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Volksgerichtshof

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Der Volksgerichtshof war das Gericht zur Aburteilung von Hoch- und Landesverrat gegen den NS-Staat unter den Präsidenten Otto Georg Thierack und ab August 1942 Roland Freisler.

Nachdem im Reichstagsbrandprozess nur der mutmaßliche Täter Marinus van der Lubbe zum Tode verurteilt und drei mitangeklagte Funktionäre der Kommunistischen Partei freigesprochen wurden, beschloß Hitler, politische Straftaten der unabhängigen Justiz zu entziehen und ordnete die Gründung eines Volksgerichtshofes an. Diese erfolgte durch Gesetz vom 24. April 1934 in Berlin. Der Volksgerichtshof tagte zuerst im Preußischen Abgeordnetenhaus, heute das Abgeordnetenhaus von Berlin. Seine Aufgabe war die Aburteilung von Hochverrat und Landesverrat. Gegen Entscheidungen des Volksgerichtshofs waren keine weiteren Rechtsmittel zulässig. Diesem Sondergericht hatte ein "volkshygienische Aufgabe", so sein Präsident Otto Georg Tierack, es sollte die "Seuchengefahr", die von den Angeklagten ausging, bekämpfen. Organisation und Gerichtsverfahren waren auf kurze Prozesse ausgerichtet, die Richter wurden von Adolf Hitler ernannt. 1935 zog der Volksgerichtshof in das Schulgebäude des König-Wilhelm-Gymnasiums, Bellevuestraße 15, nahe dem Potsdamer Platz. Die Zahl der Todesurteile stieg mit Kriegsbeginn 1939 sprunghaft an. 1936 ergingen 11 Todesurteile, 1943 waren es 1662. Bis 1945 wurden rund 5.200 Todesurteile vollstreckt. Für eine Verurteilung genügten Vergehen wie die Verbreitung von Nachrichten ausländischer Sender, abwertende Bemerkungen im privaten Kreis über Adolf Hitler oder Zweifel an der Möglichkeit des Endsieges.

Im August 1942 wurde Roland Freisler Präsident des Volksgerichtshofs. Er führte seine Prozess-Verhandlungen mit besonderem Fanatismus und demütigte die Angeklagten in besonderem Maße. Am 3. Februar 1945 wurde das Gebäude durch einen Bombenangriff zerstört, wobei Roland Freisler auf dem Weg in den Luftschutzkeller von einem herabstürzenden Balken getroffen und erschlagen wurde.

Einige Prozesse wurden im Gebäude des Kammergerichts am Kleistpark in Berlin-Schöneberg geführt. Hier fand auch der Prozess gegen die Verschwörer vom 20. Juli 1944 statt. Auf Hitlers Befehl hin wurde dieser Prozess gefilmt und liegt heute als Dokument vor.

Der Volksgerichtshof verurteilte u.a. die Mitglieder von Widerstandsgruppen, wie Rote Kapelle, Weiße Rose, Edelweißpiraten und Kreisauer Kreis.

Der Bundesgerichtshof billigte 1956 den Angehörigen des Volksgerichtshofs das so genannte Richterprivileg zu, wonach keiner verurteilt werden könne, der sich an damals geltende Gesetze gehalten habe. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte 1986 die Ermittlungsverfahren endgültig ein, obwohl der Bundestag am 25. Januar 1985 den Volksgerichtshof als "Terrorinstrument zur Durchsetzung nationalsozialistischer Willkürherrschaft" bezeichnet hatte und dessen Urteilen jede Rechtswirkung in der Bundesrepublik Deutschland absprach.

Bis auf einen, von einem amerikanischen Gericht verurteilten, wurde somit keiner der etwa 570 Richter und Staatsanwälte zur Rechenschaft gezogen.