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Heiligendamm

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Große Panoramaansicht von Heiligendamm. Holzschnitt, 1887
Blick um 1841
Heiligendamm um 1840, Salon und Badehaus
Heiligendamm um 1925, Kur- und Badehaus
Panoramablick auf das Kurhaus, 2007
Der Speisesalon im Kurhaus
Das Grand Hotel in Heiligendamm
Die "Burg Hohenzollern"

Heiligendamm ist ein Stadtteil von Bad Doberan an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns in der Mecklenburger Bucht. Heiligendamm ist der älteste Seebadeort Deutschlands und wird aufgrund der von der See aus sichtbaren weißen Häuserreihe in Strandnähe auch die „Weiße Stadt am Meer“ genannt. 2004 wurde Heiligendamm vorläufig als Seeheilbad anerkannt. Durch den G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007 erlangte der Ort wieder eine große Bekanntheit.

Geschichte

Erster Badegast und verantwortlich für den Ausbau des Ortes zum Seebad war 1793 der Großherzog von Mecklenburg Friedrich Franz I., der auf Anraten seines Leibarztes ein Kurhaus bauen ließ. Heute erinnert ein Gedenkstein im Ort an den Gründer des Ostseebades. Die folgenden 80 Jahre blieb Heiligendamm unter fürstlicher Verwaltung.

Johann Christoph Heinrich von Seydewitz, Carl Theodor Severin und Georg Adolph Demmler schufen zwischen 1793 und 1870 ein klassizistisches Gesamtkunstwerk aus Bade- und Logierhäusern. Seit seiner Gründung galt Heiligendamm als das schönste Seebad Deutschlands.

Den Namen Heiligendamm erhielt der Ort aufgrund eines großen Steinwalls, bestehend aus durch die See bloßgelegtem Moränenschutt aus der Eiszeit. Einer Sage nach wurde der Steinwall durch Gebete von Zisterziensermönchen von der aufgepeitschten Ostsee aufgetürmt.

Es gibt ein Gerücht, dass der russische Zar seinen Urlaub in Heiligendamm verbrachte. Das ist falsch, tatsächlich war die russische Großfürstin Maria Alexandrowna Romanowa zu Besuch.

Im Jahr 1872 kaufte eine Aktiengesellschaft des Rittmeisters Otto Baron von Kahlden die Anlage für 500.000 Taler, der 1885 Alleineigentümer wurde. Um 1910 verkaufte sein Sohn Rudolf das Unternehmen an Walter John Marlitt, den Sohn der Bestseller-Autorin E. Marlitt (12825-1887). Sie führte das Seebad in den Konkurs und schließlich in die Zwangsversteigerung. Drei Hamburger Gläubiger und ein Leipziger Großhändler boten 1,5 Millionen Mark und gründeten die „Ostseebad Heiligendamm GmbH“. Im Ersten Weltkrieg wurde dann diese GmbH, die allmählich hoch verschuldet war, schrittweise in den Besitz des Bankhauses Louis Wolff. Im Jahr 1924 übernahm der Bankier Oskar Adolf Baron von Rosenberg sämtliche Anteile an der GmbH und rettete sie dadurch. Im Jahr 1939 wurde das Bad für Heereszwecke beschlagnahmt und als Reserve-Lazarett genutzt. 1941 zahlte das Deutsche Reich an die Dresdner Bank, die im Zuge einer schleichenden Arisierung die Kontrolle über die Heiligendamm-GmbH übernommen hatte, 1,7 Millionen Reichsmark für alle Immobilien.[1]

Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Heiligendamm der DDR-Regierung. Seit 1949 wurden dort an der „Fachschule für angewandte Kunst“ Innenarchitekten, Möbeldesigner, Produktdesigner, Grafikdesigner und Schmuckdesigner ausgebildet. Rund 1.500 Studentinnen und Studenten absolvierten bis zum Sommer 2000 die Schule in Heiligendamm. Seit dem Wintersemester 2000/2001 residiert der Fachbereich Design/Innenarchitektur der Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Wismar auf dem Campus der Hochschule in Wismar.

In der DDR beherbergte das Gebäude der FAK während der Semesterferien im Sommer die Kinderferienlager des Ministeriums für Kultur der DDR (MfK). Jeweils drei Wochen erholten sich Kinder aus Berlin sowie sorbische (über den Verband der Sorben, Domowina) und tschechoslowakische Kinder (Kulturministerium der CSSR) in Heiligendamm. Im Sommer 1990 fanden die letzten beiden Durchgänge statt.

Im Jahr 1996 erwarb die Entwicklungsgesellschaft „Entwicklungs Company Heiligendamm“ (E.C.H.) – ein zur Fundus-Gruppe gehörendes Unternehmen – für 18 Millionen D-Mark den historischen Ortskern, der seit 1992 von der Bundesvermögensverwaltung im Auftrag der Bundesregierung als jetzigen Eigentümer zum Verkauf ausgeschrieben war. Unter Projektentwickler Anno August Jagdfeld aus Aachen wurden fünf der historischen Gebäude restauriert und zur 5-Sterne-plus-Hotelanlage „Kempinski Grand Hotel Heiligendamm“ ausgebaut, die im Frühjahr 2003 eröffnete.

Das Verhältnis zwischen Eigentümern und Bevölkerung ist gespannt[2], da wichtige Wege und Straßen für die Öffentlichkeit gesperrt wurden, darunter auch Teile der bisher öffentlichen Promenade, die Zugänge zum Park „Kleiner Wohld“ und der Teil des Europäischen Küstenrad- und -wanderwegs E9[3], der durch den Ortskern führte. Außerdem wurde ein als Kompromiss vereinbarter Weg vom Bahnhof zur Seebrücke nicht gebaut.

Die im September 2002 vertraglich zugesicherte Sanierung aller Gebäude, die nicht zur Hotelanlage gehören, erfolgte bis zum heutigen Tage nicht. Stattdessen wurde die historische, im Jahr 1854 erbaute Villa „Perle“ am 11. Januar 2007 abgerissen. Der Abriss der Villen „Schwaan“ und „Möwe“, die Versetzung des Gedenksteins und der nicht denkmalschutzgerechte Umbau der Alexandrinencottage wurde seitens der Investoren angekündigt.

Am 13. Juli 2006 übernachtete der US-amerikanische Präsident George W. Bush nach seinem Besuch Stralsunds in Heiligendamm.

Vom 6. bis zum 8. Juni 2007 findet der G8-Gipfel in Heiligendamm statt, dazu wurden ca. 13 Kilometer Absperrungen gebaut, die bis weit in die Ostsee hineinreichen.[4] Diese Absperrungen werden nach dem Gipfel wieder entfernt.[5] Weitere Baumaßnahmen wird es bis zum G8-Gipfel aus Sicherheitsgründen nicht geben.

Erst im Jahr 2007 wurden die Hintergründe über die in der Nazi-Zeit stattgefundene schleichende Arisierung wieder bekannt, wonach die Nazis den Bankier Baron von Rosenberg und dessen Nachkommen schrittweise um ihren Besitz Heiligendamms gebracht hätten, weshalb sich die Jewish Claims Conference dieses Vorgangs „Heiligendamm“ angenommen hat. Im Erfolgsfall könnten mögliche Rosenberg-Erben von der Bundesregierung Schadenersatz einfordern. Der Verkehrswert Heiligendamms wurde auf 500 Millionen D-Mark geschätzt, dem ein Kaufpreis der Fundus-Gruppe von nur 18 Millionen DM gegenüber steht.[6]

Sehenswürdigkeiten

Sehenswert ist der klassizistische Ortskern. Außerdem besitzt Heiligendamm eine 200 m weit auf die Ostsee führende Seebrücke.

Durch Heiligendamm fährt die Schmalspurbahn „Bäderbahn Molli“ von Kühlungsborn nach Bad Doberan. Die Strecke zwischen Bad Doberan und Heiligendamm wurde 1886 gebaut.

Literatur

  • Hans Thielcke: Die Bauten des Seebades Doberan – Heiligendamm um 1800 und Ihr Baumeister Severin. Godewind Verlag, 2004 ISBN 978-3-938347-90-4. (Reprint d. Originalausgabe von 1917)
  • Friedrich Compart: Geschichte des Klosters Doberan. Godewind Verlag, 2004, ISBN 978-3-938347-07-2. (Reprint der Originalausgabe von 1872)
  • Heinrich Hesse: Die Geschichte von Doberan-Heiligendamm. Godewind Verlag, Wismar 2004, ISBN 978-3-938347-09-6. (Bearbeitete Neuauflage der Originalausgabe von 1838)
  • Adolf Nizze: Doberan-Heiligendamm: Geschichte des ersten deutschen Seebades. Godewind Verlag, Wismar 2004, ISBN 978-3-938347-23-2. (Bearbeitete Neuauflage der Originalausgabe von 1823)
  • Die Reise eines Gesunden in die Seebäder Swinemünde, Putbus und Doberan. Godewind Verlag, Wismar 2005, ISBN 978-3-938347-73-7. (Bearbeitete Neuauflage der Originalausgabe von 1823)
  • Dr. Samuel G. Vogel: Allgemeine Baderegeln zum Gebrauche für Badelustige überhaupt und diejenigen insbesondere, welche sich des Seebades in Doberan bedienen. Godewind Verlag, 2004, ISBN 978-3-938347-88-1. (Bearbeitete Neuauflage der Originalausgabe von 1817)
  • Peter Schubert: Die heikle Geschichte Heiligendamms - wem gehört das berühmte Bad an der Ostsee? In: Welt am Sonntag vom 3. Juni 2007
Commons: Heiligendamm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Peter Schubert: Die heikle Geschichte Heiligendamms (siehe Literaturangabe)
  2. http://www.proheiligendamm.de/
  3. http://wiki.outdoorseiten.net/index.php/E9
  4. Andreas Frost: Heiligendamm wird eingezäunt. In: Der Tagesspiegel. 16. Oktober 2006.
  5. Daniel Schulz: Drei-Tage-Zaun am Ostseestrand. In: taz. 6. Februar 2007.
  6. Peter Schubert: Die heikle Geschichte Heiligendamms (siehe Literaturangabe)

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