Rasterkraftmikroskop
Das Rasterkraftmikroskop (engl. Atomic Force Microscope; Abkürzungen RKM, AFM) ist ein 1986 von Gerd Binnig und Heinrich Rohrer entwickeltes Mikroskop zur mechanischen Abtastung von Oberflächen auf der Nanometerskala. Dabei wird eine an einer Blattfeder befestigte Nadel - dem sogenannten Cantilever - zeilenweise über die Oberfläche geführt. Durch die Struktur der Oberfläche wird dabei die Blattfeder verbogen. Die Auslenkung kann mit kapazitiven oder typischerweise optischen Sensoren gemessen werden. Der Krümmungsradius der Spitzen beträgt dabei typischerweise 10 - 20 nm, was je nach Rauhigkeit der Probenoberfläche laterale Auflösungen von 0,1 - 10 nm erlaubt. Zur exakten Bewegung der Nadel über die Probe dienen Piezostellelemente, mit deren Hilfe Scannbereiche von bis zu 100 x 100 µm untersucht werden können. Die Scanngeschwindigkeit liegen typischerweise um 1 Hz, was bedeutet, dass pro Sekunde eine Zeile hin und wieder zurück gescannt wird. Bei normalen Bildauflösungen von 250 x 250 bis 500 x 500 Bildpunkten ergibt sich somit eine Messdauer von ca. 10 Minuten pro Bild.
Betriebsmodi
Das RKM kann in verschiedenen Betriebsmoden betrieben werden:
- Kontakt Modus:
Die Abtastnadel ist in direktem Kontakt mit der Probenoberfläche. Da das Pauli-Prinzip ein Überlappen der Atomorbitale in der Spitze und der Probenoberfläche verbietet, entstehen starke abstossende Kräfte. - Nicht Kontakt Modus:
Die Blattfeder, an der die Abtastnadel befestigt ist, wird zu Schwingungen angeregt und "schwebt" über der Probenoberfläche. Zwischen Nadel und Probe wirken nur anziehende Van-der-Waals-Kräfte.
Darüber hinaus können mit dem AFM neben der reinen Oberflächentopografie einer Probe auch weitere physikalische Eigenschaften untersucht werden:
- MSM (magnetic scanning microscopy) :
Sie dient zur Untersuchung der lokalen Magnetstärke in der Probe und wird z.B. bei der Entwicklung von Computerfestplatten eingesetzt. Die verwendete Abtastnadel ist dabei zusätzlich mit einem ferromagnetischen Material beschichtet. Die Messung erfolgt dann für jede Bildzeile in zwei Durchläufen: Im ersten Durchlauf wird mit einem der oben beschriebenen Messmodi zunächst das Höhenprofil der Probe ermittelt. Danach wird im zweiten Durchlauf dieses Oberflächenprofil der Probe noch einmal abgefahren, und zwar so, dass die Messnadel einen konstanten Abstand zur Oberfläche aufweist (typisch unter 100 nm ). Die gesammelten Informationen kommen nun nicht mehr durch eine mechanische Auslenkung der Messnadelspitze zustande, sondern durch die je nach lokaler Feldstärke unterschiedlich stark wirkenden magnetischen Anziehungskräfte.
Abb. 1: AFM Magnetfeldmessung an einer 2GByte Festplatte
Störungen während der Messung
- Vibrationen:
Diese kommen zum einen durch Gebäudeschwingungen oder Trittschall zustande. AFM Messplätze werden deshalb gerne auf 15 cm starken Marmorplatten aufgebaut, die auf dämpfenden Druckluftfüßen stehen, oder auch auf mit Piezoelementen aktiv gedämpften Tischen betrieben.
Zum anderen stellt akustischer Schall, der über die Luft direkt auf den Cantilever übertragen wird, eine starke Störquelle dar. Dieses um so mehr je mehr die Resonanzfrequenz des Cantilevers nahe zum Frequenzbereich normaler Geräuche liegt.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll AFMs in besonderen Schallschutzboxen zu betreiben. Falls es aus Sicht der untersuchten Probe möglich ist, verbessern Geräte die unter Vakuumbedingungen arbeiten hier ebenfalls nennenswert die Auflösung. - Thermischer Drift:
Durch thermische Ausdehnungen zwischen Probe und Cantilever können im Verlauf eines Messintervalls Verschiebungen von einigen Nanometern auftreten, was sich bei Bildern mit hoher Auflösung als Verzerrung sichtbar macht. - Interferenzerscheinungen:
Bei stark reflektierenden Proben kann es vorkommen, dass ein Teil des Laserstrahls von der Probenoberfläche reflektiert wird und im Photodetektor mit dem Anteil der vom Cantilever kommt interferiert. Dieses macht sich dann in senkrecht zur Scannrichtung verlaufenden Streifen bemerkbar, die dem eigentlichen Höhenbild überlagert sind.
Auswertesoftware
Bei professionellen AFMs ist gewöhnlich eine Auswertesoftware im Ansteuerprogramm der Hardware integriert. Die Datenformate sind dabei meist herstellerabhängig, da neben reinen Bilddaten auch die Einstellungen der jeweiligen Messung wie z.B. die Scanngeschwindigkeit mitgespeichert werden sollen. Darüber hinaus lassen sich die erstellten Messbilder auch in bekannte Datenformate wie Bitmap- oder JPEG-Dateien konvertieren.
Besonders soll hier aber noch eine frei verfügbare Auswertesoftware namens WSxM erwähnt werden, mit der alle typischen Datenaufbereitungen vorgenommen werden können (siehe Weblinks).