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Kaiserstuhl (Gebirge)

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Kaiserstuhl und Vogtsburg

Der 557 m hohe Kaiserstuhl ist ein Mittelgebirge vulkanischen Ursprungs im Südwesten von Baden-Württemberg (Deutschland).

Geographie

Der Kaiserstuhl befindet sich in Südbaden in leicht nordwestlicher Richtung von Freiburg im Breisgau und direkt östlich des Rheins in der Oberrheinischen Tiefebene, aus der er sich durchschnittlich 355 m erhebt.

In seiner weitesten Ausdehnung vom Südwesten bei Ihringen bis zum Riegeler Michaelsberg im Nordosten ist der Kaiserstuhl 16 km lang, seine größte Breite beträgt 12,5 km.

Totenkopf (557 m) mit Neunlinden, Eichelspitze (520 m) und Katharinenberg (492 m) sind die höchsten Erhebungen des Kaiserstuhls. Das Naturschutzgebiet Badberg in seinem Herzen – zwischen Schelingen, Oberbergen und Alt-Vogtsburg – bietet viele seltene Pflanzen (zum Beispiel Orchideen) und Wandermöglichkeiten mit traumhaften Ausblicken auf den Schwarzwald, die Rheinebene und die Vogesen. Der bekannteste Wanderweg über den Kaiserstuhl ist der Nord-Süd-Weg (Markierung: blauer Rhombus auf gelbem Hintergrund) von Endingen über den Katharinenberg und den Aussichtsturm Neunlinden nach Ihringen.

Namensdeutung

Seinen Namen hat der Kaiserstuhl vermutlich von König Otto III., der bei Sasbach 994, zwei Jahre vor seiner Krönung zum Kaiser, einen Gerichtstag abhielt.

Geologie

Die Entstehung des Kaiserstuhlvulkans im Tertiär stellt sowohl den Höhepunkt als auch den Schlusspunkt der vulkanischen Aktivität im Oberrheingraben dar. Diese begann schon in der Kreidezeit und zeigt sich in zahlreichen, heute tief erodierten Vulkanschloten. Der Kaiserstuhl ist der einzige größere Vulkan aus dieser Zeit im Bereich des Grabens. Geologisch gesehen lässt sich der Kaiserstuhl in einen sedimentären und einen vulkanischen Teil gliedern.[1]

Sedimentärer Sockel

Die das östliche Drittel bildenden, nahezu horizontal lagernden Sedimentgesteine wurden lange vor der vulkanischen Aktivität zu Zeiten des Juras und Tertiärs gebildet. Wichtige aufgeschlossene stratigrafische Einheiten sind der Hauptrogenstein (hauptsächlich in Riegel) und die Pechelbronner Schichten (in der Gegend von Bötzingen). Dieser Teil des Kaiserstuhls wurde während der Entstehung des Oberrheingrabens weniger stark als seine Umgebung abgesenkt und stellt einen so genannten Horst dar. Er entspricht im Aufbau und der Schichtenfolge äquivalenten Strukturen im näheren Umkreis, wie dem Tuniberg westlich und dem Schönberg südlich von Freiburg im Breisgau.

Vulkanismus

Petrologisch handelt es sich beim vulkanischen Kaiserstuhl um einen Alkaligesteins-Karbonatit-Komplex. Die den Großteil des zentralen und westlichen Kaiserstuhls aufbauenden vulkanischen Gesteine wurden vor rund 19 bis 16 Millionen Jahren im Miozän durch zahlreiche Vulkanausbrüche gebildet. Sie überlagern teilweise den sedimentären Sockel des östlichen Kaiserstuhls, wodurch dieser stellenweise kontaktmetamorph, das heißt durch Einwirkung hoher Temperatur, verändert wurden. Durch abwechselnde Eruption von Tephra und Lavaströmen aus mehreren Schloten bildete sich ein komplexer Schicht- oder Stratovulkan. Emporquellendes Magma erstarrte teilweise als subvulkanische Intrusion im Vulkangebäude und baut heute den Zentralkaiserstuhl auf. Lateral aufsteigende phonolithische Schmelzen drangen auch in den sedimentären Sockel des östlichen Kaiserstuhls. Bis heute wurden durch Erosion mehrere 100 m des ursprünglichen Vulkans abgetragen.

Xenolith aus dem Erdmantel (gelblich verwitterter Peridotit) in grauem Olivin-Nephelinit-Lavastrom, Lützelberg bei Sasbach

Die vulkanischen Gesteine

Der gesamte vulkanische Kaiserstuhl besteht besteht aus Foid- und/oder Olivin-führenden, SiO2-untersättigten Gesteinen. Bei den Eruptivgesteinen handelt es sich zum größten Teil um Leucit-Tephrit, untergeordnet auch Phonolith, Limburgit und Olivin-Nephelinit (am Limberg bei Sasbach). Letzterer ist sehr reich an Xenolithen aus dem Erdmantel. Als Besonderheit bei den Eruptivgesteinen sind karbonatitische Ignimbrite und Lapilli zu nennen, die im Westkaiserstuhl an einigen Stellen (Henkenberg bei Burkheim, Kirchberg bei Oberrotweil) aufgeschlossen sind.

Bei den subvulkanischen Intrusionen und Ganggesteinen des zentralen Kaiserstuhls handelt es sich um die Tiefengesteinsäquivalente der Ausbruchsprodukte, wie zum Beispiel Essexit, Karbonatit und grobkörnigeren Phonolith. Für verschiedene Varietäten der Ganggesteine existieren in der Literatur eine Fülle weiterer Bezeichnungen (Alvikit, Hauynophyr, Mondhaldeit, Tinguait, Monchiquit und viele andere), die aber teilweise keine allgemein anerkannten Gesteinsnamen sind. Von großem wissenschaftlichen Interesse ist der bei Altvogtsburg und Schelingen anstehende Karbonatit. Dabei handelt es sich um ein recht seltenes vulkanisches Gestein, das nicht aus einer silikatischen, sondern aus einer karbonatischen Schmelze auskristallisierte. Aufgrund dieses ungewöhnlichen Umstandes wurde die magmatische Natur des Karbonatits lange Zeit nicht erkannt oder in Zweifel gezogen. Alternative Interpretationen gingen von kontaktmetamorph veränderten Sedimentgesteinen aus, die bekanntermaßen in unmittelbarer Nähe zu finden sind. Erst in den 1950er- und 1960er-Jahren gelang es, das Gestein gesichert als Karbonatit zu identifizieren, unter anderem durch das Auffinden der eruptiven Karbonatite im westlichen Kaiserstuhl. Wegen des in ihm auftretenden Niob-Minerals Koppit wurde der Karbonatit in der Mitte des 20. Jahrhunderts versuchsweise bergmännisch abgebaut. Allerdings erwiesen sich die Gehalte als zu gering für eine Nutzung in größerem Umfang.

Minerale des Kaiserstuhls

Seit langer Zeit ist der Kaiserstuhl als Fundstelle für zum Teil seltene Minerale bekannt. Besondere Fundstellen sind die Steinbrüche im Limburgit des Limbergs (verschiedene Zeolithe), im Karbonatit am Badberg und Orberg (Koppit) und im Phonolith des Fohbergs und des Kirchbergs (Zeolithe, Wollastonit, Melanit). Überwiegend treten diese als Kluftminerale oder Blasenfüllungen (Mandelstein) auf.

Lössbedeckung

Der Kaiserstuhl ist heute weitgehend von einer quartären Lössschicht bedeckt. Löss ist ein Lockersediment, welches durch Erosion anderer Gesteine entsteht und durch äolischen Transport an seinen Ablagerungsort befördert wird. Der Löss entstand – wie im gesamten Randbereich der Oberrheinebene – während der letzten weitgehend vegetationsfreien Eiszeit durch Auswehung aus dem Rheinschlamm. Die Ablagerung fand im periglazialen (das heißt eisfreie jedoch von Gletschereis umgebene Fläche) Gebiet um den Kaiserstuhl statt. Der Hauptprozess, der in dieser Region stattfindet ist Frostsprengung von Gestein. Da keine Vegetation vorhanden ist, die den Wind bremsen könnte, weht dieser beständig stark. Er nimmt das leichteste Material mit und lagert es an Hindernissen, beispielsweise dem Kaiserstuhl, wieder ab. Hierbei ist zu beachten, dass die Ablagerung im Lee stattfindet, im Falle des Kaiserstuhls – wo der Wind aus Südwesten wehte – also im Nordosten. Je höher der Sedimentationsort liegt, desto dünner ist die Schicht tatsächlich abgelagerten Materials. Am Kaiserstuhl liegt die Mächtigkeit der Lössschicht zwischen 10 und 40 Metern, es gibt jedoch auch Orte im Südwesten, an denen kein Löss sedimentiert wurde. Der Herkunftsort des Lösses am Kaiserstuhl lag hauptsächlich in den nördlichen Kalkalpen. Auffällig im anstehenden Löss ist ein sich in unregelmäßigen Abständen wiederholender, rostfarbener Streifen. Dieser Streifen entsteht durch die phasenweise Anlieferung neuen Materials. Während einer schwachen Sedimentationsphase verwittert das obenauf liegende Material, wobei der Kalk ausgewaschen wird. Hierbei bildet sich Lösslehm. Der ausgewaschene Kalkanteil fällt weiter unten im Bodenprofil wieder aus und bildet den sogenannten Lösskindelhorizont. Zu jedem Ausfällungshorizont gehört deshalb ein Anreicherungshorizont.

Die Lössböden des Kaiserstuhls werden agrarisch intensiv genutzt, da sie eine gute Belüftung bieten und eine hohe Wasserspeicherfähigkeit sowie mechanisch gute Eigenschaften besitzen. Außerdem sind im Zuge der landwirtschaftlichen Nutzung die sogenannten Lösshohlwege entstanden.

Der gewachsene Löss ist außerdem für den Hochwasserschutz von Bedeutung, da er starke Niederschläge wie ein Schwamm aufnimmt und dann gleichmäßig wieder abgibt. Durch die Anlage von Großterrassen für den Weinbau am Kaiserstuhl wird der Löss jedoch mit Planierraupen verdichtet und verliert diese Eigenschaft.

Klima

Smaragdeidechse (Lacerta viridis)

Klimatisch zählt der Kaiserstuhl mit stellenweise mediterranem Klima zu den wärmsten Orten Deutschlands und durch seine mit Löss bedeckten vulkanischen Böden ist er ein sehr gutes Weinanbaugebiet. Die klimatischen Voraussetzungen des Kaiserstuhls heben sich von seiner Umgebung deutlich ab. Er liegt im Regenschatten der Vogesen, dem Einfluss der Burgundische Pforte und hat ein trockenheißes Klima, wie man es sonst eher im mediterranen Raum erwarten würde.

Meteorologische Daten

Die Jahresmitteltemperatur beträgt 9,9 °C, wobei 50–60 Sommertage, als auch 60–70 Frosttage zu verzeichnen sind. Dies spiegelt schon ein besonderes Merkmal des Kaiserstuhls wider, denn er zeichnet sich durch recht extreme Klimaverhältnisse aus, was sich besonders in der durchschnittlichen jährlichen Temperaturschwankung von 18,5 °C ausdrückt. Der mittlere Niederschlag auf dem Kaiserstuhl beträgt ca. 600–700 mm, bei jährlich ca. 1.720 Stunden Sonnenschein.

Flora und Fauna

Das Klima des Kaiserstuhls erklärt auch die große Fülle an wärmeliebender Flora und Fauna. Beispielsweise ist der Kaiserstuhl einer der Orte mit der größten Orchideenvielfalt in Europa - mehr als 30 Arten wurden registriert. Zwischen den Rebstöcken wuchern wilde Traubenhyazinthen und an Böschungen blühen Schwertlilien. Außerdem leben hier Smaragdeidechsen und Gottesanbeterinnen (Mantis religiosa) – Arten, die ihr Verbreitungsschwerpunkt im mediterranen Bereich haben. (Nach neuen genetischen Studien handelt es sich bei der Smaragdeidechse allerdings um eine wahrscheinlich allochthone Population der Östlichen Smaragdeidechse.) Die Flaumeiche ist ein Xerophyt und kommt sonst nur in Südeuropa vor, am Kaiserstuhl kann sie sich jedoch auch halten. Diese Arten leben in einem disjunkten Areal, also von ihrem normalen Verbreitungsgebiet abgetrennt. Dies ist ein Relikt einer postglazialen Warmzeit, zu der auch im Gebiet um den Kaiserstuhl ein deutlich wärmeres Klima herrschte. Nach Ende der Warmzeit konnten die genannten Arten nur noch am Kaiserstuhl überleben.

Wirtschaft

Rund um und im Kaiserstuhl besonders wird reger Weinbau getrieben, wobei die Kaiserstühler Weine einen mittlerweilen internationalen ausgezeichneten Ruf haben. Die Weinbauflächen die teils im Zusammenschluss in Winzergenossenschaften, teils im Privatbesitz oder Besitz privater Weingüter sind, umfassen den Großteil der freien Fläche des Kaiserstuhls. Wein gedeiht wegen des Lössbodens besonders gut.

Landschaftsveränderung

Großterrassen nach Flurbereinigung am Kaiserstuhl

Die Oberfläche des Kaiserstuhls wurde vom wirtschaftenden Menschen seit dessen Besiedlung verändert. Da der Löss infolge der Bodenbearbeitung stark erosionsanfällig ist, mussten Terrassen geschaffen werden, die dann meist als Rebflächen, teilweise auch für Obst- oder zum Ackerbau genutzt wurden. Dadurch entstanden schon früh die typischen kleinterrassierten Hänge, die zudem von den ebenfalls durch die „Nutzung“ entstandenen Löss-Hohlwege durchzogen wurden (Luftbild mit kleinen Terrassen aus ursprünglicher Landschaft bzw. kleinräumiger Zusammenlegungen: [1]).

Um 1950 wurde damit begonnen, zunächst kleinere Terrassen zusammenzulegen was dann in Großumlegungen endete, die die ursprüngliche Landschaft in Teilbereichen völlig umkrempelte.

Die Phasen dieser Umgestaltung begannen mit

  • kleinräumigen Neuordnungen zwischen 1950 und 1960. Dabei wurden das Gelände meist in Handarbeit bzw. mit Hilfe der betriebseigenen Maschinen umgestaltet. In dieser Zeit wurden rund 950 ha von den Flurbereinigungsbehörden flurbereinigt.
  • Zwischen 1960 und 1970 wurden die Lösshänge umfassender umgestaltet, wobei große, tiefe und möglichst rechteckige Terrassenflächen mit entsprechend hohen Böschungen entstanden. Die Terrassen wurden dabei bergseitig geneigt, so dass vom Tal aus vielfach nur noch die Kanten sichtbar sind. Auf diese Art entstanden rund 650 ha Rebfläche.
  • Mit einem Maximum an Maschineneinsatz wurden die Großterrassenplanien der Jahre 1970 bis 1976 umgesetzt, die das Landschaftsbild radikal veränderten. Während sich vorher in den sanften Hängen, deren Oberfläche von den kleinen Terrassen überprägt waren noch die ursprünglichen natürlich entstandenen Senken abzeichneten, wodurch ein Nebeneinander von natürlicher und vom Menschen geschaffenen Strukturen ergab, wurden diese kleinteiligen Strukturen nun völlig verwischt. Es entstanden monströse, festungsartige, völlig landschaftsfremde Oberflächen mit einer Gesamtgröße von ca. 630 ha Rebfläche. Da die Böschungen und sonstigen Flächen größer waren als die Rebflächen, erstreckte sich die Landschaftsveränderung jeweils auf mehr als das Doppelte der neu geschaffenen nutzbaren Fläche.

Beispiele für diese Phase sind die Flurbereinigungen Oberrotweil-Badenberg (siehe Luftbild [2]), Ihringen-Abtsweingarten, Eichstetten-Hättlinsberg und Endingen am Kaiserstuhl-Schambach.

  • Die letzte Phase der Rebflurbereinigung erstreckte sich auf die Zeit zwischen 1976 bis 1982, in der unter anderem wegen der Proteste gegen die Großterrassenplanien nicht mehr in der Radikalität der vorherigen Phase vorgegangen wurde: Die Böschungshöhen wurden auf maximal 10 m „beschränkt“, der Böschungsverlauf wurde „geschwungen angelegt und der Landschaft angepasst“ (Mayer 1986). Mit diesen Verfahren, zum Beispiel Oberbergen-Baßgeige oder Bickensohl-Herrenstück wurden rund 330 ha Rebfläche bearbeitet.

Nachdem bereits ab 1977 durch länger anhaltende niederschlagsreichen Perioden Böschungsschäden entstanden waren, fielen in der Pfingstwoche des Jahres 1983 Niederschlagsmengen, die teilweise ein Drittel des Jahresmittels ausmachten. Diese führten in den umgelegten Gebieten zu verheerenden Schäden.

Die Böschungsoberflächen rutschten vielfach mitsamt der Vegetation ab, ehemalige, durch die Umlegungen verschüttete Talzüge wurden ausgeschwemmt, in einzelnen Terrassen entstanden tiefgreifende Grundbrüche. Weitere, teilweise verheerende Frostschäden entstanden in den Folgejahren. Diese waren dadurch bedingt, dass die Terrassenoberflächen bergseits geneigt worden waren und so Kaltluftseen entstehen konnten, in denen dann die Reben vor allem in der Blüte erfroren. Auch entstanden erhebliche Frostschäden am Holz der Rebbestände vor allem in den nieder gelegenen Rebflächen, in denen früher meist Obst angebaut worden war, die jetzt aber zum Weinbau umgewidmet worden waren.

Die Tätigkeit der Flurbereinigungsbehörden beschränkte sich in der Zeit nach 1982 auf Reparaturarbeiten und teilweise Umplanien, die zumindest die schwersten Folgen der Umgestaltungen korrigieren sollten.

Quellen

  1. Erläuterungen zur Geologischen Karte von Baden-Württemberg 1:25000, Blatt Kaiserstuhl. Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (2002)

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