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Moral

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Der Begriff Moral (frz.: moral, v. lat.: moralis die Sitten betreffend; lat.:mos Sitte, Plural mores) bezeichnet:

  • Die Gesamtheit der Normen, Werte, Grundsätze, die das zwischenmenschliche Verhalten in einer Gesellschaft regulieren und von ihrem überwiegenden Teil als verbindlich akzeptiert oder zumindest hingenommen werden (herrschende Moral; bürgerliche Moral sozialistische (Kampf)-moral).
  • Das sittliche Empfinden oder Verhalten eines Einzelnen oder einer Gruppe (hohe Moral; niedere Moral).
  • In der Philosophiedie Lehre vom sittlichen Verhalten des Menschen, auch Moralphilosophie genannt. (vgl. Ethik).
  • Soziologisch kann man Moral als Instanz beschreiben, die es Individuen ermöglicht, in sozialen Systemen mitzuwirken, die zu komplex sind, als dass sie in ihrer Gesamtheit zu erfassen wären.

weitere Bedeutungen des Begriffes Moral. Diese Art von Moral bezeichnet:

  • In der Literatur die Nutzanwendung z.B. einer Erzählung („Moral von der Geschichte“).
  • In der Umgangssprache bezeichnet Moral auch eine allgemeine psychische Verfassung oder Stimmung ("die Moral der Truppen ist schlecht", "zur Bewältigung dieser besonders schwierigen und nicht abzusichernden Kletterstelle benötigt man eine gute Moral" usw.)

Das Wort Moral ist ein sog. Singularetantum: ein Wort, zu dem begrifflich kein Plural existiert, obwohl es natürlich viele verschiedene Moralvorstellungen und moralische Ideen gibt.

Definitionen von Moral: Konformität, Gesinnung und mehr?

Die hier verwendeten Begriffe von Moral beziehen sich auf zwei frühe Auffassungen von Moral. Der zeitlich früheste Ansatz ist hierbei die 1.) Regelkonformitäts-Definition, die im Wesentlichen eine Liste von Dingen beschreibt, die als gut angesehen werden oder auf der anderen Seite ausdrücklich verboten sind. Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht morden usw. Diese Liste von Dingen kann kulturell recht unterschiedlich sein. Sie wird im Allgemeinen von einer nicht-menschlichen bzw. übermenschlichen Distanz definiert (Gott o. ä.) und von einer speziellen Gruppe von Leuten interpretiert. Dann hat sie unbedingten Geltungsanspruch. Dies führt insbesondere zu Problemen, wenn in totalitären Gesellschaften die Regeln konträr zueinander stehen und keiner mehr so richtig weiß, welche eigentlich die Regel ist, die man einhalten soll. Der andere Ansatz ist 2.) die Definition von Moral als guter Absicht. Dieser sieht rollenkonformes Verhalten als einen schlechten Indikator von Moralität und sieht die Absichten der Person als den am besten geeigneten, wenn nicht sogar den einzigen Indikator von Moral an. Bezugnehmend auf diesen Ansatz ist ein moralisch gutes Verhalten ein solches, dass sich auf gute Absichten berufen kann. Andere Begriffe für moralische Absichten sind moralische Werte, Motive oder Prinzipien. Für viele Jahrhunderte, waren beide Definitionen (und sind es immer noch) theologische und philosophische Rivalen, die in sehr verschiedene Theorien und Methoden in Psychologie und Erziehungswissenschaft mündeten. Der Ansatz von der Konformität des Verhaltens führte vor allem zu einem behavioristischen Ansatz in der Moralpsychologie und Bestrafungs- und Belohnungsansätzen in der moralischen Erziehung. Die gute Absichten-Theorie führte zur Psychologie der moralischen Einstellungen, Motive und Werte und zu verschiedenen Arten von Werte-Bildung und moralischem „Auswendiglernen“. Aber reicht es denn aus moralische Einstellungen und Werte zu haben, um nach ihnen handeln zu können? Im Namen moralischer Motive sind viele verlustreiche Kriege geführt wurden, und das immer noch. Zwischen den moralischen Einstellungen und tatsächlichem moralischem Verhalten scheint es eine Lücke zu geben. Wie kann man diese füllen?

Die moralpsychologische Forschung von Jean Piaget und Lawrence Kohlberg

Jean Piaget machte die Lücke zwischen moralischen Regeln und tatsächlichem Verhalten zu einem besonderen Ziel seiner Forschung (1932). Er nahm an, dass es Stufen oder Phasen moralisch-kognitiver Entwicklung gibt. Lawrence Kohlberg arbeitete dieses Stufenschmema aus und versuchte moralische Urteilskompetenz zu messen. Er begründete damit einen neuen, vielversprechenden Ansatz moralpsychologischer Forschung. Eine der bedeutsamsten Leistungen war, dass er es schaffte eine klare Beziehung zwischen moralischen Idealen auf der einen Seite und moralischem Verhalten auf der anderen zu schaffen. Seine Definition der moralischen Urteilsfähigkeit moralische Urteilsfähigkeit stellt eine wirkliche Neuheit dar. Mit der neuen Sicht auf eine moralische Urteilsfähigkeit war ein neuer moralpsychologischer Zweig eröffnet, der im Bildungswesen fruchtbare Ansätze vorzuweisen hat.

Unterschied zwischen Ethik und Moral

Ethik leitet sich vom griechischen ethos und Moral vom lateinischen mos ab. Moral bedeutete ursprünglich nichts anderes als das griechische Wort für Ethik und beide Begriffe werden auch heute noch im Volksmund synonym verwendet. Manchmal wird Moral auch auf gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten im sexuellen Bereich reduziert.

Innerhalb der neuzeitlichen Philosophie wird überwiegend zwischen den beiden Begriffen Ethik und Moral klar unterschieden. Als Moral wird hierbei das bestehende System an Regeln, Normen und Wertmaßstäben bezeichnet. Ethik ist hingegen die Reflexionswissenschaft der Moral und gleichbedeutend mit Moralphilosophie. Moral und Ethik verhalten sich somit zueinander wie Recht und Rechtsphilosophie.

Ethik kann auch als das Nachdenken über Moral verstanden werden; sie ist das System, durch das eine konkrete Handlung als moralisch oder auch als unmoralisch bestimmt werden kann.

Durch ihre unsystematische Entstehungsgeschichte können sich einzelne moralische Regeln als unethisch erweisen. So ist etwa die in gutbürgerlichen Kreisen informell befolgte Regel: "Pflege keinen Umgang mit Knastbrüdern", ethisch nicht zu rechtfertigen.

Moral in der Literatur

"Und die Moral von der Geschicht" steht am Ende einer klassischen Fabel und einiger Märchen und Sagen, doch in diesem Fall ist "Die Moral" etwas anderes als sonst. Hier ist die Moral eine Lehre, die man aus der Geschichte (s. auch Erzählung) zieht.

Verwandte Begriffe

Als moralinsauer wird jemand bezeichnet, der sich auf die Moral beruft, ohne dabei im vollgültigen Sinn ethisch zu argumentieren.
Eine Doppelmoral ist das Messen mit zweierlei Maß. Dies wird häufig mit dem bildhaften Ausspruch illustriert: „Wasser predigen, aber selbst Wein trinken.“
Unter einem Moralapostel versteht man eine Person, die anderen dauernd moralisierende Belehrungen aufdrängt.
Als unmoralisch wird jemand betrachtet, dessen Verhalten in größerem Maße sozialen, religiösen und / oder humanistischen Normen und Werten widerspricht.
Weiterhin wird der Begriff Moraltheologie in der christlichen Theologie verwendet.
Hinweis:
Ein von David Hume verfasstes Buch heißt: Untersuchung über die Prinzipien der Moral.

Zitate

Man wird moralisch, sobald man unglücklich ist. Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer. Von Arthur Schopenhauer, Motto seiner Preisschrift über die Grundlage der Moral, nicht gekrönt von der Königlich Dänischen Societät der Wissenschaften, zu Kopenhagen, am 30. Januar 1840. (Dr. Arthur Schopenhauer, Die beiden Grundprobleme der Ethik, zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Brockhaus, Leipzig, 1860, Seite 103)

Referenzen

Literatur

Kurt Bayertz: Warum überhaupt moralisch sein?, C. H. Beck, Beck'sche Reihe, München, 2004 ISBN 3-406-54132-1

Dieter Birnbacher: Analytische Einführung in die Ethik, Walter de Gruyter, Berlin ; New York 2003 ISBN 3110176254

Siehe auch

Wikiquote: Moral – Zitate