die Kirche Jesu Christi der Heiligen Letzten Tage heute über die größte genealogische Datenbank der Welt (mehr als 1 Milliarde Datensätze). Diese Daten stehen jedem Interessierten per Internet oder in den Genealogie-Forschungsstellen frei und kostenlos zur Verfügung. Und sind daher ein beliebter Forschungsansatz für Familienforscher und Genealogen.

Rechtliche Problematik

Das postmortale Persönlichkeitsrecht betrifft die Fortsetzung des vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht gewährten Schutzes über dem Tod einer Person hinaus (post mortem) aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes. Das Recht bezieht sich sowohl auf die ideellen Aspekte als auch auf die kommerzielle Verwertung einer Persönlichkeit nach ihrem Tod. Ein Anspruch auf Anonymität des Verstorbenen besteht jedoch nicht. Der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung enden mit dem Tod des Menschen. Der Wert- und Achtungsanspruch, der aus der Menschenwürde (Artikel 1 des Grundgesetzes) abzuleiten ist, besteht jedoch für eine gewisse Zeit fort, verblasst jedoch mit zunehmendem Zeitablauf.

Literatur

  • Friedrich Lang: Die Briefe an die Korinther, in: Das Neue Testament Deutsch, Göttingen 1986, dort vor allem Seite 228- 230, ISBN 3-525-51368-2