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Hans Herrmann

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Datei:PorscheRS61-8zyl-HHerrmann-1962-05-27.jpg
Hans Herrmann im Porsche RS 61 beim 1000-km-Rennen 1962 auf dem Nürburgring
Hans Herrmann vor dem Start zum 1000-km-Rennen 1965
Hans Herrmann 1970 im Porsche 908/03

Hans Herrmann (* 23. Februar 1928 in Stuttgart) ist ein ehemaliger deutscher Rennfahrer.

Der Schwabe, der gelernter Konditor ist, war einer der vielseitigsten deutschen Piloten, der bei unterschiedlichsten Rennarten auf verschiedensten Marken antrat. Seine Karriere reicht von der Zusammenarbeit mit Vorkriegsakteuren wie Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer bis zum Beginn der Dominanz von Porsche bei den 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Er startete erfolgreich bei legendären Langstreckenrennen wie Mille Miglia, Targa Florio und Carrera Panamericana und ist einer der letzten Zeitzeugen aus dieser Ära, in der z. B. noch Rennstrecken mit Steilkurven befahren wurden. Zudem war Hans im Glück an einigen spektakulären, jedoch glücklich verlaufenen Unfällen oder Aktionen beteiligt.

Der Weg zum Rennfahrer

Als 17-Jähriger wurde Herrmann 1945 zum Arbeitsdienst eingezogen und kurze Zeit danach zur Waffen-SS abgestellt. Auf dem Transport zum Einsatzort gelang es ihm zusammen mit vier Kameraden zu entkommen und sich in Zivilkleidung nach Stuttgart abzusetzen. Nach dem Krieg schloss er seine Konditorlehre ab, übte den Beruf aber später nicht aus, obwohl er das Café seiner Mutter übernehmen sollte.

Nach der Lehre erstand er mithilfe der Mutter einen kleinen BMW 3/20 (Bauzeit 1932 bis 1934) und chauffierte damit einen Arzt zu den Patienten. 1947 meldete Herrmann eine Lizenz als Fuhrunternehmer an, jetzt mit einem 1,5-Liter-BMW, den er für 40.000 Reichsmark kaufte und mit dem er als eine Art Taxiunternehmen Personen transportierte. Seine nächsten Autos waren ein 2-Liter-BMW und 1951 ein Porsche 1300. Mit dem Porsche nahm er Ende Ende 1951 an der 1. Hessischen Winterfahrt teil.

Karriere im Motorsport

Der Anfang mit Porsche

1952 startete Herrmann auf dem Nürburgring mit seinem privaten Porsche (jetzt mit 1500-cm³-Motor) erstmals bei einem Rundstreckenrennen und gewann. Schon 1953 gehörte er zum Porsche-Werksteam und nahm erfolgreich u. a. an der Mille Miglia teil, die er mit einem Klassensieg beendete. Bei diesem Rennen quer durch Italien machte er 1954 durch eine spektakuläre Aktion auf sich aufmerksam: Als direkt vor ihm die Bahnschranken für den herannahenden Schnellzug nach Rom im letzten Moment geschlossen wurden, konnte Herrmann nicht mehr bremsen. Er und sein Beifahrer Herbert Linge duckten sich in das Cockpit des flachen Porsche 550 Spyder, und der Wagen fuhr unter den Schranken gerade noch vor dem Zug hindurch. Das Ergebnis waren ein erneuter Klassensieg und der sechste Platz im Gesamtklassement.

Werksfahrer bei Mercedes

Für die Formel-1-Saison 1954 suchte das Mercedes-Werksteam, das mit Juan Manuel Fangio den besten Fahrer der Epoche verpflichtet hatte, einheimische Nachwuchsfahrer zur Ergänzung. Herrmann konnte sich bei Testfahrten im Februar 1954 auf der heimischen Solitude, die nur wenige Kilometer von seinem Wohnort Magstadt entfernt liegt, und insbesondere auf dem Hockenheimring empfehlen. Auf diesem führte die Strecke damals noch zu einer engen Kurve mitten in den Ort, wo es nach Bremsversagen zu einem Unfall kam, sodass Herrmann den „Notausgang“ nehmen musste. Dieser war vorher noch mit einem Draht auf Kopfhöhe der Rennfahrer abgesperrt gewesen, der jedoch auf Veranlassung des erfahrenen Fahrers Karl Kling rechtzeitig entfernt wurde.

Als Nachwuchsfahrer stand Herrmann sowohl im Schatten des Argentiniers als auch seines älteren deutschen Kollegen, da ihm Neuentwicklungen wie der für normale Rennstrecken vorteilhafte unverkleidete Mercedes-Benz W196 erst später zur Verfügung gestellt wurden. Zu seinen besten Leistungen zählen die schnellste Rennrunde beim Großen Preis von Frankreich, wo er allerdings ausschied, während die Teamkollegen einen Doppelsieg beim Debütrennen errangen, sowie der dritte Platz beim Großen Preis der Schweiz 1954. Da Mercedes 1954 werksseitig noch keine Sportwagenrennen bestritt, konnte er auch für Porsche antreten und erreichte mit dem hubraumschwachen Wagen einen vielbeachteten dritten Platz bei der Carrera Panamericana.

Für die Saison 1955 verpflichtete Mercedes zusätzlich Stirling Moss, der auch die Einsätze auf dem neuen Sportwagen Mercedes-Benz 300 SLR bestreiten sollte. Beim ersten F1-Rennen des Jahres, unter extremer Hitze in Argentinien, war Herrmann noch der zweitbeste Mercedes-Fahrer hinter Fangio. Bei der Mille Miglia war er zeitweise schneller unterwegs als der spätere vielumjubelte Sieger Moss, schied aber aus. Der Tankdeckel hatte sich gelöst, sodass Benzin ins Cockpit eindrang und Herrmann die Kontrolle über den Wagen verlor.

Bei einem Unfall an der Hafenmauer beim Training für den GP von Monaco 1955 erlitt er schwere Verletzungen, sodass er nicht mehr für Mercedes antreten konnte, bevor sich das Werk zum Ende der Saison vom Rennsport zurückzog.

Große Erfolge als Langstreckenfahrer

Herrmann blieb zunächst Porsche-Langstreckenfahrer, wollte aber unbedingt zur Formel 1 zurück. Beim Training zur Targa Florio verunglückte er in einem Ferrari. Trotzdem wurde er zu Testfahrten eingeladen, zusammen mit u. a. Wolfgang Graf Berghe von Trips. Der Rennleiter gab ihm die Anweisung, schonend zu fahren, woran sich Herrmann naiverweise hielt. Die anderen Fahrer gaben Vollgas und erzielten bessere Zeiten. Im Nachhinein war Herrmann gar nicht so unglücklich darüber, nicht bei den Italienern Werksfahrer geworden zu sein, denn es verunglückten mehrere davon tödlich, und andere wie John Surtees litten unter den teaminternen Intrigen.

In den Formel-1-Saisons 1957 bis 1959 sah man Herrmann mit mäßigem Erfolg auf Maserati, Cooper und BRM. Auf der Berliner AVUS 1959 trat beim BRM vor der Südkehre erneut Bremsversagen auf, der Wagen überschlug sich in hohem Bogen, wobei Herrmann herausgeschleudert wurde. Das Foto, mit dem verdutzten Herrmann auf dem Boden rutschend, der Wagen durch die Luft wirbelnd, brachte ihm angesichts des glimpflichen Ausgangs den Spitznamen „Hans im Glück“ ein.

1957 und 1958 ging Hans Herrmann außerdem mit einem Borgward 1500 RS bei der Berg-Europameisterschaft an den Start und errang 1957 die Vizemeisterschaft.

Daneben erreichte er achtbare Ergebnisse in Langstreckenrennen (einen dritten Platz beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1958) oder in der Formel 2, jeweils mit Modellen des Porsche 718. Angesichts der anstehenden Regeländerungen, nach denen die Formel 2 ab 1961 zur Formel 1 werden sollte, nahm Porsche testweise mit den F2 am Großen Preis von Italien 1960 teil. Mit dem unterlegenen Wagen kam er auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Monza mit den damals noch befahrenen Steilkurven über einen sechsten Platz nicht hinaus, obwohl die technisch führenden britischen Teams das Rennen boykottierten.

Auch in der Formel-1-Saison 1961 war er Teil des Porsche-Teams. Allerdings erwies sich der etwas plumpe Vierzylinder-Porsche 718, der in der bisherigen F2 erfolgreich war, gegen die neuen, schlanken Konstruktionen der F1-Teams unterlegen. Porsche reduzierte die Einsätze, Herrmann kam seltener zum Zuge, obwohl er 1961 Sportwagensiege beim 12-Stunden-Rennen von Sebring und bei der Targa Florio eingefahren hatte. Hinter Dan Gurney und Joakim Bonnier als dritter eingestuft, sah Herrmann keine Perspektiven. Während der Saison 1962 verließ er Porsche. Die Zuffenhausener konnten in diesem Jahr zwar mit dem neuen, schlanken Achtzylindermodell Porsche 804 zwei F1-Siege erringen (im WM-Lauf in Rouen sowie auf der heimischen Solitude), zogen sich aber Ende 1962 aus der Formel 1 zurück.

Auf den kleinen Abarth bestritt Herrmann von 1962 bis 1965 Langstrecken- und Bergrennen, ohne damit Chancen auf Gesamtsiege bei bedeutenden Rennen zu haben. Auf der Rundstrecke konnten mit den 1000 bis 2000 Kubik kleinen Wagen nur bei weniger bedeutenden Rennen wie der AVUS Gesamtsiege erzielt werden. Angesichts schlechten Materials verzichtete er im August 1965 am Schauinsland bei Freiburg auf einen Start zugunsten der Geburt seines Sohnes Dino. Damit war der Bruch mit Carlo Abarth besiegelt.

1966 begann mit der Rückkehr ins Porsche-Sportwagenteam sein zweiter Frühling; neben zahlreichen Podiumsplätzen in der Sportwagen-Weltmeisterschaft gewann er 1968 das 24-Stunden-Rennen von Daytona. Der Gesamtsieg bei den 1000 km Nürburgring, bei denen er an jeder Auflage teilgenommen hatte, ging jedoch auf „seiner“ Nordschleife 1967 an die zahlreich vertretenen Teamkollegen. Nach dem 1969 im Porsche 908 nur um ca. 100 Meter denkbar knapp verpassten Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans krönte er dort 1970 seine Langstreckenkarriere mit dem heiß ersehnten ersten Gesamtsieg für die Stuttgarter Marke. Im strömenden Regen konnten er und Teamkollege Richard Attwood sich mit dem Porsche 917 K durchsetzen; nur sieben Fahrzeuge wurden am Ende gewertet.

Die Zeit nach den Rennen

Nach diesem Erfolg zog sich der 42-Jährige, wie vorher seiner Frau versprochen, vom aktiven Rennsport zurück. Im Jahr zuvor wollte er noch mal auf dem Nürburgring mit einem Formel 2 beim Großer Preis von Deutschland 1969 antreten, startete aber nach dem tödlichen Trainingsunfall des Teamkollegen und Stuttgarter Nachbarn Gerhard Mitter nicht.

Hans Herrmann blieb dem Motorsport verbunden und förderte den Nachwuchs in der Formel V. Bei Oldtimertreffen ist er ein gern gesehener Gast, insbesondere am Steuer seiner historischen Rennwagen, die er immer noch mit für manche erschreckend hohen Geschwindigkeiten und (dank Helm mit offenem Visier) deutlich sichtbarer Freude bewegt.

Seit 30 Jahren ist der erfolgreiche Automobilzubehör-Geschäftsmann Herrmann zudem Mitglied der Jury „Das Goldene Lenkrad“.

Literatur

  • Helmut Sohre/Hans Herrmann: Hans Herrmann − Ich habe überlebt, Motorbuch Verlag, Stuttgart, 1971

Offizielle Homepage von Rennfahrer Hans Herrmann