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Vergil

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Publius Vergilius Maro (* 15. Oktober 70 v. Chr., † 21. September 19 v. Chr.)

Der römische Dichter, dessen Name im deutschen und englischen Sprachraum "Vergil" oder "Virgil" lautet ("Virgilius" nach einer Volksetymologie, die den Namen mit "virga", "Rute", zusammenbrachte), ist der Autor der Eclogae, der Georgica und der Aeneis, eines Versepos in zwölf Büchern, das als Nationalepos des Römischen Reiches gilt. Viele Angaben zu seiner Biographie sind unsicher und beruhen auf spätantiken und frühmittelalterlichen Legenden. Geboren in Andes (vermutlich dem heutigen Pietole) nahe Mantua in der Gallia cisalpina (das Gallien "diesseits der Alpen", heute Norditalien), erhielt Vergil seinen ersten Unterricht in Cremona und Mailand. Anschließend ging er nach Rom, um dort Rhetorik, Medizin und Astronomie zu studieren, wandte sich aber bald der Philosophiezu und schloß sich zeitweilig dem Kreis der Epikureerum Siron an, die in der Nähe von Neapel ein Anwesen besaßen. Eine Anzahl kleinerer Dichtungen, die dem jungen Vergil zugeschrieben werden, sollen in dieser Zeit entstanden sein. Doch sind die meisten der in der sog. Appendix Vergiliana überlieferten Gedichte apokryph. Das Catalepton (griech. katá leptón, in feiner, zarter Manier verfaßte Gedichte), bestehend aus vierzehn kurzen Gedichten, könnte tatsächlich von Vergil stammen. Die beiden Kurzepen (Epyllien) Culex ("Die Mücke") und Ciris ("Der Reiher") dagegen stammen ebensowenig aus der Feder dieses Autors wie das Moretum ("Das Kräuterkäsgedicht", das Rezept eines italischen Bauern), die Elegiae ad Maecenatem und die Aetna, ein Lehrgedicht über Vulkanismus, das als jüngstes Gedicht der Sammlung wohl erst in der zweiten Hälfte des ersten Jhdts. n. Chr. entstanden ist.

Im Jahre 42 v. Chr., nach der Niederlage von Brutus und Cassius, den Mördern Gaius Julius Cäsars, wurden die entlassenen Soldaten der Sieger auf enteignetem Land angesiedelt - Vergils Landgut bei Mantua wurde beschlagnahmt. Allerdings bezeugt das erste Gedicht der Eclogae (um 42 v. Chr.), dass Octavian das Landgut zurückerstattete. Es erzählt, dass "Tityrus" sein Land durch Octavians Einspruch wiedererlangt. "Tityrus" gilt allgemein als Vergils Alter Ego. Bald gehörte Vergil zum Kreis um Maecenas, Octavians fähige "rechte Hand", der versuchte, dem Wohlwollen einflussreicher Familien Marcus Antonius gegenüber entgegenzuwirken, indem er römische Schriftsteller an Octavians Hof versammelte. Nachdem die Eclogae (auch Bucolica genannt) vollendet waren, arbeitete Vergil von 37 bis 29 v. Chr. an den Georgica (Über den Landbau), die Maecenas gewidmet sind. Doch Octavian, der Antonius in der Schlacht bei Actium 31 v. Chr. geschlagen hatte und vier Jahre später vom römischen Senat den Titel "Augustus" verliehen bekam, bedrängte Vergil, ein Epos zum Ruhm seiner Herrschaft zu schreiben.

Vergils Antwort war die Aeneis, die die letzten zehn Jahre seines Lebens in Anspruch nahm. Die ersten sechs Bücher dieses Epos erzählen von der Flucht des trojanischen Helden Aeneas nach dem Fall seiner Stadt und der Fahrt nach Latium. Auf der Reise treibt ihn ein Sturm an die Küste Karthagos, dessen Königin Dido ihn empfängt und sich unsterblich in Aeneas verliebt. Doch Jupiter erinnert Aeneas an seine Pflichten - so verlässt er Karthago wieder, was Dido in den Selbstmord treibt. Doch zuvor schwört sie Rache. Als er Cumae in Latium erreicht, befragt Aneas die cumäische Sybille, die ihn durch die Unterwelt führt und sein Schicksal enthüllt: Die Wiedergeburt als Erbauer des Römischen Imperiums.

Die ersten sechs Bücher sind Homers Odyssee nachempfunden, die weiteren sechs sind das lateinische Gegenstück zur Ilias. Aeneas verlobt sich mit Lavinia, der Tochter des Königs Latinus, doch Lavinia ist schon Turnus versprochen, dem König der Rutuler, der von der Furie Allecto zum Krieg aufgehetzt wird. Die Aeneis endet mit dem Zweikampf zwischen Aeneas und Turnus. Aeneas besiegt und tötet den um Gnade Flehenden.

Vergil starb, ohne die Aeneis vollenden zu können. Augustus befahl seinen Nachlassverwaltern Varius und Tucca, Vergils Wunsch nach ihrer Vernichtung zu missachten und die Aeneis so wenig bearbeitet wie möglich zu veröffentlichen. Auch unvollendet wurde die Aeneis sofort als Meisterwerk erkannt. Sie verkündet die imperiale Mission des Römischen Reiches, doch zugleich zeigt sie Mitgefühl für dessen Opfer und ihre Sorgen. Dido und Turnus, beide Leidtragende des römischen Aufstiegs sind sympathischer gezeichnet als Aeneas, dessen bedingungslose Hingabe an sein Ziel auf heutige Leser fast abstoßend wirkt.

Im Mittelalter galt Vergil als Zauberer und zugleich als Vorbote des Christentums - in der 4. Ekloge wird die Geburt eines Knaben in Worten vorausgesagt, die stark an Christi Geburt erinnern. Die Verse könnten auf die Schwangerschaft von Octavians Frau Scribonia anspielen, die allerdings ein Mädchen gebar. Dante machte Vergil zum Führer in seiner Göttlichen Komödie. Bis heute gilt Vergil als der größte Schriftsteller der römischen Antike.



Dieser Artikel basiert auf dem Nupedia-Artikel von James Allan, der von Rainer Zenz ins Deutsche übersetzt wurde. Er kann - wie jeder andere Text der Wikipedia auch - nach Belieben editiert und verbessert werden.