Sprachregelung
Sprachregelung ist eine in den deutschen Medien, in Parteien, Schulbüchern, Lehrbüchern, in Organisationen und Firmen vorgeschriebene spezielle einheitliche Wortwahl bzw. Beschreibung bzw. Erklärungsmuster. Das betrifft Anweisungen, wie und wann und in welchem Zusammenhang einzelne Wörter und Erklärungen zu gebrauchen sind, welche Wörter und Erklärungen zu vermeiden sind und welche Euphemismen, Wortneubildungen, Umwertungen, Archaismen, Schlagwörter oder Synonyme stattdessen zu gebrauchen sind.
Sprachregelungen werden - da es eine Form von Zensur, Unfreiheit, Zwang oder sprachlicher Bevormundung ist - heutzutage häufig nur mündlich oder inoffiziell und "halbamtlich" erteilt; Verstöße dagegen können durchaus Entlassungen oder andere diffizilere Formen der Bestrafung nach sich ziehen.
Sprachregelung in der Zeit des Nationalsozialismus
In der Zeit des deutschen Faschismus war der Begriff "Sprachregelung" sogar die offizielle Bezeichnung für die Anweisungen über die Wortwahl, die Inhalte und Themen. Nahezu täglich wurden Vorschriften, "Vertrauliche Informationen" und "Tagesparolen" ausgegeben, an die sich alle Journalisten und Medien halten mußten, die noch nicht verboten waren. Verstöße gegen die "Sprachregelungen" wurden vom Propagandaministerium als Landesverrat geandet.
Dazu ein Auszug aus der "Vertraulichen Information Nr. 117 (1940)":
- 'Es wird darum gebeten, den Ausdruck Besetzungsheer für die in besetzten Gebieten stehenden deutschen Truppen nicht zu gebrauchen, da er absolut irreführend ist.
- Es ist schon mehrfach darauf hingewiesen worden, daß der Ausdruck "Evakuierung" in der deutschen Presse nicht mehr gebraucht werden soll. Trotzdem sind aber wieder Verstöße gegen die Anordnung vorgekommen. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß für die Bezeichnung das Wort "Kinderlandverschickung" angewendet werden muß.
(...)
- Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß in den Zeitschriften die Bezeichnung "Führer und Reichskanzler" nicht gebraucht werden darf. Die Bezeichnung lautet ein für allemal "Der Führer".'
Andere Beispiele aus dieser Zeit sind:
- Sonderbehandlung, Endlösung, Selektion, Bolschewismus, Gau, Scholle, Deutschtum, deutsches Blut, Ehre, "in stolzer Trauer" (bei Todesanzeigen),
- Blutschande, Abstammungsnachweis, Blitzkrieg, Euthanasie, Volksschädling, "lebensunwertes Leben"
- (deutsche/stärkere/edlere/Herren-) Rasse, Führer, Untermensch
Entlarvend die Aussagen Hitlers im Abschnitt "Kriegspropaganda" seines Buches (S.197): "Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Menge der Menschen sein soll."
Beispiele aus der Nachkriegszeit:
- Bundesrepublik Deutschland statt BRD (schriftliche Anweisung an die Beamten in Niedersachsen)
- Kollateralschaden für unschuldige zivile Opfern von Bombenabwürfen der NATO in Jugoslawien
- Von den politischen Vorgaben der SPD/FDP/CDU Abweichende werden als Extremisten, Radikale oder Fundamentalisten bezeichnet
- Das "Binnen-I" (wie BeamtInnen) sowie "er/sie" oder "jede/r",
- Abschiebung, Vertreibung, Realsozialismus, Subventionen
- Reformen bzw. soziale Reformen statt Kürzungen bzw. Sozialabbau
- "Marktwirtschaft", "Demokratie", "freie Welt" bzw. "soziale/freie Marktwirtschat" statt Kapitalismus
- Arbeitgeber statt Kapitalist, Arbeitnehmer statt Arbeiter
- Sozialpartnerschaft statt Klassenkampf
- "Warschauer Pakt" statt "Warschauer Vertrag"
- "Ostzone", "sogenannte DDR" (in den 50er Jahren) statt DDR
- Ostblock statt RGW
- "Eiserner Vorhang", "Todesstreifen", "Mauer" statt Grenze
- Nationalsozialismus statt Faschismus
- Kommunismus/Bolschewismus statt Sozialismus
- Die Kriege gegen Jugoslawien und Afghanistan waren anfangs offiziell keine Kriege sondern "Friedenseinsätze" und "humanitäre Aktionen" zur Verhinderung einer "humanitären Katastrophe".Gerhard Schröder im März 1999: "Wir führen keinen Krieg"
- als Diktatur darf der deutsche Staat unter Strafandrohung nicht bezeichnet werden ("Verunglimpfung staatlicher Symbole ...)
- Die Wiedervereinigung, die nur unter lautem Aufschrei als Annexion oder Besetzung bezeichnet werden kann, und immer seltener Anschluß oder Beitritt genannt wird