Verballhornung
Mit Verballhornung bezeichnet man die Verfremdung von Schreibweisen, sodass das Resultat einen anderen Sinn ergibt. Dies erfolgt oft mutwillig zu parodistischen Zwecken. Eine Verballhornung durch Vertauschung von Segmenten (was lange gärt, wird endlich Wut) wird auch Spoonerism (nach William A. Spooner) genannt.
Die ungewollt falsche Anpassung fremdsprachiger Begriffe an bekannte muttersprachliche Wörter nennt man auch Volksetymologie.
Etymologie
Die Bezeichnung geht zurück auf den Lübecker Buchdrucker Johann Bal(l)horn den Jüngeren († 1603), der 1586 eine Ausgabe des Lübecker Stadtrechts verlegte, die sinnentstellende Fehler enthielt. Der Historie zufolge soll er eine ältere Ausgabe überarbeitet haben, wonach jedoch mehr Fehler enthalten waren als vorher, weshalb „verballhornen“ (seltener „ballhornisieren“) ursprünglich soviel wie „verschlimmbessern“ bedeutete. Peinlich war dies besonders, weil andere Städte ebenfalls nach Lübecker Stadtrecht urteilten. Man geht inzwischen davon aus, dass die sinnentstellenden Änderungen nicht von Balhorn selbst, sondern von zwei Juristen des Stadtrates hineinredigiert wurden.
Einer anderen Variante nach druckte Johann Bal(l)horn im Jahr 1571 eine Ausgabe der als Schulbuch weit verbreiteten lateinischen Grammatik des Johannes Rivius, in der er eigenmächtige Ergänzungen vornahm, und trug so zur Begriffsbildung bei.
Beispiele
- Herzlichen Glühstrumpf! (statt "Herzlichen Glückwunsch!")
- Rechtsverdreher (statt Rechtsvertreter = Rechtsanwalt), zudem ein Beispiel für Pejoration
- Wayne interessiert's? - (statt "Wen interessiert`s?")
- Knutsch- und Knettag, Putz- und Fegtag, Bussi- und Bett-Tag (Buß- und Bettag)
- God shave the Queen (Engl. "Gott rasiere die Königin" anstatt "God save the Queen" ("Gott schütze die Königin"))
- Schitteböhn und Schankedöhn (statt Bitteschön bzw. Dankeschön), s. auch Schüttelreim
- zum Bleistift (zum Beispiel)
- Saugstauber (statt Staubsauger)
- Sudelnuppe (statt Nudelsuppe)
- Schnutenpitzel (statt Putenschnitzel)
- Schamritzel (statt Rahmschnitzel)
- Pimmelschilze (statt Schimmelpilze)
- Speicheln (statt Speichern)
- Schraubhuber (statt Hubschrauber)
- Grabbelpuppen (statt Pappelgruppen)
- Das ist etwas Andreas. (statt "Das ist etwas anderes.")
- Pozilei (statt Polizei)
- Bring mich betrunken, ich bin nach Hause (statt "Bring mich nach Hause, ich bin betrunken")
- Wie man sich fettet, so wiegt man (wie man sich bettet, so liegt man)
- "Tel Aviv" oder "Sellerie" (statt "c'est la vie", "so ist das Leben")
- so Ischias (statt "so ist es")
- Knoff-Hoff (Know How engl.= Wissen, wie etwas zu tun ist)
- Kentucky schreit ficken statt Kentucky Fried Chicken (aus der 1998 eingestellten Sendung RTL Samstag Nacht). "Kentucky schreit Ficken" war eine wahre Fundgrube für Verballhornungen. Andere Beispiele: Dann werde ich bächtig möse (statt mächtig böse), Göbelmutschein (statt Möbelgutschein), "Darf ich Sie an die Bheke titten?" (statt "(...) an die Theke bitten"), Schlaudia Ciffer (statt Claudia Schiffer), Trofipennisspielerin Geffi Straf (statt Profitennisspielerin Steffi Graf) oder gefickt eingeschädelt (statt geschickt eingefädelt) – letzteres eine Wendung, die sogar Einzug in die Umgangssprache gefunden hat.
- keine Uhrzeit (statt "keine Ursache")
- Der Automobilhersteller British Leyland stand seinerzeit als Sinnbild des Niedergangs der britischen Autoindustrie und wurde daher als British Elend verspottet.
- Lästerschwein (statt Schwesterlein)