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Babylonische Sprachverwirrung

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Die Sprachverwirrung, Bibelillustration von Gustave Doré (1865)

Die Babylonische Sprachverwirrung (Latein confusio linguarum) ist eine biblische Geschichte. Darin wird die Sprachenvielfalt als Gottesstrafe an der gesamten Menschheit dargestellt.

Der biblische Grund der Sprachverwirrung

Die Bibel beschreibt im Alten Testament im Vorlage:Bibel2 in Babylon (hebräisch Babel) im Lande Schinar den Turmbau zu Babel im 18. bis 16. Jahrhundert vor Christus. Da das Vorhaben als Versuch, Gott gleichzukommen, gesehen wird, strafte er die Bauleute ob solcher Selbstüberhebung damit, dass nun jeder seine eigene Sprache besaß, damit keiner mehr den anderen verstand. Zuvor habe die ganze Welt eine gemeinsame Sprache gesprochen. Der Bau blieb aufgrund der Sprachprobleme unvollendet.

Die Bibel nimmt das Thema der Sprachverwirrung nochmals in der Pfingstgeschichte des Neuen Testamtents in Vorlage:Bibel2 auf. Der Heilige Geist der durch Jesus Christus ermöglichten Gottverbundenheit bewirkt, dieser Erzählung zufolge, ein neues Reden und Verstehen über alle Sprachgrenzen hinweg.

Theologische Deutung

In der Komposition des Buches Genesis endet mit der Turmbauerzählung die Reihe der Unheilsgeschichten (Vorlage:Bibel2). Unter Verwendung vor- und außerisraelitischen Materials stellt der Endredaktor die Menschheitsgeschichte seit dem Sündenfall als eine Abfolge von Katastrophen dar: Verlust des paradiesischen Urzustandes, Brudermord (Kain und Abel), Sintflut, Entzweiung und Zerstreuung. Als Ursache dieses Unheils erscheint das Streben der Menschen nach gottgleicher Allmacht (Vorlage:Bibel2), das die schöpfungsmäßigen Grenzen überschreitet. Chaos und Zerstörung sind im Sinne eines Tun-Ergehens-Zusammenhangs Strafe insofern, als die Folgen seiner eigenen Grenzverletzungen den Menschen treffen. In diesem Kontext wird die Turmbaugeschichte aus einer mythischen Erklärung der vielen Sprachen zu einer Deutung der existenziellen Erfahrung von Missverstehen, Kooperationsunfähigkeit und zerfallender Gemeinschaft. Kapitel 12 erzählt dann mit dem Ruf an Abraham von einem Neuanfang, den Gott setzt, um Israel und durch Israel alle Völker in ein Bundesverhältnis mit sich zu rufen.


„Babylonische Verwirrung“ als „Geflügeltes Wort“

Die „Babylonische Sprachverwirrung“ hat als Redewendung - als Sinnbild für das Aufeinandertreffen mehrerer Sprachen - Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden, so hat beispielsweise Georg Büchmann sie in seine Zitatensammlung Geflügelte Worte aufgenommen.

Auf die „Babylonische Sprachverwirrung“ wird z. B. häufig bei der Berichterstattung über die Verwaltung der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel Bezug genommen, wo sich auf Grund der sprachlichen Vielfalt Mehrarbeiten und Kosten ergeben [1].

Die Redewendung wird auch im positiven Sinn verwendet, so gibt es beispielsweise eine Science-Fiction-Serie, in der die (titelgebende) Raumstation Babylon 5 Treffpunkt für unterschiedliche Völker ist, eine literarische Figur namens Babelfisch und Übersetzungsprogramme mit dem Namensbezug, wie „Babel Fish“ oder „Babylon Translator“.

Die babylonische Sprachverwirrung findet auch in anderen Zusammenhängen und Abwandlungen Anwendung. So betitelte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ eine sprachkritische Geschichte über den „Mischmasch namens Denglisch“ mit: „Welcome in Blabylon“.[2]

Indogermanische Ursprache ist eine Präbabelische Sprache

Anna Katharina Emmerick spracht in ihr Privätrevelationen, da eine Präbabelische Sprache war Indogermanische Ursprache, eine Ursprache des Baktrischen, Zendischen, und Indischen Tochtersprachen.

Die „Babylonische Sprachverwirrung“ in der Literatur

  • Franz Kaulen: Die Sprachverwirrung zu Babel. Linguistisch-theologische Untersuchungen über Genesis XI, 1-9. Mainz: Franz Kirchheim, 1861, 248 Seiten
  • Aemilian Schöpfer: Bibel und Wissenschaft. Grundsätze und deren Anwendung auf die Probleme der biblischen Urgeschichte: Hexaemeron, Sintflut, Völkertafel, Sprachverwirrung. Brixen, 1896, VIII, 279 Seiten

Literatur

  • Friedrich Braun: Die Urbevölkerung Europas und die Herkunft der Germanen; Berlin, Stuttgart, Leipzig: W. Kohlhammer, 1922; Japhetitische Studien, Bd. 1
  • Nikolaj Jakovlevic Marrn: Der japhetitische Kaukasus und das dritte ethnische Element im Bildungsprozess der mittelländischen Kultur; Berlin, Stuttgart, Leipzig: W. Kohlhammer, 1923; Japhetitische Studien zur Sprache und Kultur Eurasiens, Bd. 2
  • Tasso Borbé (Hg.): Kritik der marxistischen Sprachtheorie N. Ja. Marr’s; Kronberg (Ts.): Scriptor-Verlag, 1974; ISBN 3-589-20021-9; (Enthält u. a.: Nikolaj Ja. Marr. Die japhetitische Theorie)
  • Arno Borst: Der Turmbau von Babel. Geschichte der Meinungen über Ursprung und Vielfalt der Sprachen und Völker; 4 Bände; Stuttgart: Hiersemann, 1957-1963 ; München: dtv, 1995; ISBN 3-423-59028-9

Siehe auch

Quellen

  1. Dieter E. Zimmer: Warum Deutsch als Wissenschaftssprache ausstirbt. DIE ZEIT Nr. 30, 1996
  2. Nicole Alexander, Nikolaus von Festenberg: Welcome in Blabylon. Alberne Anglizismen überspülen das Deutsche und erzeugen einen Mischmasch namens Denglisch, in: Der Spiegel, 16. Juli 2001