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Orphan-Arzneimittel

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Der Begriff Orphan-Arzneimittel oder Orphan drug (von englisch orphan, „die Waise“, aus griechisch ὁρφανός) wurde 1983 erstmals für Arzneimittel verwendet, die für die Behandlung seltener Krankheiten eingesetzt werden. Rechtlich korrekt spricht man besser entweder von „Orphan Medicinal Product“ oder „Arzneimittel für seltene Leiden“. Diese Medikamente sind wegen des teilweise winzigen Marktes und ihres daher geringen Umsatzes während des gesetzlichen Patentschutzes für die pharmazeutische Industrie nicht interessant (ein Beispiel gesellschaftlichen Marktversagens).

Die USA erließen daher den Orphan Drug Act, der die Förderung und Entwicklung derartiger Arzneimittel zum Ziel hat. In Europa wurde von der EU im Januar 2000 die Verordnung über Arzneimittel für seltene Leiden in Kraft gesetzt.

Die Kriterien für die Einstufung als seltene Krankheit sind örtlich unterschiedlich geregelt:

  • EU: weniger als 230.000 Patienten pro Jahr oder 5 pro 10.000 Einwohner
  • USA: weniger als 200.000 Patienten pro Jahr oder 7,5 pro 10.000 Einwohner
  • Japan: weniger als 50.000 Patienten pro Jahr oder 4 pro 10.000 Einwohner
  • Australien: weniger als 2.000 Patienten pro Jahr oder rund 1 pro 10.000 Einwohner


Orphan-Arzneimittel in Europa

Rechtsakt

Einige Kardinalpunkte der EU-Verordnung sind:

  • die wirtschaftlichen und epidemiologischen Kriterien (es darf bisher keine ausreichende Therapie geben) für die Ausweisung als Orphan-Arzneimittel
  • Bildung eines Ausschuss für Arzneimittel für seltene Leiden in der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA)
  • erleichtertes Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen (Zulassung)
  • alleiniges Vertriebsrecht für die zugelassene Indikation für die Dauer von zehn Jahren für denjenigen, der das Orphan-Arzneimittel entwickelt

Wird also einem Pharmahersteller der Orphan-Drug-Status für ein Präparat erteilt, bedeutet dies für das Unternehmen zehnjährige Exklusivrechte ab Marktzulassung des neuen Medikaments sowie die Befreiung von Gebühren und eine beschleunigte Bearbeitung des Zulassungsantrages.

Gemeinschaftsregister

Wird ein Arzneimittel seitens des Ausschusses der EMEA als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen, so wird es im Gemeinschaftsregister der EU als solches eingetragen.

Zulassung und Vermarktung

Mit Stand vom Januar 2007 sind in Europa 35 Arzneimittel als Orphan-Arzneimittel zugelassen[1]:

Siehe auch

Verordnung (EG 141/2000) über Arzneimittel für seltene Leiden
Gemeinschaftsregister der EU für Arzneimittel für seltene Leiden (Community Register of orphan medicinal products for human use)

Quellen

  1. Siehe http://www.orpha.net/docs/List_of_orphan_drugs_Europe.pdf