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Ombudsmann

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Der Ombudsmann (schwedisch ombudsman: Vermittler) erfüllt die Aufgabe eines unparteiischen Schiedsmannes. Ein Ombudsrat ist ein mit mehreren Personen besetztes Gremium, das entsprechende Aufgaben wahrnimmt. Das System entstammt islamischen Wurzeln. Von der Türkei fand es seinen Weg nach Schweden, wo es diese Institution bereits seit 200 Jahren gibt. In den 1970er Jahren verbreitete sich die Institution weltweit.

Aufgabenfeld

Ein ombud (altnordisch: Vollmacht) ist eine (früher immer ehrenamtliche) Aufgabe einer Person, in einer Organisation oder in der Öffentlichkeit bei bestimmten Themen eine ungerechte Behandlung von Personengruppen zu verhindern. In dieser Bedeutung ist beim Ausüben eines solchen Amtes zwar eine unparteiische Vorgehensweise bei Streitfragen zu verstehen, aber unter Berücksichtigung der Interessen von Personen, deren Belange als Gruppe infolge eines fehlenden Sprachrohrs ansonsten wenig Beachtung finden würden (z.B. von Kindern, Krankenhauspatienten).

In seiner Funktion ermöglicht der Ombudsmann, Streitfälle in verschiedensten Bereichen und ohne großen bürokratischen Aufwand zu schlichten.

Dies geschieht durch:

  • eine objektive Betrachtung des Streitfalles,
  • Abwägung der von beiden Seiten vorgebrachten Argumente,
  • Vergleich von Schaden, Aufwand und Kostenfaktoren,
  • Erreichen einer zufriedenstellenden Lösung,
  • oder Aussprechen einer empfohlenen Lösung für den entsprechenden Fall.

Immer mehr Organisationen und Institutionen (bis hin zur UN) richten eine Stelle für einen Ombudsmann ein oder beschäftigen ganze Stäbe von Ombudsleuten. Vor allem dort, wo ein großes Publikum angesprochen wird, also auch viel Konfliktstoff gegeben ist, werden solche Beschwerdestellen institutionalisiert. Auch Medien (Zeitungsverlage) beschäftigen zunehmend Ombudsleute. Sie sollen zwischen Lesern und Anzeigenkunden auf der einen Seite und Redaktionen und Verlag auf der anderen Seite vermitteln. So hat zum Beispiel die New York Times einen Ombudsmann.

Institution in Schweden

In Schweden ist ein Ombudsmann eine vom Parlament ernannte, unabhängige Vertrauensperson, die Beschwerden von Menschen gegenüber der Verwaltung nachgeht. Insoweit gewinnen Ombudsleute im Rahmen von Verwaltungsethik eine zunehmende Relevanz.
König Karl XII. von Schweden floh nach der Niederlage gegen Russland 1709 in die Türkei, wo er das System des Mohtasib kennen lernte. Nach seiner Rückkehr führte er 1718 das vergleichbare System des sogenannten Justizkanzlers ein. 1809 wurde diesem der Ombudsman zur Seite gestellt.

Die Dienste eines Ombudsmanns sind kostenfrei. Sie können von jedermann in Anspruch genommen werden. In der Regel nimmt er Beschwerden im persönlichen Gespräch auf und prüft, ob die Verwaltung rechtlich einwandfrei und fair gehandelt hat. Er sucht dann nach einer gerechten und von allen Seiten akzeptierten Lösung, die er in der Form von Empfehlungen ausspricht.

Der Ombudsmann ist lediglich gegenüber dem Parlament verantwortlich, dem er in regelmäßigen Abständen Rechenschaft schuldet. Im Rahmen seiner Zuständigkeit darf er bei allen Ämtern schriftliche oder mündliche Auskünfte abfragen, Besichtigungen durchführen und die Herausgabe aller notwendigen Akten fordern. Er darf auch auf eigene Initiative hin Untersuchungen durchführen.

Der Ombudsmann eignet sich für den politischen Systemvergleich zwischen Skandinavien und - zum Beispiel - Deutschland: Während er in der Bundesrepublik als Klage- und Beschwerdeinstanz in wenigen Einzelfällen gedacht ist, kann er in den politischen Systemen Skandinaviens sogar Verfassungsrang haben. Die Ombudsmänner verfügen dort zum Teil über einen ganzen Stab von Mitarbeitern. In Finnland ist die Aufgabe der "Vermittler" sogar gesetzlich geregelt. Es geht insofern um eine Fortschreibung des Konkordanz-Modells, in dem auch im Verwaltungsablauf Anregungen aus der Praxis ins System des Konsens miteinfließen sollen. Der Ombudsmann hat in Skandinavien somit nicht - wie z. B. in der Bundesrepublik - nur eine Mittler-Position, sondern viel weitreichendere Kompetenzen und genießt mehr Aufmerksamkeit. Er darf umfangreiche Untersuchungen führen, parlamentarische Untersuchungen einleiten, hat im Parlament Fragerecht und kann in einigen Ländern Skandinaviens sogar Gesetzesinitiativen einbringen. Dies ist vor dem Hintergrund des Konkordanz-Modells zu sehen, dem Wunsch, bei allen Entscheidungen einen möglichst breiten Konsens der Parteien, Verbände, Interessenvertretungen und damit der Bürger zu erzielen. Ein nicht zu unterschätzender Sachverhalt ist dabei die Stärkung des Vertrauens der Bürger in Politik und Verwaltung.

Ombudsmänner in Deutschland

Das Modell des Ombudsmanns wurde in Deutschland namentlich durch die Einführung des Wehrbeauftragten (Art. 45b GG) mit Gesetz vom 19. März 1956 (BGBl. I S. 111) bekannt. Es gewann auch für den zivilen Bereich schnell an Attraktivität. Dort gibt es mittlerweile in verschiedenen Branchen Ombudsleute. Sie einzuschalten ist grundsätzlich kostenlos, ihre Kompetenzen sind branchenabhängig. Meist ist der Spruch für das Unternehmen bindend (wenn eine bestimmte Betragsgrenze nicht überschritten wird), für den Kunden besteht (bei Ablehnung durch den Ombudsmann) die Möglichkeit der Klage.

Nach dem Modell des Wehrbeauftragten stellte die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter am 17. April 2007 den Ombudsmann für den Strafvollzug vor. Er soll wie der Wehrbeauftragte sowohl Klagen von Gefangenen wie Beschäftigten im Strafvollzug nachgehen.

Bürgerbeauftragte

In Deutschland gibt es Bürgerbeauftragte, die neben den Petitionsausschüssen die Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber der Verwaltung unterstützen, in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Die Rechtsgrundlage leitet sich aus dem Art. 17 GG ab.

Für Mecklenburg -Vorpommern ist z.B. folgendes geregelt:

"Zur Wahrung der Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande sowie zur Beratung und Unterstützung in sozialen Angelegenheiten wählt der Landtag auf die Dauer von sechs Jahren den Bürgerbeauftragten; einmalige Wiederwahl ist zulässig. Er kann ihn mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages vorzeitig abberufen. Auf eigenen Antrag ist er von seinem Amt zu entbinden.

Der Bürgerbeauftragte ist in der Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Er wird auf Antrag von Bürgern, auf Anforderung des Landtages, des Petitionsausschusses, der Landesregierung oder von Amts wegen tätig." (aus Artikel 36 der Landesverfassung M-V)

Banken

Bausparkassen

Versicherungen

  • Versicherungsombudsmann e.V.
  • Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung

Ombudsmänner und Volksanwalt in Österreich

Generell gibt es die Institution Volksanwalt. Die meisten Bundesländer haben sich der Bundesvolksanwaltschaft angeschlossen, nur Tirol und Vorarlberg haben einen eigenen Landesvolksanwalt.

Österreichischer Internet Ombudsmann

Im Jahre 1999 initiierte das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) ein Projekt zur Schaffung eines österreichischen Internet Ombudsmannes. Ziel dieses Projektes war es, Konsumenten rasche und unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen und die Qualität der E-Commerce-Angebote im Sinne der Verbraucher zu verbessern. Weiters sollte das Vertrauen der Anwender in die Sicherheit von E-Commerce gestärkt und dadurch die Nutzung dieses neuen Vertriebsweges durch die österreichische Wirtschaft gefördert werden. Dieses Konzept einer unabhängigen, von Internet- und Konsumentenschutzorganisationen getragenen Informations- und Beratungsstelle steht im Einklang mit der Anfang 2000 erlassenen E-Commerce Richtlinie der Europäischen Union. Das in Österreich bereits 1999 initiierte Projekt Internet Ombudsmann soll daher als Modell für ähnliche Institutionen in anderen EU-Ländern dienen und wurde von der EU-Kommission gefördert. Mittlerweile ist der Internet Ombudsmann in ein Netzwerk von europäischen Konsumentenschutzeinrichtungen eingebunden. Die internationalen Partner des Internet Ombudsmann sind:

  • Ombudsmann Deutschland
  • Deutsch-Französisches Verbraucherzentrum
  • Ombudsmann Ungarn
  • Europäisches Netz für die außergerichtliche Streitbeilegung in den EU- und EWR-Ländern
  • European Internet Coregulation Network
  • Europejskie Centrum Konsumenckie in Polen

Durch die Schaffung der Plattform http://www.ombudsmann.at wurde eine Anlaufstelle für Konsumenten und Anbieter im Internet geschaffen. Neben seiner Funktion als Meldestelle für Beschwerden bietet der Internet Ombudsmann Unterstützung bei der außergerichtlichen Schlichtung von Streitfällen zwischen Konsumenten und Anbietern. Sie sparen somit Zeit und Geld bei der Lösung Ihrer Problemfälle.

Seit Dezember 1999 wurden rund 6000 Beschwerden aus Österreich, Deutschland, der Schweiz aber auch von außerhalb Europas bearbeitet. Zusätzlich wurden ca. 55.000 allgemeine Konsumenten-Anfragen beantwortet. Ein Großteil der Beschwerden betrifft die Lieferung der online bestellten Produkte, gefolgt von Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung und Mängeln am Produkt selbst. Probleme bei der Abwicklung von Rücktritt bzw. bei Reklamationen sowie die mangelnde Umsetzung von Konsumentenschutz-, Datenschutz- und des E-Commerce-Gesetzes stellen ebenfalls Hauptgründe für Beschwerden dar. Die meisten dieser Fälle wurden im Bereich der Unterhaltungselektronik, Computer und Software, bei Haushaltsgeräten sowie online Dienstleistungen gemeldet.

Bisher konnten durchschnittlich 85 % der Probleme außergerichtlich – und meist bereits innerhalb von 7 Tagen - gelöst werden. Im Jahre 2005 wurde jedoch zum Beispiel in weniger als 10 % der Fällen Anzeige erstattet bzw. ein Anwalt eingeschaltet.

Auf seiner Website bietet der Internet Ombudsmann tagesaktuelle News zum Thema E-Commerce, Tipps zum Thema Online-Shopping, eine Übersicht über europäische Verbraucherschutzorganisationen, ein Lexikon der wichtigsten Begriffe im E-Commerce, eine Watchlist, etc.. Zusätzlich werden Informationsmaterialien, Vorträge und Seminare angeboten.

Der Internet Ombudsmann ist eine vom Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz bestätigte Schlichtungseinrichtungen, die der Empfehlung 98/257/EG entspricht. Er ist damit Teil eines Systems der organisierten europaweiten außergerichtlichen Streitbeilegung. Das Projekt wurde im Jahr 2000 mit dem österreichischen Staatspreis für PR ausgezeichnet.

Initiator des Projekts ist das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT). Eine Non-Profit-Organisation, die 1993 von jungen Internet-Experten gegründet wurde. Das ÖIAT entwickelt gemeinnützige Internet-Projekte, gibt Broschüren und Handbücher heraus und führt Bildungsveranstaltungen durch. Die Ergebnisse dieser Projekte werden dokumentiert und Entscheidungsträgern, Medien und Bildungseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Das OIAT erwickelte auch das Projekt SMS-Sperre.at, die die Sperre für unaufgefordert zugesendete Mehrwert-SMS zum Ziel hat, sowie das Projekt Saferinternet. Die österreichweite Initiative Saferinternet.at unterstützt Internet- nutzerInnen, vor allem Kinder und Jugendliche, bei der sicheren Nutzung des Internet. Saferinternet.at ist die österreichische Informations- und Koordinierungsstelle im Safer Internet Netzwerk der EU (Insafe).

Als Projektpartner des Internet Ombudsmann im Konsumentenschutzbereich fungiert der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Über einen Beirat sind die Sozialpartner und die zuständigen öffentlichen Stellen (Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Internet Privatstiftung Österreich) in das Projekt eingebunden. In diesem Beirat wurde auch das Österreichischen E-Commerce-Gütezeichen", das nun in das europaweit gültige Euro-Label Gütezeichen-System integriert ist, entwickelt. Das Euro-Label Gütezeichen hat einen Qualitätsstandard geschaffen, an dem sich sowohl Anbieter, als auch Konsumenten orientieren können.

Ombudsmann für Rechtsstreitigkeiten für Versicherungsfragen

Ab 1. Februar 2007 richtet der Fachverband der Versicherungsmakler einen Ombudsmann für Rechtsstreigkeiten für Versicherungsfragen ein, die aus dem Dreiecksverhältnis Kunden, Versicherungen und Makler ergeben. Eine unabhängige Schlichtungskommission unter dem Vorsitz des bisherigen OGH-Richters Ekkehard Schalich prüft Rechtsstreitigkeiten. Ziel der Einrichtung ist eine Stärkung der Rechtssicherheit. Die raschen und unbürokratischen Erkenntnisse der Schlichtungsstelle sind rechtlich nicht bindend, stellen aber eine starke, moralische Vorentscheidung dar.

Der in der Wirtschaftskammer Österreich angesiedelte Fachverband der Versicherungsmakler richtet die österreichische „Rechtsservice- und Schlichtungsstelle für Versicherungssachen“ ein. Eine unabhängige Schlichtungskommission entscheidet rasch und unbürokratisch über Rechtsstreitigkeiten zwischen Maklern, Versicherungskunden und Versicherungen. Den Vorsitz in der Kommission wird der bisherige Senatspräsident des OGH und Vorsitzender des versicherungsrechtlichen Senates Ekkehard Schalich übernehmen. „Statt die Ergebnisse jahrelanger Gerichtsprozesse abzuwarten, können sich Makler im Interesse ihrer Kunden künftig an die Schlichtungsstelle wenden, um schneller zu ihrem Recht zu kommen.“ (Gunter Riedlsperger, Bundesobmann des Fachverbands)

Pflegeombudsmann im Gesunheitswesen von Wien

Im Wiener Pflegebereich nahm nach verschiedenen Pflegeskandalen der von Stadträtin Elisabeth Pittermann eingesetzte Pflegeombudsmann Werner Vogt ähnliche Aufgaben wahr (bis 2006).

Bürgerbeauftragter der Europäischen Union

Auf der Ebene der EU gibt es als Ombudsmann den Bürgerbeauftragten der Europäischen Union. Seit 2003 wird diese Aufgabe von Nikiforos Diamandouros wahrgenommen. Sein Zuständigkeitsbereich sind Beschwerden gegen die EU-Institutionen wie die Europäische Kommission oder das Europaparlament[1].

Institution in Polen

Im Bereich des polnischen Verfassungsrechts ermöglichen zwei Hauptrechtsmittel den Rechtsschutz vielfältiger Rechtspositionen mit Verfassungsrang und anderer Rechtsgüter. Es sind - gem. Art. 79 der polnischen Verfassung - die Verfassungsbeschwerde, die ähnlich wie im deutschen Verfassungsrecht konzipiert ist, und - gem. Art. 208 der polnischen Verfassung - die Beschwerde an den Ombudsmann. Der Tätigkeitsbereich des Ombudsmanns wird durch das Gesetz über Ombudsmann vom 15. Juli 1987 näher geregelt. Er kann tätig werden, wenn an ihn Beschwerde von Privatpersonen, der Gemeindevertretung, den Bürgerbeauftragten zum Schutz der Kinderrechte geleitet wird oder wenn er selbst, kraft Amtes, die Überprüfung für erforderlich hält. Bemerkenswert ist, dass die Beschwerde keine Formalien erfüllen muss, sondern nur den Beschwerdeführer und die Angelegenheit erkennen lassen soll. Der Ombudsmann kann das Verfahren einstellen, weiter an das zuständige Gericht leiten, den Beschwerdeführer lediglich über mögliche Rechtsbehelfe informieren oder das Verfahren selbst einleiten und führen.

Volksanwalt in Albanien

In Albanien wurde das Amt des Volksanwalts mit der Verfassung von 1998 eingeführt. An diesen Ombudsmann können die Bürger Beschwerden richten, wenn sie ihre Menschen- und Individualrechte verletzt sehen.

Ombudsmanninititativen von Medien

Eine Vielzahl von Medienunternehmen bieten als Leserservice Ombudsmannfunktionen an. So wirbt die Bild-Zeitung in Deutschland mit ihrer Aktion "Bild hilft". In Österreich besteht seit 1970 der Zeitungsombudsmann der Kleinen Zeitung, der zweitgrößten Zeitung Österreichs.

Literatur

Siehe auch

Quellen

  1. Der Spiegel Online Bericht