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Massenspektrometrie

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Die Massenspektrometrie (Massenspektroskopie, Massenspektrographie) ist ein Analysenverfahren zur Bestimmung von chemischen Elementen, Molekülmassen und Massenfragmenten. Für einen Analyten (die zu testende Substanz) wird die Häufigkeit, mit der geladene Moleküle (Ionen) und deren Massenfragmente auftreten, bestimmt. Die Massenspektrometrie ist eine wichtige Methode der analytischen Chemie bei der Aufklärung der Struktur und Zusammensetzung von Verbindungen und Gemischen. Der qualitative (Erkennung von unbekannten Substanzen) und quantitative (Wieviel einer Substanz ist vorhanden) Nachweis sehr kleiner Substanzmengen ist möglich.

In der Physik werden Massenspektrometer verwendet, um die Isotopenzusammensetzungen der chemischen Elemente zu messen.

Aufbau eines Massenspektrometers

schematische Zeichnung eines Sektorfeld-Massenspektrometers

Ein Massenspektrometer (MS) besteht aus einer Ionenquelle, einem Analysator und einem Detektor. Diese Bauteile werden im Folgenden beschrieben. In Ionenfallen-Massenspektrometern können die Ionenquelle und der Analysator zusammenfallen. Sie werden gesondert beschrieben.

Ionenquelle

In der Ionenquelle wird der Analyt ionisiert. Es kommen verschiedene Methoden zum Einsatz:

  • Gase oder verdampfbare Flüssigkeiten und Feststoffe können durch Elektronen-Stoß-Ionisation (EI, auch electron impact= Elektronenstoß) ionisiert werden. Es werden Elektronen mit einer Energie von 30-70eV verwendet. Durch den Zusammenstoss der Elektronen mit den Molekülen wird Energie auf die Moleküle übertragen. Durch den Zusammenstoss werden primäre positive Ionen erzeugt. Diese primären Ionen sind meistens sehr instabil und zerfallen ganz oder teilweise zu kleineren geladenen Massenfragmenten. Bei der Ionisation einer Substanz fragmentiert diese in ein vorhersehbares Ionen-Muster.
  • Bei der Chemischen Ionisation (CI) wird ein Gas zugeführt, das durch EI ionisiert wird. Die aus dem Gas gebildeten Ionen reagieren dann mit dem Analyten und ionisieren ihn. Der Fragmentierungsgrad ist geringer als bei der Elektronen-Ionisation.
  • Bei der Feldionisation (FI) wird ein Gas in einem hohen elektrischen Feld an zahlreichen spitzen Graphitdendriten sehr schonend ionisiert.
  • Bei der Felddesorption (FD) wird ein fester oder flüssiger Analyt, der den zahlreichen Graphitdendriten in Lösung zugeführt wird, in einem hohen elektrischen Feld wie bei FI sehr schonend ionisiert.
  • Flüssigkeiten und Feststoffen können mit schnellen Atomen oder Ionen beschossen werden, worauf sich Ionen lösen. Kommen Atome zu Einsatz, heißt die Methode FAB (Fast Atom Bombardement=Schneller Atombeschuss), bei Ionen SIMS (Secondary Ion Mass Spectrometry=Sekundärionen-Massenspektrometrie). Neben den Sekundärionen werden auch ungeladene Teilchen (Sekundärneutralteilchen) erzeugt. Wenn diese zum Beispiel mit Laserlicht nachionisiert und dann analysiert werden, spricht man von Sekundär-Neutralteilchen-Massenspektrometrie (SNMS).
  • Chemische Lösungen geladener oder polarer Substanzen werden bei der Elektrospray-Ionisation (ESI) versprüht, ionisiert und die Tröpfchen dann getrocknet, so dass Ionen des Analyten zurückbleiben.
  • Die Chemische Ionisation unter Atmosphärendruck (APCI=Atmospheric Pressure Chemical Ionization) funktioniert ähnlich wie ESI, nur dass die Lösung des Analyten vor der Ionisation verdampft wird. Die Lösemittelmoleküle werden an einer spitzen Elektrode bei Atmosphärendruck ionisiert. Die Methode ist auch für weniger polare Analyten geeignet.
  • Auch mit gepulstem Laserlicht kann von einem Feststoff der Analyt abgedampft und ionisert werden.Diese Methode heißt MALDI (Matrix-Assisted Laser Desorption/Ionization=Matrix-unterstützte Laser-Desorptions-Ionisation). Bei dieser Methode wird der Analyt mit einen großen Überschuss an Matrix gemischt und kokristallisieren gelassen. Die Matrix hat die Eigenschaft bei der verwendeten Laserwellenlänge Energie zu absorbieren (zum Beispiel Stickstofflaser 337nm). Vereinfacht gesagt kommt es mit dem Beschuss durch den Laser zum Herauslösen von Teilchen und deren Ionisation.
  • Thermische Ionisation (TIMS, Thermische Ionisations Massenspektrometrie) wird in der Festkörpermassenspektrometrie eingesetzt. Dabei wird die Probe (Probenmenge je nach Stoff ng bis µg) zum Beispiel auf ein Wolframfilament aufgebracht. Durch das Filament wird ein Strom geschickt wobei es sich erhitzt und die aufgebrachte Probe verdampft, ein Teil der abgedampften Atome wird dabei ionisiert.
  • Bei der Ionisation durch ein induktiv gekoppeltes Plasma (Inductively Coupled Plasma, ICP) entstehen aus den meisten Elementen einfach positiv geladene Ionen. Das Verfahren wird vor allem zur Analyse von anorganischen Festkörpern angewandt.

Die Ionenquelle liegt auf einem hohen elektrischen Potential (einige kV). Nach Verlassen der Ionenquelle werden die Ionen deshalb beschleunigt.

Analysator

Im Analysator werden die Ionen nach ihrer Masse getrennt. Dafür gibt es mehrere Methoden:

  • In Sektorfeld-Massenspektrometern werden die Ionen in elektrischen und magnetischen Feldern abgelenkt. Der Radius der Kreisbahnen, die sie in den Feldern durchlaufen, hängt von der Energie (im elektischen Feld) und vom Impuls (im magnetischen Feld) der Ionen ab. In Kenntnis der Ladung, der Energie und des Impulses kann dann die Masse bestimmt werden. Sektorfeld-Massenspektrometer können so gebaut werden, dass Ionen mit leicht unterschiedlicher Geschwindigkeit auf einem Punkt im Detektor abgebildet werden (Geschwindigkeitsfokussierung). Auch Ionen, deren Flugbahn leicht geneigt ist, können auf einen Punkt abgebildet werden (Richtungsfokussierung). Massenspektrometer, die beides gleichzeitig können, nennt man doppelfokussierend. Die Fokussierung ist nötig, um bei hoher Auflösung noch eine akzeptable Intensität des Messsignals zu erhalten. Sektorfeld-Massenspektrometer sind die genauesten, aber auch die teuersten Geräte. Sie erreichen eine Auflösung (definiert als Verhältnis der Ionen-Masse zur Linienbreite) von bis zu 100000.
  • In Quadrupol-Massenspektrometern durchfliegen die Ionen eine Anordnung von vier zylinderförmigen Elektroden, die parallel verlaufen und deren Schnittpunkte mit einer Ebene senkrecht zur Zylinderachse ein Quadrat bilden. Die gegenüberliegenden Elektroden befinden sich auf gleichem Potential und zwischen benachbarten Elektroden wird eine Gleich- und eine Wechselspannung angelegt. Das Verhältnis von Gleich- und Wechselspannung bestimmt (bei konstanter Frequenz), welche Ionen die Anordnung passieren können. Haben die Ionen nicht die richtige Masse, werden sie nach außen beschleunigt und kollidieren mit den Elektroden.
  • In Flugzeit-Massenspektrometern (TOF-MS, time of flight mass spectrometer) wird ausgenutzt, dass die Ionen beim Eintritt in den Analysator alle die gleiche Energie haben und leichte Ionen deshalb schneller sind als schwere.
  • Es gibt auch so genannte Ion trap-Massenspektrometer oder auch Ionenfallen-Massenspektrometer.

Ionenfallen-Massenspektrometer

Der Analyt wird ungeladen in die Ionenfalle eingelassen und dort ionisiert. Zwei Arten von Ionenfallen werden eingesetzt:

  1. In der Ionenfalle herrscht ein homogenes Magnetfeld, das die Ionen auf Kreisbahnen mit einer massenabhängigen Umlauffreqeuenz zwingt. Die Ionen müssen zunächst mit einem Anregungsimpuls in Phase gebracht werden. Danach kann die Resonanzfrequenz gemessen werden. Wenn Ionen mit unterschiedlicher Masse vorhanden sind, muss das gemessene Signal fouriertransformiert werden, daher die Bezeichnung Fouriertransformations-Ionencyclotronresonanz-Massenspektrometrie (FTICR-MS).
  2. In der Ionenfalle herrscht ein elektrisches Quadrupolfeld. Das Feld wird durch drei rotationssymmetrische Elektroden erzeugt: zwei Endkappenelektroden und eine mittlere Ringelektrode. Zwischen der Ringelektrode und den Endkappenelektroden liegt eine Überlagerung einer Gleich- und einer Wechselspannug an. Während einer Analyse wird die Amplitude des Wechselspannungsanteils erhöht. Je nach Ionen-Masse werden die Ionen bei Erreichen unterschiedlicher Amplituden aus der Ionenfalle geschleudert und gelangen zum Detektor.

Ionenfallen-Massenspektrometer können im Gegensatz zu den vorher genannten Spektrometertypen nicht kontinuierlich betrieben werden, das heißt Ionisation und Analyse laufen nacheinander und nicht parallel ab.

Voraussetzung für die Bestimmung der Masse m ist die Kenntnis der Ladung z des Ions, denn die Analysatoren können die Ionen nur nach dem Verhältnis m/z trennen. z ist jedoch immer ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung e: , und meistens ist n=+1 (einfach positiv ionisiert).

Detektor

Als Detektor wird meistens ein Sekundärelektronen-Vervielfacher (SEV) oder ein Faraday-Auffänger verwendet. Daneben werden auch Daly-Detektoren, Mikrokanalplatten und Channeltrons verwendet. Früher wurden auch Fotoplatten benützt.

Kopplung mit Chromatographen und MS/MS-Kopplung

Wenn die Probe aus mehreren Verbindungen besteht, ist es nützlich, diese in einem Gas- oder Flüssigkeits-Chromatographen zu trennen, bevor man sie dem Massenspektrometer zuführt. Diese Koppelung ist bekannt unter den Kürzeln GC/MS (Gas Chromatography / Mass Spectrometer) beziehungsweise LC/MS (Liquid Chromatography / Mass Spectrometer). Für LC/MS sind ESI und APCI als Ionisationsmethoden besonders geeignet.

Bei chemischen Untersuchungen ist oft von Interesse, die mit einem Massenspektrometer getrennten Ionen weiter zu spalten und erneut zu untersuchen. Das erreicht man durch Reihenschaltung zweier Analysatoren (MS/MS), zwischen denen die Ionen angeregt werden, zum Beispiel durch Kollision mit Gasatomen. In Ionenfallen-Massenspektrometer ist eine mehrfache Wiederholung von Anregung und Massenselektion möglich, ohne dass ein weiteres Bauteil benötigt wird.

Auswertung der Massenspektren

Zunächst muss die Masse des Analyten bestimmt werden. Normalerweise ist das die Masse des schwersten detektierten Ions (Molpeak). Allerdings ist bei der Elektronen-Ionisation oft ein Großteil der Moleküle gespalten. Testweise kann die Elektronenenergie verringert werden, so dass weniger Moleküle gespalten werden und der Molpeak deutlicher sichtbar wird.

Die weitere Auswertung basiert darauf, dass die Atome der verschiedenen chemischen Elemente einen unterschiedlichen Massendefekt haben. Bei leichten Molekülen gibt es nur eine oder wenige Atom-Kombinationen, die zur gemessenen Masse passen.

Bei schwereren Molekülen stehen jedoch oft sehr viele mögliche Summenformeln zur Auswahl. Weitere Hinweise liefern die Isotopenzusammensetzungen der verschiedenen Elemente. So besteht der Kohlenstoff zum Beispiel zu 98.9% aus 12C und zu 1.1% aus 13C. Je nachdem, wieviele C-Atome im Molekül vorhanden sind, sind neben dem Hauptpeak im Spektrum Nebenpeaks zu finden, die vom Hauptpeak um 1Amu, 2amu etc. entfernt sind und ein charakteristisches Intensitätsverhältnis zum Hauptpeak haben.

Die genannten Methoden sind auch auf die Bruchstücke anwendbar. Moleküle brechen oft an charakteristischen Stellen. Aus der Masse der Bruchstücke und evtl. weiteren Informationen kann schließlich die Strukturformel bestimmt werden.

Siehe auch: ICP-TOF-MS, GCxGC-TOF-MS, NanoSIMS