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Deidesheim

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Vorlage:Infobox Ort in Deutschland

Deidesheim ist eine Kleinstadt im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim, Sitz der Verbandsgemeinde Deidesheim und eine der größten Weinbaugemeinden der Pfalz.

Geografie

Deidesheim, von der Haardt gesehen

Lage

Deidesheim liegt in der Pfalz im Bereich der Region Weinstraße. Das Areal des zu Deidesheim gehörenden Gebietes erstreckt sich über die drei morphologischen und landschaftsökologischen Einheiten Pfälzerwald, Hügelzone der Region Weinstraße und Rheinniederung. Der Ort selbst liegt etwa 1 km östlich der Haardt. Deidesheim befindet sich im Nordwesten der Metropolregion Rhein-Neckar, inmitten des Weinbaugebietes der Pfalz und wird von der Deutschen Weinstraße durchzogen. Die Nachbargemeinden sind - im Uhrzeigersinn - Forst an der Weinstraße, Friedelsheim, Rödersheim-Gronau, Niederkirchen bei Deidesheim, Meckenheim (Pfalz), Ruppertsberg, Neustadt an der Weinstraße, Lindenberg (Pfalz), Lambrecht (Pfalz), Frankeneck, Neidenfels und Wachenheim an der Weinstraße.

Klima

Makroklimatisch wird Deidesheim vom Relief der Umgegend mitgeprägt: Der westlich vorgelagerte Pfälzerwald zwingt die Hauptregenwinde aus Westen und Südwesten zum Aufsteigen; dabei kühlen diese sich ab, kondensieren ihren Wasserdampf und regnen sich über dem Pfälzerwald ab. Die nun trocken gewordene Luft fällt auf der Ostseite des Pfälzerwaldes wieder herab und erwärmt sich. Dadurch nehmen im Lee des Pfälzerwaldes die Niederschläge ab, die Sonnenscheindauer zu, und damit steigen auch die Temperaturen an. Die Zahl der Sommertage übersteigt mit 40 bis 50 den Bundesdurchschnitt deutlich, und die Niederschlagshöhen von etwas über 500 mm/m² im Jahr unterschreiten den Richtwert von 600 mm für Trockengebiete in Deutschland.

Lokalklimatisch gesehen ist Deidesheim Teil der klimatisch begünstigten Vorhügelzone der Weinstraße. Mit einer mittleren Höhenlage von 235 m ü. NN am Waldrand reicht das Gelände der Deidesheimer Umgegend bis etwa 130 m ü. NN zum unteren Mittelhangsbereich der Vorhügelzone herab. Die Ausläufer des Madentals und des Sensentals, sowie nordwestlich von Deidesheim auch des Einsteltals bilden Abflussbahnen für die von der Haardt kommenden Kaltluftströme. Daneben haben auch kleine Mulden und Dellen, in denen sich Kaltluft sammeln kann, lokalklimatische Wirkung.

Die klimatischen Verhältnisse in Deidesheim haben beinahe mediterrane Züge, was sich durch das Reifen von Feigen, Mandeln und Bitterorangen in der Gegend zeigt. Von der Klimagunst profitieren insbesondere auch wärmeliebender Kulturpflanzen wie die Weinrebe; dies begünstigt den hier in großem Stil betriebenen Qualitätsweinbau: Durch die lange Vegetationsperiode kann der Wein voll ausreifen, durchgegorene Weine haben eine hohe Qualität, und Frostschäden sind selten.

Geologie

Wichtigstes Ereignis in der Landschaftsentwicklung der Deidesheimer Umgegend, sowie der ganzen Vorderpfalz, war der Einbruch des Oberrheingrabens gegenüber der Haardt, der im Alttertiär vor etwa 65 Mio. Jahren einsetzte und bis heute andauert. Vor dem Gebirge breitete sich eine Fläche aus, welche von den im Pfälzerwald entspringenden Bächen zerschnitten wurde. Während der Eiszeiten kam es in der räumlichen Umgebung der Vergletscherung großer Teile Europas zu allmählichen Abgleitbewegungen der Hänge und zur Abschleifung durch den Wind. Diese Vorgänge führten zu einer Umformung des ursprünglichen Oberflächenreliefs, es bildete sich eine Schwemmfächerebene mit Aufschüttungs- bzw. Abtragungsterrassen. Zudem entstanden in trockenkalten Phasen der Würmeiszeit durch Windeinflüsse Lössschichten; dabei sammelte sich der Löss vor allem an Verwerfungen sowie im Lee von Kleinmulden an.

Westlich und nordwestlich von Deidesheim stellt der im mittleren Pfälzer Wald vorherrschende Voltziensandstein aus der Trias die älteste stratigrafische Einheit auf Deidesheimer Gemarkung dar, die sog. Rehbergschicht. Im Südwesten Deidesheims sind pleistozäne Ablagerungen zu finden; sie entstanden vor etwa 1,5 Mio. Jahren. Im Norden ist Deidesheim von einem Band pliozäner Ablagerungen umgeben, die sich vor etwa 3 Mio. Jahren gebildet haben. Im Osten von Deidesheim finden sich mit holozänen Ablagerungen die jüngsten stratigrafischen Einheiten.

Mit dem Aufbringen von Fremdmaterial wie Basalt, Ziegeln und Stallmist hat der Mensch den natürlichen Aufbau der Böden verändert. Die wichtigsten Bodentypen bei Deidesheim sind unterschiedliche Rigosole, Rendzina-Rigosole, Parabraunerde-Rigosole und kalkhaltige Terra-fusca-Rigosole. Rigosole sind vor allem auf den Erosionasterrassen der pleistozänen Fußflächen zu finden und haben überwiegend Buntsandstein als Ausgangsmaterial, das über dem sandigen Ton der Erosionsterrassen liegt. Die Rendzina-Rigosole sind meist über lösshaltigem Material der Erosionsterrassen entstanden; sie weisen gegenüber den Rigosole einen höheren Lössanteil auf, verfügen damit über einen besseren Nährstoffhaushalt, sind aber auch stärker erosionsgefährdet. Der im Deidesheimer Raum vorkommende Parabraunerde-Rigosol hat sich über Lössschichten gebildet und ist meist stark erodiert. Er weist einen hohen Schluffanteil auf und neigt zur Verschlämmung. Flächenmäßig kleinräumig tritt der kalkhaltige Terra-fusca-Rigosol auf, er hat sich über verwittertem Riffkalk gebildet. Dabei handelt es sich um sehr dichte, tonreiche Böden mit einem relativ schlechten Luft- und Wasserhaushalt.

Geschichte

Entstehung

Zum ersten Mal erwähnt wurde der Ortsname anno 699 in Urkunden des Klosters Weißenburg. Weitere Nennungen erfolgten in Urkunden des Klosters Fulda (770/71) und des Klosters Lorsch (791), wobei in letzteren Deidesheim bereits als weinbautreibend genannt wurde. Jedoch geht man heute davon aus, dass diese Erwähnungen sich nicht auf diejenige Siedlung beziehen, aus der das heutige Deidesheim hervorgegangen ist, sondern auf den schon früher entstandenen Nachbarort Niederkirchen.

Wann das heutige Deidesheim als Tochtersiedlung neben Niederkirchen entstanden ist, lässt sich nicht genau feststellen. Die erste nachweisliche Unterscheidung zwischen Niederdeidesheim, dem heutigen Niederkirchen, und Oberdeidesheim, dem heutigen Deidesheim, gibt es erst im 13. Jahrhundert. Im Jahr 1292 findet sich zum ersten Mal ein Hinweis auf das fürstbischöfliche Deidesheimer Schloss; es war vermutlich die „Keimzelle“, um die herum Deidesheim entstanden ist.[1]

Weitere Entwicklung

Johann Graf im Kraichgau, Neffe von Kaiser Heinrich IV. und 1090–1104 Fürstbischof von Speyer, gab im Jahre 1100 seine Besitzungen im Speyergau, darunter auch Deidesheim, schenkungsweise an das Hochstift Speyer. Wie Aufzeichnungen des Speyerer Hochstifts belegen, entwickelte sich Deidesheim schnell zu einem wirtschaftlich bedeutenden Ort, wozu auch die Niederlassung finanzkräftiger Juden beitrug, die bis zu den Pogromen während der Pestzeit um 1349 eine eigene Gemeinde samt Synagoge in Deidesheim hatten.

Dieser Entwicklung entsprechend entstand damals der Wunsch der Bürger, dem wirtschaftlich florierenden Ort größeren Schutz vor Angriffen zu bieten, dem schließlich vom Speyerer Bischof Gerhard von Ehrenberg durch die Vergabe der Befestigungsrechte an Deidesheim im Jahr 1360 entsprochen wurde. Am Valentinstag des Jahres 1395 schließlich verlieh der böhmische König Wenzel Deidesheim das Stadtrecht. Das Stadtrecht wurde – wie damals üblich – nicht der Stadt selber, sondern dem Speyerer Bischof als dem Stadtherrn verliehen.

Die Befestigung konnte die Stadt in Kriegszeiten nur bedingt schützen. Die Stadt wurde in den Jahren 1396, 1460, 1525, 1552, mehrmals während des Dreißigjährigen Krieges sowie 1689 und 1693 (Pfälzischer Erbfolgekrieg) erobert, dabei teilweise geplündert und gebrandschatzt.

Frühe Neuzeit

Mit dem Einmarsch französischer Volksheere fiel Deidesheim 1794 an Frankreich, wurde 1795 kurz von kaiserlichen Truppen zurückerobert, um dann 1797, bis zum Zusammenbruch der napoléonischen Herrschaft 1814, wieder an Frankreich zu fallen. Infolge der territorialen Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress gehörte Deidesheim seit 1816 als Teil des bayerischen Rheinkreises, der ab 1838 den Namen Pfalz trug, zum Königreich Bayern. Im Jahr 1819 wurde das bislang als Ortsteil geltende Niederkirchen ausgegliedert und ist seither eine eigenständige Gemeinde.

Im Jahr 1865 erhielt Deidesheim einen Anschluss an die neue Bahnstrecke Bad Dürkheim - Neustadt. Um die Jahrhundertwende hielten dann weitere industrielle Errungenschaften Einzug: 1894 bekam Deidesheim eine Gasanstalt, 1896 eine elektrische Beleuchtung, 1897 ein örtliches Stromnetz, und 1898 wurde der Ort an eine allgemeine Wasserleitung angeschlossen. Des Weiteren besaßen Ende des 19. Jahrhunderts alle bedeutenden Gutshöfe einen Telefonanschluss.

Seit dem 20. Jahrhundert

Das Denkmal für die Gefallenen beider Weltkriege in der Bahnhofsstraße

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 rückten französische Truppen in Deidesheim ein; Truppenteile wurden hier einquartiert. Dies blieb so bis zur Räumung des Rheinlandes durch Frankreich im Juli 1930. Im August 1921 gab es einen großen Waldbrand bei Deidesheim, bei dem etwa 300 ha Wald verbrannten, davon 130 ha des Deidesheimer Stadtwaldes. Zur Brandbekämpfung wurden alle männlichen Einwohner Deidesheims rekrutiert, die älter als 17 Jahre waren. Die Löscharbeiten zogen sich drei Tage und drei Nächte lang hin.

Während des Zweiten Weltkrieges blieb Deidesheim von Kriegsschäden zunächst verschont. Aber am 9. März 1945, kurz vor Kriegsende, wurde das örtliche Spital von einer Bombe getroffen; dabei verloren neun Menschen ihr Leben. Am 21. März 1945 rückten amerikanische Verbände in Deidesheim ein, womit für Deidesheim der Krieg beendet war.

Mit der Bildung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz 1946 gehörte Deidesheim nun zu diesem und nicht mehr zu Bayern. Im Jahr 1968 wurde an Deidesheim das Prädikat „Luftkurort“ vergeben. Mit Forst, Ruppertsberg, Niederkirchen und Meckenheim bildet Deidesheim seit 1972 die Verbandsgemeinde Deidesheim.

Religion

Katholische Gemeinde St. Ulrich

Pfarrheim der katholischen Gemeinde

Bevor die hiesige Pfarrkirche errichtet wurde, war die Deidesheimer Pfarrei noch eine Filiale der Niederkirchener Pfarrei. Die Verlegung des Pfarrsitzes von Niederkirchen nach Deidesheim dürfte Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgt sein, danach gehörten zur Deidesheimer Pfarrei auch die Filialen Niederkirchen und Forst.

Die Reformation konnte sich im Fürstbistum Speyer, zu dem Deidesheim gehörte und dessen Bischof der Stadtherr Deidesheims war, nicht durchsetzen (cuius regio, eius religio). Allerdings bewirkte sie erhebliche Schwierigkeiten bei der Besetzung der Deidesheimer Pfarrstelle in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Im Jahre 1750, 1820 respektive, wurden die Filialen Niederkirchen und Forst wieder ausgegliedert und zu eigenständigen Pfarreien erhoben. Für kurze Zeit, nach der französischen Annexion des linken Rheinufers, gehörte die Deidesheimer Pfarrei von 1802 bis 1817 zum Bistum Mainz, danach wieder zum Bistum Speyer.

Bei der Neuordnung der Dekanate im Speyerer Bistum im Jahr 1980 wird Deidesheim dem Dekanat Bad Dürkheim zugeteilt. Aufgrund zunehmenden Priestermangels bilden seit 2006 die drei Pfarreien St. Margareta, Forst, St. Martin, Ruppertsberg und St. Ulrich, Deidesheim eine Pfarreiengemeinschaft mit Pfarrsitz in Deidesheim.

Evangelische Gemeinde

Der Anteil der Protestanten an der Deidesheimer Bevölkerung war lange Zeit sehr gering, so gab es 1788 erst vier Protestanten in Deidesheim, 1863 waren es immerhin 38. In den Jahren 1874 und 1875 entstand die protestantische Kirche durch den Umbau einer ehemaligen Scheune, 1891 erhielt diese ihren Turm.

Auch durch den Zuzug von Flüchtlingen bedingt, stieg die Zahl der Deidesheimer Protestanten nach dem Zweiten Weltkrieg weiter an. Seit 1957 bildet Deidesheim zusammen mit Forst, Niederkirchener und Ruppertsberg eine eigene Gemeinde, zuvor waren die Orte der Gemeinde Wachenheim zugehörig. Die Deidesheimer Kirchengemeinde gehört zur Landeskirche der Pfalz und hat seit 1984 einen eigenen Pfarrer.

Jüdische Gemeinde

Schon im Hochmittelalter hatten Juden eine Gemeinde mit Synagoge in Deidesheim. Die Gemeinde erlosch, als bei den Judenpogromen während der Pestzeit 1349 alle Deidesheimer Juden erschlagen wurden und die Synagoge in den Besitz der Kirche überging. Im 16. Jahrhundert bildete sich dann erneut eine jüdische Gemeinde.

Weil der bisherige Gebetssaal wegen Baufälligkeit nicht mehr genutzt werden konnte, wurde 1854 eine neue Synagoge errichtet. Nach ihrer Diskriminierung und Entrechtung schon zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus sahen sich viele Juden zur Emigration gezwungen, so dass die Gemeinde schrumpfte und verarmte. 1935 wurde die renovierungsbedürftige Synagoge verkauft. Sieben in Deidesheim geborene oder länger dort ansässig gewesene Juden wurden 1940 bei der Bürckel-Wagner-Aktion deportiert; bis auf Frau Reinach, die das Konzentrationslager Gurs überlebte, fielen sie dem Holocaust zum Opfer.[2]

Politik

Wappen

Wappen
Wappen

Das Deidesheimer Wappen zeigt ein schwebendes, gleicharmiges weißes Kreuz auf blauem Grund. Im heraldisch oberen rechten und unteren linken Feld weist es je einen gelben Stern auf. Das älteste Deidesheimer Siegel aus dem Jahr 1410 zeigte noch ein Wappen mit einem durchgehendem Kreuz, es steht für das Hochstift Speyer und einem Stern im heraldisch oberen rechten Feld. Er ist vermutlich ein Symbol für die Hl. Maria[3], die Patronin der damaligen Marienkapelle, die der Vorgängerbau der heutigen Pfarrkirche gewesen ist. Mit diesem Siegel beglaubigten der Schultheiß, der Rat und das Gericht von Deidesheim die von ihnen ausgestellten Urkunden. Das Siegel trug die Umschrift Gericht von Deidesheim. Nach der Zerstörung Deidesheims im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1693 wurde ein neues Typar beschafft. Es trug die Umschrift Der * Stat * Deidesheim * Insigel; im Schild trug es nun ein schwebendes Kreuz und statt nur eines Sterns im heraldisch ersten Feld wies es nun einen weiteren im heraldisch vierten Feld auf und ist somit seit damals dem heutigen Wappen identisch.

Stadtpolitik

Vor dem Ersten Weltkrieg

Anfang des 19. Jahrhunderts bildete sich in Deidesheim eine einflussreiche Schicht von Gutsbesitzern, die bis nach dem Ersten Weltkrieg den Bürgermeister und viele Stadträte stellte. Nach dem Ersten Weltkrieg galt die bayerische Gemeindeordnung von 1869 zunächst weiter; sie bildete die Basis für die Verwaltungsaufgaben der kommunalen Organe. Der 1914 gewählte Stadtrat mit 23 Mitgliedern bestand unverändert fort. Für den 1914 als Kriegsfreiwilliger gefallenen Bürgermeister Ludwig Bassermann-Jordan wurde dessen Adjunkt (Beigeordneter) Karl Kimich zum Bürgermeister gewählt. Bei der nächsten Gemeineratswahl 1920 kandidierte Kimich nicht mehr.

Weimarer Republik

Als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Kimichs galt Arnold Siben, dessen Vater Julius Siben bereits von 1895 bis 1905 Bürgermeister Deidesheims gewesen war. Auf Siben einigten sich die Zentrumspartei, der Siben angehörte, und die Liberalen; als Unparteiische Bürgerliste riefen sie ihre Wähler zur Wahl. Die zu den Linksliberalen tendierende Bürgerliste und die SPD-nahe Volksliste einigten sich auf den Spitzenkandidaten Josef Eid. Das Ergebnis der Wahl war eindeutig: Siben bekam 65,6 % der Stimmen, auf Eid entfielen 31,6 %, der Rest der Stimmen verteilte sich auf sieben weitere Kandidaten. Siben erhielt darauf einen Anstellungsvertrag für zehn Jahre.

Während die Kommunalwahlen 1920 und 1924 relativ ruhig verliefen, fand 1929 eine regelrechte Wahlschlacht statt. Grund hierfür ein Antrag des Deidesheimer Bürgermeisteramtes an den kurz vor der Neuwahl stehenden Stadtrat, Bürgermeister Siben für die kommenden Jahre zum hauptamtlichen Bürgermeister zu ernennen. Dies erregte Empörung, denn zum einen wäre damit der Wählerschaft vorgegriffen worden und zum anderen erschien vielen das Jahresgehalt von 12.000 Reichsmark brutto vor dem Hintergrund der gerade ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise unverhältnismäßig hoch. Dennoch wurde mit knapper Mehrheit der Stimmen der Unparteiischen Bürgerliste Arnold Siben für fünf Jahre zum Berufsbürgermeister bestimmt. Bei der kurz darauf folgenden Stadtratswahl verlor die Unparteiische Bürgerliste bei einer ungewöhnlich hohen Wahlbeteiligung nahezu die Hälfte ihrer Wähler, viele an die Protestbewegung Fortschritt und Freiheit, deren Spitzenmann Friedrich Schreck nun nach Siben zum stellvertretenden Bürgermeister aufstieg.

Drittes Reich

In Deidesheim fand die „Machtergreifung“ im Wesentlichen am Abend des 15. März 1933 statt, als vor dem Haus Sibens mehrere hundert Personen eine Demonstration veranstalteten und die Menge drohte, das Haus zu stürmen, falls Siben nicht bereit sei, das Bürgermeisteramt niederzulegen. Siben erklärte daraufhin gegenüber zweier anwesender Stadträte, dass er zurücktrete, allerdings unter Vorbehalt seiner Rechte. Nun wären die Amtsgeschäfte an den zweiten Bürgermeister Friedrich Schreck übergegangen; dieser wäre jedoch für die neuen Machthaber nicht tragbar gewesen, da er schon zweimal wegen Widerstands gegen die NSDAP interniert worden war. Das Neustadter Bezirksamt verfügte schließlich am 20. März, dass der Gutsbesitzer Friedrich Eckel-Sellmayr Bürgermeister werden solle; er hatte schon seit 1924 als Abgeordneter der von Linksliberalen und dem Gewerbeverein gebildeten Bürgerliste einen Sitz im Stadtrat inne. Eckel-Sellmayr versah das Bürgermeisteramt bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Bei der ersten Stadtratswahl nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 errang die CDU 62 % der abgegebenen Stimmen; sie konnte sich seitdem bei Wahlen stets deutlich über 50 % halten und stellte alle Bürgermeister.

Die jüngste Stadtratswahl hatte folgendes Ergebnis:

Wahl zum Stadtrat am 13. Juni 2004 Prozent Sitze
CDU 59,2 (-1,5) 12 (=)
FWG 24,2 (+1,8) 5 (=)
Grüne 9,7 (+2,6) 2 (+1)
SPD 5,9 (-3,0) 1 (-1)

Damit hat die Fraktion der CDU die absolute Mehrheit im Stadtrat. Die CDU stellt den Bürgermeister Manfred Dörr sowie dessen zwei Beigeordnete Bernhard Oberhettinger und Renate Klingelmann.

Deidesheimer in Reichs- und Landespolitik

Viele Deidesheimer Gutsbesitzer konnten ihre starke finanzielle Basis für Aktivitäten in der „großen Politik“ nutzen. Drei Deidesheimer waren als Reichstagsabgeordnete in den Reichstag des 1871 gegründeten Deutschen Reiches gewählt worden: Ludwig Andreas Jordan (1871-1881), Andreas Deinhard (1898-1903), und Franz Armand Buhl (1871-1893). Letzterer war auch drei Jahre lang Vizepräsident des Reichstages. Alle drei waren Mitglieder der Nationalliberalen Partei.

Im bayerischen Landtag stellte Deidesheim acht Landtagsabgeordnete: Andreas Jordan (1831-1845), Ludwig Andreas Jordan (1846-1855 und 1862-1871), Franz Peter Buhl (1856-1862), Eugen Buhl (1875-1896), Franz Eberhard Buhl (1907-1911), Andreas Deinhard (1881-1904), Julius Siben (1899-1907), und Josef Siben (1907-1923). Damit war von 1831 bis 1923, mit Ausnahme der vier Jahre 1871-1875, immer mindestens ein Deidesheimer im bayerischen Landtag vertreten.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam wieder ein Deidesheimer in die Landespolitik: Der in Bruchmühlbach geborene und im Heimatort seiner Frau ansässig gewordene Hanns Haberer war 1946/47 Wirtschafts- und Finanzminister in der ersten Regierung von Rheinland-Pfalz; nach 1947 fungierte er bis 1955 als Staatssekretär.

Bürgermeister seit 1895

1895 bis 1905   Dr. Julius Siben
1905 bis 1914   Dr. iur. Ludwig Bassermann-Jordan
1914 bis 1920   Dr. Karl Kimich
1920 bis 1933   Dr. Arnold Siben
1933 bis 1945   Friedrich Eckel-Sellmayr
1945 bis 1948   Michael Henrich
1948   Dr. Ernst Fürst
1948 bis 1972   Nobert Oberhettinger
1972 bis 1975   Erich Gießen
1975 bis 2004   Stefan Gillich
2004 bis heute   Manfred Dörr

Städtepartnerschaften

Deidesheim unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten:

Konsularische Vertretung

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Das Deidesheimer Rathaus
Die Pfarrkirche St. Ulrich
Gasthaus zur Kanne
Die ehemalige Synagoge
Heidenloch
Deidesheimer Spital
Rathaus
Das historische Rathaus wurde im Jahr 1532 erbaut; nach massiven Zerstörungen im Pfälzischen Erbfolgekriegt wurde es Anfang des 18. Jahrhunderts im Barockstil wieder aufgebaut. Seine Doppelfreitreppe mit Baldachinüberbau stammt aus dem Jahr 1724. Der historische Ratssaal im Innern ist 1912 im Renaissancestil eingerichtet worden, Glasmalereien in den Fenstern aus dem selben Jahr zeigen die Wappen ortsansässiger Gutsfamilien. Im Gebäude befindet sich seit 1986 auch das Museum für Weinkultur, dessen Exponate die Geschichte des Weinbaus widerspiegeln.
Pfarrkirche St. Ulrich
Die spätgotische katholische Pfarrkirche wurde zwischen 1440 und 1480 als Nachfolgerin einer Muttergotteskapelle erbaut. Sie ist eine dreischiffige, kreuzgewölbte Säulenbasilika und der einzige erhaltene größere Kirchenbau des mittleren 15. Jahrhunderts der Pfalz.
Der Kirchturm ist genau 62,70 m hoch. Seine Turmhelmspitze ist etwa 25 cm nach Westen geneigt, mit bloßem Auge kann der Turm deshalb als schief wahrgenommen werden. An der Nordseite des Chorraumes schließt sich, gleichzeitig mit der Kirche erbaut, die Sakristei an. An der Ostseite des südlichen Kirchenschiffs steht die nachträglich angebaute, offene Ölbergkapelle. Einige Meter südlich der Kirche befindet sich ein altes Beinhaus, das einzige der Pfalz.
Sehenswert im Inneren der Kirche sind wertvolle Holzskulpturen, beispielsweise die Büsten eines Apostels und eines Propheten, die um 1500 entstanden sind. Als einziges Gotteshaus der Pfalz besitzt die Deidesheimer Pfarrkirche noch mittelalterliche Glasmalereien. Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde der gesamte Chorraum umgestaltet, dabei wurde der neugotische Hochaltar aus der Kirche entfernt und durch einen schlichten Altar ersetzt.
Gasthaus zur Kanne
Das Gasthaus wurde um das Jahr 1160 als ein Anwesen der Zisterzienser-Abtei Eußerthal errichtet, in dem Durchreisende beherbergt und bewirtet wurden; aus dieser Filiale der Abtei entwickelte sich das heutige Gasthaus, dessen Wirte und Pächter lückenlos seit 1374 urkundlich nachgewiesen werden können. Das Gasthaus gilt damit als das älteste Gasthaus der Pfalz.[4] Heute wird das Gasthaus unter der Leitung des Wachenheimer Weinguts Dr. Bürklin-Wolf geführt.
Ehemalige Synagoge
Die ehemalige Synagoge wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von der jüdischen Gemeinde gebaut. Mit deren Auflösung in der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Gebäude veräußert und einige Jahrzehnte als Lagerhalle genutzt. Ende der 1980er Jahre wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt und später von der Stadt Deidesheim gekauft. Seit dessen Sanierung um die Jahrtausendwende wird die ehemalige Synagoge für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Deidesheimer Schloss
Das Deidesheimer Schloss wurde im 13. Jahrhundert erbaut, als Deidesheim noch zum Fürstbistum Speyer gehörte. Es war wahrscheinlich die „Keimzelle“, um die herum sich der heutige Ort Deidesheim entwickelt hat, und Sitz der bischöflich-speyerischen Verwaltung. Wegen zweimaliger Zerstörung war das Schloss bis heute tiefgreifenden baulichen Veränderungen unterworfen.
Heidenlöcher
Auf dem Martensberg, etwa 2,5 km nordwestlich von Deidesheim, befinden sich die Heidenlöcher, die Ruine einer Fliehburg, die den Deidesheimern früher in Kriegszeiten Zuflucht bieten sollte. Sie wurden vermutlich im 9. oder 10. Jahrhundert errichtet, aber nie ihrem angedachten Zweck gemäß genutzt; der heutige ruinöse Zustand ist auf Verfall im Laufe der Jahrhunderte zurückzuführen.
Deidesheimer Spital
Das Deidesheimer Spital ist ein Kurzzeit-Domizil für Senioren mit einer über 500-jährigen wechselvollen Geschichte. Es wurde 1494 von dem Deidesheimer Ritter Nikolaus von Böhl gestiftet, und diente zwischenzeitlich auch als Krankenhaus und als Lazarett. Bei einem Luftangriff auf das Spital im Zweiten Weltkrieg verloren neun Menschen ihr Leben. Seit 1994 gehören das „Café Alt Deidesheim“ als „Begegnungsstätte der Generationen“ und das Gästehaus „Ritter von Böhl“ dazu, deren Einnahmen dem Bürgerspital zugute kommen.
Brunnen
  • Der Geißbockbrunnen aus dem Jahr 1985 wurde vom Bildhauer Gernot Rumpf geschaffen. Er befindet sich am Deidesheimer Stadtplatz und thematisiert auf amüsante Weise die Geißbockversteigerung, die alljährlich am Pfingstdienstag in Deidesheim stattfindet.
  • Der Andreasbrunnen auf dem Deidesheimer Marktplatz stammt aus dem Jahr 1851 und wurde von Ludwig Andreas Jordan gestiftet. Er ist nach dessen Vater Andreas Jordan (1775 - 1848) benannt, dem ehemaligen Bürgermeister Deidesheims und Vorreiter beim Produzieren von Qualitätsweinen in der Pfalz. Der Brunnen ist italienischen Vorbildern der Renaissance nachempfunden.
  • Der Geschichts- und Brauchtumsbrunnen am Königsgarten zeigt zum einen wichtige Stationen der Geschichte Deidesheims auf, wie die Zuerkennung der Stadtrechte Deidesheims oder der Zugehörigkeit zum Fürstbistum Speyer, zum anderen würdigt er hiesige Vereine, die sich der Brauchtumspflege widmen, wie die Trachtengruppe und die Kerwebuwe. Der Brunnen wurde vom Bildhauer Karl Seiter gestaltet und 2003 fertiggestellt.

Regelmäßige Veranstaltungen

Geißbockversteigerung
Die Geißbockversteigerung ist ein Volksfest in Form eines Historienspiels, das jedes Jahr am Dienstag nach Pfingsten gefeiert wird. Festanlass ist ein altes Abkommen mit der Nachbargemeinde Lambrecht, nach der jedes Jahr zur Abgeltung für Holz- und Weiderechte auf Deidesheimer Gemarkung von Lambrecht ein Geißbock geliefert werden muss, der dann in Deidesheim versteigert wird und dessen Erlös der Stadt Deidesheim zugute kommt. Diese historische Gegebenheit hat sich im Laufe der Zeit zu einem Volksfest entwickelt.
Weinkerwe
Die Deidesheimer Weinkerwe ist ein Weinfest und mit über 100.000 Besuchern[1] das größte Deidesheimer Volksfest. Sie wird seit 1972 in ihrer gegenwärtigen Form gefeiert und hat sich schnell zu einem der größten Weinfeste an der Weinstraße entwickelt. Das Fest findet immer am zweiten und dritten Wochenende des August statt, jeweils von Freitag bis Dienstag. Auf der Weinkerwe betreiben Weingüter und Vereine aus der ganzen Verbandsgemeinde Deidesheim Ausschankstellen.
Deidesheimer Advent
Der „Deidesheimer Advent“ ist ein Weihnachtsmarkt, der jeweils an den vier Adventwochenenden stattfindet. Er wird seit 1975 veranstaltet. Über 100 Beschicker aus Deidesheim und der näheren Umgebung betreiben dabei ihre Stände, die stilistisch in zum Gesamtbild des Marktes passen müssen. Das Kunsthandwerk spielt beim Deidesheimer Advent eine wichtige Rolle, beispielsweise Goldschmiede-, Keramik- und Textilkunst, Holzschnitzerei und Glasbläserei. Für den Glühwein, der ausgeschenkt wird, dürfen als Zutat nur Weine aus der Verbandsgemeinde Deidesheim verwendet werden, was entsprechend auch für die Weinkerwe gilt.
Kleinere Veranstaltungen
  • Die Pfälzer Mineralienbörse wird alljährlich seit 1971 jeweils am Wochenende nach Pfingsten in der Stadthalle veranstaltet.
  • Der Deidesheimer Orgelherbst, eine Konzertreihe, findet seit 1996 jedes Jahr im Oktober auf mehrere Sonntage verteilt in der katholischen Pfarrkirche statt.
  • Zweimal im Jahr findet in der Stadthalle die Film- und Fotobörse statt, bei der Objekte aus den Bereichen Foto, Film und Projektion ausgestellt und gehandelt werden.

Deidesheimer Turmschreiber

Die Stiftung zur Förderung der Literatur in der Pfalz lädt im Turnus von einem bis fünf Jahren bekannte Literaten nach Deidesheim ein, damit sie hier vier Wochen lang „pfalzbezogen“ schreiben und die Früchte ihrer Arbeit anschließend publizieren. Weil die Schriftsteller, wenigstens symbolisch, während ihres Schaffens in einem kleinen Türmchen im Schlosspark residieren, werden sie als Turmschreiber bezeichnet. Als Entgelt gibt es zwei Flaschen „Deputatwein“ pro Tag.

Museen

  • Das Museum für Weinkultur ist im historischen Rathaus im Stadtzentrum beherbergt; es wurde im Mai 1986 eröffnet. Die Exponate des Museums spiegeln die Kulturgeschichte des Weins und seinen Einfluss auf Bereiche wie Literatur, Wissenschaft, Kunst, und Religion wider. Das Museum wird unter anderem durch Beträge der Rebstockpächter des Promi-Weinbergs im Deidesheimer Paradiesgarten finanziert.
  • Das Deutsche Film- und Fototechnik-Museum ist an der Weinstraße leicht schräg gegenüber dem historischen Rathaus angesiedelt. Auf ca. 300 m² werden über 4000 Exponate aus allen Epochen der Kameratechnik ausgestellt. Mit seinem Konzept ist das Museum wohl einzigartig in Deutschland.[6] Zur Finanzierung des Museums trägt unter anderem auch der Förderverein des Deutschen Film- und Fototechnik-Museums bei.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Weinbau

Weinlagen

Die Deidesheimer Weinlagen gehören zum Weinbaugebiet Pfalz und hier wiederum zum Anbaubereich Mittelhaardt-Deutsche Weinstraße. Nachstehend ist die Einteilung der Deidesheimer Rebflächen in Einzellagen mit ihren übergeordneten Großlagen angeführt, die Anfang der 1970er Jahre nach der Novellierung des Weinlagegesetzes von Rheinland-Pfalz vorgenommen wurde. Hiesige Lagenamen waren früher in Besitzurkunden geführt, welche die Lage der Grundstücke und den Verlauf ihrer Grenzmarkierungen beschrieben. Etwa 170 Weinlagen und Gewannen sehr unterschiedlicher Größe sind in den Gemarkungen von Deidesheim, Niederkirchen, Forst und Ruppertsberg bekannt; sie erstrecken sich teilweise über die Gemarkungsgrenzen, denn erst 1829 bekamen die Orte Gemarkungsgrenzen zugewiesen. Nicht mehr zu finden sind seit der Neueinteilung ehemals geläufige Deidesheimer Weinlagen wie „Geheu“, „Hahnenböhl“, „Kränzler“, „Reiß“, „Rennpfad“, „Vogelsang“ und „Weinbach“.

Weinbaugeschichte

Lange Zeit bevor es Kulturreben gab, wuchsen Wildreben im Gebiet um Deidesheim. Hiervon zeugen ca. 4,5 Mio. Jahre alte Rebenreste, die man etwa 10 km nördlich von Deidesheim beim Bad Dürkheimer Ortsteil Ungstein gefunden hat. Es gilt jedoch als sicher, dass Wein in Mitteleuropa erst nach der Zeitenwende angebaut wurde. Ob dies bei Deidesheim noch zu römischen Zeiten der Fall war, ist spekulativ: Funde von Weinamphoren und einer Glaskanne in Fassform aus der Römerzeit bei Deidesheim und Ruppertsberg lassen zwar auf Weingenuss in dieser Zeit schließen, eindeutige Hinweise auf Weinbau zu römischen Zeiten direkt bei Deidesheim gibt es jedoch nicht.

Über den mittelalterlichen Weinbau ist wenig bekannt. 770 wurde Deidesheim zum ersten Mal in einer Urkunde des Klosters Fulda als weinbautreibend genannt. Die heutigen Deidesheimer Weinberge wurden erst nach der Jahrtausendwende gerodet; auf die veränderte Nutzung dieses Areals deuten auch die Namen der Nachbargemeinden Forst und Haardt hin. Mit dem so genannten „Ungeld“, einer Steuer auf Wein, dessen Erhebung der Speyerer Fürstbischof 1360 gestattete, wurden Bau und Instandhaltung der Stadtmauer finanziert. Die früheste Nennung einer Rebsorte in Deidesheim war 1504 die bekannte pfälzische Rebsorte Gänsfüßer.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts vollzog sich im Weinbau in der Pfalz eine bedeutende Wandlung: Der Deidesheimer Gutsbesitzer Andreas Jordan war hier als erster dazu übergegangen, Qualitätswein zu produzieren. Der 1775 auf Schloss Johannisberg (heute Stadtteil von Geisenheim) erkannte Wert der Spätlese edelfauler Trauben war ihm bekannt, und dieses Ausleseprinzip führte er auch in seinem Weingut ein. Des Weiteren benutzte er 1802 erstmals neben Jahrgang und Rebsorte auch die Lage „Deidesheimer Geheu“ zur Kennzeichnung seiner Weine. Infolge dieser Qualitätsbestrebungen, die sich später auch die übrigen Winzer des Ortes zu Eigen machten, erlangten Deidesheimer Weine im 19. Jahrhundert große Bekanntheit.

Der Deidesheimer Winzerverein

Durch die erfolgreiche Umsetzung seiner Ideen bei Produktion und Vermarktung konnte Andreas Jordan Qualitätsweinpreise erzielen, gelangte so zu großem Wohlstand und konnte sein Weingut beträchtlich vergrößern. Als er 1848 verstarb, kam es zur Aufteilung seiner Hinterlassenschaft, die Jordansche Teilung genannt wurde. Dabei entstanden die drei größten Weingüter Deidesheims, die sich fortan unabhängig entwickelten und noch heute existieren. Heute tragen die Weingüter die Namen Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Reichsrat von Buhl und Dr. Deinhard.

Weil infolge von Billigweinimporten und Verteuerung des Arbeitslohnes durch die aufkommende Industrialisierung zum Ende des 19. Jahrhunderts die wirtschaftliche Lage für viele Kleinwinzer in Deidesheim schwierig geworden war, wurde 1898 auf Initiative des Lehrers Johannes Mungenast der Deidesheimer Winzerverein gegründet. Es war der erste Winzerverein der Pfalz. Den angeschlossenen Winzern wurde eine gemeinsame Kellerei und Vermarktung geboten. Einen weiteren Zusammenschluss von Deidesheimer Kleinwinzern stellte die 1913 gegründete Winzergenossenschaft dar, die 1966 mit dem Winzerverein fusionierte.

Ab 1974 - und damit etwas später als in anderen Bereichen der Pfalz - begann in Deidesheim ein Flurbereinigungsverfahren, das der Deidesheimer Umgegend ein neues Aussehen verlieh. Durch die Flurbereinigung ließen sich für die Winzer Bewirtschaftungskosten einsparen, da das Lesen der Trauben nun besser von Traktoren und Erntemaschinen unterstützt werden konnte.

Weinbau heute
Größte
Weinbaugemeinden
im Anbaugebiet
Rang unter allen
rheinland-pfälzischen
Weinbaugemeinden
nach Rebfläche
Bestockte
Rebfläche 2017
(in ha)
Rebsorten
weiße  rote 
(in %)
Pfalz 23.652 65 35
Landau (Pfalz) 1 2.067 66 34
Neustadt (Weinstr.) 2 2.031 67 33
Billigheim-Ingenheim 4 843 62 38
Bad Dürkheim 6 819 68 32
Kirrweiler 14 589 67 33
Edesheim 17 505 61 39
Deidesheim 18 498 85 15
Wachenheim (Weinstr.) 20 473 75 25
Göcklingen 22 464 65 34
Freinsheim 25 437 61 39
Quelle: Faltblatt Weinbau 2018. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Bad Ems, Mai 2018

Wie das zweite wirtschaftliche Standbein Deidesheims, der Fremdenverkehr, profitiert auch der Weinbau in hohem Maße von der naturräumlichen Besonderheit der Region entlang der Weinstraße, nämlich der außerordentlichen Klimagunst. In Deidesheim gibt es zahlreiche Weingüter, zwei Sektkellereien und einen Winzerverein. Es gibt derzeit 85 Weinbau-Betriebe, die eine Fläche von mehr als 0,3 ha bewirtschaften. Die gesamte bestockte Rebfläche beläuft sich auf 485  ha, damit bewirtschaftet ein Betrieb durchschnittlich 3,7 ha. Zur Zeit werden zu 83,7 % Weißweinsorten angebaut und zu 16,3 % Rotweinsorten, wobei der Anteil der roten Sorten im Ansteigen begriffen ist; Anfang der 1980er lag der Anteil der roten Sorten noch unter 2 %[7]. Die mit Abstand meistangebaute Rebsorte ist der Riesling, daneben werden hauptsächlich aus den Sorten Rivaner, Silvaner, Spätburgunder, Portugieser und Gewürztraminer Weine produziert.

Tourismus

In Deidesheim hat sich ein bekanntes Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe entwickelt, was auch als Folge des Weinbaus und der Bekanntheit der Deidesheimer Weine gesehen werden kann. Da Weinbau und Fremdenverkehr voneinander profitieren, sind beide Wirtschaftszweige zu einem gewissen Grad wechselseitig abhängig. In Deidesheim gibt es zahlreiche Hotels und Pensionen, deren Kapazität sich auf etwa 800 Betten beläuft. Des Weiteren gibt es, gemessen an der Größe Deidesheims, sehr viele Restaurants, die zwei bekanntesten dürften das Gasthaus zur Kanne und das Restaurant Schwarzer Hahn im Hotel Deidesheimer Hof sein. Der Fremdenverkehr bietet derzeit die meisten Arbeitsplätze im Ort, die dahingehende Entwicklung ist auch den Rationalisierungsmaßnahmen im Weinbau geschuldet. Neben dem Weinbau und den damit verbundenen Winzerfesten wie die Deidesheimer Weinkerwe und die Geißbockversteigerung hat auch der Pfälzerwald mit seinem ausgeprägten Wegenetz und zahlreichen Wanderparkplätzen eine wichtige Bedeutung für den Fremdenverkehr und die Naherholung[1]; so kommen auch viele Wanderer und Naturfreunde aus den nahegelegenen Ballungszentren bei Tagesausflügen nach Deidesheim.

Rathaus der Verbandsgemeinde

Behörden

Als Sitz der gleichnamigen Verbandsgemeinde beherbergt Deidesheim seit der Aufnahme der Verwaltungstätigkeit am 1. Januar 1973 deren Verwaltung. Hier gibt es unter anderem das „Bürgerbüro“, eine Anlaufstelle für die Bürger der Verbandsgemeinde bei Fragen und Anliegen an die öffentliche Hand, wie beispielsweise Angelegenheiten des Melderechts, Ausstellen von Personalausweisen und Reisepässen, Ausgabe von Lohnsteuerkarten und Briefwahlunterlagen. Außerdem gibt es hier Vordrucke für Anträge jeder Art und ein Fundbüro.

Verkehr

Der Deidesheimer Bahnhof
Deidesheimer Bahnhof mit Zug
Geschichte des Bahnverkehrs

Nachdem im Jahr 1849 die erste Bahnstrecke in der Pfalz zwischen Ludwigshafen und Bexbach ihren Betrieb aufnahm, bemühten sich schon früh auch Dürkheim, Deidesheim und die übrigen Gemeinden an der Weinstraße (Pfalz) um einen Eisenbahnanschluss. Ein Lokalkomitee reichten 1860 einen Vorschlag zum Bau einer Eisenbahnstrecke Neustadt-Dürkheim in Frankenthal ein, dem am 3. Februar 1862 von der Verwaltung der Pfälzischen Ludwigsbahn entsprochen wurde. Einer der acht Unterzeichner des Lokalkomitees war der Deidesheimer Gutsbesitzer Ludwig Andreas Jordan. Der bayerische König Maximilian II. erteilte schließlich dem Komitee, vertreten durch die genannten acht, die Allerhöchste Concessions-Urkunde zur Bildung einer Actien-Gesellschaft für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Neustadt a. H. nach Dürkheim. Zur Ausführung dieses Projekts wurde eine eigene Gesellschaft gegründet, die Neustadt-Dürkheimer Eisenbahn-Gesellschaft (NDE), die später in der Gesellschaft der Pfälzischen Nordbahnen aufging.

Im Jahr 1865 wurde die Bahnlinie Bad Dürkheim–Neustadt an der Haardt (heute Neustadt an der Weinstraße) fertiggestellt, deren Züge auch in Deidesheim Halt machten. Am 6. Mai 1865 konnte der erste Zug die etwa 15 km lange Strecke befahren. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Deidesheim zu einem bedeutenden Güterbahnhof. Wichtige Güter, die hier umgeschlagen wurden, waren Dünger, Holz, Kohle, Wein. Außerdem wurde Basalt verladen, der beim Pechsteinkopf des Nachbarortes Forst gefördert und mit einer Drahtseilbahn zum Deidesheimer Bahnhof transportiert wurde. Der Güterverkehr war dann bis zu den 1980er Jahren wieder rückläufig und wurde schließlich ganz eingestellt, seitdem verrichtet die Bahn nur noch Personenbeförderung.

Öffentlicher Verkehr

Durch Anbindung an die Bahnstrecke Neustadt–Bad Dürkheim lassen sich beide Städte in ca. 15 Minuten per Bahn erreichen. Die Züge verkehren in beide Richtungen tagsüber im Halbstundentakt. Vom Neustadter Hauptbahnhof aus sind dann nach Umsteigen Mannheim und Kaiserslautern in ca. 30 Minuten per S-Bahn erreichbar. Durch die Einführung des Rheinland-Pfalz-Taktes und den Anschluss an die S-Bahn RheinNeckar ist Deidesheim sehr gut in den sich anschließenden Zugverkehr eingebunden. Neben dem Bahnverkehr ist Deidesheim auch an die beiden Buslinien Neustadt–Bad Dürkheim und Deidesheim–Ludwigshafen angeschlossen. Der ÖPNV in Deidesheim gehört zum Tarifgebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN).

Straßenverkehr

Deidesheim wird in Nord-Süd-Richtung von der Deutschen Weinstraße durchzogen, die früher mit der Bundesstraße 271 identisch war. Von der neu gebauten B271 wird Deidesheim heute nur im Osten gestreift, seit sie im Jahr 2000 als Ortsumfahrung freigegeben wurde. Die B 271 bietet in südlicher Richtung eine schnelle Anbindung an die Bundesautobahn 65 (Anschlussstelle 11 Deidesheim), über die in ca. 25 Minuten Ludwigshafen oder in ca. 50 Minuten Karlsruhe erreicht werden kann. In nördlicher Richtung können über die B 271 Bad Dürkheim und die dortige Anschlussstelle der Bundesautobahn 650 (Bad Dürkheim–Ludwigshafen) erreicht werden.

Deidesheimer Hof
Ketschauer Hof
Buhlsches Gutshaus

Ansässige Unternehmen

Deidesheimer Hof
Das Hotel Deidesheimer Hof mit seinem Nobelrestaurant Schwarzer Hahn, das früher von dem Spitzenkoch Manfred Schwarz geführt wurde, ist vor allem durch die Besuche des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl bekannt geworden, der hier häufig Staatsgäste bewirten ließ. Margaret Thatcher, Michail Gorbatschow, Boris Jelzin und andere lernten dabei das traditionelle Pfälzer Gericht Saumagen kennen. Der Deidesheimer Hof wurde 2001 als zweites Fünf-Sterne-Hotel in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan
Den Grundstein zum Ansehen des Weinguts legte Andreas Jordan (1775–1848), der mit seinen Ideen Produktion und Vermarktung von Pfälzer Qualitätsweinen voranbrachte. Das Weingut bewirtschaftet heute etwa 42 ha Rebfläche, darunter viele Weinlagen auf Deidesheimer und Forster Gemarkung. Das Weingut ist Mitglied des VDP; es wurde im Jahr 2002 vom Neustadter Unternehmer Achim Niederberger gekauft und gehört nun zu dessen Unternehmensgruppe.
Weingut Reichsrat von Buhl
Begründer des Weinguts war Franz Peter Buhl (1809–1862); 1848 entstand es bei der sog. Jordanschen Teilung, der Erbteilung der Jordanschen Weingüter. Heute bewirtschaftet das Weingut eine Rebfläche von etwa 52 ha, hauptsächlich auf Deidesheimer und Forster Gemarkung und ist Mitglied des VDP. 1989 wurde das Haus an japanische Investoren verpachtet, seit 2005 gehört es zur Unternehmensgruppe Achim Niederberger.
Weingut Dr. Deinhard
Das Weingut entstand bei der sog. Jordanschen Teilung, der Erbteilung der Jordanschen Weingüter; sein erster Besitzer und Gründer war der Koblenzer Friedrich Deinhard (1812-1871), dessen Vater Johann Friedrich Deinhard die Deinhard KG gegründet hatte. Das Weingut bewirtschaftet ca. 40 ha Rebfläche auf Deidesheimer, Ruppertsberger und Forster Gemarkung und gehört dem VDP an.
J. Biffar & Co. GmbH
Das Unternehmen stellt als einer der letzten Produzenten Deutschlands kandierte Früchte her, die für die Herstellung von Süßigkeiten und Pralinen verwendet werden. Gegründet wurde das Unternehmen 1890 von Josef Biffar, der sich viel mit dem Prozess des Kandierens befasst hatte. Mit dem Betrieb ist auch das Weingut Josef Biffar verbunden, das dem VDP angehört.

Persönlichkeiten

Nachstehend sind Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft angeführt, die in Deidesheim geboren wurden oder länger hier ansässig waren.

  • Emil Bassermann-Jordan (1835-1915), Weingutsbesitzer und Bankier
  • Friedrich von Bassermann-Jordan (1872-1959), Weingutsbesitzer, Weinbau-Historiker und Ehrenbürger Deidesheims
  • Ludwig Bassermann-Jordan (1869-1914), Weingutsbesitzer und Bürgermeister Deidesheims
  • Theo Becker (1927-2006), Önologe und Ordensmeister der Weinbruderschaft der Pfalz
  • Eugen Buhl (1841-1910), Weingutsbesitzer und bayerischer Landtagsabgeordneter
  • Franz Armand Buhl, (1837-1896), Weingutsbesitzer, bayerischer Landtagsabgeordneter, Reichstagsabgeordneter und Vizepräsident des Reichstags
  • Franz Eberhard Buhl (1867-1921), Weingutsbesitzer und bayerischer Landtagsabgeordneter
  • Franz Peter Buhl (1809-1862), Weingutsbesitzer, badischer und bayerischer Landtagsabgeordneter
  • Andreas Deinhard (1845-1907), Weingutsbesitzer, bayerischer Landtagsabgeordneter und Reichstagsabgeordneter
  • Hanns Haberer (1890-1967), Minister für Wirtschaft und Finanzen in Rheinland-Pfalz und Ehrenbürger Deidesheims
  • Andreas Jordan (1775-1848), Weingutsbesitzer, Bürgermeister Deidesheims, bayerischer Landtagsabgeordneter und Vorreiter bei der Einführung des Qualitätsweinbaus in der Pfalz
  • Ludwig Andreas Jordan (1811-1883), Weingutsbesitzer, Bürgermeister Deidesheims, bayerischer Landtagsabgeordneter und Reichstagsabgeordneter
  • Carl Heinrich Schultz, Arzt und Botaniker; Initiator bei der Gründung der Pollichia
  • Julius Siben (1851-1907), Weingutsbesitzer, Bürgermeister Deidesheims und bayerischer Landtagsabgeordneter
  • Stefan Steinweg (*1969), Radprofi, Deutscher Meister, Weltmeister und Olympiasieger

Literatur

  • Kurt Andermann, Berthold Schnabel: Deidesheim - Beiträge zu Geschichte und Kultur einer Stadt im Weinland. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1995, ISBN 3-7995-0418-4
  • Horst Müller: Berühmte Weinorte - Deidesheim. Falkenverlag Niederhausen/Taunus 1976
  • Karl Heinz Himmler, Berthold Schnabel, Paul Tremmel: Dienstag nach Pfingsten - Der Höhepunkt im Leben des Deidesheimer Geißbocks. D. Meininger Verlag, Neustadt/Weinstraße 1982, ISBN 3-87524-023-5

Quellen

  1. a b c d Kurt Andermann, Berthold Schnabel: Deidesheim - Beiträge zu Geschichte und Kultur einer Stadt im Weinland. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1995, ISBN 3-7995-0418-4
  2. http://alemannia-judaica.de/deidesheim_synagoge.htm
  3. http://www.ngw.nl/int/dld/s/speyer.htm
  4. Horst Müller: Berühmte Weinorte - Deidesheim. Falkenverlag Niederhausen/Taunus 1976
  5. http://www.deidesheim.de/erlebnis-pur/turmschreiberei.html
  6. Die Rheinpfalz (Mittelhaardter Rundschau), 10. März 2007
  7. http://www.statistik.rlp.de/index.html