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Köpi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Köpenicker Straße 137
Hofeinfahrt der Köpi

Die Köpi (oft auch in der Schreibung Køpi) ist ein 1990 besetztes und 1991 legalisiertes Haus in der Köpenicker Straße 137 in Berlin-Mitte, heute als autonomes Wohnprojekt und Kulturzentrum bezeichnet. Nachdem es in Eigenarbeit renoviert und umgebaut wurde, bietet es Wohn- und Lebensraum für zirka 60 Personen, sowie diverse Veranstaltungsräume. Hof und Garten werden als Wagenplatz genutzt.

Allgemein

Das heute noch bestehende Gebäude ist ein fünfgeschossiges, ehemaliges Hinterhaus mit Resten von zwei Seitenflügeln. Die Grundstücksfläche des Hauses beträgt 1.904 m².[1] Das Gebäude ist nicht denkmalgeschützt, somit kann es abgerissen werden. Da das Gebiet vom Stadtplanungsamt Mitte als „Mischgebiet“ ausgewiesen ist, sind bis zu 50 Prozent gewerbliche Nutzung möglich.[2]

Auf dem Gebäude ist die Aufschrift „Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten“ in metergroßer Schrift auf Höhe der obersten Etage angebracht.

Auf den Grundstücken Köpenicker Straße 133 bis 136 befindet sich Wagenplätze, unter anderem der Wagenplatz Schwarzer Kanal und der Köpiwagenplatz.

Das Köpi ist international ähnlich bekannt wie das im März 2007 abgerissene Ungdomshuset.[3]

In der Köpi wohnen zirka 60, nach anderen Angaben 90 Personen.[4] Laut Polizeiangaben sind lediglich 29 Bewohner gemeldet.[5]

Geschichte

Bis zur Wiedervereinigung

1905 wurde das Gebäude der Köpenicker Straße 137 als typisches Haus der Gründerzeit von einem jüdischen Bauherrn errichtet. 1934 wechselt das Haus den Eigentümer, vermutlich in Zusammenhang mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Die ehemaligen Besitzer emigrieren oder werden in der Shoa ermordet. In der DDR ist das Gebäude Volkseigentum, nach der Wende wird das Grundstück dem ehemaligen Eigentümer rückübereignet.

Besetzung und Legalisierung

Die Wende in der DDR eröffnete viele Freiräume auf Grund des passiven Verhaltens der Ost-Berliner Volkspolizei. Kurze Zeit nach der Maueröffnung wurde eine Vielzahl der leerstehenden Häuser in Ost-Berlin besetzt. Ende November 1989 entschlossen sich auch einige West-Berliner/-innen ein Haus im Ost-Teil der Stadt zu besetzen. Obwohl es zu einigen Spannungen zwischen der West- und Ost-Berliner autonomen Bewegung kam, schafften sie es, Anschluss zu finden und schlossen sich mit einer Gruppe zusammen, die kurz zuvor ein Haus in der Kreutziger Straße besetzt hatte. Am 23. Februar 1990 besetzten sie schließlich das Haus in der Köpenicker Straße 137, welches kurz zuvor entmietet wurde und abgerissen werden sollte. Weder Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) als Verwalter des Hauses, noch die Ost-Berliner Polizei ging gegen die Besetzung vor. Allerdings kristallisierte sich der Ost-West-Konflikt innerhalb der autonomen Bewegung an der Köpi, da sie das erste hauptsächlich von West-Berlinern bewohnte, besetzte Haus in Ost-Berlin war. Bis zur endgültigen Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wurde eine Vielzahl von Häusern in Ost-Berlin - auch durch West-Berliner - besetzt.

Nach der endgültigen Vereinigung kam es zu den ersten Räumungen in Ost-Berlin. Als Reaktion auf die heftigen Straßenschlachten bei der Räumung der Mainzer Straße rief der Bezirk Mitte einen runden Tisch ein, der eine Legalisierung der Besetzungen erreichen sollte. Im Sommer 1991 wurde auch die Köpi durch den Abschluss eines Vorvertrages zwischen Bewohner/-innen beziehungsweise Nutzer/-innen und der Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte mbH (WBM), als Nachfolger der KMV, legalisiert. Dieser umfasste alle gemeinschaftlich bzw. gewerblich genutzten Räume der Köpenicker Straße 137 und beinhaltete die bauliche Selbsthilfe und Einzelmietverträge.

Am 1. Mai 1993 übernahm schließlich die Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) im Auftrag der WBM die Verwaltung der Köpenicker Straße 137. Die Einzelmietverträge wurden mit der GSE abgeschlossen.

Die Rückübertragung

1995 wurde das Gebäude an Volquard Petersen rückübertragen. Ab dem 1. Oktober 1995 übernahm die Petersen und Partner KG die Verwaltung im Auftrag des neuen Besitzers. Ein Jahr darauf wurde der Köpi fristlos gekündigt und sie wurden aufgefordert das Haus innerhalb von einer Woche zu verlassen. Nachdem die Bewohner/-innen auch auf eine zweite Kündigung zum November 1996 nicht reagierten, reichte die Petersen und Partner KG im Dezember 1996 Räumungsklage beim Amtsgericht Tempelhof ein. Dieses erklärte sich allerdings zunächst für nicht zuständig und schließlich wurde die Klage abgewiesen.

Der Grund für die fristlose Kündigung waren die Baupläne der Petersen und Partner KG: Sie wollten auf dem jetzigen Garten ein Bürogebäude mit Tiefgarage errichten und das von der Köpi genutzte Hinterhaus modernisieren und als luxuriösen Gewerbe-, Büro- und Wohnkomplex umbauen. Obwohl die Baugenehmigungen vom Bezirk bereits vorlagen, kam es zu keiner Umsetzung, da Petersen Konkurs anmelden musste.

Zwangsversteigerung

Schwarzer Kanal

Eine Zwangsverwaltung des Objektes im April 1998 scheiterte. Diverse Banken sind Gläubigerinnen der Petersen und Partner KG. Auf Antrag der beteiligten Banken sollte die Köpenicker Straße 137 und die umliegenden Gelände am 16. Februar 1999 zwangsversteigert werden. Bei der Versteigerung im Amtsgericht Mitte fand sich jedoch kein Interessent.[6] Eine weitere Versteigerung am 2. November 1999 wurde wegen Mangel an Interessenten abgesagt.[7]

In der Nacht vom 12. auf den 13. Januar 2007 fand eine Hausdurchsuchung in der Köpi statt. Ziel war die Schließung einer „illegalen Diskothek“. Nach einer halben Stunde wurde die Hausdurchsuchung abgebrochen, da eingetroffene Sympathisanten begannen, Widerstand zu leisten.[8]

Im Jahr 2006 hat die Commerzbank einen erneuten Antrag auf Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Berlin gestellt. Entgegen der Empfehlungen der Berliner Polizei wurde der Termin für die Zwangsversteigerung auf den 8. Mai 2007 gelegt. Da dieser Termin nah am 1. Mai liegt, befürchtet die Berliner Polizei ein „hohe[s] Mobilisierungspotential“, das Zustände wie bei der Räumung und dem Abriss des Ungdomshuset in Kopenhagen im März 2007 herbeiführen könnte.[9]

Um diese Zustände zu vermeiden, wurde die Versteigerung weder in Zeitungen noch im Internet bekannt gemacht, lediglich im Amtsblatt wurde sie angekündigt.[10] Selbst auf der Internetseite des Amtsgerichts fehlt ein Hinweis auf die Versteigerung, ein kommerzieller Anbieter behauptet sogar fälschlich auf seiner Seite: „Dieses Objekt steht nicht mehr zur Versteigerung. Der Termin wurde aufgehoben.“[11] Trotzdem berichten die Morgenpost[5] am 24. April 2007, der Tagesspiegel[10] und das Neues Deutschland[12] am 4. Mai 2007 von der anstehenden Versteigerung.

Das Grundstück gilt dank seiner Lage an der Spree in der Nähe des Ostbahnhofs als äußerst attraktiv. Als Umlaufwert wurden 1.670.000 Euro für das Hauptgrundstück und insgesamt 1.815.000 Euro für das in drei Versteigerungsposten aufgeteilte Wagenplatz-Gelände festgelegt.

Am 5. Mai 2007 fand eine Demonstration gegen die Versteigerung der Köpi statt. Sie begann um 15 Uhr am Breitscheidplatz und endete vor der Zentrale der Commerzbank am Bülowplatz. Laut Angaben der Veranstalter nahmen über 2.000 Personen an der Demonstration teil, die Polizei spricht von 1.200 Teilnehmern.[13][14][15] Am 7. Mai 2007 wurden an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet mit Transparenten für den Erhalt der Köpi demonstriert. Gegen die damit einhergehenden Hausfriedensbrüche ging die Berliner Polizei noch am gleichen Tag vor[16]. Am Vormittag des 7. Mai baute die Polizei an Straßen in der Nähe des Amtsgerichts Absperrungen auf und führte Kontrollen durch, die angekündigte Kundgebung um 18:00 Uhr konnte jedoch ungehindert stattfinden.

Am 8. Mai 2007 gegen 9 Uhr wurde die Köpenicker Straße 137 für das Geringstes Gebot von rund 835.000 Euro verkauft. Die Versteigerung wurde neben dem weiträumig abgesperrten Amtsgericht von rund 300 Demonstranten begleitet.[17]

Quellen

  1. http://www.zwangsversteigerung.de/detail/Q17138
  2. http://www.scheinschlag.de/archiv/1999/01_1999/texte/news04.html
  3. http://www.tagesspiegel.de/berlin/nachrichten/koepi-versteigerung-raeumung-demo/101655.asp
  4. http://www.jungewelt.de/2007/05-05/030.php
  5. a b http://www.morgenpost.de/content/2007/04/24/bezirke/896152.html
  6. http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1999/0217/lokales/0200/index.html
  7. http://www.scheinschlag.de/archiv/1999/11_1999/texte/news1.html
  8. http://de.indymedia.org/2007/01/166082.shtml
  9. http://koepi.squat.net/news2.html
  10. a b http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/04.05.2007/3241214.asp
  11. http://www.zv-information.de/php/oa_detail.php?herk=starts&ID=3108
  12. http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=109168&IDC=5
  13. http://de.indymedia.org/2007/05/175642.shtml
  14. http://www.welt.de/berlin/article853601/Demonstration_gegen_Koepi-Versteigerung.html
  15. http://www.jungewelt.de/2007/05-07/045.php
  16. http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/77408/index.html
  17. http://www.welt.de/berlin/article858583/Koepi_fuer_834.000_Euro_zwangsversteigert.html

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