Große Winkelspinne
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Tegenaria atrica | ||||||||||||
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Die Große Winkelspinne Tegenaria atrica, auch Hausspinne genannt, ist eine von mindestens 8 in Mitteleuropa heimischen Arten der Gattung der Winkelspinnen (Tegenaria) und ist die größte heimische, Höhlen und Häuser bewohnende Spinne. Die deutschen Namen "Winkelspinne", "Hauswinkelspinne", oder "Kellerspinne" sind irreführend bzw. falsch und sollten nicht gebraucht werden. Das deutsche Synonym "Hausspinne" wird landläufig bei vielen Spinnen der Gattung Tegenaria verwendet, die auch oft in Häusern zu finden sind. Die deutschen Namen sind ungenau und überschneiden sich:
- Hausspinne, Mauerwinkelspinne, T. parietina,
- Hausspinne, Rostrote Winkelspinne, T. ferruginea,
- Hausspinne, Hauswinkelspinne, Tegenaria domestica = Tegenaria derhami.
Die Große Winkelspinne T. atrica kann leicht mit anderen Arten der Gattung verwechselt werden. Sicheres, schnelles Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Tegenaria-Arten sind die einfarbigen Beine, die nur Tegenaria atrica, die kleinere Tegenaria picta und die dunklere Feldwinkelspinne Tegenaria agrestis haben; zur sicheren Unterscheidung ist allerdings die Zeichnung des Sternums heranzuziehen.
Lebensraum und Verbreitung
Die Große Winkelspinne ist in ganz Europa, in Zentralasien und Nordafrika beheimatet und wurde nach Nordamerika eingeschleppt, wo sie sich etabliert hat. Sie besiedelt in der gemäßigten Zone geschützte und trockene Lagen bis 800 m Höhe, darüber sehr viel seltener.
Sie hat ihren Lebensraum vorwiegend in Höhlen, in trockenen, trocken-warmen Laubwäldern, in Baumhöhlen oder Stollen und in Gebäuden, in Weinbergen, Hecken und Gebüschen und Ruderlastandorte, aber stets in Bodennähe, seltener in der Strauchschicht; sie meidet feuchte Habitate. Die troglophile Große Winkelspinne hält sich häufig in der Nähe des Menschen auf, in Kellern, in Wohnungen wie in Scheunen oder Schuppen in schwer zugänglichen und dunklen Ecken, die über längere Zeit ungestört sind.
Körperbau
Der Körper der Hausspinne Tegenaria atrica wird zwischen 14 mm (Männchen) und 18 (bis 20) mm (Weibchen) groß und unterscheiden sich nicht in Grundfärbung oder Zeichnung. Die Grundfarbe ist dunkelbraun. Auf der Brustplatte (Sternum) hat sie eine keulenförmige, hellbraune Zeichnung, bei der das schmale Ende der Keule zum Hinterleib zeigt. Seitlich dieses Males sind je drei hellbraune Flecken, die von vorn nach hinten kleiner werden und so angeordnet, so dass sie strahlenförmig zusammenlaufen.
Der Hinterleib hat einen schmalen, hellen Mittelstreifen, der sich von vorn bis zur Mitte zieht. Seitlich davon sind 6 "Winkelflecken" zu sehen, die auch teilweise mit dem Mittelstreifen verlaufen. An der Unterseite des Hinterleibes sitzt ganz hinten die Afteröffnung, dahinter die Spinnwarzen. Weiter vorne an der Unterseite des Hinterleibes hat sie Atemspalte und den Genitalporus. Mit ihren einfarbig hellbraunen, beborsteten wie fein behaarten Beinen unterscheidet sich die Hausspinne Tegenaria atrica und Tegenaria picta von anderen Arten der Gattung‚ Tegenaria, die meist geringelte oder gefleckte Beine haben. Das vordere Beinpaar ist am längsten, die Länge der Beine nimmt nach hinten ab.
Die einfarbig braunen, nur an den letzten Gliedern leicht beborsteten Beine erreichen beim Weibchen die doppelte Körperlänge, beim männchen die dreifache Körperlänge. Durch diesen Laufapparat sind sie, wie alle Arten der Tegenaria, zu beträchtlichen Geschwindigkeiten befähigt, die jedoch nicht lange durchgehalten werden. Zwei der Beingelenke der Spinnen funktioneren hydraulisch. Der Druck zur Streckung wird im Vorderleib (Prosoma) erzeugt. Ebenso sind die Beine nicht zum Klettern geeignet, so werden Gefäße mit glatten Wänden häufig zur Falle. Scopulahaare am Tarsus sind anders Ausgeprägt als die anderer Spinnen und erzeugen weniger Adhäsionskräfte.
Die Borsten und Haare an den Beinen und die feinen Härchen des gesamten, weichen Körpers sind, wie bei allen Spinnen, das wichtigste Sinnesorgan, mit denen auch geringste Erschütterungen von 5000 Hertz und niederfrequentiger Luftschall von 9000 Hz wahrgenommen werden. Die nachtaktive Hausspinne T. atrica hat 8 gleich große Augen, welche in zwei übereinanderliegenden Reihen nach vorne angeordnet sind. Ihr Sehsinn ist wahrscheinlich beschränkt auf hell-dunkel-Kontraste, da es sich um Einzelaugen mit weniger als 400 Sehzellen handelt.
Verhalten
An wenig gestörten Stellen im Haus baut die nachtaktive Hausspinne ein kleines Trichternetz, das sich zum Ende zu einer Wohnröhre verjüngt. Vom Netz aus spannt sie Fangfäden, in denen sich Beutetiere verheddern. Da sie keine Leimfäden produziert, wird die Beute festgehalten und mit ihren senkrecht stehenden Cheliceren (Kieferklauen) zu einem Brei zerkleinert und aufgenommen. Diese Methode dauert im Vergleich zu dem Aussaugen anderer Spinnen recht lange; das Fressen einer Stubenfliege kann bis zu zwei Stunden dauern.
Das Weibchen bleibt stets in der Nähe ihres Netzes und verläßt dies nur zur Nahrungsaufnahme. Wenn das Nahrungsangebot ihrer Umgebung nachlässt, macht sich das Weibchen auf die Suche nach einem neuen Ort und verläßt ihre Wohnhöhle, dabei werden auch manchmal andere verlassene Nester wiederbesiedelt oder noch bewohnte erobert. Dafür vertreibt oder tötet sie auch andere Hausspinnen, vor allem die kleineren Männchen, aus deren Wohnhöhlen. Manchmal fallen Hausspinnen auch anderen Spinnen zum Opfer. Selbst kleinere Spinnen weben mit ihren Webfäden die Hausspinne ein.
Die Hausspinne kann 3 bis 6 (bis 7) Jahre alt werden, ihre Hauptaktivität ist in den späten Abendstunden. Die Männchen sind fast nur zur Paarungszeit auf ihren Streifzügen zwischen Juni und Oktober anzutreffen.
Fortpflanzung und Entwicklung
Die Männchen sind häufiger auf Streifzügen anzutreffen, wenn sie sich nach paarungswilligen Weibchen umsehen. Sie nähern sich ihnen mit Bewegungen der Pedipalpen (Kiefertastern) und des vorderen Beinpaares. Ist das Weibchen nicht paarungsbereit, wird das Männchen zum Opfer. Das Männchen muss sich dem Weibchen sehr vorsichtig nähern. Die komplizierte Paarung dauert Stunden, bei dem das Paar öfter friedlich pausiert. Die Geschlechtsorgane sitzen an einer dafür ungünstigen Stelle, nämlich an der vorderen Unterseite des Hinterleibs. .
Toxizität und Biss
Obwohl von Arachnologen bestätigt wird, dass die Kieferklauen (Cheliceren) der Hausspinne T. atrica nicht stark genug sind, die menschliche Haut zu durchdringen, gibt es immer wieder anderslautende Aussagen; und gleichwohl ist ein Biss nicht vollständig auszuschließen. Nach Darstellung des Toxikologischen Instituts des Klinikums rechts der Isar München kann der Biss der T.atrica einen leichten Schmerz und eine leichte Schwellung hervorrufen. Die Symptome verschwinden nach ca. 30 Minuten ohne bleibende Wirkung. Dies wurde im Selbstversuch getestet. Nicht provozierte Bisse wurden in der freien Wildbahn bislang nicht beobachtet; die Hausspinne zeigt, wie die meisten Spinnen, ein ausgeprägtes Fluchtverhalten bei übermächtigen Gegnern.
Dabei verschwenden selbst kräftigere Spinnentiere beim Biss normalerweise kein Gift, da der Mensch nicht als Beute erkannt wird und die Produktion des Giftes für die Spinne relativ aufwändig ist.
Siehe auch
Arachnophobie, Arachnologie, Webspinnen
Literatur
- Rainer f. Foelix: Biologie der Spinnen. Thieme, Stuttgart 1979. ISBN 3-13-575801-X
- Ambros Hänggi, Edi Stöckli, Wolfgang Nentwig: Lebensräume mitteleuropäischer Spinnen. Miscellanea Faunistica Helvetiae 1995, Centre suisse de cartographie de la faune, Neuchatel (CH).
- Frieder Sauer, Jörg Wunderlich: Die schönsten Spinnen Europas. Fauna Verlag, Karlsfeld 1985.
- Dick Jones: Der Kosmos Spinnenführer. Franckh, Stuttgart 1990. ISBN 3-440-06141-8