Unternehmen Zitadelle
Das Unternehmen Zitadelle war der deutsche Deckname für den Angriff auf den Frontbogen westlich der russischen Stadt Kursk im Jahre 1943. Die Operation gilt - historisch gesehen - als letzte Großoffensive des deutschen Reiches im Osten und lief vom 5. bis zum 13. Juli 1943.
Der Angriff hatte nicht den gewünschten Erfolg, nämlich diesen Frontbogen zu beseitigen, darin befindliche russische Kräfte zu vernichten, die Front zu verkürzen und Kräfte zu sparen, da die Russen alle Einzelheiten des Plans aufgrund von Spionage und durch die Entschlüsselung der Dechiffriermaschine Enigma seitens der Engländer in Erfahrung gebracht hatten. Es sei jedoch auch denkbar, dass die deutsche Führung bewusst Gerüchte in Umlauf setzte, um die sowjetische Führung zu veranlassen, eine große Menge Truppen im Kursker Bogen zu konzentrieren - also "bestellter Verrat". Durch einen schnellen Vorstoß sollten möglichst viele sowjetische Verbände eingekesselt und zerschlagen werden. Allerdings wurde durch Hitler der Angriff mehrmals verschoben, um auch genügend neue Panzer der schweren Typen Panther, Tiger und Ferdinand zum Einsatz zu bringen, von denen sich die deutsche Führung durchschlagende Erfolge versprach.
So führten die Russen zur Abwehr des vorhersehbaren Angriffs - selbst in der Auslandspresse wurde darüber spekuliert - im Vorfeld gewaltige Schanzarbeiten durch, verlegten über 500.000 Minen und versammelten rund 1,35 Millionen Soldaten sowie fast 4000 Panzer. Daher gestaltete sich der deutsche Angriff - trotz des Einsatzes von 900.000 Soldaten und 2374 Panzern - äußerst mühsam und entsprach mehr einer Materialschlacht des 1. als dem Blitzkrieg des 2.Weltkrieges. Im Verlauf der Offensive konnte die Heresgruppe Mitte, die von Norden auf Kursk vorstieß, lediglich 10 Kilometer Geländegewinn erzielen. Die Heeresgruppe Süd, die als zweiter Zangenarm nach Norden angriff, konnte immerhin 35 Kilometer vorstoßen.
Im Zuge der Offensive entwickelte sich bei Prochorovka die größte Panzerschlacht des Zweiten Weltkrieges. Hier standen 500 deutsche Panzer 850 russischen Panzern der sowjetischen 5. Gardepanzerarmee gegenüber. Die 5. Gardepanzerarmee setzte drei ihrer Korps als erste Staffel mit zusammen 500 Panzern ein und verlor dort allein mindestens 344 Panzer. Die Verluste des II. SS- Panzerkorps beliefen sich auf "nur" 43 Panzer und 12 Sturmgeschütze.
Neueste Forschungen widerlegen die Legendenbildung um die Panzerschlacht bei Prochorovka. Vor allem zeitgenössische sowjetische Darstellungen haben aus naheliegenden Gründen kräftig an diesem Mythos gearbeitet. Die Wehrmacht ist entsprechend der Panzerlagemeldungen vom 11. Juli 1943 am gesamten Südflügel mit insgesamt 2.374 Panzern, Sturmgeschützen und schweren Jagdpanzern angetreten. Die von sowjetischer Seite genannte Zahl von 3.500 ist sachlich nicht haltbar. Von den genannten 2.374 Kampfwagen wurden etwa 270 als Verlust gemeldet.
Die deutsche Panzerfertigung für Juli 1943 betrug 511 Panzer und 306 Sturmgeschütze aller Typen. Im Vergleich dazu produzierten die Russen - dank der Fokussierung auf wenige Typen - bis zu 2000 Panzer pro Monat. In Summe verlor das Deutsche Reich bei der Offensive rund 20.000 Gefallene und 34.000 Gefangene, im Gegensatz zu 35.000 Toten und 17.500 gefangenen Rotarmisten.
Deutsche Verluste aus russischen Quellen sind absolut überzogen, das sowjetische Informationsbüro etwa meldete 4.605 vernichtete sowie 506 erbeutete deutsche Panzer. Die schwere Panzerabteilung 503 soll eine Anzahl Panzer IV verloren haben, obwohl sie ausschließlich mit dem Panzer VI (TIGER) ausgerüstet war. Diese Zahlen sind nachweislich falsch. Tatsächlich besaß die Wehrmacht bei Beginn von Zitadelle insgesamt, d.h. auf allen Kriegsschauplätzen, 5.850 Panzer.
Die Deutschen behaupteten das Schlachtfeld. Besonders für das SS-Panzerkorps war die Schlacht ein beeindruckender taktischer Erfolg. Theoretisch hätten die Deutschen nach Kursk durchbrechen können, aber die Russen konnten die durch deutsche Panzer überraschend aufgerissene Front wieder schließen, bevor deutsche Reserven - die 24 Stunden zu spät kamen - den Einbruch absichern konnten.
Am 13. Juli 1943 hatte Hitler den Abbruch der Schlacht auf ihrem Höhepunkt befohlen. Die Gründe waren die sich abzeichnende Sommeroffensive der Roten Armee nordwestlich von OREL und gegen das DONEZ-Becken, die am 17. Juli startete und die Landung der Alliierten auf Sizilien am 10. Juli, worauf Teile der deutschen Offensiv-Truppen abgezogen und verlegt werden mußten.
Bei der Schlacht um Kursk kamen erstmals in großer Zahl Panther (Panzer V) und die neuen Tiger-Panzer (Panzer VI) zum Einsatz. Zudem erlebte der deutsche Jagdpanzer "Elefant" seine Feuertaufe. Allerdings wies dieser mangels eines Maschinengewehrs im Kampf gegen Infanterie Schwächen auf. Spätere Versionen wurden dann mit einem Maschinengewehr nachgerüstet. Auf russischer Seite wurde ebenfalls ein neuer Panzertyp eingesetzt, der SU-152. Dieser Panzer war sehr erfolgreich in der Bekämpfung des "Tiger".
Siehe auch: Schlacht bei Kursk
Literatur
- Militärgeschichtliche Zeitschrift, Hrg. Militärgeschichtliches Forschungsamt, 61 (2002) Heft 2,Roman Töppel: Legendenbildung in der Geschichtsschreibung - Die Schlacht um Kursk S.369-401.
- ÖMZ Österreichische Militärische Zeitschrift, Ausgabe 05/2003 und 06/2003.
- Burkhart Mueller-Hillebrand: Das Heer 1933-´45, Bd. III, Mittler&Sohn, 1969, Frankfurt a.M., S. 274.
- Janusz Piekalkiewicz: Unternehmen Zitadelle - Kursk und Orel: Die größte Panzerschlacht des 2. Weltkrieges, Bechtermünz Verlag, ISBN 3-86047-910-5