Pelikan Group
Herlitz ist einer der größten Papier-, Büro- und Schreibwarenproduzenten der Welt. 93 Prozent aller deutschen Haushalte kannten im Jahr 2005 laut Aussage des Unternehmens den Namen Herlitz.[1]
Geschichte
Die Firmengruppe Herlitz beging im Jahr 2004 ihr 100-jähriges Firmenjubiläum. Sie geht zurück auf die Gründung einer Papier- und Schreibwaren-Großhandlung durch den gelernten Buchhändler Carl Herlitz in Berlin-Schöneberg. Das Einzelunternehmen Carl Herlitz wurde erstmals 1905 im Berliner Adressbuch aufgeführt unter „Vertreter auswärtiger Häuser der Papier- und Kontorenutensilien-Branche“.
Gründung, 1904 - 1945
Carl Herlitz leitete die kleine Firma 31 Jahre lang, ehe er sich 1935 aus gesundheitlichen Gründen zurückzog. Nach der Übernahme der Firma durch den Sohn Günter Herlitz weitete Herlitz den Vertrieb in die Mark Brandenburg aus. Es wurden sechs Mitarbeiter beschäftigt, die Firma zog in die Nähe des Spittelmarktes in Berlin-Mitte um.
Nachdem Günter Herlitz in den Kriegsdienst eingezogen wurde, übernahm vorübergehend seine Mutter Berta Herlitz die Geschäftsführung und hielt die Kundenbeziehungen aufrecht. Im November 1943 wurden die Geschäftsräume zweimal durch Kriegseinwirkungen völlig zerstört, die Geschäftstätigkeit kam zum Erliegen.
1945 bis 1995
Bereits im Sommer 1945 wurde der Geschäftsbetrieb - anfangs in Kellerräumen in Berlin-Moabit - durch Günter Herlitz wieder aufgenommen, zunächst wurden „Gelegenheitsangebote aller Art“ verkauft. Noch war es möglich, auch Kunden in der Mark Brandenburg zu beliefern.
Während der Berlin-Blockade (1948/49) gelang es der Firma Carl Herlitz als einzige von etwa 20 Berliner Fachgroßhandlungen ein Minimum an Ware auf dem Luftweg von Westdeutschland zu beschaffen. Nach Beendigung der Blockade konnte das Sortiment ausgeweitet werden. Die Firma beschäftigte Anfang der 50er Jahre bereits 50 Mitarbeiter und gehörte bald zu den bedeutendsten Großhandlungen im Bundesgebiet.
Bedingt durch die Ereignisse des 17. Juni 1953 - traditionelle alte Lieferanten aus Mitteldeutschland drohten auszufallen - begann man eine eigene Fertigung aufzubauen, unter anderem für Schulhefte, Zeichenblöcke, Briefblöcke, Karteikarten und Buntpapierhefte. Bereits 1955 wurden 60 t Papier monatlich verarbeitet. Der Großhandel konnte - politisch bedingt - nur noch Kunden in West-Berlin beliefern. Bei einem Umsatz von 2,2 Mio. DM konnten 1955 dennoch 55 Mitarbeiter weiterhin beschäftigt werden.
Erste Versuche 1957/58 eigene Erzeugnisse im übrigen Bundesgebiet abzusetzen, schlugen fehl. 1960 gelang der Durchbruch auf dem „westdeutschen Markt“ mit Diarien und Zeichenblöcken mit bebilderten Deckblättern, damals einer absoluten Neuheit. Sie zeigten Tiermotive und Sportbilder, die in Zusammenarbeit mit Professor Bernhard Grzimek und Harry Valerien herausgebracht wurden. Eine eigene Vertriebsorganisation für das Bundesgebiet wurde aufgebaut.
Seit der Währungsreform 1949 konnte der Umsatz alle 4 Jahre - bis 1994 - verdoppelt werden. Die rasante Entwicklung und damit die wirtschaftliche Expansion der Firma zeigen die nachfolgenden Umsatzzahlen:
- 1960: 2 Mio. Euro,
- 1969: 12 Mio. Euro,
- 1972: 20 Mio. Euro,
- 1974: 36 Mio. Euro,
- 1980: 87 Mio. Euro,
- 1985: 267 Mio. Euro,
- 1990: 454 Mio. Euro,
- 1994: 885 Mio. Euro,
Diese Expansion spiegelte sich sowohl im Wandel der Betriebsform als auch im Auslandsengagement der Firma wider. 1972 wurde die Firma Carl Herlitz in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, 1974 erfolgte die Inbetriebnahme des ersten Hochregallagers mit 6.000 Palettenplätzen für Fertigwaren; es wurden im Jahresdurchschnitt 504 Mitarbeiter beschäftigt.
1974 wurde die Herlitz Consult GmbH gegründet, die 1975 den Auftrag erhielt, eine schlüsselfertige Fabrik für Schulhefte in Bagdad zu errichten. Einschließlich einer Brücke sowie einer kleinen Moschee, die ebenfalls gebaut wurden, war dies der größte Einzelauftrag in der Geschichte der Firma Herlitz (Auftragsvolumen: 38 Mio. DM).
1977 folgte der Börsengang von Herlitz, Ende der 80er Jahre ging die Herlitz International Trading (HIT) AG, die aus der Herlitz Consult hervorgegangen ist, selber an die Börse. 1978 wurde die Firma Paul Zoecke GmbH/Berlin übernommen, somit konnte das Sortiment um Glückwunschkarten erweitert werden.
In den 80er und Anfang der 90er Jahren wurden die Firmen Vetter/Brensbach (Fasermaler), Böhler/Schwetzingen (Füllhalter), Bentz-Papier/Düren (Briefpapier-Ausstattung), Rema/Neukirchen v.d. Walde (Alben + Mappen), Spang/Esslingen (Geschenkpapier) und Susy Card/Bargteheide (Humor-Karten) gekauft. Herlitz war damit der erste Vollsortimenter der PBS-Branche („Alles aus einer Hand“).
1985 wurde das Versandzentrum in Berlin-Spandau bezogen, mit dem damals laut dem Guinness-Buch der Rekorde größten Hochregallager der Welt mit über 70.000 Palettenplätzen. Mitte der 80er Jahre wurden in Aachen, Augsburg und Ludwigsburg die ersten McPaper-Läden in Franchise eröffnet. 1990 folgte die Gründung der McPaper GmbH zusammen mit der Rewe-Tochter Christ.
Ausländische Vertriebsgesellschaften der Firma Herlitz entstanden in Österreich (1977), den Niederlanden (1977), der Schweiz (1977), Frankreich (1980), Texas/USA (1981-1990), Polen (1992), Finnland (1992), Ungarn (1992) und Tschechien (1993).
Nach dem Abschied des jahrzehntelangen Firmenchefs und Vorstandsvorsitzenden Günter Herlitz, der den Vorsitz im Aufsichtsrat übernahm, kam es ab 1988 zu einem Bruderzwist der beiden älteren Brüder Dr. Peter und Heinz, der mit dem Ausscheiden von Heinz Herlitz im Jahre 1992 endete. Die Schraube der Expansion wurde zugleich jedoch überdreht. Fabrik und Lager in Falkensee sind bis heute überdimensioniert.
Während Dr. Klaus Herlitz die Marke Herlitz durch neue Ideen am Markt etablierte und sich für ein umweltbewusstes Sortiment stark machte, geriet durch den Vorstandsvorsitzenden der HIT AG, Gerard Jaslowitzer, 1994/95 der Zukauf einer Papierfabrik in Russland zum Desaster, darüber hinaus misslang der Einstieg ins Immobiliengeschäft.
1995 bis 2001
1995 wurde die familiengeprägte, unternehmerisch geführte Gesellschaft unter dem neuen Vorstandssprecher Jaslowitzer schrittweise in eine management-geführte Holding umgewandelt.
Auf der Hauptversammlung 1996 wurde Günter Herlitz mit einer Laudatio auf sein Lebenswerk geehrt, er schied aus dem Aufsichtsrat aus und wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Gleichzeitig beschloss die Hauptversammlung die Umwandlung der Herlitz AG in eine Holding, zu der die Herlitz PBS AG, die Herlitz Falkenhöh AG, die HIT AG und die McPaper AG gehörten.
Als Tochtergesellschaft in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fungierte Mc Paper, die 1998 an die Deutsche Post AG veräußert wurde. Es entstanden Joint Ventures mit eingeführten Marken wie Landré (1996), Diplomat (1997), Fiege eCom (2000) und Mercoline (2000).
1997 wurde Karel de Vries zum neuen Sprecher des Vorstandes gewählt. Von Unternehmensberatern fehlgeleitet entglitt ihm mit seiner ungestümen Expansionpolitik durch zahlreiche Firmenzukäufe im In- und Ausland sowie Eröffnungen von diversen Niederlassungen in Ost- und Südeuropa die Kontrolle über die Holding. Getrieben vom Gedanken eines Global Players wurden unter seiner Regie teilweise marode Produktionsfirmen in Frankreich (Manopa), Holland, Polen, Tschechien und Deutschland (Becker-Falken, Diplomat) aufgekauft und mitunter schon nach kurzer Zeit wegen Unrentabilität geschlossen. Niederlassungen wurden europaweit gegründet und zum Teil schon nach ein oder zwei Jahren wieder geschlossen (Jugoslawien, Portugal). Weitere Niederlassungen entstanden in Belgien, Luxemburg, Griechenland, England, Slowakei, Rußland, Rumänien und Bulgarien.
Bereits 1997 schrieb die Firma einen Verlust von 51 Mio. Euro. Mehreren externen Managern, die unter dem neuen AR-Vorsitzenden Hans-Peter Friedrichsen eingesetzt wurden, gelang es nicht, einen Turnaround zu erreichen.
2002 bis heute
Die Entwicklung zwang Herlitz zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu drastischen Einschnitten. Im April 2002 stellten Herlitz AG, Herlitz PBS AG, Diplomat Schreibgeräte GmbH und Susy Card GmbH & Co. KG Insolvenzantrag. Dem Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Peter Leonhardt gelang es, dass das Insolvenzverfahren nicht zur endgültigen Zerschlagung des Betriebes führte, sondern zu einer strategischen Neuausrichtung. Herlitz ist es damit als erstem börsennotierten Unternehmen in Deutschland gelungen, ein Insolvenzverfahren bei laufendem Betrieb nach dem neuen Insolvenzrecht in Rekordzeit erfolgreich durchzuführen.
Unter dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Christian R. Supthut wurden unrentable Auslandsgesellschaften in Frankreich und Portugal geschlossen, ebenso die Hälfte der dreizehn Produktionsstätten. Die Zahl der Beschäftigten wurde von 5.000 (1993) auf 2.900 (2004) reduziert. Der Umsatz konnte konsolidiert werden, im Jubiläumsjahr 2004 betrug er wieder 335 Mio. Euro[1], der Gewinn über 1 Mio. Euro.
Mit Wirkung zum 4. Oktober 2005 hatte die Stationery Products S.à.r.l. (Stationery Products) mit Sitz in Luxemburg rund 64,7 % des Grundkapitals der Herlitz AG von den Gläubigerbanken übernommen. Die Stationery Products gehört mittelbar zur Advent International Corp. (Advent), mit Sitz in Boston, USA, einer international tätigen Private-Equity-Gesellschaft. Die EU-Kommission stimmte dem Kauf zu.
2005 konnte das operative Ergebnis - trotz eines weiteren Umsatzrückganges (auf 318 Mio. Euro) in einem sich verschärfenden Preiswettbewerb im Markt - gegenüber dem Vorjahr gesteigert und die Nettoverbindlichkeiten reduziert werden.
Mit Beginn des Jahres 2006 wechselte Suphut in den Aufsichtsrat. Den Vorstandsvorsitz übernahm Jan Van Riet. Der Umsatzrückgang konnte zwar nicht gebremst werden, die Erlöse sanken um 2,9 % auf 309 Mio. Euro, aber das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 5,2 Mio auf 3,9 Mio Euro. Im Jahr zuvor hatte das Unternehmen noch einen Verlust von 1,3 Mio Euro zuverkraften gehabt.
Im Juni 2007 wurde Van Riet als Vorstandschef von Jan von Schuckmann - im nur noch zweiköpfigen Vorstand - abgelöst. Die Verantwortung für das Marketing und den Vertrieb, mit dem Ziel die Neuausrichtung der Herlitz-Aktivitäten in Richtung PBS-Fachhandel voran zu treiben, liegt bei dem neu ernannten Mitglied des Vorstandes, Martin Hoffmann. Auf der Paperworld in Frankfurt wurde neben 'Boon and Bane', der neuen Designmarke, auch wieder echte Produktinnovationen - erstmals mit dem neuem Herlitz-Logo - vorgestellt.
Die derzeitigen Produktionsstätten liegen in Berlin-Tegel, in Falkenssee bei Berlin, in Peitz (Brandenburg), Moss (Tschechien) sowie in Rumänien und Großbritannien. Die Herlitz-Logistik beliefert rund 8.500 Vertriebsstellen in Deutschland direkt. Weitere 3.000 Kunden europaweit werden von Herlitz bedient. Der Exportanteil lag 2006 bei 37 %. Im Herlitz-Konzern sind 2.300 Mitarbeiter, davon 1.500 in Deutschland, beschäftigt.
Herlitz führt ein Sortiment von rund 12.000 Artikeln des Papier-, Büro- und Schreibwarenbereichs. Hierzu gehören neben den klassischen Schulartikeln wie Hefte, Zeichenblöcke, Buntstifte und Lineale auch Schulranzen, Schüleretuis und Zirkel. Im Bereich der Büroartikel sind hervorzuheben Ordner, Schnellhefter, Locher und Ablagesysteme. Zum Komplett-Sortiment gehören weiterhin Glückwunschkarten, Geschenkpapier, Party- und Picknick-Artikel genauso wie Schreibgeräte (Füllhalter, Kugelschreiber, Bleistifte).
60 % der Artikel werden in Eigenproduktion hergestellt (u.a. produziert Herlitz über 80 Mio. Aktenordner und ist damit weltweit Marktführer in der Ordnerproduktion), der Rest sind klassische OEM-Artikel.
Auf Initiative von Herlitz wurde 2003 der gemeinnützige Verein 'BildungsCent e.V.' gegründet, er setzt sich bundesweit für die nachhaltige Förderung der Lehr- und Lernkultur in Deutschland ein.