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Watzmann

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Der Watzmann ist der vierthöchste Berg Deutschlands. Dieses berühmte Massiv hat seinen Kulminationspunkt in der Watzmann-Mittelspitze, die mit ihren 2713m Höhe zugleich höchster Punkt des Berchtesgadener Landes ist. Durch den Watzmanngrat ist die Mittelspitze mit der Südspitze (2712m) und dem Hocheck (2651m) verbunden. Abgesehen von diesen drei Haupterhebungen des Massivs finden sich noch einige zum Teil sehr untergeordnete Nebengipfel, nämlich die Watzmannfrau (auch Kleiner Watzmann, 2307m), die Watzmannkinder (der Sage nach sind es sieben; jedoch sind nur fünf als eigenständige Gipfel ausgeprägt: 2247m, 2230m, 2165m, 2270m [Watzmann-Jungfrau], 2225m), der Mooslahnerkopf (1815m), das Falzköpfl (1915m), der Grünstein (1304m), die Grießspitze (2257m), die Hirschwiese (2114m) und der Große Hachelkopf (2066m).

Seine berühmteste Ansicht ist die von Norden; von links nach rechts erscheinen die Watzmannfrau, die Kinder und der Große Watzmann (der aus den Hauptgipfeln besteht) als nebeneinander aufgereihte "Familie". Der Sage nach wurde das Land einst vom grausamen König Watzmann beherrscht, der mit seiner Frau und den Kindern Furcht und Schrecken verbreitete. Zur Strafe verwandelte Gott die ganze Familie in Stein, und so stehen sie noch heute als "steinerne Mahnung" im Berchtesgadener Land.

Der Watzmann liegt im Südosten Bayerns im Nationalpark Berchtesgaden. Er ist nach den Gipfeln des Hochkönigstocks (bis 2941m) die höchste Erhebung der Berchtesgadener Alpen. Der Zugang erfolgt meist von Norden; Berchtesgaden/Schönau liegt als Talort über 2000 Höhenmeter unter dem Gipfel - damit weist der Watzmann eine für die Ostalpen sehr bemerkenswerte Höhendifferenz auf, die sogar alpenweit oft nur von Viertausendern übertroffen wird.

Die Erstbesteigung der Mittelspitze fand entweder 1899 oder 1900 durch den Slowenen Valentin Stanic statt; die erste Überschreitung des Grates wurde 1868 durchgeführt.


Im Bild sieht man rechts den Großen Watzmann, die größere Erhebung links ist die Watzmannfrau, dazwischen sind vier Watzmannkinder zu erkennen.


Watzmannüberschreitung

Eine der lohnenswertesten und eindrucksvollsten Gratüberschreitungen der Ostalpen ist die Überschreitung des Watzmanngrates, kurz "Watzmann-Überschreitung" genannt. Dabei werden die drei Gipfel des Hauptkammes, Hocheck, Mittelspitze und Südspitze meist von Norden nach Süden überschritten. Meist wird diese Tour so durchgeführt, daß man am ersten Tag vom Tal (Wimbachbrücke, Parkplatz Hammerstiel, Königssee-Rodelbahn oder St. Bartholomä kommen als Ausgangspunkt in Frage) zum Watzmannhaus (Alpenvereinssektion München, 1928m) aufsteigt, dort übernachtet und am nächsten Tag die Überschreitung angeht. Vom Watzmannhaus wandert man zunächst zum Hocheck hinauf, überwindet dann den exponierten und ziemlich langen Grat, dessen höchste Erhebung die Mittelspitze ist, und erreicht dann die Südspitze. Von der Südspitze, wo der Grat endet, führt ein steiler und steinschlaggefährdeter Pfad durch beeindruckende alpine Landschaftsformen hinab ins Wimbachgrieß, einem gigantischen Schuttstrom, über den man auf einem einfachen Wanderweg parallel zum Watzmannstock wieder nach Norden in die Zivilisation zurückwandern kann. Alle Etappen zusammengerechnet benötigt man etwa 12-14 Stunden reine Gehzeit (vom Tal ausgehend über die Gipfel und wieder ins Tal zurück), sportlich Ambitionierte können jedoch das ganze Pensum auch an einem Tag oder sogar in weniger als sieben Stunden absolvieren.

Bis zum Watzmann-Hocheck verlangt der Weg nur selten das Zuhilfenehmen der Hände und ist für jeden konditionsstarken Bergwanderer ohne größere Probleme zu erreichen. Am Hocheck-Gipfel (der interessanterweise zwei Gipfelkreuze aufweist) beginnt jedoch schlagartig der ausgesetzte Grat, der den Weiterweg gleich viel ernster macht. Meist knapp unterhalb, manchmal jedoch auch direkt auf der Gratschneide gilt es nun dahinzuturnen, oft mit sagenhaften Tiefblicken direkt in die Ostwand und zum Königssee hinab. Durch die vielen Begehungen sind die Felsen ziemlich abgespeckt und dementsprechend rutschig. Bei Nässe, Schnee, Eis, Gewitter oder Nebel verwandelt sich der Grat schnell in ein sehr gefährliches Terrain, auf dem schon einige unvorbereitete Bergsteiger ihr Leben verloren haben. Bei schönem Wetter ist die Tour allerdings ein Genuß, denn auch wenn hier alpine Erfahrung gefragt ist: Die Schwierigkeiten übersteigen nie den zweiten Grad der UIAA-Skala (heißt auf Deutsch: Normal sportliche Menschen haben damit keine Probleme), außerdem sind alle heiklen Stellen durch Drahtseile, Eisenstifte oder in den Fels gehauene Stufen entschärft. Während die Mittelspitze ein sehr schroffer, ausgesetzter Gipfel ist, auf dem schnell Platzmangel entsteht, ist die Südspitze dagegen ein geräumiger, relativ ebener Gipfel, der mit seinem Rundumblick (vor allem zum direkt gegenüberliegenden Steinernen Meer) der vielleicht schönste Aussichtsgipfel des Watzmannmassivs ist. An schönen Sommertagen sind verständlicherweise viele Dutzend Bergsteiger am Watzmanngrat unterwegs; dabei kann es zu Stauungen an manchen Gratstellen kommen. Es lohnt sich, vom Watzmannhaus bereits nachts aufzusteigen, um dann bei Sonnenaufgang als Erster auf dem Hocheck zu stehen!


Ostwand

Die Ostwand der Watzmann-Südspitze, auch Bartholomäwand genannt, ist eine der berüchtigten Wände der Alpen. Seit der Erstdurchsteigung 1881 durch Johann Grill, den "Kederbacher", fanden hier schon an die hundert Menschen den Tod. Das sind mehr Todesopfer als bei der Eigernordwand, und die Watzmann-Ostwand ist sogar auch höher als die Eigerwand - allerdings kommen auch viel mehr Bergsteiger hierher, oft ohne die nötigen Fähigkeiten, und versuchen sich am Watzmann, daher die größere Unfallrate. Mit etwa 2000 Metern Höhenunterschied von der Eiskapelle (das ist eine Eisformation, die von St. Bartholomä auf einem Weg erreichbar ist) bis zum Gipfel dürfte die Watzmann-Ostwand die höchste Wand der Ostalpen und eine der höchsten Wände alpenweit sein. Allerdings ist diese Riesenwand nicht besonders schwierig: Auf dem leichtesten Weg, dem Berchtesgadener Weg, ist "nur" der dritte Schwierigkeitsgrad gefordert, und auch das nur auf weniger als 100 Metern. Die Schwierigkeiten dieser Wand liegen vielmehr in der Orientierung, in ihren Dimensionen und in der fehlenden Möglichkeit, von Westen heranziehende Schlechtwetterfronten frühzeitig zu erkennen. Des weiteren besteht akute Steinschlaggefahr. Im Winter oder Frühjahr, wenn die Felsen von Blankeis oder Schnee überzogen sind und Lawinengefahr herrscht, ist die Watzmann-Ostwand (wie auch die Watzmann-Überschreitung) selbstverständlich nur absoluten Profis und Gebietskennern vorbehalten. Abgesehen vom Berchtesgadener Weg ziehen noch einige weitere Routen durch die Wand, namentlich sind dies der Kederbacherweg (Weg des Erstdurchsteigers), der Salzburger Weg, der Münchner Weg, der Frankfurter Weg, der Polenweg, der Franz-Rasp-Gedächtnisweg und, und, und. Varianten sind in dieser stark gegliederten und nicht sonderlich steilen Wand oft möglich. A propos Franz Rasp: Er war der langjährige "Hausmeister" der Ostwand, durchstieg mehrere Routen als erster im Alleingang und war wohl der beste Kenner der Wand. Am 1.1.1988 stürzte Rasp mit einem Kunden ab und kam dabei ums Leben - es wäre seine 295. Durchsteigung der Wand gewesen. Heute ist Heinz Zembsch die absolute Autorität und Koryphäe in der Watzmann-Ostwand; etwa 300 Mal durchstieg er schon erfolgreich die Wand und bietet seine Erfahrung jedem Ostwandaspiranten als Bergführer an. Die vielleicht größte alpinistische Leistung, die je am Watzmann vollbracht wurde, war eine Durchsteigung des Salzburger Weges von Hermann Buhl im Jahre 1953. Dieser Ausnahmekletterer der 50er-Jahre trainierte für seine so berühmt gewordene Nanga-Parbat-Erstbesteigung des selben Jahres und schaffte es, diese Route allein, nachts und im Winter zu meistern, was eine unglaubliche Leistung darstellt und zu Unrecht in der alpinen Geschichte nur Insidern bekannt ist. Bemerkenswert wäre noch die Biwakschachtel, die im oberen Wandteil auf 2380m (unter dem "Massigen Pfeiler") steht und vor allem bei Wetterstürzen eine wichtige Notunterkunft darstellt.

Der Watzmann hat übrigens auch eine Westwand. Diese ist jedoch völlig unbekannt. Wegen größerer Brüchigkeit ist sie nicht so attraktiv wie die Ostwand und weist keine einzige bekannte Route auf. Manch einer hat sie schon - auch im Abstieg - durchstiegen, aber letztendlich ist die Watzmann-Westwand ein weißer Fleck auf der Landkarte, von allen ignoriert und weitgehend unbekannt...


Andere Gipfel des Watzmannmassivs

Der bedeutenste Gipfel des Watzmannmassivs nach den Hauptgipfeln ist sicherlich die Watzmannfrau (2307m). Dieser formschöne Gipfel ist nicht ganz leicht zu erreichen; der einfachste Weg führt von der Kührointalm von Norden auf den Gipfel, dabei sind an ein paar Stellen kleine Kletterpassagen (bis zum zweiten Grad) zu meistern. Kein größeres Problem also, allerdings gibt es hier im Gegensatz zum Großen Watzmann keine Drahtseilsicherungen oder ähnliches. Überhaupt findet der Bergsteiger hier eine viel größere Einsamkeit als am viel bekannteren Großen Watzmann, sowie eine atemberaubende Landschaft. Sehr markant ist die Westwand der Watzmannfrau, die schon viele Tausend Wanderer, die beim Aufstieg zum Watzmannhaus die Falzalm erreichen, beeindruckt haben dürfte. Diese annähernd senkrechte Wand ist DIE Kletterwand am Watzmann. Es gibt hier Dutzende Kletterrouten verschiedener Schwierigkeitsgrade, darunter auch das "Sakrische Eck", das vom Erstbegeher des Berchtesgadener Wegs der Ostwand im Alter von fast 80 Jahren erstbegangen wurde und der erste "Siebener" im Berchtesgadener Land war - ebenfalls eine alpinistische Großtat, von der nur wenige wissen! Weitere Kletterrouten finden sich hauptsächlich an den Südabstürzen der Watzmannkinder sowie an den Ostwänden von Hocheck und Mittelspitze. Besonders erwähnenswert ist dabei die "Wiederroute" durch die Ostwand der Mittelspitze, die eine landschaftlich sehr eindrucksvolle Kletterei in den unteren Schwierigkeitsgraden darstellt. Der Mooslahnerkopf ist ein sehr schöner Aussichtsgipfel oberhalb von Kühroint; allerdings ist er strenggenommen nur eine untergeordnete Erhebung im Kamm, der von der Watzmannfrau ostwärts hinabzieht. Das Falzköpfl ist noch untergeordneter - steht doch das Watzmannhaus auf seinem Haupt; von einem Gipfel im eigentlichen Sinn spricht hier also niemand mehr. Der vielleicht unbekannteste Gipfel des Massivs ist die Grießspitze (2257m), die eine Erhebung im Südwestgrat der Watzmann-Südspitze darstellt und in manchen Jahren möglicherweise kein einziges Mal betreten wird. Die Hirschwiese (2114) ist dagegen ein beliebter Aussichtsgipfel ganz im Süden des Massivs, auf den ein Wanderweg vom Trischübelpaß, der Nahtstelle zum Steinernen Meer, heraufführt. Von der Hirschwiese zieht ein einsamer Kamm ostwärts, er trägt noch den Großen Hachelkopf (2066m), der selten bestiegen wird, aber wunderbare Einblicke in die Watzmann-Ostwand erlaubt. Als kleinster und ziemlich weit vorgelagerter Gipfel darf der Grünstein (1304m) nicht vergessen werden. Er ist aus dem Tal in kürzester Zeit erreichbar und bietet schöne Tiefblicke ins Berchtesgadener Land - allerdings muss man damit rechnen, daß an schönen Tagen Tausende Touristen, oft mit Hund, dieses Ziel ansteuern.


Zweit- oder vierhöchster Berg Deutschlands?

Das Statistische Bundesamt zählt den Watzmann als vierthöchste Erhebung Deutschlands auf, während viele ihn als zweithöchsten Berg Deutschlands bezeichnen. Der Watzmann ist der vierthöchste Gipfel Deutschlands, im Wetterstein gibt es mehr als drei Erhebungen, die höher sind als er. Nicht alle davon gelten aber auch als eigenständige Gipfel, da sie oft nur wenige Höhenmeter aus einem Grat herausragen. Nur drei dieser Erhebungen (Zugspitze 2964m, Hochwanner 2746m, und Höllentalspitze 2745m) sind so ausgeprägt, daß man sie als eigenständige Gipfel werten kann, somit folgt die Watzmann-Mittelspitze mit 2713m an vierter Stelle in der Gipfelliste. Schaut man sich allerdings nur ganze Gebirgsstöcke als solche an, stellt man fest, daß außer dem Wettersteingebirge kein deutsches Bergmassiv höhere Gipfel aufweist als das Watzmannmassiv. Um alle Mißverständnisse zu vermeiden, sagen wir am besten: Der Watzmann ist Deutschlands vierthöchster Gipfel oder zweithöchster Gebirgsstock.