Aufklärung (Literatur)
Die Aufklärung (1720 – 1800) ist eine vom Rationalismus bestimmte Bewegung im 18. Jahrhundert in Europa und gilt als letzte gemeinsame Bewegung des Abendlandes. Der Rationalismus wurde durch Descartes geprägt. Die Literatur hat vor allem eine erzieherische Funktion und fordert die „sittliche Besserung“ des Zuschauers. Mit ihren Gedanken knüpft sie an die durch die Renaissance wiederbelebten antiken Ideale und Sichtweisen an. Die Vertreter selbst sehen die Aufklärung nicht als Epoche, sondern als den Beginn einer neuen Ära, die den Menschen und seine Verantwortung in den Mittelpunkt stellen. Besonders das Bürgertum ist bestrebt, sich von den dogmatischen Lehren der Kirche und der „geistigen Bevormundung“ durch Obrigkeiten zu befreien, um so eine „Emanzipation des Denkens“ auszulösen. In der Zeit der Aufklärung waren u. a. drei Dichter von großer Bedeutung: zum ersten der Engländer John Locke, der stark für den Staat plädiert, welcher das Eigentum des einzelnen Bürgers regeln sollte; zum zweiten Montesquieu, der für die Gewaltenteilung eintrat, die heute die Grundsätze einer jeden Republik, parlamentarischen Monarchie oder föderalistischen Staates ist; und zuletzt Jean-Jacques Rousseau, der in seinem Werk stark die Religion kritisiert, respektive den in der Zeit der Aufklärung herrschenden Deismus, und fordert, der Mensch solle sich die Welt so schaffen, wie er es für angemessen empfindet. In der Zeit der Aufklärung wurde die Fabel als literarische Textform wiederentdeckt, insbesondere von Gotthold Ephraim Lessing. Philosophie und Wissenschaft erleben seitdem einen Aufschwung, die Erkenntnisse dieser Zeit beeinflussen noch heute maßgeblich das kulturelle und politische Leben in Europa.
Die Frage „Was ist Aufklärung?“ hat Kant als einer der bedeutendsten deutschen Philosophen 1784 beantwortet. Immanuel Kant (1724-1804) aus Königsberg schrieb: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“
Unter Aufklärung versteht man einen sowohl individuellen wie auch gesellschaftlichen geistigen Emanzipationsprozess, der darauf abzielt, allein auf dem Glauben an Autoritäten beruhende Denkweisen kritisch zu hinterfragen.
Dichtung
Für die Dichtung war die Aufklärung die Vorbereitung der Klassik. Johann Christoph Gottscheds wichtigstes Dokument ist seine Sammlung von Theaterstücken, die er unter dem Titel Deutsche Schaubühne veröffentlichte, Friedrich Gottlieb Klopstock erneuerte die Lyrik und Gotthold Ephraim Lessing verfasste die ersten großen Dramen der deutschen Dichtung und hatte zudem die Idee von einem deutschen Nationaltheater. Der Theoretiker Gottsched forderte für das Schauspiel wie bei Aristoteles die drei Einheiten von Ort, Zeit und Handlung.
- Die Einheit Ort bedeutet, dass das Geschehen nur an einem Ort gespielt werden darf.
- Die Einheit Zeit verlangt, dass sich die gesamte Handlung nur über einen Tag erstrecken darf.
- Die Einheit Handlung fordert die Beschränkung auf eine Haupthandlung.
Seit dieser Zeit galt es als Pflicht des gebildeten Menschen, sich für das Theater zu interessieren. Gottscheds Literaturtheorie wurde von Lessing heftig kritisiert. Er lehnte alle Forderungen Gottscheds ab, ohne jedoch dabei die aufklärerischen Ideen außer Acht zu lassen. Lessing wollte den Menschen zum Handelnden machen, der nicht in seinen sozialen Status gezwängt ist. Somit gab er der Literatur eine neue Funktion: Sie sollte das Leser- bzw. Zuschauerpublikum sittlich (=anständig, korrekt) läutern (=bessern, reinigen)und es nicht nur moralisch belehren, wie bei Gottsched. Durch die eigene Identifikation mit den Schauspielern sollten die eigenen Sitten, Werte und Normen verbessert werden. Ziel der Tragödie war es, Furcht und Mitleid beim Zuschauer bzw. Leser zu erregen. Das Publikum sollte sich mit den Protagonisten auseinandersetzen, mit ihnen mitfühlen und sich davor fürchten, das gleiche Schicksal zu erleiden: „Belehre dich deines eigenen Verstandes“, das heißt: Denke selbst! Lessing ließ nur die Einheit der Handlung gelten. Außerdem verlangte er, dass in Tragödien nur Helden der mittleren Gattung auftreten sollten. Das bedeutet, dass der Held ein Mensch sein muss, dessen Gedanken und Gefühle der Zuschauer nachempfinden kann, er soll also kleine Fehler haben.
Unter Aufklärung versteht man einen sowohl individuellen wie auch gesellschaftlichen geistigen Emanzipationsprozess, der darauf abzielt, allein auf dem Glauben an Autoritäten beruhende Denkweisen kritisch zu hinterfragen.
Wahlspruch
Als so genannten Wahlspruch der Aufklärung bezeichnete Immanuel Kant das horazische: „Sapere aude!“ und übersetzte es mit „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“
Textarten
Die bevorzugten Textsorten während der Aufklärung waren vor allem das Drama, die Fabel und das bürgerliche Trauerspiel. Die Fabel stand insbesondere im Mittelpunkt der deutschen Aufklärung. Mit ihr konnten die Autoren, wie z.B. Gotthold Ephraim Lessing, ihre Kritik an dem damals herrschenden Adel und der Kirche offen ausdrücken, ohne allzu viel zu riskieren. Lessing schuf durch seine Dramen, besonders Emilia Galotti, die neue literarische Gattung des bürgerlichen Trauerspiels.
Werke
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
- Minna von Barnhelm (1767 erschienen)
- Hamburgische Dramaturgie (1770)
- Emilia Galotti (1772 uraufgeführt)
- Nathan der Weise (1779 veröffentlicht, Uraufführung 1783)
Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769)
Neben zahlreichen Fabeln (2 Bde. 1746-48), Erzählungen, Abhandlungen, Reden und Vorlesungen veröffentlichte Gellert:
- Die Betschwester (Lustspiel, 1745)
- Das Loos in der Lotterie (Lustspiel, 1746)
- Die zärtlichen Schwestern (Lustspiel, 1747)
- Das Leben der Schwedischen Gräfin von G*** (Briefroman, 2 Teile, 1747/48)
- Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen (1751)
- Geistliche Oden und Lieder (1757)
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)
Ab 1761 schrieb Lichtenberg Gedankensplitter in Form von Aphorismen in Schreibhefte, von ihm Sudelbücher genannt. Diese wurden postum veröffentlicht.
Immanuel Kant (1724-1804)
Kant war vorwiegend Philosoph der Aufklärung, kein Literat. Seine Werke waren deshalb vorwiegend Abhandlungen, Kritiken, ...
- Kritik der reinen Vernunft 1781
- Kritik der praktischen Vernunft 1788
- Kritik der Urteilskraft 1790
- Was ist Aufklärung? 1784
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)
- Du Contrat social ou Principes du droit politique (dt. Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes) 1762
Weblinks