Zum Inhalt springen

Alphastrahlung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Juni 2007 um 13:02 Uhr durch Pjacobi (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von 81.89.241.227 (Beiträge) rückgängig gemacht und letzte Version von Mo4jolo wiederhergestellt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Alphastrahlung oder α-Strahlung ist eine Art von ionisierender Strahlung, die bei einem radioaktiven Zerfall, dem Alphazerfall, auftritt. Ein radioaktives Nuklid, das Alphastrahlung aussendet, wird als Alphastrahler bezeichnet.

Alphastrahlung ist eine Teilchenstrahlung bestehend aus Helium-4-Atomkernen, die in diesem Zusammenhang Alphateilchen genannt werden. Die Alphateilchen bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Da Alphateilchen Ionen sind, zählt die Alphastrahlung auch zur Ionenstrahlung. Die Geschwindigkeit der dabei austretenden Alphateilchen liegt zwischen 15.000 km/s und 20.000 km/s. Das Symbol für ein Alphateilchen ist der kleine griechische Buchstabe Alpha: α; das chemische Symbol ist , was einem zweifach ionisierten Heliumatom, einem Heliumkation, entspricht.

Der Name stammt von der Einteilung der ionisierenden Strahlen aus radioaktivem Zerfall in Alphastrahlen, Betastrahlen und Gammastrahlen mit deren steigender Fähigkeit, Materie zu durchdringen.

Entstehung

Coulombwall. Modellpotential für ein Alphateilchen, das sich aus dem durch einen Potentialtopf angenäherten, kurzreichweitigen Kernpotential und dem langreichweitigen Coulombpotential zusammensetzt.

Beim Alphazerfall formiert sich im Atomkern ein Alphateilchen, also ein Helium-4-Atomkern innerhalb des Kerns. Die Bindungsenergie des Alphateilchens ist hoch (siehe Massedefekt), und es könnte das anziehende Potential der starken Wechselwirkung allein überwinden. Um den Kern zu verlassen, muss es aber zusätzlich den Coulombwall überwinden, da die elektrostatische Abstoßung der positiven Kernladungen bei größeren Abständen gegenüber der kurzreichweitigen Kernkraft dominiert. Da die Höhe des Coulombwalls die Energie des Alphateilchens übertrifft, ist dies klassisch nicht möglich. Das Alphateilchen befindet sich in einem metastabilen Zustand, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, die im wesentlich die Halbwertszeit des Zerfalls bestimmt, verlässt es den Mutterkern jedoch trotzdem, mittels des quantenmechanischen Tunneleffekts.
Dadurch nimmt die Massenzahl um 4 Einheiten ab, und die Kernladungszahl verringert sich um 2 Einheiten.

Beispiel:

Nach dem Ausstoß verbleibt der Atomkern unter Umständen in einem angeregten Zustand. Der Übergang in den Grundzustand ist mit dem Aussenden von Gammastrahlung verbunden. Ein Alphateilchen weist eine Ladung von 2+ auf; das zurückgelassene Atom verbleibt als Ion mit der Ladung 2-. Es findet dann ein Ladungsausgleich mit Atomen/Ionen der Umgebung statt. In der Regel werden Elektronen und Ionenladung allerdings in der Reaktionsgleichung nicht berücksichtigt.

Typische in der Natur vorkommende Alphastrahler sind Uran und Thorium sowie deren Zerfallsprodukte Radium und Radon. Die Energie eines Alphateilchens liegt typischerweise in der Größenordnung von 2 bis 5 MeV. Alphateilchen aus künstlich erzeugten Nukliden können aber durchaus Energien von über 10 MeV besitzen.

Die Reichweite der Alphateilchen ist abhängig von deren Energie und beträgt in Luft bei Normaldruck ungefähr 10 cm (bei 10 MeV). Bei niedrigem Luftdruck ist die Reichweite der Alphateilchen größer, da die Anzahl der Stoßpartner (Moleküle), an die Alphateilchen ihre kinetische Energie abgeben, mit dem Luftdruck abnimmt.

Der Alpha-Zerfall ergibt rechnerisch nach der empirischen Weizsäcker-Massenformel des Tröpfchenmodells für alle Kerne ab Massenzahl 165 eine positive Energiefreisetzung. Dennoch wurde ein Alpha-Zerfall bei vielen schweren Kernen bisher nie beobachtet. Allerdings sind in letzter Zeit einige bisher als stabil geltende Nuklide als extrem langlebige Alpha-Strahler entlarvt worden, zum Beispiel Sm-149, Gd-152, Hf-174 und Bi-209.

Die Halbwertszeiten für den Alpha-Zerfall natürlich vorkommender Elemente umfassen einen Bereich bis zu mehreren Trillionen Jahren bei Bismut-209. Die Halbwertszeiten sind mit der Energie der emittierten Alphateilchen durch die Geiger-Nuttall-Regel verknüpft.

Helium ist das zweithäufigste Element im Universum und auch unserer Sonne, die galaktische kosmische Strahlung und der Sonnenwind bestehen daher zu fünf bis zehn Prozent aus Alphateilchen. Allerdings erreicht dieser Teil der kosmischen Strahlung nie den Erdboden.

Wechselwirkung mit Materie

Alphastrahlung ist die am leichtesten abzuschirmende ionisierende Strahlung).

Aufgrund ihrer elektrischen Ladung und relativ großen Masse von 4 u haben Alphateilchen nur eine sehr geringe Eindringtiefe in Materie. In Wasser oder organischem Material beträgt die Eindringtiefe eines 5-MeV-Alphateilchens 40 μm. Ein etwas kräftigeres Blatt Papier oder einige Zentimeter Luft reichen somit im allgemeinen schon aus, um Alphateilchen vollständig abzuschirmen. Das kommt dadurch zustande, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Atom durch die Strahlung ionisiert wird, durch die geringe Geschwindigkeit relativ hoch ist (siehe Bragg-Peak). In einer Nebelkammer sind deshalb auch die Ionen besonders gut zu sehen, die durch Alphastrahlung erzeugt werden. Die Reichweite der α-Strahlen hat man früher in einer Ionisationskammer mit einem Elektroskop über die Messung des Ionisationsstroms bestimmt, heute verwendet man Teilchendetektoren, mit denen man die einzelnen Alphateilchen zählen kann.

Geöffnetes Alphaspektrometer mit Präparat und Detektor (oben)

Biologische Wirkung

Alphastrahlung, die von außen auf den menschlichen Körper wirkt, ist relativ ungefährlich, da die Alphateilchen auf Grund ihrer geringen Eindringtiefe überwiegend nur in die oberen, toten Hautschichten eindringen. Ein im Organismus durch Einatmen oder Aufnahme mit der Nahrung eingelagerter Alphastrahler ist dagegen sehr schädlich, da in diesem Fall nicht die toten Hautschichten, sondern lebende Zellen geschädigt werden. Insbesondere die Anreicherung eines mit Alphastrahlung zerfallenden Nuklids in einem Organ führt zu einer hohen Belastung dieses Organs, da dabei eine hohe Strahlendosis ihre schädigende Wirkung auf kleinem Raum und auf wichtige Körperzellen ausübt (Strahlenkrankheit). Die relative biologische Wirksamkeit von Alphastrahlung ist auf 20 festgelegt.

Anderseits beruht die vermeintlich heilende Wirkung mancher Heilbäder (z. B. Badgastein) auf dem Radongehalt des aus der Tiefe des Gesteins kommenden heißen Quellwassers. Eine weiterte natürliche Quelle von Alphastrahlung ist natürliches Radon, welches in der Luft vorkommt. Aufgrund seiner hohen Dichte kann es sich beispielsweise in Kellern ansammeln. Kellerwohnungen sollten daher regelmäßig durchlüftet werden.

Alphastrahlen als Ursache von Computerfehlern

In Halbleiterbauelementen (z.B. RAM) kann Alphastrahlung zum „Kippen“ von Bits, also einer unbeabsichtigten Änderung der Daten, und somit auch zu Datenverlust führen (siehe auch SEU). Da Alphastrahlung nur eine geringe Eindringtiefe aufweist, sind meist radioaktive Verunreinigungen innerhalb der betroffenen Bauteile die Ursache dieses Effekts.

Anwendungen

Isotopengenerator

Ein Plutonium-Pellet (238Pu) glüht durch seinen eigenen Zerfall

Alphastrahler schwerer Elemente (hauptsächlich Transurane) mit hoher Dichte und relativ kurzer Halbwertszeit können sich durch ihren eigenen Alphazerfall bis zur Rotglut erhitzen. Dieses ist möglich, weil nahezu alle bei ihrem Zerfall erzeugten energiereichen Alphateilchen von ihren schweren Atomen noch in ihrem Innern aufgehalten werden, und ihre Bewegungsenergie als Wärme an sie abgeben. Wenn sie außerdem nur wenig Gammastrahlung abgeben, und ihre Halbwertszeit (meistens einige Jahre bis Jahrzehnte) lang genug ist, sind sie prinzipiell zur Befüllung von Radioisotopengeneratoren geeignet.

Rauchmelder

Außerdem werden Alphastrahler in Ionisationsrauchmeldern verwendet, die die Leitfähigkeit der durch Alphastrahlen ionisierten Luft messen, die durch Rauchpartikel vermindert wird.

Forschungsgeschichte

Alphastrahlung war die erste nachgewiesene Form von Radioaktivität, Antoine Henri Becquerel entdeckte 1898 sie als Schwärzung von lichtdicht verpackten Fotoplatten durch Uransalze. Weitere Forschungen von Marie Curie und Pierre Curie führten u.a. zur Isolation der Uran-Zerfallsprodukte Radium und Polonium und dem Nachweis, dass diese ebenfalls Alphastrahler sind. Die drei Forschen erhielten für diese Leistungen 1903 den Nobelpreis für Physik.

Ernest Rutherford zeigte 1899 die Unterscheidbarkeit verschiedener Formen der Radioaktivität durch ihr verschiedenes Durchdringungsvermögen und prägte auch die Bezeichnungen α-, β und γ-Strahlung. Ebenfalls 1899 demonstrierten Stefan Meyer, Egon Schweidler und Friedrich Giesel die Unterscheidbarkeit durch verschiedene Ablenkung in magnetischen Feldern.

Durch Beobachtung der Spektrallinien bei Gasentladung konnte Rutherford 1908 die Identität der Alphateilchen mit Heliumkernen nachweisen.

1911 benutzte Rutherford Alphastrahlen für seine Streuexperimente, die zur Aufstellung des Rutherfordschen Atommodells führten.

1913 stellten Kasimir Fajans und Frederick Soddy die radioaktive Verschiebungssätze auf, die das beim Alphazerfall entstehende Isotop bestimmen.

1919 gelang Rutherford die erste künstlichen Elementumwandlung: Durch Beschuss mit Alphastrahlen entstand Sauerstoff aus Stickstoff.

1928 erbrachte George Gamow die quantenmechanische Erklärung des Alphazerfalls durch den Tunneleffekt.

"Alphastrahlen" aus Beschleunigern

Auch künstlich aus Heliumgas in einer Ionenquelle erzeugte -Ionen werden manchmal als Alphateilchen bezeichnet. Werden sie in einem Teilchenbeschleuniger beschleunigt, wird dessen Strahlenbündel dementsprechend auch "Alphastrahl" genannt, obwohl es nicht radioaktiver Herkunft ist.

Wiktionary: Alphastrahlung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Video

Vorlage:Navigationsleiste Ionisierende Strahlung