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Elektrolytkondensator

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Ein Elektrolytkondensator (Abk. Elko) ist ein gepolter Kondensator, dessen Anoden-Elektrode aus einem Metall (Ventilmetall) besteht, auf dem durch Elektrolyse (anodische Oxidation, Formierung) eine nichtleitende Isolierschicht erzeugt wird, die das Dielektrikum des Kondensators bildet. Der Elektrolyt ist die Kathode des Elektrolytkondensators.

Typisches Erscheinungsbild eines "Elkos"

Bei Elektrolytkondensatoren unterscheidet man drei Bauarten (Aluminium-, Tantal- und Niob-Elektrolytkondensatoren), die jeweils nach dem verwendeten Ventilmetall bezeichnet werden (siehe Abschnitt Bauarten).

Hauptvorteil der Elektrolytkondensatoren im Bereich der Kondensatoren ist ihre sehr hohe Kapazität (bezogen auf das Bauvolumen). Dies wird erreicht durch ein äußerst dünnes Dielektrikum, eine große Oberflächenvergrößerung der Anode und durch einen Elektrolyten, der sich der Stuktur der Anode anpasst.

Elektrolytkondensatoren sind gepolte Bauteile. Ein Einsatz in Falschpolrichtung zerstört das Dielektrikum und zerstört den Kondensator. Die Zerstörung kann katastrophale Folgen (Explosion, Brand) nach sich ziehen.


Prinzipieller Aufbau

Die Spannungsfestigkeit eines Elektrolytkondensators wird durch die Dicke des Dielektrikums bestimmt. Mit der Formierung kann die Dicke der Oxidschicht, des Dielektrikums, gezielt hergestellt werden. Da die Spannungsfestigkeiten der Oxidschichten für Elektrolytkondensatoren sich im Bereich von einigen 100 Volt pro Mikrometer bewegen, lassen sich äußerst dünne Dielektrika realisieren. Elektrolytkondensatoren haben außerdem für jeden Spannungswert eine angepasste Dicke des Dielektrikums und sie können dadurch das Bauvolumen optimal ausnutzen.

Die Anode eines Elektrolytkondensators ist zur Vergrößerung der Elektrodenoberfläche und somit zur Kapazitätserhöhung aufgerauht. Bei Aluminium-Elektrolytkondensatoren geschieht dies durch Aufrauhung der Aluminium-Anodenfolie, bei Tantal- und Niob-Elektrolytkondensatoren durch Pressen und Sintern von feinstem Metallpulver.

Ein geeigneter Elektrolyt, der sich den Poren der aufgerauhten Anode möglichst perfekt anpasst, bildet die Kathode des Elektrolytkondensators. Er kann aus einem flüssigen oder pasteusen Elektrolyten (Ionenleiter) oder einem festen Elektrolyten (Elektronenleiter) bestehen. Die Stromzuführung zum Elektrolyten erfolgt über Folien gleichen Metalls wie das der Anode oder über eine andere geeignete Kontaktierung des Elektrolyten.


Geschichte

Das Phänomen, dass man auf Aluminium in einem elektro-chemischen Verfahren eine Schicht erzeugen kann, die einen elektrischen Strom in nur einer Richtung hindurch lässt, in der anderen Richtung jedoch Strom sperrend wirkt, wurde 1875 von dem französischen Forscher Ducretet entdeckt. Dieses erste „elektrische Ventil“ gab Metallen mit dieser Eigenschaft den Beinamen „Ventilmetall“. Hierzu gehören Aluminium, Tantal, Niob, Mangan, Titan, Wismut, Antimon, Zink, Cadmium, Zirconium, Wolfram, Zinn, Eisen, Silber und Silizium.

Da die einseitig sperrende Schicht eine sehr hohe Spannungsfestigkeit schon bei sehr dünnen Schichtstärken aufweist, entstand 1896 die Idee, diese Schicht als Dielektrikum eines gepolten Kondensators mit hoher Kapazität in einem Gleichstromkreis auszunutzen. Im Jahre 1897 wurde dem Wissenschaftler Charles Pollack in Frankfurt für die Idee eines „Elektrischen Flüssigkeitskondensators mit Aluminiumelektroden“ das Patent DRP 92564 erteilt, das zur Grundlage aller späteren Elektrolytkondensatoren wurde.

Flüssigkeitskondensator, Bell System Technik 1929

Im Bild rechts ist die gewellte Anode eines Aluminium-Elektrolytkondensators zu sehen, der seinerzeit „Flüssigkeitskondensator“ genannt wurde. Die gewellte Anode wurde freischwebend in einen mit dem Elektrolyten gefüllten Metallbecher eingebaut. Der Metallbecher diente dann gleichzeitig als Kathodenanschluss. Der Vorteil dieser Kondensatoren war, dass sie, bezogen auf den realisierten Kapazitätswert, erheblich kleiner und preiswerter als alle anderen technischen Kondensatoren der damaligen Zeit waren

Die ersten kommerziell genutzten Aluminium-Elektrolytkondensatoren wurden schon im Jahre 1892 als Motor-Start-Kondensatoren zum Starten von Einphasen-Wechselstrom-Motoren genutzt. Und schon Anfang des 20ten Jahrhunderts wurden zum Entstören von Telefonanlagen in Deutschland „Elektrolytkondensatoren“ benutzt, um die Brummgeräusche des Stromgenerators auf den Leitungen zu unterdrücken. Mit Beginn der Rundfunktechnik begann auch die Weiterentwicklung der Elektrolytkondensatoren, die Elko-Zelle wurde gewickelt und die Anodenfolien wurden zunächst mechanisch aufgerauht.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden dann die Tantal-Elektrolytkondensatoren mit festem Braunstein-Elektrolyten entwickelt und boten somit den Geräteherstellern die erste Möglichkeit zur Miniaturisierung elektronischer Schaltungen. Mit der Entwicklung neuer, fester Elektrolytsysteme (TCNQ, Polymer) Mitte der 1970er bzw. 1980er Jahre schafften es die Entwickler von Elektrolytkondensatoren, der Forderung der Anwender nach immer kleineren internen Verlusten (low ESR) auch mit dieser Technologie zu folgen. Heutzutage erreichen oberfächenmontierbare Aluminium-Polymer-Elektrolytkondensatoren ESR-Werte kleiner als 10 mΩ. Damit sind sie sogar gegenüber keramischen Mehrschicht-Kondensatoren (MLCC) wettbewerbsfähig.

Bauarten

Als technisch praktikable Ventilmetalle zum Aufbau von Elektrolytkondensatoren haben sich Aluminium, Tantal und Niob durchgesetzt, deren Oxide bilden das Dielektrikum der jeweiligen Elektrolytkondensator-Bauarten:


Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über deren Eigenschaften. Elektrolytkondensatoren mit Titan oder Zirconium als Anode sind bisher aus dem Entwicklungsstadium nicht hinausgekommen.

Materialdaten der drei in der Elektronik verwendeten Elektrolytkondensator-Bauarten
Anodenmaterial Dielektrikum Dielektrizitäts-
konstante
Spannungsfestigkeit
in V/µm
Aluminium Aluminiumoxid, Al2O3 8,4 700
Tantal Tantalpentoxid, Ta2O5 28 625
Niob Niobpentoxid, Nb2O5 42 455

Aluminium-Elektrolytkondensatoren bilden wegen der großen Bauformvielfalt und ihrer preiswerten Herstellung die große Masse der in der Elektronik verwendeten Elektrolytkondensatoren; Tantal-Elektrolytkondensatoren finden in der Militärtechnik und in Geräten mit geringem Platzbedarf Verwendung; Niob-Elektrolytkondensatoren, im Massengeschäft eine Neuentwicklung, stehen im Wettbewerb mit Tantal-Elektrolytkondensatoren.

Typische Bauformen von Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren

Elektrolyt

Seinen Namen hat der Elektrolytkondensator vom Elektrolyten, der leitfähigen Flüssigkeit im Kondensator, die die eigentliche Kathode des Kondensators bildet. Da die aufgerauhten Strukturen der Anodenoberfläche sich in der Struktur der Oxidschicht, des Dielektrikums fortsetzen, muss die Gegenelektrode, die Kathode, sich möglichst passgenau an die Struktur anpassen. Mit einer Flüssigkeit ist dies einfach zu erreichen.

Die wichtigste elektrische Eigenschaft eines Elektrolyten im Elektrolytkondensator ist seine elektrische Leitfähigkeit, die bei Flüssigkeiten physikalisch eine Ionen-Leitfähigkeit ist. Ein flüssiger Elektrolyt besteht immer aus einem Gemisch von Lösungsmitteln und Zusatzstoffen zur Erfüllung der gegebenen Anforderungen bzw. der gewünschten Zielsetzungen.

An die Betriebselektrolyte werden vielfältige Anforderungen gestellt, u. a. große Leitfähigkeit, Sauerstoff-Lieferant für Formierprozesse und Selbstheilung, möglichst großer Temperaturbereich, chemische Stabilität, hoher Flammpunkt, chemische Verträglichkeit mit den im Kondensator verwendeten Materialien, geringe Viskosität, Umweltverträglichkeit sowie geringen Kosten.

Die Vielfalt der Anforderungen an den Elektrolyten aus der Elektronik hat eine Vielzahl von herstellerspezifischen Lösungen zur Folge. Für Alumininium-Elektrolytkondensatoren lassen sich grob zusammenfassend drei Gruppen bilden:

  • Wässerige Elektrolyte schwacher Säuren mit Zusätzen von Ethylen-Glykol (Wasser-Glykol-Elektrolyte), geeignet für Anwendungen bis maximal 105 °C für sog. Low-ESR-Elkos
  • Wasserfreie Lösungs-Elektrolyte auf Basis von z. B. N,N-Dimethylformamid oder N,N-Dimethylacetamid geeignet für Anwendungen bis etwa 105 °C und gutem Langzeitverhalten
  • Wasserfreie Lösungs-Elektrolyte, auf Basis von γ-Butyrolacton-Basis, geeignet für Anwendungen bis etwa 125 °C, letztere führen zu Elektrolytkondensatoren mit sehr gutem Langzeitverhalten.

Als flüssiger Elektrolyt für Tantal-Elektrolytkondensatoren kommt meist Schwefelsäure zum Einsatz.

Neben flüssigen und pasteusen Elektrolytsystemen können Elektrolytkondensatoren auch mit festen Elektrolytsystemen hergestellt werden. Solche festen Elektrolyte können aus dem Halbleiter Braunstein (Mangandioxid, MnO2), aus einem leitfähigem Salz (TCNQ) oder aus einem leitfähigen Polymer (z. B. Polypyrrol) bestehen.

„Stammbaum“ der Elektrolytkondensatoren, der sich aus den unterschiedlichen Anodenmetallen und Elektrolytsystemen ergibt

Aus der Kombination der Anodenmaterialien für Elektrolytkondensatoren und möglicher Elektrolyte haben sich eine ganze Reihe von Elko-Familienmitgliedern gebildet, die jeder für sich seine besonderen Vor- und Nachteile aufweist. Eine grobe Übersicht über die wichtigsten Kennwerte der unterschiedlichen Elko-Bauarten gibt die nachfolgende Tabelle.

Kennwerte der unterschiedlichen Elko-Familien

Anodenmaterial Elektrolyt Kapazitätsbereich
in µF
max. Spannungsfestigkeit
bei 85° in V
max. Kategorietemperatur
in °C
Ripplestromdichte
in mA/mm3
Aluminiumfolie flüssig, z. B. Glykol, DMF, DMA, GBL 0,1 - 2.700.000 550 150 0,05 - 2,0
fest, Braunstein 0,1 - 1500 40 175 0,5 - 2,5
fest, TCNQ (OS-CON) 1 - 2700 35 125 3,0 - 8,0
fest, leitfähiges Polymer 10 - 1500 25 125 10 - 30
Tantalfolie flüssig, Schwefelsäure 0,1 - 1000 630 125 -
Tantalsinterkörper flüssig, Schwefelsäure 0,1 - 15.000 150 200 -
fest, Braunstein 0,1 - 3300 125 150 1,5 - 15
fest, leitfähiges Polymer 10 - 1500 35 125 10 - 30
Niobsinterkörper fest, Braunstein 1 - 1500 10 125 5 - 20
fest, leitfähiges Polymer 2,2 - 1000 25 105 10 - 30
1) Ripplestrom bei 100 kHz und 85 °C / Bauvolumen (Nennmaße)
2) Einschließlich des Multi-Anoden-Aufbaus

Die so genannten „nassen“ Al-Elkos waren und sind zu allen Zeiten die preiswertesten Bauelemente im Bereich der hohen Kapazitätswerte und im Bereich höherer Spannungen. Sie bieten nicht nur die preiswerten Lösungen für Siebung und Bufferung, sondern sind auch noch relativ unempfindlich gegenüber Transienten und Überspannungen. Sofern in einem Schaltungsaufbau genügend Platz vorhanden ist oder Spannungen größer 50 V benötigt werden, sind Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit flüssigem Elektrolyten, mit Ausnahme der militärischen Anwendungen, in der gesamten Elektronik zu finden.

Tantal-Elektrolytkondensatoren besitzen in Form der oberflächenmontierbaren „Ta-Chips“ in allen Bereichen der industriellen Elektronik einen festen Platz als zuverlässige Bauelemente für Geräte, in denen wenig Platz vorhanden ist oder die in einem möglichst großen Temperaturbereich ohne große Parameterabweichungen arbeiten sollen. Im Bereich militärischer und Weltraum-Applikationen haben nur Tantal-Elektrolytkondenstoren überhaupt die erforderlichen Zulassungen.

Niob-Elektrolytkondensatoren stehen in direkten Wettbewerb zu industriellen Tantal-Elkos, ihre Eigenschaften sind vergleichbar. Wegen ihres etwas geringeren Gewichtes bieten sie bei Applikationen mit hohen Anforderungen an Vibrations- und Stoßfestigkeit einen Vorteil gegenüber den Tantal-Elkos. Darüber hinaus ist Niob besser verfügbar.

Besonderheiten bei Elektrolytkondensatoren

Im Folgenden werden Besonderheiten von Elektrolytkondensatoren beschrieben, die diese Kondensatoren von anderen Kondensatorarten unterscheiden.

Kapazität

Die Kapazität eines Elektrolytkondensators ist frequenzabhängig. Bei der Frequenz „0“, bei Gleichspannung, hat ein Elko eine Ladefähigkeit, die Gleichspannungskapazität genannt wird. Sie wird mit einer Zeitmessung über die Lade- bzw. Entladekurve eines RC-Gliedes gemessen. Die Gleichspannungskapazität ist etwa 10 bis 15 % höher als die Kapazität, die mit der von der Norm vorgeschriebenen Frequenz von 100/120 Hz gemessen wird. In der Messfrequenz unterscheiden sich Elektrolytkondensatoren von anderen Kondensatorarten, deren Kapazität mit der Messfrequenz 1 kHz gemessen wird.

Kapazitätstoleranz

Die Kapazitätstoleranz von Elektrolytkondensatoren, früher -10/+50 % oder -10/+30 %, heute meist ±20 %, ist, verglichen mit den Kapazitätstoleranzen anderer Kondensatorfamilien, recht groß. Da Elektrolytkondensatoren aber nicht in frequenz-bestimmenden Schaltkreisen eingesetzt werden, wo enge Kapazitätstoleranzen gefordert werden, genügt die große Toleranzbreite, die überwiegend aus der Streuung des Aufrauhgrades der Anode stammt, meist voll den Anforderungen der für Elektrolytkondensatoren typischen Anwendungen.

Spannungsfestigkeit

Die Dicke des Dielektrikums des Elektrolytkondensators bestimmt seine Spannungsfestigkeit. Da diese Dicke gezielt für die Nennspannung des Kondensators hergestellt wird, führt ein Überschreiten der spezifizierten Spannungsgrenzen zur Zerstörung des Kondensators. D. h. weder die Nennspannung, die Spitzenspannung noch die Umpol- oder Falschpolspannung dürfen innerhalb des Nenntemperaturbereiches über- bzw. unterschritten werden.

Umpolspannung

Die charakteristische Eigenschaft von Ventilmetallen ist, dass sie beim Anlegen einen Spannung in richtiger Polarität eine elektrisch sperrende Oxidschicht auf der Oberfläche bilden. Wird die Polarität, die am Ventilmetall anliegt, umgekehrt, so bildet sich die Oxidschicht zurück. Im Elektrolytkondensator wird das Dielektrikum geschwächt. Ergebnis ist, dass es zu Durchschlägen durch die geschwächte dielektische Schicht kommen kann. Einer längere Zeit am Elektrolytkondensator anliegende Umpol- oder Falschpolspannung führt unweigerlich zum Kurzschluss und somit zur Zerstörung des Kondensators.

Strombelastbarkeit

Ein der Gleichspannung überlagerter Wechselstrom (Rippelstrom) bewirkt Lade- und Entladevorgänge im Elektrolytkondensator. Dieser Wechselstrom fließt über den ESR und führt zu Verlusten, die den Kondensator von Innen heraus erwärmen. Die internen Wärmeverluste sind frequenzabhängig. Die entstandene Wärme wird an die Umwelt abgegeben. Dieses hängt von den Maßen des Kondensators und weiteren Bedingungen, wie z. B. Zwangskühlung ab. Der spezifizierte Ripplestrom darf innerhalb des Nenntemperaturbereiches nicht überschritten werden. Ein Überschreiten der spezifizierten Rippelstromgrenze führt zur Zerstörung des Kondensators.

Scheinwiderstand, Impedanzverhalten

Besonderheit der Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit flüssigem Elektrolyten sind die relativ hohen Kapazitätswerte, die mit dieser Technologie erreicht werden können. Da diese Kondensatoren überwiegend in der Stromversorgung elektronischer Schaltungen eingesetzt werden und hier oftmals die Netzfrequenz von 50/60 Hz in das elektrische Verhalten der Versorgungsspannung mit einfließt, müssen auch tiefe Frequenzen „gesiebt“ werden. Das Impedanzverhalten von Elkos mit ihrer hohen Kapazität kommt dieser Anwendung entgegen.

Typische Verläufe des Scheinwiderstandes von Al-Elkos und Polymer-Elkos bei unterschiedlichen Kapazitätswerten

Im Bild gezeigt werden typische Verläufe des Scheinwiderstandes in Abhängigkeit von der Frequenz für verschiedene Kondensatorarten und Kondensatoren mit unterschiedlicher Kapazität. Je größer die Kapazität ist, desto tiefer wird die Frequenz, die der Kondensator filtern (sieben) kann. Der Restwiderstand am Wendepunkt eines jeden Kurvenverlaufes ist mit dem ESR des betreffenden Kondensators gleichzusetzen. Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit Polymer-Elektrolyten (im Bild mit „Polymer“ beschriftet) besitzen deutlich geringere ESR-Werte als Al-Elkos mit flüssigem Elektolyten (im Bild mit „Al-Elko“ beschriftet).

Reststrom

Prinzipielle Reststrom-Einschaltkurven

Eine Besonderheit bei Elektrolytkondensatoren ist der sogenannte Reststrom (engl.: leakage current). Der Reststrom eines Kondensators ist der Gleichstrom, der durch den Kondensator fließt, wenn eine Gleichspannung an die Anschlüssen des Kondensators gelegt wird. Der Reststrom beinhaltet alle durch chemische Prozesse und durch mechanische Beschädigungen des Dielektrikums verursachten unerwünschten Gleichströme, sowie durch Tunneleffekte verursachte Gleichströme, die das Dielektrikum passieren können. Der Reststrom ist spannungs-, zeit- und temperaturabhängig, hängt von der Vorgeschichte des Kondensators, z. B. vom Löten und von der chemischen Verträglichkeit des Elektrolyten mit der Oxidschicht ab. Bei Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit flüssigem Elektrolyten ist der Reststrom auch noch abhängig von der vorangegangenen Lagerzeit. Spezifiziert wird der Reststrom meist durch eine Multiplikation des Nennkapazitätswertes und der Nennspannung, zu dem noch ein kleiner Festwert addiert wird, beispielsweise:

Dieser Wert ist nach einer vorgeschriebenen Messzeit, zum Beispiel 2 oder 5 Minuten, einzuhalten. Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren weisen ein unterschiedliches Reststromverhalten auf. Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit flüssigem Elektrolyten werden mit nur relativ wenig Sicherheit in der Dicke der Oxidschicht, des Dielektrikums, hergestellt. Außerdem ist Aluminium nd sein Oxid relativ empfindlich gegenüber aggressiven oder wasserhaltigen Elektrolyten. Daher haben die sogenannten „nassen Elkos“ im Vergleich der Elko-Technologien beim Einschalten den höchsten Reststrom.

Tantal-Elektrolytkondensatoren mit festem Elektrolyten aber auch Aluminium-Elektrolytkondensatoren mit festem Elektrolyten (Braunstein, TCNQ, Polymer) werden mit sehr viel größerer Sicherheit hinsichtlich der Dicke der Oxidschicht aufgebaut. Dies bewirkt normalerweise eine größere Spannungsfestigkeit des Dielektrikums und hat beim Einschalten somit einen kleineren Reststrom zur Folge.

Tantal-Elektrolytkondensatoren mit flüssigem Elektrolyten werden ebenfalls mit großer Sicherheit hinsichtlich der Dicke der Oxidschicht aufgebaut. Da beim Einbringen von festen Elektrolyten kleinere Beschädigungen der Oxidschicht vorkommen können, die beim Einbringen des flüssigen Elektrolyten nicht vorkommen, haben diese Kondensatoren im Vergleich beim Einschalten das beste Reststromverhalten.

Der Reststrom bei allen Elektrolytkondensatoren wird, bedingt durch Selbstheileffekte, immer geringer, je länger die Kondensatoren an Spannung liegen.

Ersatzschaltbild

Serien-Ersatzschaltbild

Die elektrischen Kennwerte eines Elektolytkondensators werden beschrieben durch ein idealisiertes Serien-Ersatzschaltbild eines Kondensators.

Im Serien-Ersatzschaltbild eines Elektrolytkondensators sind:

die Kapazität C, die ideale Kapazität des Kondensators,
der Widerstand , der den Reststrom bei Elektrolytkondensatoren repräsentiert,
der Widerstand , in dem die ohmschen Verluste zusammengefasst werden
die Induktivität , die die induktiven Anteile des Bauelementes zusammfasst.

Die ohmschen Verluste werden allgemein nur „ESR“ (eqivalent series resistance, äqivalenter Serienwiderstand) und die Induktivität nur „ESL“ (equivalent series inductivity L, äquivalente Serieninduktivität L) genannt.

Schaltzeichen

Schaltzeichen

Im Schaltzeichen des gepolten Elektrolytkondensators ist der Pluspol (Anode) durch ein hohles Rechteck gekennzeichnet, der Minuspol durch ein ausgefülltes. Bei einem bipolaren Elektrolytkondensator ist der Kondensator mit 2 Anodenfolien aufgebaut. Deshalb wird des Schaltsymbol mit 2 hohlen Rechtecken gebildet.

Kennzeichnung

Die Kennzeichnung von Elektrolytkondensatoren kennt keine Farbcodierung. Die Farbcodierung von Tantal-Perlenkondensatoren in der Vergangenheit gibt es heutzutage nicht mehr. Sofern der Platz dazu ausreicht, sollten die Kondensatoren durch entsprechende Aufdrucke gekennzeichnet sein mit:

Polarität, Nennkapazität, Toleranz, Nennspannung, Nenntemperaturbereich, Herstelldatum, Hersteller, Baureihenbezeichnung

Kapazität, Toleranz, und Herstelldatum können nach DIN EN 60062 mit Kurzkennzeichen gekennzeichnet werden. Beispiele einer Kurz-Kennzeichnung der Nennkapazität (Mikrofarad):

µ47 = 0,47 µF
4µ7 = 4,7 µF
47µ = 47 µF

Das Herstelldatum wird oft entsprechend internationaler Normen in abgekürzter Form aufgedruckt.

Version 1: Codierung mit Jahr/Woche, „0708“ ist dann 2007, 8. Kalenderwoche
Version 2: Codierung mit Jahrescode/Monatscode
Jahrescode: „R“ = 2003, „S“= 2004, „T“ = 2005, „U“ = 2006, „V“ = 2007, usw.
Monatscode: „1“ bis „9“ = Jan. bis Sept., „O“ = Oktober, „N“ = November, „D“ = Dezember
“U5“ ist dann 2006, Mai

Polarität

Bei der axialen/liegenden Bauform wird der positive Pol durch eine umlaufende Markierung oder Kerbe gekennzeichnet.
Bei der stehende Bauform (radiale Bauform oder auch "single ended Elko" genannt) verläuft auf einer Seite (meistens der negativen) eine senkrechte Markierung. Zudem ist üblicherweise bei loser, nicht gegurteter Ware der Plusanschluss länger als der Minusanschluss.
Bei Tantal-Kondensatoren ist der positive Pol mit einem Plus gekennzeichnet.

Anwendungen

Typische Applikationen für Elektrolytkondensatoren sind:

  • Glättungs- und Bufferkondensator zur Glättung bzw. Siebung von gleichgerichteten Wechselspannungen.
  • Sieben von Wechselspannungsanteilen innerhalb einer Schaltung (Ableitung von Wechselströmen) z. B. in DC/DC-Wandlern
  • Puffern von Gleichspannungsversorgungen bei Laständerungen
  • Zwischenspeicher für PFC-Schaltungen (Power Factor Control = Leistungsfaktor-Verbesserung) in Frequenzumformern und unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV)
  • Ein- und Auskoppeln von Wechselspannungssignalen zum Beispiel in Niederfrequenzverstärkern, wenn ein Potentialunterschied vorliegt (level shifting). Hierbei ist zu beachten, dass die Elektrolytkondensatoren eine entsprechende Vorspannung benötigen
  • Energiespeicher, z. B. in Elektronenblitzgeräten
  • Ladungssammler in Zeitgliedern, z. B. in Blinkern
  • Bipolare (ungepolte) Elektrolytkondensatoren als Motor-Startkondensatoren (Anlasskondensator) für Asynchronmotoren
  • Tonfrequenzkondensatoren in Frequenzweichen von Lautsprecherboxen

Literatur

  • K. H. Thiesbürger, Roederstein: Der Elektrolytkondensator, 1991
  • A. Güntherschulze, H. Betz, Elektrolytkondensatoren, Verlag Herbert Cram, Berlin, 2. Auflage 1952
  • Zinke, Seither, Widerstände, Kondensatoren, Spulen und ihre Werkstoffe, Springer-Verlag, Berlin 1982
  • Handbuch der Elektronik, Franzis-Verlag, München 1979
  • Nührmann, Werkbuch Elektronik, Franzis-Verlag München 1981
  • Kurt Leucht, Kondensatorkunde für Elektroniker, Franzis Verlag, München,1981
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