Revolverheld
Revolverheld (engl. gunslinger oder gunfighter) war die Bezeichnung für eine Person im Wilden Westen die den Ruf hatte, gut mit dem Revolver umgehen zu können.
Der Ursprung des englischen Begriffs
Der entsprechende englische Begriff taucht dem Random House Historical Dictoinary of American Slang zufolge zuerst im Jahre 1928 im Roman „Whispering Range“ von Haycox auf. Er wurde bald von weiteren Western-Autoren übernommen und entwickelte sich zu einem allgemein üblichen Begriff. In der Einleitung seines Romans „The Shootist“ schreibt Glendon Swarthout, daß die Worte „gunslinger“ oder „gunfighter“ moderne Begriffe seien und die damals üblicheren Bezeichnungen „gunman“, „pistoleer“ oder „shootist“ lauteten. Bezüglich des Begriffs „gunslinger“ hatte Swarthout recht. Die Bezeichnung „Gunfighter“ wurde jedoch bereits durch Bat Masterson in den von ihm geschriebenen Zeitungsartikeln über seine Erfahrungen im Wilden Westen verwendet.
Anwendung des Begriffs
Der Begriff Held muss in diesem Fall nicht mit dem allgemeinen Verständnis eines Helden übereinstimmen. Es geht vornehmlich um die Bewunderung des Geschicks einer Person im Umgang mit der Waffe, die häufig zu einem Mythos wurde. Die Brutalität, die die Taten der Revolverhelden mit sich brachten, rückt dabei meistens in den Hintergrund. So entstanden Geschichten und Anekdoten um diese Personen, die oft umstritten und meistens nicht mehr nachweisbar sind.
Entwicklung
Grundlegend ist zu sagen, dass der Name „Wilder Westen“ nicht von ungefähr kommt. Im beginnenden 19. Jahrhundert, trieb es die Menschen in den Westen der USA um neue Gebiete zu erschließen. Diese Wege waren gefährlich, es gab wilde Tiere, Indianer und Banditen die es den frühen Siedlern schwer machten. So wurde es bald üblich, dass man neben einem Gewehr, auch eine kompaktere Faustfeuerwaffe mit sich trug. Nach der Erfindung des Revolvers durch Samuel Colt in den 1830er Jahren und dessen erfolgreicher Massenproduktion in den 1840 bis 1860 er Jahren, waren bald viele der Westmänner mit einem Revolver ausgestattet. Nun soll das nicht heißen hier schon von einem Revolverhelden zu sprechen, aber bald gab es Namen die recht rasch bekannt wurden.
Nachdem der Sezessionskrieg vorbei war, gab es eine recht hohe Dichte an Revolvern bei der amerikanischen Bevölkerung. In dieser Zeit wurden einige Legenden bekannt: Wyatt Earp, Wild Bill Hickok, James Wesley Hardin oder Jesse James um nur einige zu nennen.
Einen Revolverheld im engeren Sinn könnte man in folgende Kategorien unterteilen:
Während der Weidekriege in den 1870er und 1880er Jahren, waren viele Männern als Angestellte einer Ranch in blutige Auseinandersetzungen um Weideflächen verwickelt. Entweder waren es jene Sorte von Menschen, die im Auftrag töteten, oder Cowboys die sich in diesen Wirren zu Verbrechern entwickelten. Ein gutes Beispiel ist hier Billy the Kid, ursprünglich in den Weidekrieg von Lincoln County verwickelt, wurde er recht bald zu einem kaltblütigen Viehdieb und Mörder. Ein Revolverheld konnte also ein Gesetzloser, Bandit oder Mörder sein, der die weitestgehend unbesiedelten Flächen des Wilden Westens nutzte, um sich zu verstecken und von dort aus regelmäßig Überfälle auf die Bevölkerung zu verüben.
Diesen Verbrechern gegenüber standen die Männer des Gesetzes wie Pat Garrett und Wyatt Earp. Einige von ihnen vertraten das Gesetz rechtmäßig als Sheriff oder Marshal. Andere wiederum verdienten sich als Kopfgeldjäger, dessen Aufgabe es war, die Gesetzlosen zu stellen und sie entweder zu töten oder der Justiz zuzuführen. Letztlich aber Männer die das Gesetz auf eigene Faust verteidigten, aus Rache oder aufgrund des eigenen Gerechtigkeitssinns und somit Selbstjustiz übten (Vergl. Vigilanten)
Revolverhelden tauchten häufig im Zusammenhang mit dem Beruf des Cowboys auf. Der lange und harte Arbeitsalltag führte dazu, dass die Cowboys in den Städten ausgelassen feierten und schnell in gefährliche Situationen gerieten. Nicht selten waren Schießereien die Folge.
Später entwickelten sich aus der Begeisterung um den Mythos des Revolverhelden Sportschützen, die vor Publikum ihr Können mit der Waffe vorführten. In den Wild West Filmen wird leider nur ein sehr falsches und dramatisches Bild des Revolverhelden gezeichnet.
Das Tragen der Waffe
Grundsätzlich ist die Darstellung in Westernfilmen oder Westernromanen falsch, dass die Revolverhelden häufig ihre Waffe in einem Holster an einem tief an der Hüfte sitzenden Gürtel tragen, um so die Waffe schnell und in einer fließenden Bewegung zu ziehen.
Die Holster waren meist sehr schlicht gehalten. Manche hatten Aufnahmen für zusätzliche Patronen. Meist wurden sie auf normaler Gürtelhöhe getragen. Der Revolver befand sich also deutlich über der Hüfte. Außerdem wurde von vielen auch der so genannte „Cross Draw“ bevorzugt. Der Revolver wird mit dem Griff nach vorne auf der gegenüberliegenden Seite der Schusshand getragen. Ein Rechtshänder zieht die Waffe von links nach rechts aus dem Holster. Vorteil dieser Vorgehensweise, war ein schnelles und sicheres Ziehen der Waffe, auch mit einem längeren Lauf. Wild Bill Hickok trug seine Waffen auf diese Art und Weise, meist in einer roten Schärpe. Der Grund, für diesen Trage Stil, ist auch leicht erklärt. In den Westernfilmen aus den 50ern und 60ern, tragen alle Mitwirkenden einen Peacemaker, den Colt Single Action Army. Diese Waffe, produziert ab 1873, war zwar sehr populär, aber hatte nicht die Verbreitung wie man annehmen mag. Aufgrund des, für die damalige Zeit, hohen Preis, benutzten viele der Revolverhelden ihre alten Perkussionsrevolver aus dem Bürgerkrieg. Manche ließen die Vorderladerrevolver auf Hinterlader umbauen. (Neue Trommel, neuer Hammer, Ladebügel weg und Hülsenausstosser rauf) Dies war noch weitaus billiger, als sich eine neue Waffe anzuschaffen. Diese alten Modelle hatte noch einen weitaus längeren Lauf, von rund 20 - 25 cm.
Natürlich gab es auch Leute die durch das Tragen ihres Revolvers auffallen wollten, Curly Bill Brocius z. B. der Wyatt Earp das Leben schwer machte, war ein Cowboy der wußte, sich heraus zu putzen. Von ihm ist überliefert, dass er seine Revolver in einem Holster mit Silberverzierungen trug. Oder Jesse James, der bis zu 6 Revolver trug.
Nebst einem oder mehrerer Revolver, wurden oft auch noch Messer und manchmal auch Taschenpistolen (Derringer) getragen. Und natürlich, für das Überwinden von weiteren Distanzen, Gewehre.
Das Auftreten

Was einen Revolverhelden prinzipiell von anderen Menschen zu jener Zeit unterschied, war die Bereitschaft einen Konflikt mit der Waffe auszutragen, die Skrupellosigkeit jemanden zu töten, der geschickte Umgang mit der Waffe (schnelles Ziehen und auch noch Treffsicherheit) und einen gewissen Mythos der sich um die Person aufbaute.
In Hollywood wird der Revolverheld oft sehr überzeichnet dargestellt, oft im schwarzen Lederoutfit, was so ganz und garnicht der Realität entspricht. Sicher gab es einige Leute die durch gewisse Merkmale auffallen wollten, waren das reich verzierte Holster oder edel verarbeitete Waffen (vernickelt mit Perlmuttgriffen), aber war es doch stets die damalige Mode die das Aussehen bestimmte. Wild Bill und Wyatt Earp, waren (in den späteren Jahren) zwei stets gut gekleidete Herren, meist mit dunklen Gehröcken bekleidet und trugen teure Hüte. Anderen wieder wie z. B. Billy the Kid, konnte man ihre Herkunft als Cowboy ansehen. Sie trugen meist funktionale Kleidung, die eher schmuddelig wirkte. Grundsätzlich ist aber zu sagen, dass ein Revolverheld aus jeder Gesellschaftsschicht kommen konnte, daher gibt es keinen Leitfaden oder "Uniformschema" in das man diesen Menschenschlag einordnen konnte. Auch gab es kein "besonderes Verhaltensmuster"; stumm, rauchend, Einzelgänger,... Fakt ist, dass jene Leute eine hohe Bereitschaft an Gewalt mitbrachten, aber ansonsten "normale" Menschen waren.
Die Schießereien
In der Realität liefen die Schießereien ganz anders ab, als wir es aus Filmen kennen. Es gilt zwischen spontanen, aus Jähzorn heraus ausgetragenen Schießereien und wirklichen Duellen zu unterscheiden.
Bei den spontanen Schießereien, in z.B. einem Saloon sprangen beide Kontrahenten auf, zogen ihre Waffen und feuerten aufeinander los. Im Gegensatz zu der Filmwelt, wo oft ganze Trommeln geleert wurden bevor einer oder sogar beide Kontrahenten getroffen waren, war hier die Trefferquote sehr hoch, da diese „Shootouts“ in einem Abstand von weniger als 2 Metern ausgefochten wurden.
Klassische Duelle wie im Film gab es, aber unter ganz anderen Voraussetzungen. Hier standen die Kontrahenten nicht 50 oder 100 Meter auseinander, der Abstand betrug oft nur 5 - 10 Schritte (also knapp 5 – 10 Meter). Und auch hier wurde oft mehr als ein Schuss abgegeben bis ein Kontrahent getroffen war. Manchmal wurde auch keiner getroffen und der Streit galt trotzdem als beigelegt.
Es ist erwiesen, dass es einige sehr gute Schützen gab. Unter ihnen waren u. a. Jesse James, Cole Younger und Wild Bill. Jedoch hatten diese „Helden“ viel weniger Tote auf dem Gewissen, als ihnen angedichtet wurden. James Butler Hickok tötete in seiner „Karriere“ nachweislich nur 8 Menschen. Die Geschichten und Legenden dichten ihm aber weit über 20 getötete Kontrahenten an. Oder Wyatt Earp, der in seiner Funktion als Marshal es eher vorzog, seine Kontrahenten mit dem Lauf seines Revolvers K. O. zu schlagen, als eine Schießerei zu beginnen.
Berühmte historische Revolverhelden
- Clay Allison
- Curly Bill Brocious
- Butch Cassidy
- Die Dalton-Brüder
- Billy the Kid
- Wyatt Earp
- John Wesley Hardin
- Wild Bill Hickok
- Doc Holliday
- Jesse James
- Bat Masterson
- Mysterious Dave Mather
- Johnny Ringo
- Dave Rudabaugh
- Sundance Kid
- Ben Thompson
- Bill Tilghman
Quellen
- Bill O'Neal: Gunfighter. Eine Enzyklopädie aller Revolvermänner des Wilden Westens. Augsburg 1997. ISBN 3-8289-0415-7
- Paul Trachtman: „Die Großen Revolverhelden. Marshals, Sheriffs, Outlaws. Männer, die Legenden wurden.“ Naumann & Göbel 2002. ISBN 3-6251-0761-9