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Geschichte der römisch-katholischen Kirche

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Die Römisch-Katholische Kirche versteht sich gemeinsam mit der Orthodoxen Kirche (mit der lediglich in der Primatsfrage Dissens besteht) als die Kirche Jesu Christi in ungebrochener geschichtlicher Kontinuität seit dem Pfingsttag. Ihr Bischofsamt führt sie über eine nie unterbrochene "Reihe der Handauflegungen" - Sukzession - auf die Apostel zurück, deren Glaubensbekenntnis sie durch die Zeiten bewahrt, vertieft und angesichts neuer Fragestellungen klärt. Die höchste Autorität in Fragen der Lehre und der Kirchenordnung erkennt sie dem Bischof von Rom, dem Papst, zu, auf den sie die Zusage Jesu an Petrus Matt. 16,18 bezieht.

Im Kampf gegen die Gnosis, eine Strömung verschiedener das Materielle abwertender Geheimlehren, kristallisierten sich im 2. Jahrhundert die Grundstrukturen der Katholischen Kirche heraus: der Kanon der Heiligen Schriften, das Apostolische Glaubensbekenntnis und das dreigegliederte Amt von Bischof, Priester und Diakon. Die Vorrangstellung des Bischofs von Rom, des Bischofs der Reichshauptstadt, dessen Gemeinde die Gräber der "Apostelfürsten" hütete, war rechtlich und dogmatisch zunächst nicht definiert, als solche aber in Ost und West unumstritten.

Bis zum Jahr 1054 bestand eine, zumindest formale, Einheit mit den übrigen Patriarchaten der orthodoxen Kirche, die mit der gegenseitigen Exkommunikation des Papstes und des Patriarchen von Konstantinopel endete. Von da an war die Auseinanderentwicklung des griechischen und lateinischen Europa in zwei große religiöse Einflussbereiche fixiert: Westeuropa wurde 'katholisch', Osteuropa 'orthodox'.

Politische Stütze der Katholischen Kirche wurde das Reich der germanischen Franken nach deren Abwendung vom Arianismus. Pippin II. und Karl der Große begründeten und sicherten den Kirchenstaat, wodurch der Papst zugleich weltlicher Herrscher wurde.

Das Mittelalter ist gekennzeichnet vom Streben nach einer religiös-politischen Einheitskultur. Die nach dem Zusammenbruch des Römerreichs neu entstandenen germanischen Staatenbildungen verstanden sich als christliche Reiche. Kreuzzüge gegen den vorgedrungenen Islam und Inquisition gegen abweichende Glaubensrichtungen, von Königen teilweise leidenschaftlicher betrieben als von Bischöfen, galten der Sicherung dieser gesuchten Einheit. Auch die katholischen Herrscher Spaniens waren religiös motiviert, als sie in der Reconquista die Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren rückgängig machten.

Die Scholastik holte den verlorenen Geisteshorizont der Antike - teils vermittelt durch islamische Tradenten - unter christlicher Perspektive wieder ein. Die anfangs nur formale und oberflächliche Christianisierung der Bevölkerung wurde vertieft und fand ihren Ausdruck in Architektur, Kunst, Dichtung und Musik, in religiösen Bewegungen und Ordensgründungen, in zahlreichen karitativen Einrichtungen und Initiativen sowie im Fest- und Alltagsleben der Menschen.

Entscheidend für die Entwicklung des Westens war die Bipolarität von Papst und Kaiser, die das Entstehen einer Staatskirche verhinderte. Beim Investiturstreit des 12. Jahrhunderts zwischen Kaiser und Papst ging es vordergründig um die Vollmacht zur Ernennung von Bischöfen (Investitur), letztlich um den Vorrang und die Grenzen von geistlicher und weltlicher Macht.

Durch die Reformation Martin Luthers verlor die Katholische Kirche weite Gebiete Nord- und Mitteleuropas. Parallel dazu vollzog sich die die politisch motivierte Abspaltung der Anglikanischen Kirche, die sich in der Folge in moderater Weise der Reformation anschloss.

Die frühe Neuzeit ist geprägt durch den Konfessionalismus. Der teilweise religiös motivierte Dreißigjährige Krieg verheerte Deutschland und schwächte seinen politische Zusammenhalt im Kaisertum.

Nach der Entdeckung Amerikas folgten den spanischen und portugiesischen Eroberern katholische Missionare. In Lateinamerika - wie auch in Afrika - entstanden starke katholische Ortskirchen, die jedoch bis heute ihre Verflechtung in koloniale Strukturen nicht restlos ablegen konnten. Die Ostasienmission blieb dagegen weitgehend erfolglos.

Die Aufklärung und die französische Revolution veränderten die geistige Situation und die kirchliche Ordnung Europas grundlegend. Die Zeit der geistlichen Fürstentümer in Deutschland endete. Mit der Romantik des 19. Jahrhunderts begann jedoch ein Wiedererstarken der Katholischen Kirche, das im Ersten Vatikanischen Konzil mit der Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes - abgelehnt u.a. durch die deswegen abgespaltene Altkatholische Kirche - einen triumphalen Höhepunkt fand.

Das 20. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch die Auseinandersetzung der Kirche mit den totalitären Herrschaftssystemen des Nationalsozialismus und des stalinistischen Kommunismus sowie mit der "Moderne" in Gestalt von historischem, weltanschaulichem und moralischem Relativismus. Diese Auseinandersetzung wurde teils mit Kompromissen, teils in strikter Abgrenzung bis zum Martyrium geführt. Das Zweite Vatikanische Konzil markiert eine Periode der Öffnung und Modernisierung. Das Pontifikat Johannes Pauls II. ist durch das von ihm mitbewirkte Zusammenbrechen des Kommunismus, aber auch durch innerkirchliche Restaurationstendenzen geprägt.