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Nubien

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Nubien (altägypt. nub "Gold") ist das Gebiet zwischen Assuan in Ägypten (1. Nilkatarakt) und Karima im Sudan (4. Nilkatarakt).

Gewöhnlich wird es in Unternubien (zwischen Assuan und Wadi Halfa) und Obernubien (von Wadi Halfa bis Karima) eingeteilt.
Hin und wieder wird das Gebiet zwischen Karima und Khartum, der Hauptstadt des modernen Staates Sudan, als Südnubien bezeichnet.

Nubien gilt als Schnittstelle zwischen dem eher dem Mittelmeerraum zuzurechnenden Ägypten und Schwarzafrika. Dies galt in der Vergangenheit ebenso wie heute.

1. Vorgeschichte

Die Vorgeschichte Nubiens (bes. Unternubiens) wird in einzelne Kulturgruppen eingeteilt, die mit Buchstaben bezeichnet werden. Von den alten Ägyptern wird Nubien als Kusch bezeichnet.

Die A-Gruppe korrespondiert mit dem späten prähistorischen Ägypten sowie mit dem ägyptischen Alten Reich bis etwa zur 4. Dynastie (ca. 3500- 2400 v. Chr.)
Die ehemals angenommene B-Gruppe existiert nach neueren Untersuchungen nicht.
Die C-Gruppe existierte zur Zeit des ägyptischen späten Alten sowie Mittleren Reiches; in der 12. Dynastie wurde Unternubien bis zum 2. Nilkatarakt schrittweise von Ägypten erobert (ca. 2100 - 1500 v. Chr.). In Obernubien nahe des 3. Nilkataraktes blühte währenddessen das Reich von Kerma, das den frühesten uns bekannten schwarzafrikanischen Staat darstellt. Nach dem Ende des ägyptischen Mittleren Reiches (um 1750 v. Chr.) eroberten die Herrscher von Kerma Unternubien bis zur Grenze des ägyptischen Kernlandes. Um 1500 v. Chr. zerstörten die Pharaonen des ägyptischen Neuen Reiches das Reich von Kerma und eroberten Nubien bis zum 5. Nilkatarakt. Die nubischen Völker wurden kulturell weitgehend assimiliert. Die ägyptische Besatzung dauerte bis ca. 1000 v. Chr. an.

2. Das Reich von Kusch

Um 750 v. Chr. (eventuell auch bereits um 1000 v. Chr.) gründeten nubische Fürsten in der Gegend von Karima einen Staat, der den alten Namen Kusch übernahm und rasch expandierte. Um 700 v. Chr. wurde Ägypten erobert. Die nubischen Fürsten herrschten als 25. Dynastie über Ägypten. Um 660 v. Chr. erlangte Ägypten mit assyrischer Hilfe die Unabhängigkeit von Nubien, das kuschitische Fürstenhaus herrschte jedoch weiterhin südlich von Ägypten. Der Regierungssitz lag in der Stadt Napata beim heutigen Karima. Um 300 v. Chr. wurde die Hauptstadt nach Meroe nördlich von Khartum verlegt. In dieser Zeit wird die kulturelle Anlehnung an Ägypten mehr und mehr aufgegeben, was sich u. a. in der Entwicklung einer eigenen Schrift und dem Gebrauch der meroitischen Sprache in offiziellen Texten äußert. Spätestens um 300 brach das Reich von Kusch zusammen, evtl. aufgrund einer Umweltkatastrophe oder einer militärischen Niederlage gegen das äthiopische Reich von Axum.

3. Das mittelalterliche Nubien

Im 6. Jahrhundert wurde Nubien christianisiert. Es bildeten sich die Fürstentümer von Nobatia, Makuria und Alwa. In dieser Zeit kommt das Nubische als Schriftsprache in Gebrauch, im Mittelalter in griechischen Buchstaben geschrieben. Im 16. Jahrhundert wird Nubien islamisiert. Die nubische Sprache bleibt jedoch in Gebrauch, neben dem sich als überregionale Verkehrssprache immer mehr durchsetzenden Arabisch.

4. Nubien im 19. Jahrhundert

Im Jahre 1821 erobern die Ägypter, mit modernen europäischen Waffen ausgerüstet, erneut Nubien und Teile des südlich daran angrenzenden Weißen Nil.
1882 erhoben sich die sudanesischen Araber unter der Führung des selbsternannten Mahdi, einer Art Messiasgestalt, gegen die ägyptische Herrschaft und eroberten Khartum. Mehrere von britischen Offizieren geführte ägyptische Armeen wurden vernichtend geschlagen. 1898 eroberten britische Truppen von Ägypten aus Nubien und schlugen die Mahdisten in der Schlacht von Omdurman bei Khartum. Um die Logistik für diesen Feldzug zu bewältigen, wurde die erste Eisenbahnlinie in Nubien entlang des Nil gebaut.
Der Sudan und damit auch Nubien kam in der Folgezeit nominell unter gemeinsame britisch-ägyptische Herrschaft (Kondominium); da die Briten aber auch in Ägypten selbst entscheidenden Einfluss ausübten, war der Sudan de facto britische Kolonie.

5. Nubien im 20. Jahrhundert und heute

1955 folgte eine Volksabstimmung über den Anschluss an Ägypten, die negativ ausfiel. Daraufhin wurde der Sudan 1956 in die Unabhängigkeit entlassen. Die Grenze zu Ägypten wurde bei Wadi Halfa festgelegt; Nubien war damit zwischen zwei Staaten geteilt. In den 1960er Jahren wurde von Ägypten der Assuan-Hochdamm (Satt al-Ali) geplant und gebaut, der das Fassungsvermögen des älteren, noch von den Briten gebauten Assuan-Staudammes bei weitem übertreffen sollte. 1971 wurde der Hochdamm fertiggestellt. In der Folgezeit wurde nahezu ganz Unternubien vom entstehenden Nasser-Stausee überflutet. In einer beispiellosen Rettungsaktion setzte die internationale Staatengemeinschaft unter Federführung der Unesco zahlreiche kulturelle Monumente in höher gelegene Regionen um; die unternubische Bevölkerung wurde größtenteils in das südliche Oberägypten umgesiedelt, wo dadurch im sonst durchgehend arabischsprachigen Ägypten nubische Sprachinseln entstanden. Heute ist die nubische Bevölkerung sowohl in Ägypten als auch im Sudan weitgehend an ihre arabische Umwelt assimiliert; die nubische Sprache, heute in arabischen Buchstaben geschrieben, ist jedoch noch immer lebendig.

Siehe auch: Nubier, Geschichte Sudans