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T. C. Boyle

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Comedy is my mode of dealing with tragedy and despair

Thomas Coraghessan Boyle (* 2. Dezember 1948 in Peekskill, New York) ist einer der bekanntesten und meist gelesenen zeitgenössischen US-amerikanischen Schriftsteller.

Motto

"Literature can be great in all ways, but it's just entertainment": Literatur soll nach Meinung des Autors in erster Linie unterhalten und den Leser direkt erreichen.

Leben

T.C.Boyle wurde 2. Dezember 1948 in Peekskill, New York, geboren. Seine Kindheit wird u.a. bestimmt durch den Alkoholismus des Vaters.

An der State University of New York at Potsdam studierte er Englisch und Geschichte und schloss die Studien mit dem B.A. ab (1968). Am College entdeckte er auch die Literatur und eine Vorliebe für Autoren wie Updike, Henrik Ibsen, Sartre und Camus. Außerdem begann er selbst zu schreiben und nahm an Kursen für Creative Writing teil. Nebenbei spielte er verschiedene Instrumente (Jazz und Popmusik). Über diese Zeit berichtet er sehr amüsant in seinem autobiographischen Text The Eleventh Draft (1999). Nach seinem B.A. arbeitete er vier Jahre lang als Lehrer an einer High School und schrieb parallel dazu Erzählungen.

An der University of Iowa studierte er weiter und erwarb 1977 einen Doktortitel (Ph.D.) in englischer Literatur des 19. Jahrhunderts. Außerdem besuchte er den Writers Workshop derselben Universität.

Die Veröffentlichung der Erzählung The OD and Hepatitus Railroad or Bust in der North American Revue brachte ihm die 1972 Aufnahme in einen Schreibworkshop der University of Iowa. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit lehrt Boyle seit 1978 Englisch an der State University of Southern California, seit 1986 als ordentlicher Professor. Seine Erzählungen und Kurzgeschichten erscheinen regelmäßig in wichtigen amerikanischen Zeitschriften.

Boyle ist seit 1974 mit Karen Kvashay verheiratet und lebt mit ihr in Santa Barbara in Kalifornien. Die beiden haben eine Tochter, Kerrie, und zwei Söhne, Milo und Spencer. Den Mittelnamen Coraghessan (betont auf der zweiten Silbe) nahm Boyle, der ursprünglich Thomas John hieß, mit 17 Jahren an. Es ist der gälische Name eines seiner Vorfahren mütterlicherseits.

Werke

Boyle hat in Amerika dem historischen Roman zu neuem Ansehen verholfen. Seine Romane und Erzählungen basieren häufig auf gut recherchierten historischen Ereignissen und Persönlichkeiten, um die er mit viel Liebe zum Detail manchmal realistische - wie im Roman Riven Rock -, manchmal absurde - wie in der Erzählung I Dated Jane Austen - Geschichten erfindet.

Boyle sieht besonders das Lesen zeitgenössischer Autoren als eine der wichtigsten Grundlagen für schriftstellerisches Schaffen. Zu seinen Lieblingsautoren zählen Flannery O'Connor, Gabriel García Marquez, E. L. Doctorow, Thomas Pynchon, Jorge Luis Borges und Julio Cortazar.

Sammlungen von Kurzgeschichten

Boyle hat bisher (2004) sechs Bücher mit Kurzgeschichten publiziert. Sein erstes Buch war die Sammlung von Erzählungen Descent of Man (1979, dt. Tod durch Ertrinken, München 1997, ISBN 342312329X). Einige der Geschichten waren schon während seiner Collegezeit, wo er u.a. John Irving und Raymond Carver begegnet war, in Zeitschriften wie Esquire oder The Atlantic Monthly erschienen.

Weitere Sammlungen von Kurzgeschichten:

  • Greasy Lake (1985), dt. Greasy Lake und andere Geschichten, München 1993, ISBN 3423117710
  • If the River Was Whiskey (1989), dt. Wenn der Fluß voll Whiskey wär' 1989, ISBN 3423119039
  • Without A Hero (1994), dt. Fleischeslust, München 2001, ISBN 3423129107
  • T.C. Boyle Stories (1998), dt. Der Fliegenmensch und andere Stories, 2001, ISBN 342362048X
  • After the Plague (2001), dt. Schluß mit Cool, München 2002, ISBN 3446201262

Romane

Boyle hat bisher (2004) zehn Romane publiziert. Schon sein erster Roman Water Music (1982) wird zu einem großen Erfolg. Boyle erzählt von zwei Expeditionen ins "Herz der Finsternis". Der britische Entdecker Mungo Park will unbedingt die Quellen des Niger erreichen und macht sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf den Weg. Trotz mehrfacher Bemühungen scheitert er aber schließlich an den Umständen.

Danach erschien World's End (1987), für den er den PEN/Faulkner Award für den besten Roman des Jahres erhielt - ein Querschnitt durch mehrere Phasen amerikanischer Geschichte; East is East (1990), in dem es um einen Japaner geht, der an der Küste von Georgia über Bord seines Frachters springt; The Tortilla Curtain (1995) über mexikanische Einwanderer in den USA. Für diesen Roman erhielt er den renommierten Prix Médicis Étranger.

In Riven Rock (1998) tut die mutige und frauenbewegte Katherine Dexter alles dafür, um ihren schizophrenen und sexbesessenen Ehemann von seinen Dämonen zu befreien.

In A Friend of the Earth (2000), seinem einzigen Science-Fiction-Roman, geht es um das Überleben auf der Erde nach einem Umweltdesaster.

The Road to Wellville (1993) spielt in Wellville, einem Sanatorium der Reichen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in das ein Paar gerät und sich wegen der aussichtslosen Suche nach wirklich gesunder Ernährung fast verliert.

T.C.Boyles neunter Roman Drop City (2003, setzt zwei ganz unterschiedliche Gesellschaften gegeneinander: Eine Hippiekommune in den ausgeflippten 70er - T.C.Boyle hat hier eigene Erfahrungen (auch mit Drogenkonsum) verarbeitet - und andererseits eine Trappergesellschaft in Alaska, die aus der Zeit der Grenzlanderoberungen übriggeblieben zu sein scheint. Was allerdings beiden gemeinsam scheint, ist die klassische Rollenverteilung: Kochen ist auch bei den Hippies Frauenaufgabe. Als sich die Hippies von Kalifornien in die Einsamkeit Alaskas flüchten, scheinen diverse Katastrophen vorprogrammiert. Hier zeigt sich auch wieder T.C.Boyles Vorliebe für die Außenseiter der Gesellschaft.

Boyles aktueller, zehnter, Roman The Inner Circle (Viking Books, September 2004) ist noch nicht auf deutsch erschienen. Er schildert darin die Geschichte des amerikanischen Sexualforschers Dr. Alfred Charles Kinsey (1894-1956) aus der Sicht des fiktiven Charakters John Milk.

Romane in zeitlicher Reihenfolge:

  • Water Music, 1982, dt. Wassermusik, Hamburg (Rowohlt) 1998, ISBN 3499237563
  • Budding Prospects, 1984, dt. Grün ist die Hoffnung, 1993, ISBN 3423118261
  • World's End, 1987, dt. World's End, 1992, ISBN 3423116668
  • East is East, 1990, dt. Der Samurai von Savannah, München (Hanser) 1992, ISBN 3423120096
  • The Tortilla Curtain, 1995, dt. América, München 1998, ISBN 3423125195
  • Riven Rock, 1998, dt. Riven Rock, München 2000, ISBN 3423127848
  • A Friend of the Earth, 2000, dt. Ein Freund der Erde, München 2003, ISBN 3446199756
  • The Road to Wellville, 1993, dt. Willkommen in Wellville, München 1994, ISBN 3423119985
  • Drop City, 2003, dt. Drop City, München (Hanser) 2003, ISBN 3446203486

Lesungen

T.C. Boyle verbringt viel Zeit mit öffentlichen Lesungen; er sagt über sie, er wolle dem Publikum eine "wirklich gute Show" abliefern. Im Oktober 2003 konnte er bei seiner Lesereise durch Deutschland - er liest nur auf englisch! - große Säle wie das Deutsche Theater in Göttingen füllen.

Dialog mit dem Publikum

Wie wenige andere versteht es Boyle, das Internet sowohl für die Vermarktung der eigenen Werke wie auch für den Dialog mit den Lesern - "What's New" oder "Frequently Asked Questions" - zu nutzen. Er hat für jedes seiner 16 Bücher eine Einleitung geschrieben.