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Jacques Chirac

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Jacques Chirac im Juli 1999

Jacques René Chirac (ʒak ʀəˈne ʃiˈʀak) (* 29. November 1932 in Paris) ist ein französischer Politiker. Von 1995 bis 2007 war er Staatspräsident Frankreichs. Am 16. Mai 2007 übernahm sein ehemaliger Innenminister Nicolas Sarkozy sein Amt. Chirac selbst gehört der konservativen, von ihm unter dem Namen Rassemblement pour la République (RPR) gegründeten, gaullistischen Partei Union pour un mouvement populaire (UMP) an.

Biographie

Privatleben

Chirac ist mit Bernadette Chirac, geborene Chodron de Courcel, verheiratet und hat mit ihr zwei Töchter, Laurence und Claude Chirac. Zusammen mit seiner Frau hat er die Vietnamesin Anh Dao Traxel bei deren Ankunft in Frankreich 1979 quasi adoptiert (ohne rechtlichen Beschluss). Diese veröffentlichte 2006 eine Autobiographie, die Chirac sehr positiv darstellt.

Ausbildung

1950 machte Jacques Chirac am Lycée Louis-le-Grand sein Baccalauréat und studierte bis 1953 Politikwissenschaften an der Hochschule Institut d'études politiques de Paris. 1959 absolvierte er die Ausbildung für Beamte an der École nationale d'administration (ENA).

Militärdienst

Von 1956 bis 1957 leistete er einen 18-monatigen Militärdienst. Er meldete sich hierfür zum freiwilligen Einsatz im Algerienkrieg.

Der Weg in die Politik

In den 1960er Jahren war Chirac Mitarbeiter von Staatspräsident Georges Pompidou und in den 1970er Jahren von Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing. 1974 bis 1976 war er Premierminister. Von 1977 bis 1995 war er Bürgermeister von Paris. Aus dieser Zeit stammen schwerwiegende Korruptionsvorwürfe gegen ihn, die aber wegen seiner Immunität als Staatspräsident bis heute noch nicht aufgeklärt werden konnten. Während der Cohabitation war er von 1986 bis 1988 in Personalunion mit seinem Bürgermeisteramt erneut Premierminister, Staatspräsident war damals der Sozialist François Mitterrand.

Präsident im dritten Anlauf

1981 und 1988 versuchte Chirac sich erfolglos als Präsidentschaftskandidat, ehe er sich bei der Präsidentschaftswahl 1995 gegen seine beiden Hauptkonkurrenten Lionel Jospin und Édouard Balladur durchsetzen konnte.

Kurz nach seinem Amtsantritt sorgte seine Entscheidung, die umstrittenen französischen Atomtests auf Mururoa nach einem dreijährigen, unter seinem Vorgänger Mitterrand verwirklichten Moratorium wieder aufzunehmen, für heftige internationale Proteste. Am 16. Juli 1995 erkannte Chirac in einer Rede, die er aus Anlass des Jahrestages der Razzia vom Vélodrome d'Hiver hielt, erstmals für den von ihm repräsentierten Staat an, dass Frankreich sich zur Zeit der Occupation an der Deportation und Vernichtung der im Lande lebenden Juden aktiv beteiligt hatte und mit in der moralischen und politischen Verantwortung hierfür steht. Als Staatspräsident sprach Chirac offiziell von „gemeinsamer“ und „unauslöschlicher Schuld“ seines Landes, d. h. sowohl in politischer, als auch in juristischer Hinsicht: Diese Stunden der Finsternis besudeln für immer unsere Geschichte. Sie sind eine Schande für unsere Vergangenheit und für unsere Überlieferungen. Der kriminelle Wahn der Besatzer wurde von Franzosen unterstützt, vom französischen Staat. [1] Als Konsequenz erkannten die Gerichte Forderungen auf Schadensersatz an den Staat an, zum Beispiel in den Prozessen gegen die Staatsbahn SNCF wegen Deportationen.

Datei:Chirac Bush 20010721-2.jpg
George W. Bush mit Jacques Chirac am 21. Juli 2001

1997 löste Chirac das Parlament auf, da er sich während umstrittener wirtschaftlicher Reformen eine stabile konservative Mehrheit bei den dann fälligen Neuwahlen zu verschaffen hoffte. Sein Plan schlug jedoch fehl, da der Sozialist Jospin Premierminister wurde und Chirac die nächsten fünf Jahre erneut in einer Cohabitation verbringen musste, diesmal als Präsident.

Wiederwahl zum Staatspräsidenten im Jahr 2002

Der erste Wahlgang der Staatspräsidentenwahl am 21. April 2002, mit den beiden Favoriten, Amtsinhaber Jacques Chirac und Ministerpräsident Lionel Jospin, mündete in ein politisches Erdbeben: Jean-Marie Le Pen, Kandidat der rechtsextremen Front National (FN) erreichte mit 16,86 Prozent der Stimmen den zweiten Platz nach Chirac, der mit 19,88 Prozent der Stimmen das schlechteste Ergebnis eines zur Wiederwahl angetretenen Staatspräsidenten hinnehmen musste. Lionel Jospin erhielt nur 16,18 Prozent der Stimmen und war damit als Drittplazierter ganz aus dem Rennen geworfen. Jospin war Opfer der zersplitterten Linken geworden, deren Stimmen sich auf mehrere Kandidaten verteilt hatten. Noch am Wahlabend erklärte Jospin seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern. Als Reaktion auf sein schlechtes Abschneiden rief Jacques Chirac unmittelbar nach dieser ersten Wahlrunde zusammen mit dem früheren Ministerpräsidenten Alain Juppé das rechtsbürgerliche Wahlbündnis Union pour la Majorité Présidentielle (UMP) (später in Union pour un mouvement populaire umbenannt) ins Leben, um so seinen Konkurrenten für den zweiten Wahlgang der Staatspräsidentenwahl am 5. Mai 2002 – den Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen – aus dem Feld schlagen zu können. Dank UMP und der Unterstützung fast aller linken und bürgerlichen Kräfte, die die Wahl zu einem „Anti-Le-Pen-Referendum“ werden ließen, konnte Jacques Chirac – mit 82,21 Prozent der abgegebenen Stimmen - einen geradezu überwältigenden Sieg verbuchen. Es war das beste Ergebnis, das jemals von einem Präsidentschaftskandidaten in Frankreich erreicht worden war. Sein nun weit abgeschlagener Gegenkandidat Le Pen konnte nur 17,79 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen.

Ende der Ära Chirac 2007

Am Abend des 11. März 2007 kündigte Chirac in einer Fernsehansprache[1] offiziell an, dass er an den diesjährigen Präsidentschaftswahlen nicht teilnehmen werde. Für seine Nachfolge an der Spitze Frankreichs machte er keine Wahlempfehlung. Zu seinem am 6. Mai 2007 gewählten Nachfolger Nicolas Sarkozy, dem Spitzenkandidaten der konservativen Partei UMP, hatte er allerdings in den letzten Jahren kein gutes Verhältnis. Sarkozy hatte sich bei der Präsidentschaftswahl 1995 hinter Édouard Balladur gestellt, Chiracs Gegenkandidaten im konservativen Lager.

Nuklear-Doktrin

Äußerungen Jacques Chiracs anlässlich eines Truppenbesuchs am 19. Januar 2006 deuteten viele Beobachter als eine „Kehrtwende“ in der bisherigen Nuklear-Doktrin Frankreichs und fanden international – insbesondere wegen des sich zuspitzenden Atomstreits mit dem Iran – große Beachtung. Chirac drohte den Terrorismus unterstützenden Staaten mit Atomschlägen, sollten diese Frankreich angreifen. Ohne den Iran direkt anzusprechen, kündigte er auf der Ile Longue (Bretagne) „Anführern“ solcher Staaten Vergeltung in „nicht konventioneller“ Weise an. Ausdrücklich spielte Chirac jedoch auf „die Versuchung gewisser Staaten“ an, „sich unter Bruch der Verträge mit Atomwaffen auszustatten“. Weitgehend unbeachtet blieb, dass Chirac in der selben Rede auch den Einsatz von Atomwaffen zur Sicherung „lebenswichtiger Interessen“ einschließlich der „strategischen Versorgung“ Frankreichs ausdrücklich rechtfertigte, d.h. sich atomare Angriffe selbst zur Sicherung der Rohstoffversorgung vorbehielt. Neu daran waren allerdings weder der Vorbehalt noch die Terminologie; neu war die berechnend auf den Termin – und den offenkundigen Adressaten – gesetzte Ausdrucksweise. Dennoch stießen die Einlassungen Chiracs gerade auch in Deutschland auf teilweise scharfe Kritik. Unter anderem wurde er des Verstoßes gegen das Völkerrecht bezichtigt. Die Opposition im Deutschen Bundestag forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich klar von Chirac zu distanzieren.

Zitate

  • Man kann Leuten (Engländern) nicht vertrauen, die so schlecht kochen.[2]

Literatur

  • Franz-Olivier Giesbert Jacques Chirac. Tragödie eines Mannes und Krise eines Landes Aus dem Franz. Angelika Hildebrandt. Berlin: Econ, 2006 (OT: La tragédie du président) ISBN(13) 978-3-430-30014-8 ISBN 3-430-30014-2

Quelle

  1. Fernsehansprache Chiracs vom 11. März 2007, Text und Video (frz.)
  2. Die Tagespost: Die Zeit der Achsen ist vorbei 12. April 2007


VorgängerAmtNachfolger
Raymond MarcellinInnenminister von Frankreich
27. Februar 1974-28. Mai 1974
Michel Poniatowski


Vorgänger
-
Bürgermeister von Paris
Nachfolger
Jean Tiberi