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Die Vögel (Film)

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Film
Titel Die Vögel
Originaltitel The Birds
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahre 1963
Länge 115 Minuten
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch Evan Hunter
Produktion Alfred Hitchcock für Universal Pictures
Musik Bernard Herrmann / Oskar Sala
Kamera Robert Burks
Schnitt George Tomasini
Besetzung

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Die Vögel (1963) ist ein Spielfilm von Alfred Hitchcock, basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte der englischen Autorin Daphne du Maurier von 1952. Der Film gilt als – wenn auch untypischer – Klassiker des Horrorfilms.

Handlung

In einer Zoohandlung in San Francisco lernt der Anwalt Mitch Brenner die verwöhnte und selbstbewusste, bisweilen arrogante Melanie kennen und spielt ihr einen Streich. Diese scheint von seinem frechen Auftreten jedoch recht angetan und möchte ihn darum mit einem Besuch in dessen Wochenendhaus in Bodega Bay überraschen. An der Küste wird sie von einer Möwe angegriffen, die sich direkt auf sie herabstürzt und am Kopf verletzt. Melanie beschließt zu bleiben und kommt in einem Zimmer neben der Schule unter, wo sie die Lehrerin Annie, eine ehemalige Geliebte Mitchs, kennenlernt. Annie warnt sie vor Mrs. Brenner, Mitchs herrschsüchtiger Mutter, die Angst hat, dass ihr Sohn das heimische Nest wegen einer Frau verlassen könnte.

Am nächsten Tag kommt es bei der Geburtstagsfeier von Mitchs kleiner Schwester zu einem Angriff von Vögeln. Zu Hunderten stürzen sie sich auf die Kinder herab und hacken ihnen auf Köpfe und Gesichter. Später am Abend dringen ganze Scharen von Vögeln durch den Kamin ins Haus der Brenners ein. Als sie am nächsten Morgen einen Nachbarn besuchen möchte, entdeckt Mrs. Brenner das erste Todesopfer der Vögel: Die Leiche des Farmers liegt mit ausgehackten Augen im Schlafzimmer.

Im weiteren Verlauf des Films häufen sich die Angriffe der Vögel und nehmen an Aggressivität zu. Annie wird bei dem Versuch, Mitchs Schwester zu retten, von Vögeln getötet. Schockiert verbarrikadieren sich die Brenners in ihrem Haus, doch die zugenagelten Türen und Fenster bieten kaum ausreichend Schutz. Bei einem Angriff auf dem Dachboden kommt Melanie beinahe zu Tode. Da Melanie ärztliche Hilfe braucht und die Lage im Haus aussichtslos geworden ist, machen sich die Protagonisten gemeinsam auf den Weg nach draußen. Dort bietet sich ihnen ein apokalyptisches Bild: Die gesamte Landschaft ist voll von abertausenden, wartenden Vögeln, die jedoch nicht angreifen. Langsam fahren sie einem ungewissen Ende entgegen.

Interpretation

Hitchcock liefert keine Erklärung, warum die Vögel die Menschen angreifen. Trotzdem gibt der Film einige wenige Anhaltspunkte für eine Interpretation. So wird etwa in einer Radiomeldung erwähnt, dass sich die Angriffe der Vögel um Bodega Bay herum konzentrieren. Eindeutig ist auch, dass sie in etwa zeitgleich mit dem Auftauchen Melanies in Bodega Bay beginnen (wenngleich bereits vor der Zoohandlung in San Francisco Vögel auffällig den Himmel bedecken – auch hier in unmittelbarer Nähe Melanies). Eine hysterisch auftretende Frau in einem Restaurant in Bodega Bay macht denn auch tatsächlich Melanie für die Vogel-Angriffe verantwortlich und bezeichnet sie als „Hexe“.

Robin Wood (Hitchcock's Films, S. 116) schlägt drei Lesarten der Vögel vor: eine „kosmologische“, eine „ökologische“ und eine „familiale“:

  • In der kosmologischen Lesart wären die Vögel die Verkörperung eines unauflösbaren chaotischen Rests in der Ordnung des Universums, die in sich prekär ist und jederzeit aus dem Gleichgewicht geraten kann. In diesem Sinne interpretiert der psychoanalytisch orientierte slowenische Philosoph Slavoj Žižek die Vögel auch als Verkörperung des Lacan'schenRealen“: Eine von außen in die Wirklichkeit hereinbrechende, traumatische Erscheinung jenseits der Kausalität und des durch Denken und Sprache Begreifbaren (vgl. Žižek: Liebe Dein Symptom wie Dich selbst!, Berlin: Merve Verlag 1991, S. 57).
  • In der ökologischen Lesart stünden die Vögel für die Rache einer durch die Menschen ausgebeuteten Natur. Darauf deutet auch die Szene in der Zoohandlung hin, in der alle Tiere in Käfigen eingesperrt sind. Andererseits sind gerade die zwei eingesperrten Zuchtvögel, die Melanie als Geschenk für Mitchs Schwester nach Bodega Bay mitbringt, den ganzen Film hindurch völlig friedlich.
  • In der familialen Lesart schließlich sind die intersubjektiven Beziehungen der Protagonisten der Schlüssel zum Verständnis der Vögel. Die Vögel verkörpern demnach „den tiefen Mißklang, die Störung, das Entgleisen dieser Beziehungen.“ (Žižek, Warum greifen die Vögel an?, S. 182 f.) Für diese Interpretation spricht die im Film mehrmals explizit psychologisch thematisierte ödipale Dimension des Verhältnisses zwischen Mitch, seiner Mutter und Melanie, die auch durch entsprechend inszenierte Dreiecks-Szenen am Ende des Films (Fluchtszene) visualisiert wird. „Die Vögel sind in dem Film wie die Plage in Ödipus’ Theben: Die Inkarnation einer tiefen Störung der familiären Beziehungen – der Vater ist abwesend, die väterliche Funktion (die Funktion des befriedenden Gesetzes, der Name-des-Vaters) ist außer Kraft gesetzt. Dieses Vakuum füllt das ‚irrationale‘ mütterliche Über-Ich, das tyrannisch und boshaft jede ‚normale‘ sexuelle Beziehung verhindert.“ (Žižek, Warum greifen die Vögel an?, S. 183 f.) Für diese Interpretation spricht das Ende des Films: Als Mitchs Mutter ihre Konkurrentin endlich akzeptiert (die Szene im Auto) und ihren Sohn „freigibt“, greifen die Vögel nicht mehr an.

Slavoj Žižek stellt den Film in eine Reihe mit zwei weiteren zeitnah entstandenen Filmen Hitchcocks, in denen ebenfalls Vögel eine bedrohliche Rolle spielen: In Der unsichtbare Dritte wird der Protagonist von einem Flugzeug („Stahlvogel“) aus der Luft angegriffen, und in Psycho ist das Zimmer des Mörders Norman Bates mit ausgestopften Vögeln angefüllt. (Žižek, Warum greifen die Vögel an?, S. 183)

Vorlage und Fortsetzung

Der Film beruht auf der Vorlage der in Großbritannien spielenden Geschichte Die Vögel von Daphne du Maurier aus dem Jahre 1952, aus der jedoch nur das Motiv der angreifenden Vögel übernommen wurde. Charaktere, Handlungsorte und Dramaturgie sind vollständig verschieden. Auf Werken von du Maurier beruhen auch die Hitchcock-Filme Rebecca und Riff-Piraten.

1994 wurde das Thema der angreifenden Vögel für einen US-amerikanischen Fernsehfilm mit dem Titel Die Vögel II - Die Rückkehr erneut filmisch umgesetzt. Tippi Hedren ist dort in einer Nebenrolle zu sehen. Der Titel, der eine Fortsetzung von Hitchcocks Film suggeriert, wurde jedoch nur aus Marketinggründen gewählt. Zwischen den beiden Filmen besteht kein Bezug.

Auszeichnungen

Musik

Der Film verzichtet auf die Untermalung durch einen musikalischen Soundtrack im herkömmlichen Sinne. Stattdessen ließ Hitchcock, unter Aufsicht seines bevorzugten Komponisten Bernard Herrmann, den Film von dem deutschen Komponisten Oskar Sala auf dessen Trautonium mit Montagen elektronischer Vögelklänge und Geräuscheffekte unterlegen. Dies macht den Film auch musikwissenschaftlich zu einem Meilenstein. Im Film ist keine einzige natürliche Vogelstimme zu hören.

Cameo

Wie in fast jedem seiner Filme hat Alfred Hitchcock auch in Die Vögel seinen obligatorischen Cameo-Auftritt. Er kommt ganz zu Anfang des Films mit zwei Hunden an der Leine aus der Zoohandlung, in der sich Melanie Daniels und Mitch Brenner kennen lernen.

Literatur

  • Daphne du Maurier: Die Vögel (Original: The Birds) in: dies.: Ein Grenzfall. Erzählungen. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main/Olten/Wien 1982, ISBN 3-7632-2729-6
  • Camille Paglia: Die Vögel. Der Filmklassiker von Alfred Hitchcock (Original: The Birds). Europa Verlag, Hamburg/Wien 2000, ISBN 3-203-84107-X
  • François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? (1966). Heyne, München 2003, ISBN 3-453-86141-8, S. 277-290
  • Robert A. Harris/Michael S. Lasky/Joe Hembus (Hg.): Alfred Hitchcock und seine Filme (Original: The Films of Alfred Hitchcock). Goldmann, München 1976, ISBN 3-442-10201-4
  • Robin Wood: Hitchcock's Films. New York 1977
  • Slavoj Žižek: Warum greifen die Vögel an? in: ders. (Hg.): Was Sie immer schon über Lacan wissen wollten und Hitchcock nie zu fragen wagten. Suhrkamp, Frankfurt am Main Verlag 2002, ISBN 3-518-29180-7, S. 181-186
  • Jeff Kraft/Aaron Leventhal: Footsteps in the Fog: Alfred Hitchcock's San Francisco, Independent Publishers Group 2002, ISBN 1-8916-6127-2