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Pierre Angénieux

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Älteres Logo der Anegenieux-Werke

Pierre Angénieux (* 14. Juli 1907 in Saint-Héand bei Saint Etienne; † 26. Juni 1998) war ein französischer Mathematiker, Ingenieur und Unternehmer.

Leben

Ersichtlich wurden das Interesse und Talent von Pierre Angenieux für mathematische Berechnungen während seiner erfolgreichen Ausbildung an der Schule Notre-Dame de Valbenoîte in Saint-Etienne. Hier ermutigte man ihn, eine Karriere als Ingenieur anzustreben. Nach zwei Jahren Vorbereitung wurde er 1925 an der École nationale supérieure d'arts et métiers in Cluny aufgenommen. Hier erhielt Pierre Angénieux 1928 sein erstes Diplom.

Sein zweites Diplom folgt schon ein Jahr später am Institut d'optique théorique et appliquée. Seine Ausbildung dort führt wesentlich Henri Chrétien durch - der durch die Entwicklung der Cinemascope-Linsen ebenfalls in die Annalen der Filmgeschichte eingeht.

Anschliessend beginnt er zu arbeiten - zuerst, ab 1930, bei dem damaligen Weltmarktführer für Filmproduktion: Pathé.

Bei Pathé lernt er die Welt des Kinos kennen, der er bis an sein Lebensende verbunden bleiben wird. Während seiner Tätigkeit bei Pathé bis 1935 entwickelt sich die Kinotechnologie rasant - der Tonfilm wird eingeführt, erste Farbfilme werden realisiert... Unter diesem Eindruck gründet er dann 1935 das Unternehmen Angenieux.

Die Firma Angenieux beginnt unmittelbar Produkte für die professionelle Kinoproduktion zu fertigen. Es war Pierre Angenieux gelungen, sich während seiner Tätigkeit für Pathé einen sehr guten Ruf bei den französischen Regisseuren und Kameramännern aufzubauen. So wurde er von prominenten Filemmachern der Epoche, wie Renoir und Abel Gance mit der Entwicklung spezifischer optischer Systeme beauftragt, beispielsweise mit Linsen zur Projektion auf mehrere Leinwände. Seine Firmenateliers in der Rue Murger in Paris wurden eine frequentierte Anlaufstelle der professionellen Filmschaffenden.

Dann wird der Weg schwieriger: Der des drohende Angriff der deutschen Armee zwingt Pierre Angenieux sowohl seinen Entwicklungsschwerpunkt von zivilen fotografischen Produkten hin zu militärisch relevanten Gerätschaften wie auch seinen Firmensitz verlagern - im Auftrag der Regierung. Die französische Regierung dezentralisiert die jetzt sicherheitsrelevanten optischen Betriebe: O.P.L. nach Châteaudun, SOM. BERTHIOT nach Dijon, SAGEM nach Montluçon, SERPI nach Chatellerault, TRT nach Brives -, und Angenieux zieht mit seinen optischen Werken zurück in seinen Geburtsort Saint-Héand.

Während der Besatzung Frankreichs findet er sich mit seinem Unternehmen in der zone libre, dem nicht von Deutschland besetzten südlichen Teil Frankreichs, wieder. Die Besatzungjahre nutzt er, um bahnbrechende theoretische Überlegungen hinsichtlich dem Entwurfes von Objektiven anzustellen. Dieses zahlt sich dann nach Kriegsende aus. 1946, unmittelbar nach dem Frieden, zieht Angenieux wieder zurück nach Paris und macht sich daran, die theoretischen Erkenntnisse in Produkte umzuwandeln.

1950 stellt Angenieux dann den Retrofokus vor - welcher einen grossen Entwicklungsschub in der optischen Leistung von Weitwinkelobjektiven ermöglicht. Der Retrofokus wird sofort ein durchschlagender Erfolg: zahlreiche Kamerahersteller beginnen damit, ihre Kameras mit Angenieux-Optiken auszurüsten, darunter Leitz, Alpa, Leica, und Arri.

1953 erreichen die nächsten angewandten Produkte den Markt, darunter ein Objektiv mit 1:0.95 Öffnung, was im Vergleich zu den schärfsten Mittbewerbern in etwa eine Verdopplung des verfügbaren Lichtes zur Aufnahme darstellt. Dieses erregte Aufsehen, auch in den USA beim seinerzeit erfolgreichsten Kamerahersteller Bell and Howell. Dieser entschließt sich, die Kamera BH70 nun mit Angenieux-Optiken auszustatten. Die Kombination aus BH70 und Angenieuxoptiken wird mit über 30.000 verkauften Exemplaren innerhalb der nächsten 35 Jahre zur erfolgreichsten Kamera der Epoche. Weitere Kamerahersteller wie Kodak, Beaulieu und Contina folgen als Kunden.

Nach dem Retrofokus entwickelt Pierre Angenieux 1956 seine zweite grosse Innovation: das Zoomobjektiv.

Innerhalb der nächsten 4 Jahre perfektioniert er diese neue Art von Optik bis die Technik 1960 dann, mit dem 10x Zoom ausgereift ist: Alle seitdem gefertigten Zoomobjektive aller Hersteller basieren auf dem Konzept des Angenieux 10x Zooms.

1964 erhält Pierre Angenieux dann den ersten seiner beiden Oscars - explizit für seine Zoomobjektive.

Im gleichen Jahr beginnt eine enge Zusammenarbeit zwischen Angenieux und der NASA, die bis zur Ausstattung des Space Shuttle reichen wird. Pierre Angenieux liefert unter anderem die Optiken für die Gemini-, Ranger- und Apollo- Programme wie auch für Skylab.

Ab 1975, im Alter von 68 Jahren, beginnt er schrittweise ein wenig Abstand zur Geschäftsführung seiner Firma Angenieux zu nehmen und beginnt zu schreiben: "Le Parc de la Tête d´Or" lautet der Titel des Romanes, der in seinen letzten Lebensjahren entsteht. Forschend und entwickelnd bleibt er "seiner" Firma bis zu seinem Tode verbunden.

Auch nach seinem Tod 1998 haben seine Arbeiten bestand - Auch die modernsten Computerprogramme nutzen die von ihm entwickelten trigonometrischen Gleichungen zur Linsenentwicklung. Sein Retrofokus machte die Kleinbildkameras zum verbreitestem Kameratyp und ist nach wie vor Grundlage derer Optiken. Die seitdem gefertigten Zoomobjektive aller Hersteller basieren auf dem Konzept des Angenieux 10x Zooms. Seine Firma Angenieux, mittlerweile in der Thales-Gruppe, stellt nach wie vor viele der leistungsfähigsten und teuersten Zoomobjektive für Kinofilmproduktion her, welche nach wie vor von Starregisseuren wie Peter Jackson für ihre Produktionen genutzt werden.


Angenieux und die NASA

Datei:Ranger 9 Sonde.jpg
Ranger 9 Sonde mit Angénieux Optik(Ranger Block 3)
Aufnahme des Anflug von Ranger 9 auf den Mond durch eine Angénieux-Optik

Zwei der bekanntesten Bewegtbildaufnahmen sind vermutlich der erste Anflug auf den Mond und die ersten Schritte auf dem Mond.

Die erste Aufnahme, der Zusturz auf den Mond, wurde von der Raumsonde Ranger VII durch eine RCA-Vidicon-Kamera mit einem Angenieux f/0.95 25mm Objektiv gedreht. Die erste Aufnahme der Bildsequenz hatte eine Distanz zur Mondoberfläche von rund 2500 Kilometern, das letzte Einzelbild von weniger als 500 Metern. Das Bild der Mondoberfläche wurde hierbei von Kamera und Optik, trotz der hohen Geschwindigkeit, noch mit 30 Zentimetern aufgelöst.

Das Rangerprogramm, dessen 9 Sonden von Angenieux ausgerüstet wurden, diente der NASA der Erkundung des Mondes und der Vorbereitung einer Landung eines bemanntes Raumschiffes auf ebendiesem.

Die gewonnen Erkenntnisse wurden zur Durchführung des Apollo-Programmes genutzt. Mit der Landung von Apollo XI 1969 betrat dann erstmals ein Mensch den Mond, und erneut waren Optiken von Angenieux zur Aufzeichnung die Wahl der NASA.[1]

1973 wurde dann das mit weniger Glück gesegnete Skylab mit einer Westinghouse Electric und einem Angenieux Zoom ausgerüstet.

Bald darauf, während der Apollo-Sojus Mission, konnten sich dann erstmals Angenieux-Linsen gegenseitig filmen, da sowohl das sowjetische wie auch das amerikanische Raumschiff mit den identischen Angenieuxzooms bestückt waren.

Für das Shuttle wurde dann ein anderes Objektiv entwickelt - Ein Weitwinkelobjektiv mit 86° Blickwinkel.[2]

Auszeichnungen und Leistungen

Für seine Leistungen in der Entwicklung, Erforschung und Fertigung von Filmoptiken wurde er mit zwei Oscars ausgezeichnet. Er gilt als der Entwickler des Retrofokus und des Zoom-Objektives. Die ersten Schritte der Menschheit auf dem Mond während der Apollo 11 Mission wurden, wie auch die ersten Aufnahmen des Mondes durch eine Ranger-Sonde, mit von ihm entwickelten und gefertigten Optiken aufgenommen.

Nutzer in Film und Forschung

Die Nasa stattete alle Apollo, Ranger und Gemini-Missionen mit Angénieux-Optiken aus. Bekannte Regisseure, die mit Angénieux Optiken arbeiten sind beispielsweise Stanley Kubrick und Peter Jackson.

Wichtige Geräte

  • Angénieux 25-250 Zoom. 1978, sehr populäre Zoomoptik der Epoche
  • 1.0:0.95 T Optik 1951, erste Linse dieser Empfindlichkeit

Literatur

  • R. Andreani: L’Objectif Photographique. Publications Photo Revue 1951.
  • B. Vial: Histoire des appareils francais, Maeght Editeur 1991.
  • R. Kingslake: A History of the photographic lens, Academic Press Inc. 1989.

Vorlage:PND

Einzelnachweise

  1. Jacques Debize - Optical Design and Engineering; 42years of cine 35 mm zoom leadership beim Smithsonian/NASA ADS Physics Abstract Service
  2. André Masson; - Pierre ANGENIEUX, Créateur du zoom moderne französisch