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SABA

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Ehemalige SABA-Werke in Villingen

Die Firma SABA, eigentlich Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt, August Schwer Söhne GmbH war ein deutscher Rundfunkgerätehersteller. Zuletzt Bestandteil eines chinesisch-französischen Jointventures, befand sich am Urstandort Villingen nur noch eine Entwicklungsabteilung. Das Unternehmen ging 2007 in die Insolvenz.

Geschichte

Die Wurzeln des Unternehmens gehen auf eine Uhrenfabrik zurück, die Joseph Benedikt Schwer 1835 in Triberg gründete. 1864 tritt der Sohn des Gründers in die Fabrik ein und 1865 firmiert sie als August Schwer Söhne Metallwaren–Fabrik. Die Firma entwickelt sich gut. Als 1905 Herrman Schwer, der Enkel von Joseph Schwer, die Fabrik übernimmt, beschäftigt sie 20 Mitarbeiter.

1923 beginnt die Firma Teile für Radiogeräte herzustellen, etwa Spulen und Drehkondensatoren. Die Firma nennt sich nun Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt. Es stellt sich schnell Erfolg ein und eine Transformatorenfertigung wird eingerichtet. Ab 1926 bietet die Firma Radiobausätze an, bevor sie 1927 beginnt, komplette Geräte selber herzustellen. Technisch herausragende Geräte wie das prämierte S35, das von Eugen Leutholt entwickelt wurde, sichern den Geschäftserfolg. 1935 steht SABA mit einem Marktanteil von 10 % in Deutschland an zweiter Stelle der deutschen Radiogerätehersteller hinter Telefunken. Im 2. Weltkrieg wird auf Rüstungsgüter umgestellt und die Produktionsanlagen werden erweitert. Am 19. April 1945 zerstörten zwei Bombenvolltreffer vor allem die erst kurz zuvor errichteten Werksgebäude vollständig. Das Verwaltungsgebäude blieb bis auf das fehlende Dach jedoch erhalten.

Gegen Ende 1945 konnte SABA Spielzeug (einen Kran), Tablettenröhrchen für die Pharmaindustrie und andere Kleinigkeiten produzieren.

Ab 1946 ermöglichte ein Kontingent die Herstellung von Fernsprechern für die Post. Der erste völlig neu konstruierte Nachkriegs-Apparat W46 stammte von SABA. Er wurde jedoch nicht in großer Stückzahl gebaut. Ab den 1950er-Jahren stellte SABA zusammen mit anderen bundesdeutschen Telefonbau-Firmen auch den W48 her, den langjährigen Standard-Fernsprecher der Deutschen Bundespost.

Rundfunkemfänger "Meersburg" von SABA

Erst 1947 kann wieder mit der Produktion von Radiogeräten begonnen werden. 1949 wird die Firma in eine GmbH überführt. Die Erben waren noch zu jung, der Stiefvater übernahm die Geschäfte. Im Radioverkauf stellte sich zunächst wieder der Vorkriegserfolg ein. Dann begann SABA mit der Produktion von Kühlschränken und verpasste so beinahe den Fernsehboom. Erst 1957 wird die nicht sehr erfolgreiche Kühlschrankproduktion eingestellt und die Brunner-Schwer-Brüder übernehmen SABA. Der erste serienmäßig von SABA hergestellte Fernseher ist der Schauinsland W II. Es folgt eine Expansion des Werkes. Neben den Fernsehgeräten wird mit der Produktion von Tonbandgeräten und mobilen Radios begonnen. Mit der Einführung des PAL-Farbfernsehens wird 1967 auch das erste Farbfernsehgerät von SABA ausgeliefert.

Gegen Ende der 60er Jahre investiert SABA in etliche Großprojekte: Tonbandgeräte für Satelliten und Tonstudios, Geräte zur Beseitigung von Schlafstörungen uvm. Diese hochpreisigen Geräte zusammen mit anderen Fehlentscheidungen brachten SABA Ende der 60er Jahre in finanzielle Schieflage.

Zu den innovativen Neuerungen von SABA gehörte u.a. die drahtlose Fernbedienung, die per Ultraschall bestimmte Funktionen am Gerät einstellt. Weitere Entwicklungen waren das Bild-im-Bild-Verfahren oder ein Service- und Diagnose-System zur Erhöhung der Zuverlässigkeit der Komponenten. Das Design der Geräte errang zahlreiche Auszeichnungen. Auch die Sozialpolitik des Unternehmens machte die Firma zu einem begehrten Arbeitgeber in Villingen-Schwenningen, der auch ausländische Arbeitskräfte aus Italien oder Jugoslawien in vielen Positionen beschäftigte.

Die 1970er-Jahre bringen den Niedergang. 1978 kauft SABA die 2000er Serie von Sanyo, 1979 wird die HiFi-Geräteherstellung ganz aufgegeben und 1980 wird die Firma an den französischen Thomson-Konzern verkauft. 2005 existiert nur noch der Name SABA, der von der Thomson multimedia Sales Germany GmbH gehalten wird.

Nach der Übernahme durch Thomson 1981 und der Integration der Telefunken-Fabriken 1986 kam es teilweise zu enormen Überkapazitäten, die Entlassungen und Stellenabbau verursachten. Erhoffte Synergie-Effekte blieben aus. Eine Herausforderung für die Ingenieure war sicherlich die Fusion von SECAM und PAL, also den französischen und deutschen Systemen in ein einheitliches Gerätekonzept (Mehr-Normen-Tuner).

In den späten 80er Jahren wurde die Produktion nicht nur aus Kostengründen sondern auch aufgrund der Spezialisierung in R&D, die Generalisten und Manager eher benachteiligte, ins günstigere Ausland verlegt. Ein Beispiel aus dieser Zeit (der Wendejahre 1989/1990) ist das BTX-System, welches das Web antizipierte, aber nur einen Bruchteil von dessen heutiger Popularität erreichte.

1986 entsteht ein neues Umfeld im Handel mit Lizenzen und Patenten im internationalen Bereich. Der Name des Unternehmens wechselt häufig: SEWEK, DEWEK, EWD, TTG, DTB und zuletzt TTE. In Villingen bleibt nur noch eine Entwicklungsabteilung des Unternehmens. 1988 stirbt der ehemaliger Chef der SABA-Werke Hermann Brunner-Schwer. Hans Georg Brunner-Schwer, Chef der MPS-Records, stirbt bei einem Unfall.

Mit der Insolvenz der TTE Germany, des chinesisch-französischen Joint Ventures zwischen TCL und Thomson, im Jahre 2007 verschwinden die letzten Arbeitsplätze in der Fernseherentwicklung am Standort Villingen

Chronik

  • 1835 Joseph Benedikt Schwer gründet Uhrenfabrik in Triberg. Herstellung von u. a. Jockeles-Uhren.
  • 1864 August Schwer tritt in den väterlichen Betrieb ein.
  • 1865 Man nennt sich jetzt 'August Schwer Söhne Metallwaren-Fabrik' und baut auch Briefwaagen, Fahrradglocken etc.
  • 1905 Hermann Schwer leitet den Betrieb.
  • 1923 Hermann Schwer hört in der Schweiz zum ersten Mal Rundfunk und beschließt, selbst Detektorgeräte zu bauen. Zunächst jedoch werden Bauteile wie Trafos oder Kopfhörer gefertigt. Der Name Schwarzwälder Apparate Bauanstalt mit der Kürzung auf SABA ist geboren.
  • 1926 SABA bietet erste Detektorbausätze an. Fertige Geräte darf man wegen fehlender Lizenz (die die großen Hersteller vergeben) noch nicht anbieten. SABA beschäftigt bereits mehrere hundert Mitarbeiter.
  • 1927 SABA erhält die Lizenz zum Bau von Radiogeräten, nachdem sie mit ihren Bausätzen für Aufsehen gesorgt hatten.
  • 1929 Eugen Leuthold stößt zu SABA und entwickelt den 'Sieger', das Gerät, welches SABA unter die Top 10 der deutschen Gerätebauer brachte. In nur einem Jahr verkaufte sich der S35 über 100.000 mal.
  • 1932 Man verlässt die Mühle in Triberg und zieht in ein neues Fabrikgebäude in Villingen. SABA wird langsam zur Nummer zwei gleich nach Telefunken.
  • 1936 Hermann Schwer stirbt, seine Frau ist Alleinerbin (mit Auflagen bzgl. der Söhne).
  • 1938 Millionster SABA wird gefertigt.
  • 1939 SABA beginnt für die Wehrmacht zu produzieren. SABA kann erstmals Telefunken überholen.
  • 1945 Die SABA-Werke werden bei einem Luftangriff von zwei Volltreffern heimgesucht.
  • 1946 SABA bekommt ein Kontingent zur Herstellung von Telefonapparaten.
  • 1947 SABA darf wieder produzieren, jedoch Spielzeug. Radios dürfen nur an die Franzosen geliefert werden.
  • 1948 Erst jetzt darf SABA wieder frei produzieren. Mende, Telefunken aber auch Grundig konnten sehr viel früher starten - sie lagen nicht im französischen Sektor.
  • 1949 SABA wird zur GmbH. Der Umsatz ist hoch, SABA-Geräte finden reißenden Absatz, man beschäftigt wieder 1.000 Personen.
  • 1950 Unter Ernst Scherb beginnt SABA mit der Kühlschrankproduktion. Die Kühlschränke verkaufen sich schleppend und belegen einen Großteil der Produktionsräume, die dringend für anderes gebraucht werden.
  • 1954 Hermann Brunner-Schwer tritt in die Firma ein.
  • 1956 Beginn mit der Produktion von Tonbandgeräten im neuen Werk in Friedrichshafen.
  • 1957 Hermann Brunner-Schwer wird Chef der SABA. Die Kühlschrankproduktion wird eingestellt. SABA hat jedoch kaum Rücklagen schaffen können. Der Verdrängungswettbewerb wird härter.
  • 1958 Hans Georg Brunner-Schwer leitet das neu gegründete SABA Musiklabel, das später in Jazzkreisen weltweite Anerkennung findet.
  • 1961 Erfindung des zeilenfreien Fernsehens. Keine Lizenzvergabe an die Konkurrenz. Der TV-Verkauf boomt. Man beschäftigt 4.500 Personen.
  • 1962 SABA bindet sich an die Grossisten, d. h. der Verkauf z. B. in Kaufhäusern wird untersagt. SABA steigert erneut seinen Umsatz.
  • 1967 Der Einstieg in den Farbfernsehmarkt gestaltet sich schwierig. SABA verliert Marktanteile und benötigt frisches Geld. Die Deutsche Bank streicht die Kreditlinien. Grundig bietet Aufkauf zu für SABA inakzeptablen Konditionen an. Unterschriftsreife Verträge von Telefunken und Philips werden storniert bzw. so umgeschrieben, dass sie ebenfalls inakzeptabel werden. Hinter den Kulissen wird Grundig als Drahtzieher vermutet.
  • 1968 SABA verkauft 85 % an die amerikanische GTE in einer Nacht- und Nebelaktion unter strikter Geheimhaltung. SABA verwendet nun die GTE-Sylvania-Bildröhren aus Belgien und kann mit frischem Geld arbeiten. Das SABA-Musiklabel wird in MPS Records umbenannt.
  • 1973 SABA geht es hervorragend, der Umsatz liegt bei einer halben Milliarde DM. Man beschäftigt bereits 6.000 Angestellte.
  • 1974 Fußballweltmeisterschaft. Auslieferung von so vielen Fernsehern wie nie zuvor. Doch einige der Bildröhren halten kaum einen Monat. Sylvania wiegelt ab, SABA forscht. Erst nach langer Zeit stellt man eine Verunreinigung in den Bildröhren fest. Zu diesem Zeitpunkt ist der SABA-Verantwortliche bei GTE entlassen worden. Der SABA-Chef wird ersetzt durch den Chef der belgischen Sylvania-Werke, die eigentlich für den Fehler verantwortlich sind. Auch hier wird hinter vorgehaltener Hand von Grundig-Interventionen gesprochen. Andere Quellen vermuten Sabotage.
  • 1980 GTE verkauft an Thomson-Brandt, einen staatlichen, französischen Gemischtwarenkonzern. Sehr schnell existiert dann nur noch der Markenname SABA. Die Umstände des Verkaufs sind nicht bekannt, sind aber sicher in Defiziten der GTE zu vermuten.
  • 1981 Philips übernimmt ein Bildröhrenwerk von GTE-Sylvania.
  • 1984 Thomson schafft es, an vergangene Erfolge anzuknüpfen und stellt neue Chassis, und Hifi-Geräte, teils sogar Made in Germany vor. In Villingen entsteht das Labor der DTB (Deutsche Thomson-Brandt), das weltweit führend im TV und Videobereich arbeitet.
  • 1986 Ein neues Umfeld entsteht im Handel mit Lizenzen und Patenten im internationalen Bereich. Der Name des Unternehmens wechselt häufig, lautet SEWEK, DEWEK, EWD, TTG, DTB, TTE.
  • 1988 Hermann Brunner-Schwer, ehemaliger Chef der SABA-Werke, stirbt.
  • 2004 Hans Georg Brunner-Schwer, Chef der MPS-Records, stirbt bei einem Unfall.
  • 2007 Mit der Insolvenz der TTE Germany, des chinesisch-französischen Joint Ventures zwischen TCL und Thomson, verschwinden die letzten Arbeitsplätze in der Fernseherentwicklung am Standort Villingen

Literatur

  • Hermann Brunner-Schwer: SABA. Bilanz einer Aufgabe. Vom Aufstieg und Niedergang eines Familienunternehmens. Elster, Moos 1990. ISBN 3-89151-101-9 (Geschichte)
  • Hans Heinrich Schmid: Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850-1980. Firmenadressen, Fertigungsprogramm, Firmenzeichen, Markennamen, Firmengeschichten. Förderkreis Lebendiges Uhrenindustriemuseum e.V., Villingen-Schwenningen 2005. ISBN 3-927987-91-3
  • Farbfernsehtechnik, ganz einfach! Telefunken Fachbuch. Farbfernsehtechnik I. Franzis, München 1967.