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Cinerama

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Cinerama“ ist das 1952 von der Firma Paramount vorgestellte Breitwand-Filmformat mit dem Seitenverhältnis von etwa 1:2,7. Bei der Aufnahme und bei der Projektion sind drei synchron laufende 35 mm-Filmkameras, jeweils ausgestattet mit einer 27 mm-Festbrennweitenoptik von Kodak, und entsprechende Projektoren nötig. Die Bildfrequenz betrug zunächst 26 Bilder pro Sekunde, später 24. An der Entwicklung war auch der österreichische Techniker Alfred Waller beteiligt.

Cinerama-Technik

Für den Ton und die Synchronisation der drei Projektoren im Kino kam zusätzlich ein viertes Gerät zum Einsatz, das 35 mm-Magnetfilm mit sieben Tonspuren abspielt. Der Filmschritt misst sechs Lochabstände. Mit mehreren Mikrofonen aufgenommener Originalton wird letztlich ab Magnetfilm mit ursprünglich acht, später sechs Spuren über sechs Lautsprechergruppen im Kinosaal wiedergegeben. Es wird unterschieden zwischen Mitte, Links, Rechts, halb Links, halb Rechts und Umgebung. Das war der erste magnetische „Surround“-Filmton.

Das Bild wird auf eine über 146° gekrümmte Bildwand projiziert, die aus vielen einzelnen vertikalen Segmenten besteht. Beim ähnlichen späteren Filmformat Cinemiracle werfen die Projektoren das Teilbild indirekt (über Spiegel) überkreuzt auf die Leinwand (linker Projektor: rechter Leinwandbereich; mittlerer Projektor: Mitte; rechter Projektor: linker Leinwandbereich).

Das Laufbild hat die Größe von mindestens 20 auf 8 Metern. Die Bildwand steht auf einem Kreis, dessen Radius der Projektionsdistanz entspricht. Die Sitzplätze werden nach Möglichkeit in einem Quadrat angeordnet, das ungefähr auf Kreismitte liegt. Damit Cinerama funktionierte, mussten fünf Techniker gleichzeitig arbeiten: An jedem Laufbildprojektor saß ein Vorführer, ein vierter war ein Springer, und ein Tontechniker regelte die Kanäle. Bild- und Tonkopie waren auf Spulen für je etwa Programmhälfte verteilt. Während der Pause rollte man die erste Hälfte um.

Auf der gebogenen Bildwand bestehen die zwei Hauptprobleme von Cinerama. Zunächst hellt das reflektierte Licht von den Seiten die Bildmitte auf und zum Zweiten sind die Stöße zwischen den Teilbildern als senkrechte Streifen zu sehen. Abhilfe suchte man mit dem so genannten Louvered Screen, der keine geschlossene Fläche ist, sondern aus Hunderten von einem Zoll breiten Streifen reißfesten Kunststoffs besteht, die senkrecht in einen starken Rahmen gespannt sind. Jeder Streifen ist richtbar entlang der langen Achse. Die Stoßstellen brachte man zum Verschwinden mit so genannten „Gigolos“. Das sind gezackte Blechstreifchen, die beim Bildfenster im Projektor elektromagnetisch in Vibration gesetzt werden, um das Randlicht zu verwischen. Sobald dann noch die seitlichen Teilbilder nicht mehr direkt, sondern über Spiegel projiziert wurden (Projektoren nach außen gedreht, Kopie seitenvertauscht eingespannt), bekam das System den Namen Cinemiracle. Ein „Miracle Screen“ taucht später bei CinemaScope wieder auf.

Die Aufführung der Cinerama-Filme war in den Jahren von 1952 bis 1963 ein großer Erfolg. Eigens dafür wurden um die ganze Welt, besonders in Europa, Cinerama-Kinos mit riesigen Leinwänden von bis zu 30 x 10 Metern gebaut. Es war damals ein überwältigendes Erlebnis, inmitten der gekrümmten Leinwände und mit bis zu 7-Kanal-Magnetton (KinoPanorama bis zu 9-Kanal-Magnetton) umgeben zu sitzen und auf „Weltreisen“ zu gehen. Die Produktion und auch das Aufführen der Filme in den Kinos war sehr aufwändig und letztlich zu teuer. Man bemühte sich im Weiteren, die große Leinwand nur noch mit Hilfe eines Projektors zu füllen.

Weitere Breitwand-Formate

Unter Mike Todd (damals Ehemann von Elizabeth Taylor) wurde im Gegenzug zu Cinerama das „Todd-AO"-Verfahren (AO = American Optical (Company)) entwickelt. Mit dem von ihm produzierten Musical-Film Oklahoma (1955) kam nun letztlich alles von einem 70mm-Film nur noch aus einem „Projektionsloch“ und war somit wesentlich preiswerter. Der Blickwinkel war und ist jedoch "nur" noch 128 Grad. Auch der mehrkanalige Magnetton war nun direkt an 70 mm-Film gebunden.

Die Cinerama-Company folgte diesem Verfahren später (It's a Mad Mad Mad Mad World, 1963) bei weiteren Filmen unter dem Titel Super-Cinerama. Das Format Super-Cinerama hat allerdings, bis auf den Namensteil, nichts mehr mit dem herkömmlichen Cinerama-Verfahren zu tun. Es handelt sich um eine der zahlreichen Bezeichnungen des 70 mm-Formats („Ein-Linsen-Projektion“), das noch besonders geeignet war, um ohne ausgeprägte Randverzerrungen auf den großen gekrümmten Cinerama-Leinwänden gezeigt werden zu können.

Die fast plastische Raumtiefe der ehemaligen 3-Linsen Projektion der Cinerama-Filme ging damit jedoch etwas verloren. In der UdSSR wurde im Gegenzug zu Cinerama das KinoPanorama Verfahren (6 Jahre später, 1958) entwickelt.

Erfolgreich wurde parallel in den 1950ern auch das so genannte „Cinerama für arme Leute“ erfunden, das CinemaScope Verfahren.

Cinerama-Theater

In der Schweiz gab es ein einziges, das einstige Apollo-Cinerama beim Stauffacherplatz in Zürich (Leinwandgröße 20x9 Meter). Nach Misserfolgen, besonders durch die aufwendige Technik und damit verbundenen Störungen, wurden die Projektoren durch die damals neuentwickelten legendär gewordenen und später oscarprämierten „Philips DP 70“ ersetzt, die zudem auch 35 mm-Film abspielen konnten. Die nun auf das Todd-AO umkopierten Filme konnten mit erheblich weniger Aufwand und nahezu störungsfrei vorgestellt werden. Im Apollo gab es lange Zeit eine mit Lichteffekten verbundene Kinoorgel.

Das Kino mit der größten gekrümmten fest-installierten Breitleinwand der Welt (31x13 Meter, Krümmung 120 Grad) befand sich in Berlin. Es handelte sich dabei um den Royal-Palast im Europa Center. Zum Vergleich: das Cinerama-Cooper-Theater in Denver hatte eine Leinwandgröße von 32x11,5 Meter, und die Leinwand des Cinerama-MIR-Theater in Moskau war 31x11,5 Meter groß. In London war die Leinwand des Casino-Cinerama-Theater damals 19,5x7 Meter groß - hier Weltpremiere am 1. November 1962 von "How the West Was Won". Die größte Breitleinwand (kein IMAX) des Landes (England) besaß und besitzt wohl auch noch heute das Odeon Marble Arch mit 23x9 Meter. Der Berliner Royal-Palast wurde im Herbst 2006 abgerissen, um Platz für ein Saturn Kaufhaus zu schaffen. Es befanden sich dort noch 3 Projektionskabinen, aber 3-Linsen-Cinerama Filme wurden dort bereits nicht mehr gezeigt. Das Kino wurde am 10.08.1965 mit der Aufführung des Super-Cinerama Films "Die grösste Geschichte aller Zeiten" (The Greatest Story Ever Told, 1965) eröffnet.

Das erste Todd-AO Kino in Europa wurde in Deutschland gebaut. Es handelte sich dabei um das Savoy-Kino am Hamburger Steindamm. Die offizielle Eröffnung fand am 14. März 1957 statt. Der Eröffnungsfilm war damals jedoch "nur" ein normaler CinemaScope-35 mm-Farbfilm: "Roter Staub" (The Brave One). Der Demonstrationsfilm "Das Wunder von Todd-AO" wurde aber damals bereits auf der großen gekrümmten Leinwand (20x8,5 Meter) im Beiprogramm gezeigt. Das Kino existiert in den letzten Jahren nur noch als ein "Geisterkino". Im Foyer befindet sich heute ein orientalischer Schnäppchenmarkt. Das in der gleichen Stadt (Hamburg) 1959 eröffnete, damals noch genannte Cinerama-Grindel-Filmtheater hatte nach einem Umbau im Jahr 1963 eine Leinwandgröße von 27x10 Meter. Dort wurden damals auch 3-streifige-Cinerama-Filme gezeigt, z.B. am 1. Februar 1963 die Deutschlandpremiere von "How the West Was Won". Das Kino, in ein Multiplex umgebaut, ist heute noch existent, allerdings wurde die große gekrümmte Leinwand durch eine kleinere Flachleinwand ersetzt.

Andere Spielstätten für 3-streifige-Cinerama-Filme in Deutschland waren einst:

  • Aachen: Eden Palast
  • Augsburg: Rex
  • Berlin: Capitol (Totalumbau zum Theater), Sportpalast (Mehrzweckhalle, Leinwandgröße damals 24x10 Meter)
  • Bonn: Universum
  • Braunschweig: Kaiserhof (?)
  • Bremen: Regina
  • Duisburg: UT-Palast
  • Düsseldorf: Tonhalle
  • Essen: Europapalast (Leinwandgröße 26x11,8 Meter), Grugahalle (Mehrzweckhalle, Leinwandgröße hier damals gewaltige 33x13 Meter)
  • Frankfurt: Filmpalast (abgerissen)
  • Hamburg: Grindel (erhalten), UFA-Palast
  • Hannover: Gloria Palast
  • Karlsruhe: City (Cinemiracle, Umbau)
  • Koblenz: Residenz
  • Köln: Residenz
  • Mannheim: Planken, Scala-Filmtheater
  • München: City Palast, Royal Palast (erhalten)
  • Münster: Fürstenhof, Münsterlandhalle (Mehrzweckhalle)
  • Nürnberg: Delphi Filmpalast
  • Offenburg: Kinzighalle (Mehrzweckhalle)
  • Siegen: Siegerlandhalle (Mehrzweckhalle)
  • Stuttgart: Atrium (Umbau)
  • Wiesbaden: Rhein-Main-Halle (Mehrzweckhalle)

Heute werden 3-Streifen-Cinerama-Filme in Europa nur noch in einem Kino auf einer großen gekrümmten Leinwand (15,6x5,9 Meter, Krümmung 146 Grad) gezeigt und zwar besonders einmal im Jahr im März zum Widescreen-Filmfestival in Bradford (England). Dort befindet sich ein sehr schönes und technisch auf dem höchsten Stand ausgerüstetes Kino mit dem Namen Pictureville. Es gehört zum National Museum of Photograhpy, Film and Television (NMPFT). Einmal im Monat, für Interessierte, wird dort zusätzlich eine restaurierte Version des ersten Cinerama-Films This is Cinerama (1952) präsentiert.

Weltweit existieren nur noch 3 Kinos in denen 3-streifige-Cinerama-Filme gezeigt werden können. Bei den anderen beiden Kinos handelt es sich um den Cinerama Dome in Los Angeles (Leinwandgröße 26,2x9,7 Meter) und Seattle´s Martin Cinerama Theatre (Leinwandgröße 27,4x9 Meter).

Kinofilme

Die Filme „Das war der wilde Westen“ (How the West Was Won, 1962) und „Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm“ (Wonderful World of the Brothers Grimm, 1962) waren damals die einzigen 3-streifigen Cinerama Spielfilme mit richtiger Handlung. Alle anderen waren so genannte Travelogues (Reisebeschreibungen, teils auch mit kleinen Handlungssträngen versehen). Sie wurden später in einem aufwändigen Prozess auch ins 70mm-Format umgesetzt (aus Drei mach' Eins). Im 35mm Format waren sie auch im Fernsehen zu sehen.

Auch der Cinemiracle Film „Windjammer“ (1958) wurde in den 1960ern in das CinemaScope-Format umkopiert.

Cinerama-Filmliste (3-streifig)

  • This Is Cinerama (1952), Uraufführung am 20. September 1952 in New York im New York Broadway Theatre, später, anfang der 1970er, vereinzelt sogar als 70mm Cinerama Film wieder aufgeführt. Deutschlandpremiere am 30. April 1959 in Berlin.
  • Cinerama Holiday (1955)
  • Seven Wonders of the World (1956)
  • Search for Paradise (1957)
  • South Seas Adventure (1958)
  • Great is my Country (1958), auch: Pokoriteli morga, erster 3-streifiger Kinopanorama-Film, ausgezeichnet zur Brussels World Fair (EXPO) 1958, Premiere am 28. Februar 1958 im eigens dafür gebauten Cinerama-MIR-Theater in Moskau.
  • Windjammer (1958), eigentlich ein Cinemiracle Film, später auch als Cinerama Film aufgeführt
  • The Enchanted Mirror (1959), auch: Volshevnoye zerkalo, 3-streifiger Kinopanorama-Film
  • Renault Dauphin (1959), 3-streifiger kommerzieller Kurzfilm
  • Holiday in Spain (1962), auch: Scent of Mystery, Todd-AO 70, vereinzelt umgesetzt in 3-Streifen Cinerama
  • How the West Was Won (1962), später auch in 70mm Cinerama Film umkopiert
  • The Wonderful World of the Brothers Grimm (1962), später auch in 70mm Cinerama Film umkopiert
  • Best of Cinerama (1963)
  • To Be Alive ! (1964), Dokumentations-Kurzfilm (18 Min) aufgeführt zur New York World Fair 1964/65, Oscargewinner 1966, zur Verleihung auch in 70mm Cinerama Film umkopiert
  • Cinerama's Russian Adventure (1966), 3-streifiger Kinopanorama-Film, später auch in 70mm Cinerama Film umkopiert
  • The Bounty (1995), 3-streifiger, in Australien gedrehter, Kinopanorama-Dokumentations-Kurzfilm (14 Min) von John Steven Lasher, gezeigt in Bradford am 15.03.1995


Laut der Fachzeitschrift "Weltwunder der Kinematographie", Ausgabe Nr.1/94, soll sogar der Film Mutiny on the Bounty (1962), gefilmt in Ultra Panavision 70, damals nur in Frankreich, Belgien und den Niederlanden in einer Cinerama-3-Band-Version gezeigt worden sein.

Super-Cinerama 70mm-Filme

  • The Story (Chronicle) of the Flaming Years (1961), auch: Povest plamennykh let - Sovscope 70, präsentiert zum Film-Festival in Cannes 1961, erster russischer 70mm Film
  • It's a Mad Mad Mad Mad World (1963) - Ultra Panavision 70
  • Circus World (1964) - Super Technirama 70
  • Golden Head, The (1964), auch: Millie goes to Budapest - Super Technirama 70, nur in Europa aufgeführt
  • Mediterranean Holiday (1964), auch: Flying Clipper - MCS-70, präsentiert als Super Cinerama 70mm Film
  • Battle of the Bulge 1965) - Ultra Panavision 70
  • The Greatest Story Ever Told (1965) - Ultra Panavision 70
  • The Hallelujah Trail (1965) - Ultra Panavision 70
  • La Fayette (1965) - Super Technirama 70, nur in Europa aufgeführt
  • The Black Tulip (1965) - MCS-70, präsentiert als Super Cinerama 70mm Film, nur in Europa aufgeführt
  • Grand Prix (1966) - Super Panavision 70
  • Khartoum (1966) - Ultra Panavision 70
  • Custer of the West (1967) - Super Technirama 70
  • 2001: A Space Odyssey (1968) - Super Panavision 70
  • Ice Station Zebra (1968) - Super Panavision 70
  • Krakatoa, East of Java (1969) - Todd-AO, präsentiert als Super Cinerama 70mm Film
  • Song of Norway (1970) - Super Panavision 70
  • The Last Valley (1971) - Todd-AO, präsentiert als Super Cinerama 70mm Film

Literatur/Filmdokumentation

  • Joachim Polzer (Hrsg.): Weltwunder der Kinematographie – Beiträge zu einer Kulturgeschichte der Filmtechnik. Ausgabe 2. 1995. "This is Cinerama". Verlag der DGFK Berlin.
  • Robert E. Carr and R. M. Hayes: Wide Screen Movies. A History of Wide Gauge Filmmaking. McFarland & Company, Inc. - 1988. ISBN 0-89950-242-3
  • David Strohmaier fertigte 2002 einen Film mit dem Titel "Cinerama Adventure" an. Es handelt sich dabei um eine 93 Minuten lange Dokumentation, eine "completely original and unique documentary about the mother of all widescreen systems" - nämlich dem "Cinerama Abenteuer". Leider ist von dem Film bisher keine DVD erschienen. 2007 wurde er in Bradford zum Filmfestival gezeigt.
Listen der wenigen in diesem Format produzierten Filme