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Vercors

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Dieser Artikel handelt über das Gebirge Vercors. Weitere Begrifflichkeiten: Vercors (Begriffsklärung)


Datei:Vercors Satellit.JPG
Vercors aus dem All

Der Vercors liegt in Südostfrankreich, in den Departements Isère und Drôme (Region Rhône-Alpes). Er ist ein westlich der Zentralalpen gelegener Gebirgsstock zwischen Grenoble und Die, von den Flüssen Isère, Drac und Drôme begrenzt.


Geschichte

Kleiner Abriss der Geologie

Zu Beginn des Mesozoikums, dem Zeitalter der Saurier, bestand die Landfläche zum größten Teil aus einem Kontinent: Pangäa mit Laurasien (Nordamerika, Nord- und Mitteleuropa, größter Teil Asiens) als nördlichem und Gondwana (Südamerika, Afrika, Indien, Australien, Antarktis) als südlichem Teil. Diese beiden Teile öffneten sich scherenartig nach Osten und in dieser Öffnung lag der große Ozean Tethys. Und genau dieser Ozean ist die Wiege des heutigen Vercors. Es wurden in diesem Gebiet bis zu 6000 Meter marine Sedimente abgelagert. Das Vercors lag in Nähe des heutigen Zentralmassivs, das schon damals eine lange Zeit Land war.

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Geologie des Vercors

Im Mesozoikum brach Pangäa auseinander. Laurasien rotierte im Uhrzeigersinn Richtung Süden und Afrika schob sich nach Norden. Die Schere um Tethys schloss sich langsam. Während des Jura (ca. 200-135 Mio. Jahre) erstreckte sich in der Gegend des Vercors noch ein tiefes Meer. 2000 Meter Tiefseetone und Mergel sammelten sich an. Die Tiefseetone sind vor allem als Terres Noires, schwarze, feinblättrige Lagen, aufgeschlossen. In der unteren Kreide (ca. 135 – 100 Mio. Jahre) )war das Meer schon etwas weniger tief. Hier lagerten sich im Wechsel Mergel und Kalkbänke ab, wobei der Mergel eher auf kühleres bzw. tieferes Wasser und der Kalk eher auf wärmeres bzw. flacheres Wasser hindeutet. Die Kalke sind festes Gestein und die Mergel sind weich und mürbe. Dieser blätterteigartige Wechsel bietet bei Aufschlüssen in der Gestreiftheit der Sedimente heute einen reizvollen Anblick. In der oberen Kreide (ca. 100 – 65 Mio. Jahre) war durch die Subduktion der Tethyschen Ozeankruste unter die Kontinentalkruste die Gegend um den Vercors schon nicht mehr Tiefsee. Es breitete sich nun eine flache, warme Lagune mit sehr mächtigen Riffen aus, die heute bis zu 300 m hohe massive weiße Klippen bilden und dem Vercors einen einzigartigen Reiz verleihen. Im Wechsel fielen Teile des Vercors trocken und wurden wieder von Meer bedeckt.

Im Tertiär (ca. 65 - 2 Mi. Jahre)war der afrikanische Kontinent Mitteleuropa so weit auf die Pelle gerückt, dass sich die Alpen hoben und somit auch das Vercors. Es wurden im Osten mächtige Kalkschichten abgeschert und über mehrere hundert Kilometer weit nach Westen transportiert. Dieser äußere Teil der Westalpen, dem auch das Vercors angehört, bildet das heutige Helvetikum und Ultrahelvetikum. Im Miozän senkte sich im Westen, im Gebiet der Voralpen und dem heutigen Rhônetal ein weiter Graben ein. Das Meer überflutete noch ein letztes Mal das Gebiet und lagerte vor allem Abtragungsschutt wie Sand und Geröll ab. Schließlich erhielt das Vercors seine heutige Gestalt. Die Eiszeiten hobelten die Täler zu breiten Trögen aus. Das Wasser nagte an den Kalkschichten, es entstanden Risse und Klüfte. Flüsse haben diese Risse schnell durchschnitten und tiefe Schluchten erzeugt. Zahlreiche Tropfsteinhöhlen entstanden durch einstürzende Hohlräume im Kalk.

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Pierre Chauve von Norden her. Aus den Antiklinalen haben sich die Riffkalke herauspräpariert
Mont Aiguille. Gut sichtbar die mächtige Kappe aus Riffkalk

Die heutige Topografie ist auffällig geprägt durch parallele Falten in Nord-Süd-Richtung, die sich durch die gesamten westlichen Voralpen ziehen. Sie entstanden, als sich in den östlichen benachbarten "Massifs cristallins externes " (äußere kristalline Massive), Belledonne und Pelvoux steil erhoben. Dadurch rutschten deren jüngere Sedimente wie auf einer Rutschbahn runter, sie wurden zu parellelen Falten zusammengeschoben und im Westen, in den heutigen Chaînes Subalpines, der subalpinen Kette abgelagert. Teilweise wurden die Falten überkippt, so dass heute ältere Lagen über jüngeren angetroffen werden können.

Diese Falten sind einem ständigen Erosionsprozess ausgeliefert. Die Reste der hochliegenden Teile der Falten (Antiklinalen) bilden die mächtigen Bergketten des Vercors. Vor allem die freigelegten Riffkalke ragen schroff empor und zeigen zu 300 m steil abfallende Klippen. In den Faltentälern (Synklinalen) ist die Erosion weniger fortgeschritten. Hier haben sich die sandigen Ablagerungen des Miozän und die Flachwasser-Kalke der oberen Kreide erhalten.

Erste Spuren prähistorischer Nomaden lassen vermuten, dass schon in der mittleren Altsteinzeit vor ca . 70.000 Jahren Jäger und Hirten die Höhleneingänge z.B. der Choranche und überhängende Felsen als Unterschlupf während ihrer Wanderungen nutzten. Seitdem haben radikale Klimaveränderungen Landschaft und Tierwelt mehrfach stark verändert.

Die ersten Menschen im Vercors waren Neandertaler mit Feuersteinwerkzeugen der Levallois-Technik, mit denen sich die Neanderthaler mit Höhlenbären und –löwen auseinandersetzen mussten, Bison, Hirsch und Steinbock jagten. Die größten Fröste der Würm-Eiszeit, ca. 70.000 – 35.000 Jahre v.Chr. vergletscherten die gesamten Alpen einschließlich des Vercors. Während dieser Zeit aber fand die Besiedelung Europas durch den Homo sapiens sapiens mit gleichzeitiger Verdrängung der Neandertaler statt, zuerst in den Ebenen im südlichen und zentralen Frankreich, dann etwa 11.000 Jahre v.Chr. auch im Vercors und in den Alpentälern. Das Klima war immer noch kalt und rau, die Landschaft eine Kaltsteppe mit geringem Baumbestand. Hauptlebens- und –jagdgebiete blieben daher die Ebenen (St-Nazaire-en-Royans und Romans), wo Rentier, Pferd und Bison neben den Kleintieren die wichtigsten Fleischlieferanten und auch die Vorbilder für Knochengravierungen waren. Im Vercors bildeten vor allem Steinbock (Chapelle-en-Vercors) und Forellen die Jagdbeute, während die Murmeltiere warme Pelze gegen die immer noch herrschende Kälte liefern mussten. Feuersteingeräte mit großer handwerklicher Präzision sowie Knochenwerkzeuge waren die notwendigen Waffen für Speere und Harpunen, Kratzer und Schaber für die Fleisch-und Fellbearbeitung, aber auch Beigaben z.B. in einem Magdalénien-Grab bei St-Agnan-en-Vercors.

Etwa 9.000 Jahre v.Chr. begann die moderne Warmzeit. Die Landschaft veränderte sich wiederum sehr schnell und stark, Kiefern- und Birkenwälder ersetzten die Kaltsteppe, die Zahl der jagdbaren Tiere ging zurück, der Steinbock wanderte in höhere, nur schwer erreichbare Hochgebirgsregionen, Rentier- und Pferdeherden zogen nach Norden ab. Der Mensch musste seine Lebensweise anpassen, das Magdalénien ging ins Azilien über. Die nun mehr vereinzelt auftretenden Tiere wurden mit Pfeil und Bogen gejagt. Die Höhlen wurden nicht mehr bewohnt, die Lager mussten den Jagdtieren folgen, die Feuersteinwerkzeuge wandelten sich zu Mikrolithen von etwa 1-3 cm Länge, die universal als Schneidwerkzeuge oder als Bestandteile von Waffen (Speer- und Bogenspitzen) nutzbar waren.

In diese Zeit fällt auch die Domestizierung des Hundes und der langsame Übergang vom rein nomadischen Jäger zum mehr sesshaften Hirten und Bauern. Im Vercors, wie überhaupt im Alpenbereich, ist dies etwa auf den Zeitraum von 4.000 – 2000 Jahre v.Chr. anzusetzen. Äxte für größere Rodungen, Keramikgefäße zur Lagerung der Ernteerträge, dauerhaftere Siedlungen für eine steigende Bevölkerung kennzeichnen die mittlere Jungsteinzeit. Die Technik der Feuersteinbearbeitung bleibt im erzarmen Vercors erhalten, wird qualitativ (Sensen, Sicheln, Schmuck…) und quantitativ (Export aus der Hochebene von Vassieux-en-Vercors) erweitert. Erst gegen Ende der Bronzezeit (ca. 1750 – 750 v.Chr.) gibt es auch eine regionale Metallproduktion, vor allem Pfeilspitzen und Schmuck, parallel dazu aber bleibt die Bearbeitung des Feuersteins ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die immer mehr auf Sesshaftigkeit, Bauern- und Hirtenarbeit abgestellte Gesellschaft im Vercors hatte als Haustiere vor allem Schweine, Rinder und Schafe, wobei bei der Fleischversorgung die Jagd auch weiterhin eine wichtige Rolle spielt. Immer größere Rodungen im Vercors sowie die Entdeckung zahlreicher Mühlen und Mörser weisen auf eine starke Ausweitung der Getreidewirtschaft, aber auch auf eine steigende Bevölkerungszahl hin.

Ab ca. 750 v.Chr. drangen Reiterstämme aus dem Norden mit eisernen Waffen in das Vercors-Gebiet ein (Grab bei St-Thomas-en-Royans), eine Klimaverschlechterung machte die Rinderzucht schwieriger, Schafe und Ziegen wurden die wichtigsten Nutztiere. Germaneneinfälle am Ende des weströmischen Reiches machten den Vercors dann zu einem Schutz- und Rückzugsbereich, in dem Kultur und Gesellschaft sich ohne große Veränderungen über das Mittelalter hinaus erhielten.


Datei:Republique du Vercors.JPG
Fahne der République du Vercors

Ins Zentrum des historischen Interesses rückte der Vercors im Zweiten Weltkrieg als ein wichtiges Zentrum der Résistance, als Rückzugs-, Ausbildungs-, Lazarett- (Grotte de la Luire) und Versorgungsgebiet einer aktiven Gruppe, die vom Vercors aus Partisanenüberfälle vor allem im Rhône-Tal und in den Alpen organisierte. Am 1.2.1944 wurden u.a. die Vercors-Kämpfer zu den Forces Françaises de l'Intérieur (FFI) vereinigt und stellten nach Einschätzung Eisenhowers einen Kampfwert von 15 Divisionen dar. Die Alliierten und General de Gaulle sicherten dem Vercors zu, Luftlandetruppen hier abzusetzen und die Kämpfer über eine Luftbrücke mit Waffen, Munition und wichtigen Gütern zu versorgen. Auf Grund dieses Versprechens wurde die Republique du Vercors ausgerufen, über 4000 Kämpfer sammelten sich, der Partisanenkampf sollte zu einem offenen, bewaffneten Aufstand werden.

Leider mussten die Résistance-Kämpfer aber feststellen, dass die alliierte Zusage nicht eingehalten wurde, es wurden keine zusätzlichen Truppen gesandt, die Versorgung über eine Luftbrücke blieb aus, die Vercors-Republikaner waren isoliert und auf sich gestellt.


Die Bedrohung der Etappe durch einen offenen, bewaffneten Aufstand vom Vercors aus war für die deutsche Wehrmacht nicht tragbar; noch im Juli 1944, einen Monat vor der Befreiung Grenobles durch die Alliierten, griffen trotz der Bedrohungen im Westen und in Italien durch die alliierten Invasionstruppen und der massiven sowjetischen Angriffe im Osten zwei schwer bewaffnete Divisionen (15000 Gebirgsjäger) am 19. Juli mit Artillerieunterstützung die Felspässe an, während 400 Mann Waffen-SS mit Lastenseglern im Hochtal landeten. Die Angreifer brannten zwei Dörfer nieder (darunter Valchevrière), erschossen Gefangene und „Verdächtige“, insgesamt 639 Widerstandskämpfer und 231 Zivilisten. Die deutschen Verluste betrugen etwa 150 Mann. Besonders tragisch verlief die Eroberung des Höhlenlazaretts St-Martin (Grotte de la Luire) am 27. Juli; 19 Verwundete wurden ermordet, zwei Ärzte und ein Priester in Grenoble exekutiert, zwei Krankenschwestern in das KZ Ravensbrück abtransportiert, von denen nur eine das Kriegsende und die Befreiung erlebte. Die meisten Widerstandskämpfer konnten sich in den unzugänglichen Wald von Lente zurückziehen. Im Musée de la Résistance in Vassieux-en-Vercors mit dem Ehrenfriedhof Cimetière National du Vercors für 186 Gefallene der Résistance wird die Geschehnisse dieses Widerstandes dokumentiert.

Topografie

Der Vercors als der südlichstes Element der fünf Chaînes Subalpines Septentrionales (Haut Griffra, Aravis, Bauges, Chartreuse, Vercors) ist ein in sich abgeschlossenes Massiv mit einem langen nord-südlich ausgerichteten, hügeligen Hochtal.

Panoramablick (Nordost – Südost)über das Hochtal von der Auffahrt zum Col de Lachau

Der Ostteil des Tales und vor allem der steile Ostrand des Vercors bilden das "Réserve naturelle des hauts plateaux du Vercors". Dieses größte Naturschutzgebiet Frankreichs (175000 Hektar) hat mit ausgedehnten Nadel- und Buchenwäldern, aber auch mit einer Lapiaz-Wüste (zur Entstehung und Typologie: [1]) eine große Vielfalt in Mikroklima und Bodenarten. Es gedeihen hier 1800 Pflanzenarten (darunter 60 Orchideen). 135 Vogelarten und 65 Säugetierarten (mit fast allen Hirscharten Mitteleuropas) haben hier ein zum Teil letztes Reservat gefunden. Mehr als 80 geschützte Pflanzenarten, Steinböcke, Murmeltiere, Steinadler hat das Naturschutzgebiet zu bieten. 1938 verschwand der letzte Alpenbär. Das Naturschutzgebiet ist größtenteils ohne Wege, außerdem gibt es keine festen, dauerhaften Gebäude in diesem Gebiet, so dass es Naturwanderern nur schwer erschließbar ist. Die östliche Gebirgswand ohne eine einzige Straße und ohne Fußwanderpässe schließt im Süden mit dem grandiosen und unverwechselbaren Mont Aguille ab.

Schlucht der Grands Goulets

Von Norden her führt die D531 durch die Gorges d´Engins (und die schwerer befahrbare D106, die bei Lans-en-Vercors in die D531 mündet) von Grenoble in den Vercors, der einzige empfehlenswerte Zugang für Wohnanhänger-Gespanne und große Wohnmobile. Ebenfalls von Norden nach Villard-de-Lans steigt die D218 (im Anfangsbereich ab St-Quentin-s-Isère steil und schmal, mit einer weiteren ebenfalls steilen und engen Zufahrt über die D3 von Veurey Voroize) über Autrans und die Gorges de la Méaudret. Mehr im Nordwestein gibt es noch die z.T. gefährliche, sehr schmale und steile D35 von Rovon (Route des Ecouges) zum oberen Gorges de la Bourne. Im Nordwesten ist von Cognin-les-Gorges aus durch eine sehr enge, kurvenreiche und steile Schluchtenstraße (Gorges du Nan) der Cirque der Mallevat erreichbar. Die Westseite der Vercors ist stark zerklüftet und bietet durch die Schlucht der Bourne, die Grands Goulets und über den Combe Laval mit dem Pass de la Machine Zufahrtsmöglichkeiten. Die Gorges de la Bourne mit der für Touristen erschlossenen Grotte von Choranche führen von Pont-en-Royans zum Hauptort des Vercors, Villard-de-Lans. Die Goulets, eine vor allem im oberen Teil (Galerientunnel der Grands Goulets) sehr eindrucksvolle Klamm, kann man ebenfalls von Pont-en-Royans anfahren und enden in Barraques-en-Vercors. Auf der Hochfläche sind die Grotten de la Luire und la Draye Blanche Serre Plume zu besichtigen. Von Vassieux-en-Vercors (Necropole du Vercors und Musée de la Résistance) geht die D76 über den Col de Lachau durch den Wald von Lente, dem Zufluchtsgebiet der Resistance-Kämpfer 1944 zum Combe Laval, einem kühn in den Fels geschlagenen Passübergang nach St-Jean-en-Royans, von wo die bezaubernde D70 zum Col de Tourniol geht.

Straßen und Sehenswürdigkeiten des Vercors

Dieser Pass ist von Vassieux-en-Vercors auch über den Col de la Bataille erreichbar. Am Treffpunkt dieser beiden Straßen liegt das kleine aufgelassene Kloster Léoncel (Besichtigung möglich). Von Süden her, aus Die kommend, wird der Vercors durch den Col de Rousset erschlossen, eine sehr kurvige, teilweise steile Straße, die das Hochtal durch einen etwa 200 Meter langen Tunnel erreicht.


Geschichte

Topographie

Geologie

  • Literatur zur Geologie
Dercourt Jean: Géologie et géodynamique de la France