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Kaunas

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Kaunas
Wappen von Kaunas Kaunas (Litauen)
Basisdaten
Staat: Litauen
Verwaltungsbezirk: Kaunas
Landkreis: kreisfreie Stadt
Einwohner: 364.100 (2005)
Fläche: 157 km²
Höhe: 47 m ü. NN
Postleitzahl: 62xxx - 67xxx
Telefonvorwahl: +370-37
Geographische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Nächster Flughafen: Flughafen Kaunas
Bürgermeister: Andrius Kupčinskas
Website der Stadt Kaunas

Kaunas anhören/? (russisch Ковно - Kowno, weißrussisch Коўна - Kouna, polnisch Kowno, deutsch veraltet Kauen) ist Zentrum des Regierungsbezirks Kaunas und mit ca. 360.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Litauens. Kaunas liegt am Zusammenfluss von Memel (litauisch: Nemunas) und Neris etwa 100 km westlich der Hauptstadt Vilnius.

Geschichte

Mittelalter

Ruine der Burg Kaunas

Erstmals wurde 1361 eine Burg an der Mündung der Neris in die Memel erwähnt. Diese Burg wurde wiederholt von Rittern des Deutschen Ordens erobert bzw. zerstört, wurde aber stets von den Litauern unverzüglich wieder aufgebaut. Hauptgrund für die fortgesetzten Angriffe des Deutschen Ordens auf Kaunas war der Versuch des Ordens, seine Territorien in Ostpreußen und in Livland miteinander zu verbinden, um so einen einheitlichen und kompakten Herrschaftsbereich von Estland über Livland bis nach Ostpreußen zu errichten. Auf dieser Nord-Süd-Achse stellte die Burg in Kaunas ein wichtiges Hindernis für die Ambitionen des Deutschen Ordens dar. Mit der vernichtenden Niederlage des Deutschen Ordens in der Schlacht bei Tannenberg gegen die vereinigten Litauer und Polen im Juli 1410 wurde dieser Konflikt zugunsten der Litauer entschieden.

Nachdem bereits 1408 die Siedlung die Magdeburger Stadtrechte erhalten hatte, wuchs die Bedeutung der Stadt als Handelszentrum nach 1410 rapide, was sich auch in der Eröffnung eines Hansekontors 1440 äußerte. Zum Handel kam das Handwerk und aus der vormals strategisch wichtigen und hart umkämpften Burgsiedlung wurde eine verkehrsgünstig gelegene, reiche und große Stadt im polnisch-litauischen Staat.

Neuzeit

Schwere Zeiten für Kaunas brachten das 17. und 18. Jahrhundert: von 1655 bis 1661 war die Stadt von russischen Truppen besetzt, im Jahre 1701 von den Schweden. 1670 und 1732 zerstörten Brände die Stadt, wiederholt wütete die Pest. Nachdem Kaunas im Zuge der Dritten Polnischen Teilung (1795) an Russland gefallen war, wurde die Stadt 1831 russische Gouvernementshauptstadt (auf russisch Kowno). Nach der Wiedererlangung der litauischen Unabhängigkeit 1920 intervenierten polnische Truppen in Litauen, besetzten die traditionelle litauische Hauptstadt Vilnius und gliederten die gesamte Region Vilnius in das polnische Staatsgebiet ein.

Kaunas war daher von 1920 - 1940 die provisorische Hauptstadt Litauens (Laikinoji Sostine). 1940 besetzten sowjetische Truppen Kaunas.1941 marschierte die deutsche Wehrmacht ein, die bis 1944 als Besatzungsmacht in der Stadt blieb. In dieser Zeit wurde die jüdische Bevölkerung in das neugeschaffene Ghetto Slobodka auf der anderen Seite der Neris (heute: Stadtteil Vilijampole) gepfercht und sukzessive in dem nahe gelegenen IX. Fort (aus der napoleonischen Zeit, heute Gedenkstätte) ermordet oder in andere Konzentrationslager deportiert. Von 1940 - unterbrochen durch die deutsche Besatzungszeit - bis zur erneuten Wiedererlangung der litauischen Unabhängigkeit gehörte Kaunas zur Litauischen Sowjetrepublik, deren Hauptstadt erneut Vilnius wurde.

Heute ist die Stadt in erster Linie Industrie-, Bildungs- und Wissenschaftsstandort. Aufgrund ihrer Lage ist sie der wichtigste Verkehrsknotenpunkt Litauens. Kaunas besitzt ein attraktives Stadtzentrum mit einer über 2,5 km langen Fußgängerzone, die, gesäumt von Cafés, Galerien und Boutiquen, die mittelalterliche Altstadt mit der Neustadt des 19. Jahrhunderts verbindet.

Neben einer breitgefächerten, von der Verkehrslage der Stadt begünstigten Wirtschaft exitieren in Kaunas mehrere Universitäten sowie viele Galerien. Insbesondere die Textilkunst, deren Wurzeln in der traditionell starken Textilindustrie liegen, ist in der Stadt stark vertreten, was sich auch in einer großen, mittlerweile international hochangesehenen Textilkunst-Biennale niederschlägt.

Sehenswürdigkeiten

Altstadt

Rathaus von Kaunas

Kaunas liegt sehr malerisch an der Mündung der Neris in die Memel, die in zahlreichen Windungen die Stadt durchfließt. Sehenswert ist die Altstadt (lit. senamiestis) mit vielfältiger Gastronomie und vielen gut erhaltenen Bauwerken. Am Hauptplatz, dem Rathausplatz, liegen die Kathedrale, die Jesuitenkirche und das historische Rathaus, das wegen seiner hohen, weißen Gestalt umgangssprachlich "Weißer Schwan" genannt und als Standesamt ("Hochzeitspalast") genutzt wird.

An der Nordseite des Rathausplatzes, Hausnummer 27, befindet sich die Galerie "Meno Parkas" der Litauischen Künstlervereinigung, in der regelmäßig Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst präsentiert werden. In der M. Valanciaus gatve 21, wenige Meter hinter der Kathedrale, hat die Galerie der Textilkunst-Gilde Tekstilininkų ir dailininkų Gildija, der Vereinigung der litauischen Textilkünstler, ihren Sitz (siehe Abschnitt 'Neuzeit').

Ebenfalls unweit des Rathausplatzes liegen an der Neris die Ruine der Burg von Kaunas und die St. Georgs-Kirche, die auch in unrenoviertem Zustand durchaus sehenswert ist. In einer Seitengasse des Rathausplatzes zur Memel hin liegt das Perkunas-Haus, ein spätgotisches Bürgerhaus, in dem die Schüler des nahegelegenen Jesuiten-Gymnasiums während des Sommers kurzweilige Führungen veranstalten.

Auf die Hochterrassen oberhalb des Memeltales gegenüber der Altstadt fahren bis heute zwei in der Zwischenkriegszeit angelegteStandseilbahnen.

Museen

Kaunas' bekanntestes Museum ist das Ciurlionis - Museum, gewidmet dem großen Komponisten und Maler des Landes. Hier kann man nicht nur die Gemälde des Künstlers betrachten, sondern in einem extra dafür eingerichteten Raum auch seine Musik hören. Wenige Schritte vom Ciurlionis - Museum entfernt auf der anderen Straßenseite liegt das einzigartige Teufelsmuseum mit einer weltweit einmaligen Sammlung von Teufelsfiguren.

In der Zilinskas-Galerie direkt gegenüber des "Sobor", der neobyzantinischen Kirche am östlichen Ende der Fußgängerzone, wird u.a. westeuropäische Malerei ausgestellt wie z.B. Bilder von Max Liebermann und Franz Marc.

Wenig bekannt, aber durchaus passend zur Kunststadt Kaunas, ist die Tatsache, daß George Maciunas, Fluxus-Mitbegründer, Weggefährte von Joseph Beuys und ebenfalls Superstar der zeitgenössischen Kunstszene, in Kaunas geboren wurde. Ihm ist in der städtischen Gemäldegalerie Kaunas in der Donelaicio gatve 16, ebenfalls in der Nähe des Sobor, eine kleine Dauerausstellung gewidmet.

Orte der Geschichte

Am östlichen Stadtrand von Kaunas, nahe dem Stausee Kaunasser Meer (Kauno marios), liegt das Kloster Pažaislis, das nach seiner Renovierung zu den schönsten und ungewöhnlichsten Sakralbauten Litauens gehört.

An ein dunkles Kapitel der litauischen Geschichte erinnert die Gedenkstätte im IX. Fort am nördlichen Stadtrand, wo während der deutschen Besatzung zahlreiche jüdische Menschen aus Litauen und ganz Europa ermordet wurden (siehe Abschnitt 'Neuzeit'). Die Ausstellung im Fort befasst sich jedoch nicht nur mit den Vorgängen in Kaunas, sondern hat auch die Ermordung der jüdischen Bevölkerung in ganz Litauen zum Thema (siehe auch Judentum in Litauen).

Am ehemaligen Flughafen im Stadtteil Aleksotas wurden 1933 die aus Deutschland überführten Leichname der litauischen Atlantikflieger Darius und Girenas von einer riesigen Menschenmenge empfangen. Die beiden waren wenige Tage zuvor, von New York kommend, ca. 150 km östlich von Berlin nach einer bis dahin hervorragenden fliegerischen Leistung tödlich verunglückt. Im zum Flughafengelände gehörenden Luftfahrtmuseum Aviacijos Muziejus gibt es, neben vielem anderen, eine umfangreiche Materialsammlung zu diesem Flug und zu den anschließenden gigantischen Trauerfeierlichkeiten in Kaunas.

Universitäten und Hochschulen

Kaunas ist Sitz mehrerer Universitäten und Hochschulen. Die größte davon ist die Technische Universität Kaunas (KTU). Des Weiteren gibt es die allgemein ausgerichtete Vytautas-Magnus-Universität Kaunas, die Medizinische Universität Kaunas, die Litauische Landwirtschaftsuniversität Lietuvos žemės ūkio universitetas und die Veterinärakademie Lietuvos veterinarijos akademija. Hinzu kommen das Kunstinstitut Kaunas Kauno dailės institutas KDI mit seiner renommierten Textilkunst-Abteilung und einige Fachhochschulen.

Sport

Logo des Basketballvereins Žalgiris

Mag Kaunas wirtschaftlich und kulturell auch hinter der Hauptstadt herhinken, im Sport ist die Stadt ebenbürtig. Kaunas hat das einzige größere Stadion des Landes (Fassungsvermögen: 20.000 Besucher) und neben der besten Fußballmannschaft ist in Kaunas auch der BC Žalgiris zu Hause, der in der Nationalsportart Basketball in den 80er Jahren dreimal sowjetischer Meister werden konnte, in den 90er Jahren litauischer Serienmeister war und auch international große Erfolge erzielte. Er gehört heute dem nationalen Sportidol Arvydas Sabonis.

Verkehr

Straße

Ein Standortvorteil von Kaunas ist die Lage als der zentrale (Straßen-)Verkehrsknotenpunkt des Landes. Von Süd nach Nord verlaufend trifft hier die sogenannte Via Baltica, die von Warschau über Riga und Tallinn nach Helsinki führt, auf die West-Ost-Hauptroute, die als Autobahn ausgebaute Strecke von Klaipėda nach Vilnius, die in der Fortsetzung über Minsk weiter nach Moskau führt. Kaunas liegt damit wesentlich verkehrsgünstiger als die litauische Hauptstadt Vilnius, welche sich sehr nahe der EU-Außengrenze zu Weißrussland und damit verkehrstechnisch in einer Art "totem Winkel" befindet.

Fernbusse

Fernbus-Verbindungen gibt es in alle größeren litauischen Städte sowie in sehr viele Kleinstädte, außerdem in sämtliche Nachbarländer und viele größere Städte in anderen Ländern der Europäischen Union. Die Busse nach Vilnius fahren tagsüber in einem 30-Minuten-Takt. Der Busbahnhof befindet sich nur wenige Gehminuten vom Bahnhof der litauischen Eisenbahn entfernt.

ÖPNV

Im städtischen Nahverkehr von Kaunas verkehren Omnibusse und Trolleybusse. Die Lietuvos Gelezinkeliai (Eisenbahn) betreibt ein nicht sehr bedeutendes S-Bahn-ähnliches System von Vorortzügen. Hervorzuheben ist die Existenz eines sehr ausgedehnten Linientaxinetzes mit über 130 Linien, das die Masse des ÖPNV bewältigt. Diese sogenannten Mini-Busse zeichnen sich zwar nicht durch übermäßigen Luxus aus, fahren jedoch zügig und in kurzen Abständen nicht nur innerhalb der Stadt, sondern auch zu zahlreichen Zielen in der Umgebung von Kaunas.

Eisenbahn

Auch im Eisenbahnnetz des Landes hat der Bahnhof Kaunas einen Standortvorteil gegenüber der Hauptstadt Vilnius. Es bestehen Verbindungen nach Vilnius, Šiauliai und Warschau. Die Korridorzüge nach Kaliningrad passieren zwar den Bahnhof Kaunas, es besteht aber weder eine Zu- noch Ausstiegsmöglichkeit. Eine von der EU geförderte Hochgeschwindigkeits-Bahnverbindung Warschau-Kaunas-Riga-Tallinn, das Project Rail Baltica, ist in der Planungsphase (geplante Fertigstellung im Jahr 2016). Im Gegensatz zu den sehr gut ausgebauten litauischen Schnellstrassen haben die Eisenbahnen, die auf sowjetischen Gleismaßstab fahren, noch starken Nachholbedarf.

Flugverkehr

Kaunas hat einen modernen Flughafen (IATA-Code: KUN), der zur Zeit noch wenig genutzt wird, da der Flughafen Vilnius, der 100 km entfernt ist, den Hauptteil des litauischen Flugverkehrs abwickelt. Seitdem der Flughafenbetreiber jedoch ein neues Gebührensystem eingeführt hat, beleben Billigflieger seit Herbst 2005 das Angebot: Ryanair fliegt täglich direkt nach London-Stansted, sowie nach Dublin und Stockholm-Skavsta, und ab Herbst 2006 auch nach Frankfurt-Hahn und Liverpool.

Schifffahrt

Kaunas ist für Binnenschiffe vom Kurischen Haff (Klaipėda) her über die Memel erreichbar. Die Binnenschifffahrt spielt allerdings bislang (anders als in sowjetischen Zeiten) keine nennenswerte Rolle. Problematisch dabei ist auch, dass der Unterlauf der Memel die EU Grenze zu Russland darstellt. Es gibt Pläne, den (sommerlichen) Personenverkehr auf einem Schnellboot von Kaunas nach Nidden auf der Kurischen Nehrung, der vor einigen Jahren eingestellt worden war, wieder aufzunehmen.

Söhne und Töchter der Stadt

literarische Figuren