Konrad Linder
Konrad Linder (* 11. Mai 1884 in Ungstein bei Bad Dürkheim; † 24. Mai 1963 in Münster (Westfalen)) war Pädagoge und Schulmann.
Leben
Konrad Linder war Sohn pfälzischer Weinbauern. Er wuchs als das vierte von fünf Kindern in einem Winzerhof auf. In Neustadt an der Weinstraße besuchte er das humanistische Gymnasium (heute: Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium). Der junge Mann war so wissbegierig, dass er im Winter 25 km nach Mannheim marschierte, um dort im Nationaltheater Schilleraufführungen zu erleben. Linder studierte nach dem Abitur Deutsch, Latein und Griechisch (Altphilologie) zunächst an der Ludwig-Maximilians-Universität München und dann an der Georg-August-Universität Göttingen, wo er auch das Staatsexamen ablegte. Seine Referendarzeit absolvierte er in Wilhelmshaven am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium (heute: Gymnasium am Mühlenweg) und dann an der Klosterschule in Ilfeld im Harz. Linder heiratete 1911 in Breslau. Der Ehe entstammen zwei Kinder. Der Sohn, Fritz Linder, war ein namhafter Arzt und Chirurg. Konrad Linder wirkte insgesamt über 30 Jahre als hervorragender Pädagoge in Breslau und danach in Nürnberg, wo er eine neue große Aufbauleistung vollbrachte. Als das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium (Frankfurt) im Jahre 1957 die Patenschaft des Breslauer Maria-Magdalenen-Gymnasiums übernahm, konnten sich alle Anwesenden bei der Festveranstaltung auch von der Kraft und der Eindringlichkeit seiner Rede überzeugen. 1960 erhielt Konrad Linder für seine außergewöhnlichen Verdienste um das Schulwesen das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Er starb im Alter von 79 Jahren.
Die Jahre in Breslau
1910 wurde Konrad Linder Oberlehrer am Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau. In diesem Amt war er bis 1924 tätig. Dann wurde er nach Sagan (poln. Żagań) in Niederschlesien versetzt, als Direktor des dortigen staatlichen katholischen Gymnasiums. Aber schon nach zwei Jahren kam er nach Breslau zurück. Nun wurde dem Oberstudiendirektor Linder die Leitung des städtischen evangelischen Gymnasiums St. Maria Magdalena anvertraut, des traditionsreichen Magdalenäums, das 1267 als Lateinschule gegründet worden war. Als Leiter einer Schule mit großer Vergangenheit galt gleich nach der Übernahme der Schulleitung im Jahre 1926 seine erste Sorge der Schaffung eines neuen Schulgebäudes. In dem alten Schulhaus im Zentrum der Stadt ließen sich seine weitgesteckten Ziele nicht verwirklichen. Gegen erhebliche Widerstände wurde im Jahre 1928 der Bau eines neuen Schulgebäudes in Breslau-Scheitnig bewilligt, das schon im September 1929 bezogen werden konnte. Großzügig, fortschrittlich und zweckmäßig war der Neubau und damit auch geeignet, Linders Forderung nach der Angliederung eines Realgymnasiums zu erfüllen. Die Schülerzahl stieg auf 600 und das Lehrerkollegium zählte 40 Lehrkräfte. Zudem war dem Gymnasium ein staatliches Studienseminar für die Lehrerausbildung angeschlossen. Fast gleichzeitig hatte der neue Direktor auch den Bau eines neuen Schullandheims, das den Anforderungen der Zeit entsprechen sollte, mit finanzieller Unterstützung der Elternschaft in Angriff genommen. Das neue Landheim in Hartenberg im Riesengebirge wurde 1928 eingeweiht und von Kennern als das schönste Preußens bezeichnet. Jede Klasse konnte hier einmal im Jahr zwei Wochen verbringen. Konrad Linder war eine starke führende Persönlichkeit mit ausgeprägtem, im Christentum wurzelnden Pflichtbewusstsein. Linder war streng gegen sich selbst und – bei allem Verständnis für die Eigenständigkeit des anderen - auch in seinem Urteil und seinen Anforderungen gegenüber seinen Schülern und seinen Kollegen. Was er seinen Schülern und den jungen Lehrkräften mitgab, ging über die Vermittlung alter Sprachen und des Deutschen hinaus. Es waren Lebenswerte, die vom humanistischen und christlichen Geist geprägt waren. Unter seiner Leitung wurde das Maria-Magdalenen-Gymnasium die anerkannt beste Höhere Schule Schlesiens. In Breslau gehörte Linder zu den führenden weltlichen Mitgliedern der Bekennenden Kirche. Politisch unterstützte er bis 1933 den Christlich-Sozialen Volksdienst. Er verstand es durch geschicktes Operieren, den Einfluss der NSDAP und der Hitler-Jugend auf das von ihm bestimmte pädagogische Konzept weitgehend fernzuhalten. Doch er stand unter Kontrolle. Und manch ein unbequemer Schulleiter war schon gegen einen Parteigänger ausgetauscht worden. Da Linder vermeiden wollte, dass sein Gymnasium die christliche und humanistische Leitung verlieren würde, wenn ein Gefolgsmann der Nazis an seine Stelle gelangte, entschloss er sich 1937 nach Absprache mit Vertrauten seines Kollegiums zum Eintritt in die NSDAP. Das tätige Mitgefühl seinen jüdischen Schülern gegenüber wurde davon nicht berührt. Söhne aus konservativ-katholischen Familien und sogar die Söhne eines Widerstandskämpfers wurden wegen des guten Rufs Linders noch in den Kriegsjahren 1940 bis 1944 auf das von ihm geleitete städtische evangelische Gymnasium geschickt. Der Kampf um die „Festung Breslau“ war auch das Ende des traditionsreichen Magdalenäums. Linder verließ im Februar 1945 mit dem Fahrrad die umkämpfte Stadt, bevor sie von den sowjetischen Truppen eingeschlossen wurde.
Die Jahre in Nürnberg
Der Flüchtling fand seine Familie in Nürnberg. Bald nach Kriegsende gab er Unterricht am humanistischen Gymnasium in Fürth. Als er dort als stellvertretender Direktor 1948 pensioniert wurde, hatte er bereits mit einer neuen Aufgabe begonnen. Seine auch in Nürnberg enge Beziehung zur Evangelischen Kirche führte dazu, dass er den Wiederaufbau der Wilhelm Löhe-Schule übernahm, die von der Evangelischen Gesamtkirchenverwaltung Nürnbergs getragen wurde. Sie war 1901 als „Evangelische Schule für Mädchen“ gegründet worden, umfasste Volks-, Mittelschule und Realgymnasium, musste aber 1938/39 unter dem Druck der Nationalsozialisten geschlossen werden. Mit der von Linder eingeleiteten Wiedereröffnung begann die Entwicklung zu einer der größten evangelischen Schulen der Bundesrepublik. Als er die Leitung der Schule 1949 übernahm, hatte sie etwa 400 Schülerinnen, als er sie seinem Nachfolger 1954 übergab waren es etwa 1600 Schülerinnen. Den Schulabschluss konnten die Mädchen neben dem normalen auch mit einem hauswirtschaftlichen Abitur machen. Und außer einem Volksschul- hatte Linder auch einen Handelsschulzweig aufgebaut. Außerdem hatte er für einen Schulneubau gesorgt.
Quellen und Weblinks
- Karl Kolde, Das Breslauer Magdalenen-Gymnasium im Dritten Reich, in: O. Eitner (Hrsg.), Das Gymnasium St. Maria Magdalena zu Breslau, Bad Honnef 2003
- Gedenkschrift aus Anlaß der Gründung des Gymnasiums St. Maria Magdalena zu Breslau vor 700 Jahren, Frankfurt 1967
- Adalbert Seipolt, Jahre im Gegenwind. Meine Kindheit und Jugend im Dritten Reich, Würzburg, 2003. ISBN 3-429-02547-8
- Konrad Linder, Gymnasium zu St. Maria-Magdalena in Breslau, Breslauer Nachrichten Nr. 23 , Juni 1957
- Festschrift zur 75-Jahr-Feier der Wilhelm-Löhe-Schule, Nürnberg 1976
Personendaten | |
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NAME | Linder, Konrad |
KURZBESCHREIBUNG | Pädagoge und Schulmann |
GEBURTSDATUM | 11. Mai 1884 |
GEBURTSORT | Ungstein bei Bad Dürkheim |
STERBEDATUM | 24. Mai 1963 |
STERBEORT | Münster |