Walter Gieseking
Walter Gieseking (* 5. November 1895 in Lyon; † 26. Oktober 1956 in London) war ein in Frankreich und Italien aufgewachsener deutscher Pianist.
Leben
Gieseking wuchs an der französischen und italienischen Riviera auf. 1911 übersiedelten seine Eltern nach Hannover. Dort erhielt er seinen ersten geregelten Klavierunterricht bei Kurt Leimer am damaligen Städtischen Konservatorium. Nach dem Ersten Weltkrieg verschaffte er sich bald einen Namen als Konzertpianist in Europa, nach 1926 auch in Amerika. In dieser Zeit hatte er seinen festen Wohnsitz in Wiesbaden. 1947 folgte er einem Ruf als Professor und Leiter einer Meisterklasse an der Hochschule für Musik Saar. Dieses Amt behielt Gieseking bis zu seinem Tod 1956 bei.
Würdigung
Grundlage von Giesekings Technik war die von Leimer entwickelte und von Gieseking weiter ausgebaute Übungsmethode ("Leimer-Gieseking") - Entspannung der Muskeln, Gedächtnistraining und unbedingtes Festhalten an der Notation.
Der zu Lebzeiten als Mozart - Spieler, besonders aber als unvergleichlicher Debussy - Interpret verehrte Gieseking beherrschte darüber hinaus ein umfangreiches Repertoire am Klavier. Gieseking verfügte über eine Delikatesse des Anschlags und einen immensen Klangfarbenreichtum, die ideal für die Werke des französischen Impressionisten waren, gegenüber seinen Beethoven-Interpretationen aber Kritik auf den Plan rief - so meinte sein Kollege Claudio Arrau, Giesekings Ton passe nicht zu den Sonaten des Bonner Meisters. Dennoch spielte er bereits mit 20 Jahren alle Beethoven-Sonaten an sechs Abenden.
Giesekings Gedächtnis und seine Fähigkeit, vom Blatt zu spielen, waren nahezu konkurrenzlos und ermöglichten ihm, ein riesiges Repertoire aufzubauen und soeben gehörte oder gelesene Werke sofort vor Publikum darzubieten. Er war nicht nur einer der ersten Pianisten neben Rachmaninow, die sich an das 2. und 3. Klavierkonzert des Meisters wagten (es existieren Konzertmitschnitte unter Mengelberg), sondern führte auch zahllose damals zeitgenössische Werke von Komponisten wie Albéniz, Busoni, Hindemith, Krenek, Marx, Pfitzner, Schönberg, Schreker, Strawinski und Szymanowski auf.
Gieseking, nach Prägung, Stil und Repertoire viel eher Kosmopolit als Vertreter der deutschen Klavierschule, wurde nach dem Kriegsende 1945 für sein Verbleiben in Deutschland angefeindet, obwohl er nie Mitglied der NSDAP war und an seinem jüdischen Konzertagenten festgehalten hatte und ihn, obwohl dieser aus politischen Gründen eine Zeit lang nicht für ihn arbeiten konnte, weiterhin bezahlte. Trotz der Querelen um seine letztlich wohl unpolitische Person wurde und wird er womöglich in Frankreich und England noch höher geschätzt als in Deutschland.
Wissenschaftliche Tätigkeit
Gieseking arbeitete nebenbei auch als Entomologe. Sein Arbeitsschwerpunkt lag auf den Schmetterlingen der Region. Die umfangreiche Sammlung kam nach seinem Ableben durch die Schwester in das Museum Wiesbaden, wo sie noch heute als Arbeitsgrundlage faunistischer Erhebungen genutzt wird.
Quellen
- Riemann Musik Lexikon. B.Schott's Söhne, Mainz 1959
- Walter Czysz: 175 Jahre Nassauischer Verein für Naturkunde und NaturwissenschaftIiche Sammlung des Museums Wiesbaden 1829-2004. - Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde 125 (S. 272); Wiesbaden.
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Gieseking, Walter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pianist |
GEBURTSDATUM | 5. November 1895 |
GEBURTSORT | Lyon |
STERBEDATUM | 26. Oktober 1956 |
STERBEORT | London |