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Apologie (Xenophon)

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Die Apologie des Sokrates vor dem Gericht (gr: Απολογία Σωκράτους προς τους Δίκαστας, Apologia Sokratūs pros tūs Dikastas) wurde von Xenophon verfasst. Dieser war als Jüngling in Athen zum Schüler des Philosophen geworden, weilte aber zur Zeit des Prozesses gegen Sokrates nicht mehr in der Stadt. Wie schon bei Platon handelt es sich bei diesem kürzeren Text in der Variante des Xenophon um die Verteidigungsrede des Sokrates zu der von Meletos eingereichten, am Areopag öffentlich ausgehängten Anklage. Sokrates war beschuldigt worden wegen der Einführung neuer Gottheiten bzw. atheistischer Blasphemie gegenüber den Göttern des Stadtstaates und der Verführung der Jugend zum Ungehorsam gegenüber den eigenen Eltern.

Nach der Verurteilung und dem Tod des Sokrates im Jahre 399 v. Chr. entstand eine Vielzahl von Apologien. Diese Texte versuchten den Meister nachträglich gegenüber den Vorwürfen der Unfrömmigkeit (gr. Asebie) und der (trotz antiker Knabenliebe hier niemals sexuell gemeinten) Jugendverführung zu verteidigen. Erhalten geblieben sind einzig die meisterhaft stilisierte Verteidigungsrede nach Platon und eine sehr viel kürzere Version des Xenophon. Beide Texte stellen den Sokrates in ihrer eigenen Sicht dar, wobei sich trotz gewisser Unterschiede auch einige strukturelle und inhaltliche Gemeinsamkeiten nachweisen lassen.

Ganz klar gibt sich der dreiteilige Aufbau zu erkennen, der auch die Struktur der Apologie bei Platon ausmacht. Der Prozess verlief in Analogie zum Aufbau der Apologie in drei Phasen:

1. Das Plädoyer, die eigentliche Verteidigungsrede auf die Vorwürfe der Anklage. Darauf entschieden die 501 Richter demokratisch über die Schuld des Angeklagten. Nach diesem Entscheid musste der nun für schuldig befundene Sokrates ein zweites Mal sprechen:

2. Der Gegenantrag stand für die Pflicht des Beschuldigten, sich durch die Forderung einer milderen Strafe Gnade zu erwirken. Eventuell hatte Sokrates mit dem Vorschlag der Bezahlung einer lächerlich kleinen Geldstrafe die Richter provoziert. Xenophon jedenfalls erzählt, dass Sokrates diesen Schritt verweigert habe und auch nicht wollte, dass die beim Prozess anwesenden Freunde zu seiner Entlastung eine angemessene Summe an Geld sammelten. Platon berichtet in demselben Sinne, dass Sokrates für seinen selbstlosen philosophischen Dienst zum seelischen Wohl der Bürger der Stadt eine Belohnung gefordert haben soll. Darauf entschieden sich die Richter mit einer noch größeren Mehrheit für die Erfüllung der seitens der Ankläger geforderten Strafe: Der Tod.

3. Es folgen noch nachträgliche Reden nach der Verurteilung, die im Prozess selbst wohl nicht gehalten worden sind. Deshalb lässt Xenophon den Sokrates beim Weggang vom Gericht noch einige Aussagen zu Freunden (Apollodoros) und Feinden (Anytos) machen.


Xenophon möchte zeigen, dass Sokrates ganz bewusst in den Tod gegangen sei, dass er gespürt habe, dass seine Zeit gekommen sei, um das Leben jetzt zu vollenden und zu sterben. – Diese Thematik führt zur modernen Fragestellung des guten Sterbens (gr. Euthanasie): Sokrates war sich offenbar sicher, dass er als 70-jähriger bald von Krankheit und Altersbeschwerden geplagt sein würde; deshalb habe er sich nicht gegen die Todesstrafe gewehrt, blieb im Gefängnis anstatt zu fliehen. So hatte er dieses scheinbar tragische Ende als den Willen des Gottes akzeptiert.

Literatur

Historische Quellen

  • Xenophons Apologie des Sokrates. Deutsch-Griechisch. Hrsg., eingeleitet, übersetzt, mit Biographie (verfasst von M. Mendelssohn) und Essay (Das Schwören des Sokrates "beim Hunde!") ergänzt von R. Baer, Verlag Bär, Niederuzwil 2007. ISBN 978-3-9523212-3-2

Moderne Quellen

  • Raphael Baer: Sokrates und Jesus in Prozess und Tod. Analogien und Differenzen. Verlag Bär, Niederuzwil 2007. ISBN 978-3-9523212-2-5