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Wiedenbrück

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Wiedenbrück ist eine ehemals selbständige Stadt in Nordrhein-Westfalen, die 1970 im Zuge der Kommunalreform mit der Stadt Rheda und den umliegenden Gemeinden Batenhorst, Lintel, Nordrheda-Ems und St. Vit zur Stadt Rheda-Wiedenbrück zusammengeschlossen wurde. Die Stadtteile von Rheda-Wiedenbrück sind durch die Autobahn A 2 voneinander getrennt.

Wiedenbrück, Dielenhäuser in der Langen Straße

Geschichte

Im Jahr 758 erfolgt die erste Nennung von Wiedenbrück. 785 wird hier die erste Urpfarrkirche vermutet, die das Zentrum eines Missionsgebietes bildet. 860 wird der Wiedenbrücker Sprengel als zum Bistum Osnabrück gehörig genannt.

Kaiser Otto erteilt im Jahr 952 dem Osnabrücker Bischof das Markt-, Münz- und Zollrecht für Wiedenbrück. Vom Jahr 985 sind in Wiedenbrück ausgestellte Urkunden von Otto III. bekannt, vermutlich hat es hier in dieser Zeit einen Königshof gegeben.

1225 erhält Bischof Engelbert von Osnabrück die Gogerichte zu Wiedenbrück und anderen Städten. Dies ist einer der Ausgangspunkte der Entwicklung des Hochstifts Osnabrück zu einem Territorialstaat des Bischofs von Osnabrück. Aus den Jahren um 1230 sind die ältesten Münzen aus Wiedenbrück überliefert. Wiedenbrück wird 1231 civitas genannt, Schöffen werden in den Gerichtsumstand gewählt und ein Siegel angekündigt. Im Jahr 1249 wird die Neustadt gegründet, ein Jahr später wird erstmals die Burg Reckenberg genannt.

Um 1462 entsteht in Wiedenbrück eine erste Stadtverfassung nach dem Vorbild von Osnabrück. 1543 wird Wiedenbrück durch Hermann Bonnus, einen Beauftragten des Bischofs Franz von Waldeck, reformiert. 1565 gilt Wiedenbrück als überwiegend lutherisch. Im gleichen Jahr werden im Bielefelder Rezess die Grenzen zwischen dem Amt Reckenberg, zu welchem Wiedenbrück zählt, und dem benachbarten Rheda festgelegt, so werden erstmals zwei selbständige Hoheitsbereiche anerkannt.

Nachdem im Jahr 1624/25 erste Schritte zu einer Gegenreformation erfolgten, wird Wiedenbrück im Jahr 1626 im Laufe des Dreißigjährigen Krieges von den Dänen besetzt. Als 1628 der Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg seine Regierung antritt, setzt er die Gegenreformation fort.

Im Jahr 1637 entsteht in Wiedenbrück eines der ältesten Gymnasien der Region, das Gymnasium Marianum, eine sechsklassige lateinische Schule und Vorläufer des späteren Ratsgymnasiums Wiedenbrück. 1644 wird durch Bischof Franz Wilhelm das Franziskanerkloster gegründet. Drei Jahre später wird Wiedenbrück im Juli 1647 von den Schweden eingenommen, aber nach Schleifung der Festung nach zwei Monaten wieder geräumt. Als 1648 in Münster und Osnabrück der Westfälische Friede ausgehandelt wird, schreibt dieser für das Hochstift Osnabrück die wechselnde Abfolge je eines katholischen und eines lutherischen Bischofs aus dem Haus Braunschweig-Lüneburg vor.

Im Jahr 1664 beginnt nach Aufforderung Ernst August I. die Wiederbefestigung der Stadt. 1716 werden die letzten städtischen Kupfermünzen geprägt.

Im Jahr 1726 wird ein neues Amtshaus auf dem Reckenberg errichtet. Als Folge der Umwandlung des Hochstift in das Fürstentum Osnabrück wird Wiedenbrück 1802 vorerst Kur-Hannover zugeschlagen. 1807 fällt die Stadt an das Königreich Westfalen. Das Kapitel des Kollegiatenstifts wird 1810 aufgehoben, das Amt Reckenberg mit Wiedenbrück werden nach dem Wiener Kongress an Preußen abgetreten und 1816 der neuen Provinz Westfalen zugeordnet. Damit trennt sich Wiedenbrück vom Bistum Osnabrück, die katholischen Gemeinden des ehemaligen Osnabrücker Amtes Reckenberg kommen zum Bistum Paderborn.

Seit 1816 ist die Stadt Sitz des nach ihr benannten Kreises Wiedenbrück, aber auch nach dessen Auflösung 1973 bis 1997 Sitz der Kreisverwaltung des neugeschaffenen Kreises Gütersloh.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Kath. Pfarrkiche St. Aegidius.

Kath. Kirche St. Marien. Wegen des angeschlossenen Klosters der Franziskaner heißt diese Kirche bei den Einheimischen auch "Paterskirche". St. Marien ist eine Wallfahrtskirche.

Turm der Pfarrkirche St. Aegidius
Marienkirche. Der Torbogen verbindet Kirche und Franziskanerkloster.

Franziskanerkloster. Das Franziskanerkloster Wiedenbrück als Kloster des Franziskanerordens besteht in Wiedenbrück seit 1644. Es wurde durch Bischof Wartenberg im Jahr 1644 gegründet. Ab 2006 siedelt das bundesweite Noviziat von Nürnberg nach Wiedenbrück über. Die Franziskaner sind auch die Bewahrer der bekannten Wiedenbrücker Kreuztracht am Karfreitag.

Wohnbauten. Das für seine Geschlossenheit einst berühmte Stadtbild wurde durch Abbrüche und Neubauten leider vielfach empfindlich gestört. Jedoch ging der Abriss- und Neubauwahn in den siebziger Jahren nicht so weit wie in Rheda, wo einheitliche und geschlossene Straßenbilder kaum noch vorhanden sind. Die Zahl älterer Wohnhäuser im historischem Stadtkern ist noch immer beachtlich. Hierbei handelt es sich zumeist um giebelständige Fachwerk-Dielenhäuser, die zum Teil mit Schnitzereien versehen sind. Charakteristisch für diese Bauten ist die hohe zweigeschossige Diele, die an der Straße durch ein großes Tor erschlossen wird. Trotz ihrer auf den ersten Blick großen Ähnlichkeit mit dem ländlichen Fachhallenhaus kann man hier kaum von Ackerbürgerhäusern sprechen. Nach neuesten Erkenntnissen stellen sie keine Weiterentwicklung des Hallenhauses dar, sondern entstanden aus dem so genannten Einhaus, das zunächst nur über einen großen Raum verfügte. Später wurde dieser durch Stubeneinbauten verkleinert. Hinzu kommt, dass diese Bauten zumeist von Handwerkern bewohnt wurden. Die Landwirtschaft wurde lediglich im Nebenerwerb betrieben und diente vor allem der Eigenversorgung. Das Vieh war, anders als im Bauernhaus, in eigenständigen Gebäuden auf dem rückwärtigen Grundstück untergebracht. Wie auch andere westfälische Kleinstädte (siehe Blomberg) war Wiedenbrück vor allem eine Stadt des Handwerks und zum Teil auch des Handels, aber keine Ackerbürgerstadt im eigentlichen Sinne.

Erwähnenswerte Gebäude:

  • Katthagen 2. Dreigeschossiges Giebelhaus mit beschnitzten Füllbrettern, bezeichnet 1624.
  • In der Halle 2. 1567 errichtet, mit Utlucht und geschnitzten Fächerrosetten. 1963 umgebaut
  • In der Halle 4. Dreigeschossiges, 1513 d. Giebelhaus. Das Erdgeschoss z.T. massiv erneuert. Das Giebeldreieck und OG über Knaggen vorkragend
  • Kirchplatz 1. Mitte 16. Jh. Gebälk mit reichem Ornamentschmuck. Utlucht bezeichnet 1610.
  • Kirchstraße 10 (Fuchshöhle). 1686 nach dem großen Brand errichtet. Mit Utlucht und hübschem Barockportal.
  • Klingelbrink 25. 1582 bezeichnet, jedoch stark verändert. Mit reich verziertem Torbogen.
  • Mönchstraße 12. 1665.
  • Rietberger Straße 6, 8. Altes Künstlerhaus, mit aufwändigen Außenschnitzereien, Fachwerk.

In der Langen Straße finden sich zahlreiche gut erhaltene Fachwerkbauten des frühen 17. Jh. Besonders schön ist die Baugruppe Nrn. 27 - 35. An älteren Einzelbauten sind hervorzuheben:

  • Lange Straße 12. Giebelhaus mit Utlucht und Taubandknaggen von 1583.
  • Lange Straße 38 (Haus Ottens). Mächtiges Giebelhaus mit Speichergeschoss, errichtet 1635. Die Gefache sind mit einer Ziegel imitierenden Bemalung versehen. Das Erdgeschoss ist durch einen Ladeneinbau stark gestört.
  • Lange Straße 41. Der angebl. nach einem Umbau wieder eingefügte Torbogen 1598 bezeichnet.
  • Lange Straße 50 (Heimatmuseum). Giebelhaus mit reich beschnitztem Torbogen und figürlichen Knaggen, bezeichnet 1591. 1782 umgebaut
  • Lange Straße 55. Vierständerbau mit Auslucht, diese 1565 bezeichnet. Um 1980 völlig erneuert.
  • Lange Straße 60 (Ankervilla), das derzeit älteste bekannte Haus der Stadt wurde 1468 errichtet. Es dient jetzt als Café.
  • Lange Straße 72. Bezeichnet 1614. Die Gefache sind mit Backsteinen im Zierverband ausgefüllt.
  • Lange Straße 88. 1592 bezeichnet. Am Giebel Taubandknaggen, der Torbogen und die Schwelle mit Ranken beschnitzt.
  • Lange Straße 89. bezeichnet 1616.
  • Lange Straße 93. 1559 bezeichnet. Mit z.T. beschnitzten viertelkreisförmigen Fußbändern und Taubandknaggen.
  • Lange Straße 95. Bezeichnet 1607.


Wiedenbrück, Stützbalken (Knagge) mit dem Motiv - Mariä Verkündigung

,

Klingelbrink 25, ehemaliges Dielenhaus mit reich verziertem Deelentor
Heimatmuseum
Schnitzerei (Heimatmuseum)
Haus Ottens


Skulpturen im oeffentlichen Raum

Betender Landmann

Die Brunnenskulptur auf dem Marktplatz von Wiedenbrück zeigt einen betenden Landmann. Die Bronzeskulptur wurde ursprünglich von dem Wiedenbrücker Bürger Ernst Osterrath, der von 1882 bis 1892 Landrat im Landkreis Wiedenbrück war gestiftet. Der Bildhauer Bernhard Heising schuf die Skulptur. Sie wurde gemeinsam mit dem Brunnen am 1. November 1903 offiziell eingeweiht. Die Geschichte Wiedenbrücks als "Ackerbürgerstadt" und die tiefe Verbundenheit der Bevölkerung mit der Landwirtschaft als ursprüngliche Lebensgrundlage kamen damit zum Ausdruck. Die Brunnenfigur erlebte eine wechselhafte Geschichte. Während des 1. Weltkrieges wurde die Skulptur zur Gewinnung von Rüstungsgut demontiert und sollte eingeschmolzen werden. Sie entging diesem Schicksal und wurde zufällig in einer Berliner Giesserei vom Wiedenbrücker Kaufmann Felix Plöger entdeckt und unversehrt nach Wiedenbrück gebracht. Im 2. Weltkrieg wurde die Figur abermals demontiert und tatsächlich eingeschmolzen. Ein vorsorglich gefertigter Gipsabdruck ermöglichte eine Wiederherstellung der beliebten Figur. Der Bildhauer Bernhard Hartmann fertigt nach dem Gipsmodell einen Neuguss an, der im Dezember 1951 feierlich an seinem Ursprungsstandort wieder eingeweiht wurde.

Betender Landmann


Wehrbauten. Die Stadt war seit dem Mittelalter mit einer Stadtmauer und vorgelagertem Zwinger umgeben. Von dieser Anlage ist nur noch der so genannten Pulverturm am Mühlenwall vorhanden. Es ist ein halbrunder Schalenturm aus Backstein mit niedrigen Hosenscharten, der mit Hilfe von Hakenbüchsen verteidigt werden konnte. Er stammt wohl noch aus dem 15. oder frühen 16. Jahrhundert.

Ehemaliges Gelände der Landesgartenschau mit verbindendem Charakter zwischen den Stadtteilen.

Literatur

  • Heinrich Gräfenstein: Rheda-Wiedenbrück - Die Doppelstadt (Bildband). Verlag H. Gieselmann, Bielefeld 1996
  • Paul Breimann: Wiedenbrück und seine Altstadt. Wiedenbrück o.J.
  • Günter Brüning: Kreisheimstätte Wiedenbrück 1953–2003 - Haus und Wohnung für Jedermann. Verlag für Regionalgeschichte, 2004; ISBN 3895344974
  • Heribert Griesenbrock: Wiedenbrück - Franziskanerkloster und Marienkirche (Schnell, Kunstführer 1768) Schnell & Steiner, München/Zürich 1989; ISBN 3795454794
  • Uwe Lobbedey: St. Aegidius zu Wiedenbrück (Westfälische Kunststätten, Heft 49). Westfälischer Heimatbund, Münster 1988
  • Annelore Michels: Wiedenbrück - Bilder erzählen von der Vergangenheit, Geiger-Verlag, 1997; ISBN 3895703621
  • Georg Wagner: Dorfschullehrer von damals - Der Volks- und Rektoratschullehrer Hermann Wagner (1878-1920) aus Wiedenbrück und seine Familie, Waxmann, 1990; ISBN 3893259694
  • 1200 Jahre Christengemeinde in Wiedenbrück, Herausgegeben von der Pfarrgemeinde St. Ägidius in Rheda-Wiedenbrück, 1985, S. 57
  • Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen, Peter Johanek (Hg.), Stuttgart 2006, S. 889-892, ISBN 3520273039

Sonstiges

  • Schöner aus Wiedenbrück, eine von der Baumschule Schnittker/Wiedenbrück um 1905 gezogene regionale Apfelsorte, brauchbarer Tafelapfel, guter Wirtschaftsapfel. Reifezeit und Genussreife September bis Oktober/November, starkwachsend und relativ ertragssicher

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