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Entgangener Gewinn

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Von entgangenem Gewinn (lat. lucrum cessans) spricht man im Schadenersatzrecht, wenn ein vorhandenes Vermögensgut nicht beschädigt oder entzogen wird, sondern der Schädiger es dem Geschädigten unmöglich macht, sein Vermögen durch Wahrnehmung einer Erwerbschance zu mehren.

Demgegenüber handelt es sich um positiven Schaden, wenn ein bereits vorhandenes Vermögensgut gemindert oder zerstört wird bzw. der Geschädigte Aufwendungen zur Schadensbeseitigung tätigen muss.

Wenn also beispielsweise eine unterbrochene Stromzufuhr die Maschinen zum Stillstand bringt und dadurch keine Produktion möglich ist, bezeichnet man den dadurch entstandenen Schaden als entgangenen Gewinn. Entsteht an den Maschinen selbst durch die Unterbrechung der Stromzufuhr ein Schaden, handelt es sich dabei um positiven Schaden.

Deutsches Recht

Entgangener Gewinn ist nach deutschem Schadenersatzrecht gemäß § 252 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Bestandteil jedes Schadenersatzanspruchs. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Im Beispielsfall der unterbrochenen Stromzufuhr also der Gewinn, den der Geschädigte mit den. während der Betriebsunterbrechung wahrscheinlich produzierten Teilen, voraussichtlich erzielt hätte. Die Höhe des entgangenen Gewinns kann durch das Gericht nach § 287 ZPO geschätzt werden. Ein Vollbeweis ist nicht erforderlich.

Österreichisches Recht

Die Unterscheidung zwischen entgangenem Gewinn und positivem Schaden ist insbesondere für den Grad des Verschuldens von Bedeutung: Entgangener Gewinn ist grundsätzlich nur bei grobem Verschulden (d. h. bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit) zu ersetzen, positiver Schaden bei jedem Grad.

Die Höhe des entgangenen Gewinns wird regelmäßig durch ein Sachverständigengutachten ermittelt. Sachverständig einzuschätzen ist der Gewinn, den der Geschädigte während der Betriebsunterbrechung wahrscheinlich und voraussichtlich erzielt hätte.

Ein Nutzungsausfallschaden als Form des Betriebsunterbrechnungsschadens tritt z.B. bereits ein und ist gutachterlich zu berechnen, soweit ein wesentlich zum Erwerb dienenendes KfZ beschädigt wurde.[1]

Beispielfälle: Verdienstausfallschaden

streitiger entgangener Gewinn: Ein Unternehmen der Transportbranche, das Spezialfahrzeuge einsetzt, wurde in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die Spezialfahrzeuge fielen fünfzehn Tage aus und konnten nicht von dritter Seite angemietet werden. Der Anwalt des Unternehmens fordert einen hohen Betrag. Im Auftrag des Haftpflichtversicherers hat der Sachverständige zu bewerten, in welcher Höhe die Entschädigungsleistung nach § 249 BGB angemessen ist.

Schaden nach Unfall: Ein freiberuflich tätiger Systemprogrammierer erlitt einen Verkehrsunfall, der Jahre nachwirkt und eine MdE von 40% zur Folge hat. Der Sachverständige hat im Auftrag des Haftpflichtversicherers den entgangenen Gewinn zu ermitteln, der dem Systemprogrammierer zusteht und künftig als Rente zustehen wird.

Ein neu zugelassener Rechtsanwalt wurde geschädigt und konnte im Ergebnis eine Zeit lang nur eingeschränkt in seiner Kanzlei arbeiten. Die betrieblichen Einschränkungen konnte der Rechtsanwalt einen freien mitarbeitenden Anwalt kompensieren. Der Sachverständige hatte einzuschätzen, ob die Kosten der Ersatzkraft als Schadensersatz zu entschädigen waren.