Burn-out
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Z73.0 | Ausgebranntsein |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Ausgebranntsein oder englisch Burnout-Syndrom (engl. to burn out – ausbrennen) bezeichnet einen besonderen Fall berufsbezogener (auch familiärer) chronischer Erschöpfung. Erstmalig verwendete der Psychoanalytiker Herbert Freudenberger 1974 den Begriff.
Ständige Frustration, das Nichterreichen eines Zieles, zu hohe persönliche Erwartungen an eigene Leistungen, Überlastungen etc. können erschöpfen. Die Burnout-Syndrome sind vielfältig und individuell unterschiedlich in Auftreten und Ausmaß: Depressionen und auch physiologische Beschwerden, wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe oder körperliche Dysfunktionen. Typisch sind auch Schuldgefühle, zum Beispiel zu versagen. Der „Ausgebrannte“ erlebt seine Umwelt im allgemeinen als nicht mehr kontrollierbar und zieht sich eher in sich zurück, ohne eventuelle Hilfe (von Verwandten oder Freunden) anzunehmen. Bisweilen unterstützen Psychologen und/oder Ärzte, etwa in einer Psychotherapie.
Burn-out heißt in der im deutschen Gesundheitswesen verbindlichen 10. Auflage der „Internationalen Klassifikation der Erkrankungen“ kurz ICD-10 - als „Ausgebranntsein“ und „Zustand der totalen Erschöpfung“ mit dem Diagnoseschlüssel Z73.0 erfasst. Früher ging man davon aus, dass hohe Arbeitsbelastung insbesondere in „helfenden Berufen“ (Ärzte, Pflegeberufe, Lehrer, Sozialarbeiter, Erzieher) ausbrennen lässt (häufige Krankschreibung, Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung). Inzwischen ist klar: Burnout kann nahezu alle Berufsgruppen treffen, unter anderem auch Schüler.
Das Syndrom war etwa im Blickfeld der Medien, nachdem einige Fälle unter Sportlern und Musikern bekannt wurden. Der Skispringer Sven Hannawald hat deswegen seine Karriere beendet; der Fußballer Sebastian Deisler (FC Bayern München) litt unter dieser Krankheit; der Jazz-Pianist Herbie Hancock hat eine jahrelange Zwangspause eingelegt, der Rapper Eminem eine Tournee abgesagt.
Charakteristische Merkmale / Die Burnout-Symptome
Die hier genannten können ggf. und in anderer Reihenfolge auftreten.
Warnsymptome der Anfangsphase
Zunächst gibt es die Theorie, die besagt: „Wer ausbrennt, muss einmal gebrannt haben.“
Auffallende Merkmale der Anfangsphase sind beispielsweise:
- vermehrtes Engagement für bestimmte Ziele
- man arbeitet nahezu pausenlos
- verzichtet auf Erholungs- oder Entspannungsphasen
- fühlt sich unentbehrlich und vollkommen
- um das darzustellen, entwerten Betroffene häufig andere Teammitglieder
- und machen sich so bei Kollegen unbeliebt
- der Beruf wird zum hauptsächlichen Lebensinhalt
- Hyperaktivität
- Nichtbeachten eigener Bedürfnisse
- Verdrängen von Misserfolgen
- Beschränkung sozialer Kontakte auf einen Bereich, z.B. die Kunden
- Erschöpfung
- chronische Müdigkeit
- Energiemangel
- Konzentrationsschwäche
- Schlafstörungen
- Drehschwindel
Dass auch akute Überbelastung z.B. in Grenzlagen zu Burnout führen kann, ist noch genauer zu erforschen.
Reduziertes Engagement
Die völlige Hinwendung zu einem Bereich, z.B. zum Klienten in der Arbeit, kann nach einiger Zeit genau das Gegenteil hervorrufen, nämlich den Rückzug.
Folgende auffallende Merkmale sind zu beobachten:
- der Patient verliert die positiven Gefühle gegenüber dem Klienten
- Stereotypisierung
- Distanzbedürfnis und Meidung von Kontakten
- Schuldzuweisungen
- verstärkte Akzeptanz von Kontrollmitteln, Strafen, Medikamenten
- negative Einstellung und Vernachlässigung der Arbeit
- verstärkter Rückzug von Problemen mit anderen, oder von der Familie, den Partnern, Freunden etc., da auch in anderen Bereichen Reden und Zuhören zum Problem wird
- der Patient stellt erhöhte Ansprüche an sein Umfeld und hat häufig das Gefühl ausgenutzt und nicht genug anerkannt zu werden.
Schuldzuweisungen als emotionale Reaktion
Die mit Burnout verbundenen Probleme führen besonders zur Desillusionierung und fordern oft das Aufgeben von wichtigen Lebenszielen. Dies ist sehr schmerzlich und muss verarbeitet werden. Um die Aufarbeitung zu vermeiden, kommt es häufig zu Schuldzuweisungen. Diese kann sich entweder in Form einer Depression gegen sich selbst oder in Form von Aggressionen gegen andere wenden.
Bei Depression fühlen sich die Patienten hilflos, sie entwickeln Schuldgefühle und mindern ihr Selbstwertgefühl.
Bei Aggression werden verstärkt der Umwelt Vorwürfe gemacht - beispielsweise in der Arbeit Veränderungen blockiert und es kommt häufiger zu Wutausbrüchen.
Bei Depression und Aggression ist das Burnout meist noch in einem Stadium, in dem man die Probleme, wenn man sie ernst nimmt, erfolgreich lösen kann.
Abbau
Burnoutprobleme über längere Zeit führen zu einem Abbau des Engagements, der zunächst in der Arbeit sichtbar wird.
Folgende Symptome fallen hier besonders auf:
- Desorganisation
- Unsicherheit
- Probleme bei komplexen Aufgaben und Entscheidungen, verringerte kognitive Leistungsfähigkeit
- Verminderte Motivation und Kreativität
- die Arbeit wird gerne auf den Dienst nach Vorschrift reduziert
Auch das Privatleben wird beeinträchtigt: Die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück, pflegen kaum mehr Freundschaften, trennen sich vom Partner; unternehmen sie nichts dagegen, vereinsamen sie.
Verflachung
Zudem kommt es nicht nur zum Abbau in der Arbeit, sondern auch generell zur Verflachung des emotionalen, mentalen und sozialen Lebens.
Folgende Symptome treten häufig auf:
- Gefühle wie Gleichgültigkeit, Einsamkeit und Desinteresse
- Konzentration auf die eigene Person
- Probleme bei sozialen Kontakten:
- Vermeidung von Kontakten
- übertriebene Bindung an eine bestimmte Person
- ständige Suche nach interessanteren Kontakten
Psychosomatische Reaktionen
Es kommt zu einer Schwächung des Immunsystems und so häufiger zu Infektionskrankheiten. Weitere psychosomatische Erkrankungen sind oft Verspannungen, Schlafstörungen, Kreislaufprobleme, Verdauungs- und Essstörungen sowie bei fortgeschrittener Erkrankung auch Herzkrankheiten und Geschwüre im Magen-Darm-Trakt. Weiterhin kommt gesteigerter Drogenkonsum vor, unter anderem auch Alkoholmissbrauch.
Verzweiflung
Ein weiteres Symptom, das überwiegend im Endstadium des Burnout auftritt, ist die existenzielle Verzweiflung. Die Einstellung zum Leben ist überwiegend negativ und das Gefühl der Hilflosigkeit verdichtet sich zur totalen Sinnlosigkeit, die teilweise im Suizid endet.
Zusammenfassung
Fasst man die charakteristischen Merkmale des Syndromes zusammen, so ist insbesondere körperliche und emotionale Erschöpfung zu nennen; des weiteren anhaltende physische und psychische Leistungs- und Antriebsschwäche, sowie der Verlust der Fähigkeit, sich zu erholen. Ebenso ist eine zynische, abweisende Grundstimmung gegenüber Kollegen, Klienten und der eigenen Arbeit festzustellen. Burnout ist nicht nur ein persönliches Problem des Betroffenen, sondern gefährdet aufgrund seiner „ansteckenden“ Natur das berufliche Umfeld. Auch wenn sich die Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) des Burnout-Syndroms noch nicht feststellen lässt, wird eine allgemeine Steigerung des Burnout-Risikos aufgrund sich verändernder Lebens- und Arbeitsbedingungen erwartet.
Messung
Es gibt viele Theorien zum Burnout, eine Menge nur selten qualitativ überprüfte Fragebögen und Checklisten - und generell zwei anerkannte Methoden:
- Das Maslach-Burnout-Inventory – MBI, bei dem Aussagen aus den Kategorien Emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und Leistungszufriedenheit nach Intensität und Häufigkeit beantwortet werden müssen. Inhaltlich deckt dieser Fragebogen die wichtigsten Aspekte von Burnout ab. Ein Nachteil des Instruments: die Fragen jeder Kategorie weisen alle in die gleiche Richtung.
- Das Tedium Measure – TM in dem Aussagen nur bzgl. ihrer Häufigkeit beantwortet werden.
Phasen des Burnout-Syndroms
Burnout ist immer als ein Prozess zu verstehen, den man in Phasen unterteilen kann. Es gibt allerdings nicht den typischen Verlauf des Burnout. So wurden zahlreiche Phasentheorien entwickelt, unter anderem von Herbert Freudenberger, Lauderdale, Jerry Edelwich, Cristina Maslach, Stevan Hobfoll und Cary Cherniss. Freudenberger und Lauderdale haben überwiegend Fälle aus der Wirtschaft betrachtet, während sich J. Edlewich, C. Maslach, und C. Cherniss mit solchen aus helfenden Berufen befasst haben. Hobfoll geht auf beide Gruppen ein.
H. Freudenberger
Hier wird eine Entwicklung von einem empfindsamen zu einem empfindungslosen Stadium beschrieben.
- empfindsames Stadium: Negative Gefühle werden nicht beachtet, ein hoher Energieeinsatz zum Erreichen gewohnter Leistungen aufgebracht und chronische Müdigkeit verdrängt.
- empfindungsloses Stadium: es treten Symptome wie Gleichgültigkeit, Schuldzuschreibungen an die Umwelt, Angst nicht anerkannt zu sein und Desorientierung auf.
Lauderdale
Lauderdale beschreibt einen Weg von der Verwirrung über die Frustration zur Verzweiflung:
- Verwirrung: In diesem Anfangsstadium hat der Patient das grundlegende Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Begleitend treten gelegentliche grundlose Angst und beginnende körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verspannungen etc auf.
- Frustration: In diesem fortgeschritten Stadium machen sich Gefühle wie Ärger, Unzufriedenheit, Gereiztheit und das Gefühl ausgenutzt, betrogen zu werden breit. Es folgt oft eine Flucht, z.B. durch einen Arbeitsplatzwechsel, oder die Flucht in Drogen, Medikamente, ... Die körperlichen Beschwerden verstärken sich zunehmend.
- Verzweiflung: Gefühle von Sinnlosigkeit, Versagen, Misstrauen treten verstärkt auf. Es kommt zu schneller Erschöpfung, das Leben wird so weit es geht mechanisiert, der Patient zieht sich zurück und fällt in Apathie.
J. Edelwich
Auch bei dieser Theorie wird ein Prozess über mehrere Phasen hinweg erläutert:
- idealistische Begeisterung, verbunden mit Selbstüberschätzung, hohem Energieeinsatz sowie Überidentifizierung mit der Arbeit und den Klienten
- Stillstand nach ersten Enttäuschungen
- Orientierung hin zu eigenen Bedürfnissen in der Arbeit, z.B. zur Karriere
- Frustration, die von der Erfahrung eigener Erfolg- und Machtlosigkeit sowie Problemen mit der Bürokratie und der scheinbar mangelnden Anerkennung durch die Klienten ausgelöst wird
- körperliche Beschwerden, Essprobleme und Drogenkonsum
- Apathie und Verzweiflung
- fallspezifische Intervention
C. Maslach
Diese Theorie gliedert den Krankheitsablauf in folgende Phasen:
- emotionale und physische Erschöpfung
- Rückzug: Der Erschöpfung folgen negative Gefühle gegenüber anderen, wie Kollegen, Patienten, Klienten, etc., aber auch gegen sich selbst. Es kommt zu Dehumanisierung und Zynismus und der Betroffene zieht sich verstärkt zurück. Die Arbeit wird auf das Notwendigste reduziert, Veränderungen und Probleme gemieden.
- In einem terminalen Stadium verstärkt sich der Widerwillen gegen andere und sich selbst und ein Gefühl reduzierter Leistungsfähigkeit entsteht.
C. Cherniss
Cherniss zeigt folgende drei Phasen auf:
- Die vorrangige Ursache ist Stress im Beruf, da die Anforderungen dort die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen übersteigen
- Daraufhin kommt es zu einem Stillstand, bei dem sich Gefühle wie Angst, Spannung, Reizbarkeit und Erschöpfung breitmachen.
- Es folgen defensive Bewältigungsversuche durch emotionale Abkoppelung, Rückzug und Zynismus.
S. Hobfoll
Hobfoll beschreibt die Entwicklung von Ressourcenverlusten im Kontext der Burnout-Symptomatik nach Maslach, sagt aber keine Auftretensreihenfolge der drei Burnout-Komponenten vorher, sondern postuliert, dass die Existenz einer Komponente die Auftretenswahrscheinlichkeit der beiden anderen erhöht (Buchwald & Hobfoll, 2004). Im Rahmen der Theorie der Ressourcenerhaltung sehen Hobfoll und Buchwald den Verlauf von Burnout als einen Prozess, bei dem bestehende Ressourcen durch eine permanente Arbeitsbelastung schneller aufgebraucht als ersetzt werden können. Anfängliche Ressourcenverluste können in eine Spirale fortschreitender Verluste münden. Verlustspiralen entstehen vor allem bei Menschen, denen es bereits in der Ausgangssituation an adäquaten Ressourcen mangelt. Im Unterschied zu extremen Stressereignissen, bei denen man rasante Ressourcenverlustspiralen beobachten kann, findet bei Burnout ein eher langsames, aber stetiges Versiegen von multiplen Ressourcen statt. Dieses allmähliche, oft kaum merkliche Verrinnen der Ressourcen im Laufe des Arbeitsprozesses ist ein schleichender Prozess, der jedoch im Endeffekt der Wirkung von extremem Stress kaum nachsteht (Hobfoll, 1998).
Zusammenfassung
Die Phasen könnte man folgendermaßen zusammenfassen:
- Enthusiasmus
- Stagnation
- Frustration
- Apathie
- Burnout
Diese Phasen lassen sich vor allem gut an den helfenden Berufen aufzeigen. Es wird mit großem Idealismus und guten Vorsätzen an eine Tätigkeit heran gegangen (Phase Enthusiasmus). Die Person merkt aber, dass sie durch ihr Handeln keine Fortschritte erzielt. Stagnation, womöglich Rückschritte frustrieren, machen zynisch gegenüber dem Klientel. In der Phase der Apathie ist die berufliche Tätigkeit nur noch unter großen Anstrengungen auszuüben. Man ist unmotiviert, sich neue Ziele zu stecken und häufig fehlt auch das Bewusstsein für ihre eigene Situation. In der Phase wirken die Betroffenen äußerst phlegmatisch und können sich selbst zu nichts mehr antreiben, weder beruflich noch privat. Hier sind auch erste körperliche Anzeichen von Erschöpfung sichtbar. Hält dieser Zustand länger an, spricht man vom Burnout-Syndrom.
Ursachen
Die Ursachen für Burnout lassen sich v.a. im persönlichen, im sozial-, und organisationspsychologischen und im gesellschaftlichen Bereich finden.
Persönliche Ursachen
Folgende persönliche Aspekte begünstigen den Burnout:
- Neurotizismus: Eigenschaften wie Ängstlichkeit, mangelnde Selbstachtung, Neigung zu Irritationen, Sorgen und Depressionen, Neigung zu Zwanghaftigkeit, Schuldanfälligkeit und ein labiles Selbstwertgefühl sind bei Ausbrennern auffällig.
- Perfektionsstreben: Ausbrenner setzten sich oft zu hohe Ziele und haben Probleme, Kompromisse einzugehen. Das wirkt sich nachhaltig auf ihre Handlungsplanung und -bewertung aus.
- Helfersyndrom: Es wird versucht, Versagenserlebnisse und versagte Zuwendung in der Kindheit nun durch die eigene soziale Tätigkeit zu kompensieren. Der Helfer gibt die Zuwendung, die er empfangen möchte. Personen mit dem Helfersyndrom versuchen, ihr labiles Selbstwertgefühl durch die Aufopferung an eine große Aufgabe und die damit verbundene Dankbarkeit vieler Hilfsempfänger zu stabilisieren.
- besondere persönliche Defizite: Eine schlechte Ausbildung, die Misserfolge provoziert und die Unfähigkeit, anderen Grenzen zu setzen, können den Burnout begünstigen.
- ADHS-Betroffene sind generell einer erhöhten Burnoutgefahr ausgesetzt
Soziale und organisationspsychologische Ursachen
Folgende Ursachen für Burnout stehen besonders in Zusammenhang mit den Umweltfaktoren der Helfer: Ein Wechsel der Arbeitssituation, wie z.B. der Einstieg in den Beruf, ein Wechsel des Vorgesetzten, ein Wechsel der Arbeitsstelle oder ähnliches sind häufig Auslöser für das Burnout-Syndrom. Dabei ist ein guter Einführungsprozess vor allem bei Berufsanfängern als vorbeugende Maßnahme sehr wichtig. Die Arbeitsbelastung stellt eine weitere Einflussgröße dar. Eine konfliktreiche Rolle, die Unmöglichkeit, sich das Klientel auszusuchen, für den Betroffenen schwieriges Klientel, die zeitliche und organisatorische Unmöglichkeit, mit dem Klientel befriedigend zu arbeiten und zeitraubende sinnlose Verwaltungsarbeit fördern Burnout. Auch das Ausmaß der intellektuellen Anregung beeinflusst das Burnout-Risiko. Je mehr der Alltag von immer gleicher Routine ohne Herausforderungen bestimmt ist, desto höher ist das Burnout-Risiko. Weiterhin wird Burnout begünstigt durch zu sachlichen, zu einseitigen und zu unpersönlichen Kundenkontakt und durch mangelnde Möglichkeiten des Helfers, sich selbst in die Arbeit einzubringen und eigene Entscheidungen zu treffen. Zudem fördert es Burnout, wenn die Ziele und Erfolgskriterien der Arbeit nicht klar definiert sind, wenn das Team nicht die gleichen Ziele verfolgt oder wenn der Helfer Ziele verfolgen muss, die gegen seine eigene Wertvorstellungen verstoßen. Außerdem wird Burnout durch „schlechten“ Kontakt zum Vorgesetzten begünstigt, wenn Betroffene beispielsweise zu wenig Rückmeldung, Lob und Anerkennung bekommen. Auch zu starke Kontrolle und schlechtes Arbeitsklima steigern die Burnout-Gefahr. Auch im Kontakt mit Kollegen kann Burnout mitverursacht werden, wenn der Betroffene Gleichgültigkeit erfährt, keinen Rat und Unterstützung erhält und ihm keine emotionale und strategische Rückendeckung gegeben wird. Ein weiterer Faktor sind die „professional mystiques“: Durch Ausbildung und Massenmedien werden falsche Bilder vermittelt wie beispielsweise, dass der Berufsstatus bereits Kompetenz garantiere und diese wiederum hohe Erfolgsraten, dass Klienten grundsätzlich kooperativ und dankbar, Kollegen hilfsbereit und solidarisch seien. Weitere wichtige Umweltfaktoren sind private Probleme in Familie oder Partnerschaft, Einsamkeit oder ein schwaches soziales Umfeld. In großen Organisationen kommen dazu noch spezielle Faktoren wie z. B. zu wenig Autonomie und eigene Entscheidungsfreiheit in der Arbeit sowie Rollenambiguität und -konflikte. Hier ist die Gefahr größer, dass mehrere Menschen die gleichen Aufgaben erledigen, dass Unübersichtlichkeit herrscht und dass der Einzelne Aufgaben übernehmen muss, für die er nicht ausgebildet ist.
Objektive Belastungsfaktoren, Stress
Die Bedeutung der objektiv feststellbaren Arbeitsbelastung stellt eine Einflussgröße dar, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. Dazu gehören: Massive körperliche Belastungen durch Heben von Gewicht (insbesondere einseitiges Heben), häufiger starker Wechsel der Umgebungstemperaturen ohne entspr. Schutzkleidung, starke oder gesundheitsschädliche Beschallung, deutlich wechselnde tägliche Arbeitszeiten (oft Schaukeldienste genannt) und häufige oder lang anhaltende Nachtdienste.
Belastbar erscheinende Mitarbeitende werden vermehrt Überstunden oder besonders belastenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Deren Selbstüberforderung wird durch die Vorgesetzten evtl. nicht erkannt. Auch der Druck von Vorgesetzten ist zu erwähnen, Überstunden z. B. zur Erreichung von Arbeitszielen zu leisten. Dies reduziert natürlich deren Fähigkeit die Fürsorgepflichten als Arbeitgeber-Vertreter wahrzunehmen. Im biologischen Stress-Modell wird von einer vorübergehenden starken Belastbarkeit ausgegangen, die allerdings ausreichende Erholungsphasen erfordert. Sonst ist danach mit einem Zusammenbruch des gesamten Organismus und seiner Abwehrfunktionen zu rechnen.
Gesellschaftliche Ursachen
Auch in gesellschaftlichen Zuständen und Veränderungen lassen sich Ursachen für den Burnout finden:
- Der Zerfall familiärer und kommunitärer Bindungen bewirkt wachsende Anonymität und Unpersönlichkeit. So wird eine narzisstische, selbstbezogene Charakterstruktur mit Angst vor Abhängigkeit, innerlicher Leere und Problemen bei tiefen persönlichen Bindungen gefördert. Dadurch wird die Arbeit umso höher als Befriedigungsquelle mit Erwartungen besetzt. Dies hat zur Folge, dass die Menschen nicht mehr bereit sind, Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, die nicht optimal sind und sie nicht optimal befriedigen.
- Eine weitere Ursache liegt im Wertewandel, insbesondere in der Einstellung zur Religion. Religion, die früher größeren Einfluss hatte und die Wechselfälle des Lebens oft eher als göttliche Fügung dargestellt hat, verliert ihre Bedeutung. Individuelle menschliche Entscheidungen haben heute Vorrang vor dem Einfluss höherer Mächte, was Unzufriedenheit und damit Burnout fördert.
- Darüber hinaus wird durch die Verschlechterung der Wirtschaftslage Arbeitslosigkeit immer mehr zum Problem. Menschen in helfenden Berufen bleiben aus Angst vor Arbeitslosigkeit eher an Stellen mit schlechten Arbeitsbedingungen, was sie unzufrieden macht und das „Ausbrennen“ erleichtert.
- Durch die unsichere Marktlage, in der der einzelne keine sichere Lebensplanung mehr durchführen kann, ist der Mensch stark verunsichert. Wachsende Komplexität aller Prozesse des modernen Lebens sorgt tendenziell für Autonomieeinbußen und Stress, da der Mensch immer mehr auf Maschinen und Spezialisten angewiesen ist. Der Mensch wird mehr auf bestimmte Rollen festgelegt, kann nur noch Teilbereiche des Lebens bestimmen und bewältigen und ist oft damit überfordert.
- Durch die Spezialisierung innerhalb der helfenden Berufe werden gesellschaftlich hohe Erwartungen an helfende Berufe gestellt. Dabei werden als bürokratisch empfundene Kontrollsysteme eingeführt, die durch das Einführen von als irrelevant empfundenen Erfolgskriterien, aus der Sicht der von Burn-Out Betroffenen sinnvolle Arbeit erschweren.
Behandlung
Patienten mit Burnout-Syndrom müssen durch professionelle Hilfe unterstützt werden. In den Anfangsphasen können teilweise noch ausgedehnte Erholung, z. B. in Form einer Kur, oder ein Arbeitsplatzwechsel ausreichend Hilfe leisten. Im fortgeschrittenen Stadium vergeht ein Burnout-Syndrom nicht „einfach“ wieder. Die Betroffenen werden in einer gezielten Psychotherapie behandelt, die helfen soll, die eigene Leistungsfähigkeit besser einzuschätzen und zukünftige Leistungsanforderungen realistischer zu stellen, damit künftige Überforderungen verringert werden. Zusätzlich werden in letzter Zeit auch natürliche Präparate als Ergänzung dem Patienten verschrieben (Johanniskraut-Monopräparate und/oder Johanniskraut-+Passionsblume-+Baldriankombinationen), da diese auf die Serotonin-Aufnahme und damit auf die Stimmung positiv Einfluss nehmen.
Präventive Maßnahmen
Generell so wird vermutet, kann der oder die individuell Betroffene, das Team und auch die Institution durch verschiedene Maßnahmen von Gesundheitsförderung dem Burnout vorbeugen. Hierzu wird u.a. auf die Konzepte Salutogenese, Coping, Selbstwirksamkeit und Empowerment verwiesen:
- Individuelle Vorbeugungsmaßnahmen:
Für Burnout-Gefährdete ist es sehr wichtig, sich selbst Zeit und Raum zum Ausruhen und Regenerieren sowie für Ausgleichsmöglichkeiten wie Sport, Musik oder andere Hobbys zu geben. Aber auch Gebet und Meditation oder andere Dinge, die dem Einzelnen ermöglichen, Ruhe und Entspannung zu erfahren, indem sie die Aufmerksamkeit gezielt von dem Belastungsbereich weglenken, können geistig und körperlich sehr entlastend wirken.
Zudem ist es wichtig, die notwendige Distanz zur Arbeit zu behalten oder zu schaffen, um ihr aus einem neuen Blickwinkel zu begegnen und möglicherweise unrealistische Vorstellungen zu korrigieren.
- Entlastungsmöglichkeiten im Team:
Auch das Team ist für realistische Arbeitspläne und -umsetzungen mitverantwortlich. Hier sollten dem Einzelnen wenn möglich an seine Fähigkeiten angepasste, begrenzte und realistische Aufgaben zugeteilt werden. Zudem sollte das Team im Idealfall auch ein Raum für Austausch, Feedback und gegenseitige Begleitung sein.
- Vorbeugung durch Arbeitgeber bzw. die Institution:
Der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen ein größeres Gewicht zu geben als einer vorrangigen Geschäfts-Ziel-Erreichung im ökonomischen Sinn. Dabei handelt es sich nicht nur um gesetzliche Pflichten sondern auch um ethische Normen, zu denen sich Unternehmen verpflichten (sollten), vergleiche hierzu die Diskussion um ein Unternehmens-Leitbild.
Weitere Vorbeugungsangebote der Institutionen um ihre Mitarbeitern vor Überlastungen zu schützen und dem Burnout vorbeugen, kann es sein, Raum für Reflexion im Team zu geben, z. B. in Form von Supervisionen.
Siehe auch
- Beziehungsarbeit
- Kundenorientierung
- Helfer-Syndrom
- Emotionsarbeit
- Stress
- abhängige Persönlichkeitsstörung
- Belastung (Psychologie)
- Boreout-Syndrom bei chronischer Unterforderung und Leerlauf in der aktiven Phase, die Symptome sind ähnlich wie beim Burnout-Syndrom
Literatur
- P. Buchwald und S. E. Hobfoll: Burnout aus ressourcentheoretischer Perspektive. In: Psychologie in Erziehung und Unterricht. 51. 2004, 247-257.
- Matthias Burisch: Das Burnout Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung. 3. Aufl. Springer 2006. ISBN 3-540-23718-6
- Cary Cherniss: Jenseits von Burnout und Praxisschock. Hilfen für Menschen in lehrenden, helfenden und beratenden Berufen. Beltz 1999. ISBN 3-407-22041-3
- Anne-Rose Barth: Burnout bei Lehrern. Hogrefe 1997. ISBN 3-8017-1104-8
- Jörg Fengler: Helfen macht müde. Zur Analyse und Bewältigung von Burnout und beruflicher Deformation. 6. Auflage Pfeiffer 2001. ISBN 3-608-89626-0
- Andreas Hillert und Michael Marwitz: Die Burnout Epidemie. Oder brennt die Leistungsgesellschaft aus? Beck 2006. ISBN 3406535895
- Rosel Hölzer: Burnout in der Altenpflege. "vorbeugen - erkennen - überwinden". Urban&Fischer 2003. ISBN 3-437-47530-4
- Dietmar Pfennighaus: Desillusionierung im Beruf. Ein Konstrukt in der Burnout-Forschung. Tectum Verlag 2000. ISBN-10 : 3-828-88176-9, ISBN-13 : 978-3828881761
- Gregor Raddatz, Bernd Peschers: Burnoutprävention in der Pflegeausbildung. Hintergründe - Konzepte - Unterrichtsentwürfe. Elsevier, 2007, 192 S. ISBN 3-437-27770-7
- Rösing, Ina: Ist die Burnout-Forschung ausgebrannt? Analyse und Kritik der internationalen Burnout-Forschung. Asanger Verlag, Heidelberg, 2003. 333 Seiten. ISBN 3-89334-409-8. Rezension von Lilo Schmitz.
- Traugott Schall: Erschöpft - müde - ausgebrannt. Überforderung und Resignation: vermeiden - vermindern - heilen. Würzburg 1993. ISBN 3-429-01487-5
Weblinks
- Burnout Portal (auch Forum und Selbsttest)
- Artikel von Prof. Dr. med. Volker Faust 1999
- Selbsthilfegruppen und Selbsttests
- Burnout in der Altenpflege
- Führungskräfte und Burnout
- Burnout-Prophylaxe für beruftätige Mütter