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Gründonnerstag

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Das letzte Abendmahl, dargestellt von Leonardo da Vinci

Gründonnerstag (auch Hoher, Heiliger oder Weißer Donnerstag) ist die deutsche Bezeichnung für den fünften Tag der Karwoche, an dem die christlichen Kirchen das Fest des letzten Abendmahles Jesu mit den zwölf Aposteln vom Vorabend der Kreuzigung feiern. Regional abweichend wurde in älterer Zeit unter anderem in Westfalen stattdessen der Donnerstag nach Ostern als Grüner Donnerstag (gronen donnerstagh) bezeichnet. [1]

Allgemeines

Der Gründonnerstag als fünfter Tag der Karwoche ist der Tag vor dem Karfreitag und ist damit der erste der drei Kartage im engeren Sinn (sog. Triduum bzw. Triduum sacrum Paschale). Durch seine Stellung als Gedächtnistag des letzten Abendmahls und der damit verbundenen Einsetzung des Sakraments der Eucharistie kommt ihm ein besonderer liturgischer Rang zu. Da die Kartage aufgrund ihres grundsätzlichen Charakters als Festtage der Trauer und des Mitleidens mit der Passion Jesu eine besondere Prachtentfaltung nicht gestatten, seit dem Vierten Laterankonzil aber ein besonderer Bedarf für die Verehrung der Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi im Brot und Wein des Abendmahles entstanden war, wurde in der katholischen Kirche seit dem 13. Jahrhundert als zweites Fest der Eucharistie das nachösterliche Fronleichnamsfest am zweiten Donnerstag nach Pfingsten eingeführt, das somit in einer besonderen Beziehung zum Gründonnerstag steht.

Name

Der Name Gründonnerstag ist auf das deutsche Sprachgebiet beschränkt und auch dort nur die meistgebrauchte neben mehreren anderen Bezeichnungen. Er ist vor dem 15. Jahrhundert entstanden, aber als Fügung Grüner Donnerstag bzw. mhd. grûne dunrestag, grüene donerstac bereits seit dem 13. Jh. belegt. [2] [3] [4] Der lateinische Terminus dies viridium (wörtlich „Tag der Grünen“, gemeint sind die durch Absolution von den Sünden und Kirchenstrafen Befreiten, im Sinne von „Erneuerten, Frischen“), war nicht das Vorbild für diese deutsche Bezeichnung, sondern ist erst im 17. Jh. entstanden. [5]

Die Herkunft des Namens ist nicht geklärt, es konkurrieren besonders drei Thesen, die sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen müssen, da auch mehrere Faktoren bei der Entstehung des Namens zusammengewirkt haben können:

  1. Herleitung aus der liturgischen Farbe Grün. [6] Der heutige Farbenkanon des Römischen Ritus sieht Weiß als liturgische Farbe für den Gründonnerstag vor, dieser Farbenkanon war jedoch vor dem 16. Jahrhundert nicht verbindlich und in den Eigenriten der Diözesen vielfach abweichend geregelt. Da aus dem Gebrauch der Farbe Weiß in der Gründonnerstagsliturgie auch die Bezeichnung Weißer Donnerstag (ndl. Witte Donderdag, franz. jeudi blanc) entstanden ist, könnte ebenso aus regional abweichender Verwendung von Grün auch der Name Grüner Donnerstag, Gründonnerstag entstanden sein.
  2. Herleitung aus dem seit dem 14. Jahrhundert bezeugten, aber möglicherweise schon älteren Brauch, am Gründonnerstag besonders grünes Gemüse (Kohl, Salate, Nesseln, junge Triebe) und grüne Kräuter zu essen. [2] [5] [7] Dies nicht nur im Einklang mit den allgemeinen Fastenvorschriften für die Karwoche, sondern auch in Verbindung mit abergläubischen Vorstellungen, dass dadurch die Kraft des Frühlings und eine Heilwirkung für das ganze Jahr aufgenommen werde. In einigen Regionen hatte der Gründonnerstag auch eine besondere Bedeutung für das Bestellen von Feld und Garten, als Tag der ersten Frühlingsaussaat oder als ein Tag, an dem man sich von der Aussaat oder vom Setzen oder Beschneiden der Pflanzen besonders reichen Ertrag versprach. [8]
  3. Herleitung aus dem „Greinen“ (ahd. grīnan, mhd. grînen, „lachend, winselnd, weinend den Mund verziehen“) der Büßer am Gründonnerstag. [9] Aus mündlich gebrauchtem, aber schriftlich nicht bezeugtem grîn donerstac wäre in dem Fall durch volksetymologische Umdeutung Grüner Donnerstag > Gründonnerstag entstanden.

Gängige lateinische Bezeichnungen des Gründonnerstags waren dies cenae domini („Tag des Abendmahls des Herrn“), dies absolutionis oder dies indulgentiae („Tag der Sündenvergebung“), dies mandati („Tag der Fußwaschung“, daraus engl. Maundy Thursday), dies azymorum („Tag der ungesäuerten Brote“), consecratio crismatis („Weihe des heiligen Öls“, die an diesem Tag vollzogen wurde), außerdem Bezeichnungen des Tages als quinta feria („fünfter Tag“) oder dies jovis (Donnerstag) mit den Beiworten magnus („groß“), sacer („heilig“) oder altus („hoch“). Im Deutschen besonders gängig war noch der Name Antlaßtag („Tag der Entlassung aus den Sünden“, „Ablaßtag“), entstanden, wie der früher im Französischen gebräuchliche Name jeudi absolu, aus dies absolutus bzw. absolutionis.

Gründonnerstag in der römisch-katholischen Kirche

Mit dem Gründonnerstag beginnt das Triduum Sacrum, das wichtigste Fest der römisch-katholischen Kirche. Das Triduum beginnt mit dem Abend des Gründonnerstags und endet am Abend des Ostersonntags.

In der Messe am Abend des Gründonnerstags wird des Letzten Abendmahles Jesu und der Einsetzung des Altarssakramentes gedacht. Die sich anschließende schlichte Prozession mit dem Allerheiligsten steht für den Gang Jesu zum Ölberg, wo er in Todesangst betete und verhaftet wurde. In stiller Anbetung vor dem Allerheiligsten, vielerorts auch Ölbergstunde genannt, gedenkt die Kirche in dieser Nacht Jesu Verhaftung und Geißelung.

Der Gründonnerstag war früher ein Tag öffentlicher Sündenvergebung, so auch für die mit Kirchenstrafen belegten Büßer. Diese Funktion gibt es in der römisch-katholischen Kirche nicht mehr, während sie in der Orthodoxie z.T. noch anzutreffen ist.

Liturgisch hat der Gründonnerstag eine besondere Prägung. In Bischofskirchen findet am Vormittag die Messe zur Weihe der Heiligen Öle (des Katechumenenöls für die Taufbewerber, des Krankenöls für die Krankensalbung und des Chrisams vor allem für die Firmung) durch den Ortsbischof statt. Dieser Gottesdienst wird aber immer häufiger auf einen der vorhergehenden Tage verlegt, damit die Gläubigen und Priester leichter daran teilnehmen können.

Am Abend wird in allen Kirchen die Messe vom Letzten Abendmahl gefeiert und dabei an die Einsetzung der Eucharistie, des Gebotes der Nächstenliebe und des amtlichen Priestertums erinnert. Privat- und Gruppenmessen sind an diesem Tag nicht erlaubt, damit die Eucharistie deutlich als „Sakrament der Einheit“ in Erscheinung tritt. Während des Glorias läuten alle Glocken; danach schweigen die Glocken und in der katholische Kirche auch die Orgel (Orthodoxe Riten verwenden keine Instrumente) bis zum Gloria der Osternacht. Oftmals werden Ratschen (in manchen Gegenden „Klappern“ genannt) zur Wandlung und zur Prozession nach der Hl. Messe verwendet, die durch ihren harten Klang in der Leidenszeit Jesu die Glocken ersetzen. Nach alter Überlieferung wird in vielen Gemeinden auch der Ritus der „Fußwaschung“ vollzogen. Der Hauptzelebrant, ein Bischof oder Priester, wäscht nach dem Vorbild Jesu (bis zu) zwölf Laienchristen symbolisch die Füße, um zu verdeutlichen, dass das kirchliche Amt den Charakter des Dienstes und nicht der Herrschaft hat. Die Bereitschaft zur Nächstenliebe wird durch das Einsammeln von Gaben für die Bedürfnisse der Armen und der Kirche veranschaulicht.

Nach oder während der Messe werden konsekrierte Hostien in einer Prozession unter dem Gesang des Pange lingua gloriosi an einen Seitenaltar oder zu einer Kapelle gebracht. Sie werden den Gläubigen in der Kommunionfeier am Karfreitag gereicht, da an diesem Trauertag traditionell keine Eucharistiefeier stattfindet. Nach dem Gottesdienst werden der Hauptaltar und alle anderen Altäre, mit Ausnahme dessen, auf oder bei dem die Eucharistie aufbewahrt wird, vollständig abgedeckt. Dies soll Trauer symbolisieren, aber auch konkret an eine Überlieferung erinnern, wonach Jesus die Kleider vom Leib gerissen wurden.

Durch das Beten des Tantum ergo während der Überführung kann ein Katholik, wenn er die Voraussetzungen erfüllt einen vollkommenen Ablass erhalten.

Nach der Messe finden in Anlehnung an die überlieferte Nachtwache der Jünger Jesu am Ölberg in vielen Gemeinden ebenfalls solche Wachen statt, die mancherorts durch die ganze Nacht gehen. Die Wachen finden meist direkt vor dem Altar statt, auf dem sich nun die Hostien befinden. Dies soll den Gläubigen die Möglichkeit geben, das Allerheiligste in Anbetung zu verehren. In der Orthodoxie findet dagegen grundsätzlich keine liturgische Verehrung des Sakraments außerhalb der Messe statt.

Nach dem Gottesdienst und parallel zur eucharistischen Anbetung gibt es mancherorts den Brauch, eine gemeinsame Agape zu halten. Bei diesem Mahl werden oft Milchbrote verzehrt sowie Wein und Traubensaft getrunken. Die Brote werden traditionell miteinander geteilt. In solchen Agapen soll die schenkende Liebe Jesu Christi praktisch gelebt werden und auch damit an das letzte Abendmahl Jesu erinnert werden.

Gründonnerstag in der evangelischen Kirche

Hier wird der Gründonnerstag mit einem abendlichen Abendmahlsgottesdienst begangen. Dieser Gottesdienst wird in vielen Gemeinden besonders ausgestaltet. Ausgehend von der heutigen liturgischen Erneuerungsbewegung wird oft versucht, ihn im Rahmen der Karwoche als den 1. Tag des Triduum Sacrum besonders zu begehen.

Brauchtum

Der Artikel Gründonnerstag im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens verzeichnet eine Vielzahl von Gründonnerstagsbräuchen mit den damit verbundenen abergläubischen Vorstellungen.[10] Neben dem schon im Zusammenhang mit der Erklärung des Namens genannten Essen von grünem Gemüse und Kräutern [7] und der Bedeutung für die Bestellung von Feld und Garten [8] sind noch besonders die Praktiken und Vorstellungen zu erwähnen, die sich mit den am Gründonnerstag gelegten Eiern, sogenannten Gründonnerstagseiern oder Antlaßeiern, verbanden.

Solche Eier wurden am Gründonnerstag gesammelt, am Ostersonntag in der Kirche geweiht, anschließend unter den Hausgenossen verteilt und mit der Schale oder einem Stück der Schale verspeist und der Rest der Schale ins Feuer geworfen: das Verspeisen sollte Schutz vor diversen Leiden wie Kreuzzschmerzen oder Leistenbruch und auch vor Schlangenbissen gewähren.

Auch ohne Verspeisen wurde das Gründonnerstagsei für Abwehrzauber verwendet, durch Vergraben unter der Schwelle (in Solothurn, gegen Unkeuschheit), durch Befestigung an einem an der Außenwand des Hauses angenagelten Kreuz, durch Einschluss in einem Balken, durch Einmauern in der Herdgrube, durch Platzierung im Stall (gegen Erkrankung des Viehs), oder durch Vergraben am Rand eines Ackers oder Ufer eines Baches (gegen Überschwemmung). Gegen Blitzschlag wurde ein solches Ei auf den Dachboden gebracht, auf den Dachfirst gelegt oder über das Haus geworfen und an der Stelle vergraben, an der es niederfiel.

Als Gegenzauber zum Aufspüren von Hexen war ein Gründonnerstagsei am Karfreitag oder Ostersonntag in die Kirche mitzunehmen, um dort an ihrer Haltung -- zum Beispiel mit dem Rücken zum Altar sitzend -- die Hexen erkennen zu können, ggf. indem man jemand über die Schulter zu sehen hatte, der ein solches Ei in der Tasche trug.

In Coburg werden z.T. noch heute die Ostereier schon am Gründonnerstag gesucht, gebracht vom „Grüa Hoas“ (Grünen Hasen).

In Teilen der Oberlausitz wird am Gründonnerstag gebettelt. Dabei ziehen Kinder mit dem Spruch „Heute zum Gründonnerstag, gebt mir was in'n Bettelsack...“ von Haus zu Haus, um Süßigkeiten zu bekommen.

In vielen Regionen fanden Umzüge mit Ratschen und Klappern statt, deren Lärm die in der Karwoche schweigenden ("nach Rom verreisten") Kirchenglocken ersetzen, aber wohl auch Dämonen und böse Geister vertreiben sollte. In der Eifel ziehen die Kinder z.T. noch heute vom Gründonnerstag bis Karsamstag dreimal täglich ratschend durch die Dörfer. Sie singen dazu Lieder in Eifler Mundart, die regional unterschiedlich sein können. Dafür bekommen sie am Karsamstag von den Dorfbewohnern gefärbte oder rohe Eier.

Quellen

  1. Hermann Grotefend: Zeitrechnung des Deutschen Mittelalters und der Neuzeit (1891-1898), Online-Version, s.v. „Grüner donnerstag“
  2. a b Deutsches Wörterbuch der Brüder Grimm, s.v. „Gründonnerstag“
  3. Friedrich Zarncke / Wilhelm Müller: Mittelhochdeutsches Wörterbuch (1854-1856), s.v. „donerstac“
  4. Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (1872-1878), s.v. „doners-tac“, dazu Nachträge (1878), s.v. „donerstac“
  5. a b Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearb. von Elmar Seebold, 23., erw. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin / New York, 1995, s.v. „Gründonnerstag“ (S. 341)
  6. Vgl. Paul Sartori: Art. „Gründonnerstag“, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 3 [1932], unveränd. photomech. Nachdruck, Walter de Gruyter, Berlin / New York, 2000, S. 1186-1195, S. 1187 und Anm. 2, gestützt auf Carl Adam Heinrich Kellner: Heortologie oder die geschichtliche Entwicklung des Kirchenjahres und der Heiligenfeste von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, 3. verb. Aufl., Herder, Freiburg/Br. 1911, S. 51f.
  7. a b Zum Brauchtum vgl. Sartori 1932, § 2, S. 1187f., der diese Etymologie jedoch nicht vertritt.
  8. a b Sartori 1932, § 6, S. 1193f
  9. Kurt Küppers: Art. „Gründonnerstag“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. IV [1989], Nachdr. der Studienausgabe von 1999, DTV, München, 2003, Sp. 1751-1752
  10. Sartori 1932, passim
Wiktionary: Gründonnerstag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen