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Antiqua

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Antiqua nennt man alle Schriften, die auf dem lateinischen Alphabet beruhen und bei denen gerundete Elemente dominieren.

Dies grenzt sie zum einen von Schriften ab, deren Grund- und Anstriche mehrheitlich über Winkel miteinander verbunden sind (sog. Gebrochene Schriften: Textur, Rotunda (auch Rund- oder Halbgotisch), Schwabacher, Fraktur und Frakturvarianten) und den Schriften deren Elemente anderen Sprach- und Kulturräumen angehören (Griechisch, Kyrillisch, Hebräisch, Arabisch, Kanjii etc.) Die Antiqua-Schriften werden nach ihrer Entstehungszeit und verschiedenen Gestaltungselementen unterteilt. Als gängige, wenn auch etwas veraltete Gliederung gilt für den deutschsprachigen Raum die DIN 16518.

Historisch wurde der Begriff Antiqua auch zur Abgrenzung gegenüber Serifenlosen Schriften verwendet: Antiqua - Grotesk. In zahlreichen Büchern ist diese Unterscheidung heute noch zu finden. Ebenfalls Antiqua synonym für klassizistische Antiqua genutzt um damit eine Abgrenzung gegen Mediaeval-Antiqua zu beschreiben.

Obwohl sich die Antiqua erst in der Epoche des Humanismus (15. Jahrhundert) ausbildet hat, sind ihre Wurzeln viel älter. Die Großbuchstaben (Versalien / Majuskeln) entstammen der römischen Schrift (siehe Capitalis Monumentalis, Capitalis Quadrata) ca. 100 n. Chr. die Kleinbuchstaben (Gemeine / Minuskeln) der karolingischen Minuskel, entstanden ca. 800 n. Chr. Sie ist eine Mischung aus beiden Alphabeten.

Die Bezeichnung Antiqua beruht dabei auf einem Irrtum. Die Humanisten der Renaissance kannten die antiken Texte nur in Form von Handschriften, die in der Karolingischen Minuskel geschrieben auf sie gekommen waren und nahmen daher an, dass diese ebenfalls wie die Capitalis, aus der Antike stammten. Daher schrieben sie in der von der Karolinigischen Minuskel abgeleiteten Humanistischen Minuskel die sie mit den Capitalis-Versalien kombinierten. Aus diesen beiden entstanden dann die ersten Renaissance-Antiqua-Schriften. Als erste druckten die Deutschen Konrad Sweynheym und Arnold Pannartz in Subiaco bei Rom (1465) mit einer frühen Form der Antiqua. Die erste qualitativ überzeugende Antiqua entwickelte der in Venedig lebende Franzose Nicolas Jenson 1470. Die Kursive entstand erst knapp vor 1500 als Druckschrift ebenfalls in Venedig.

In Deutschland, wie auch in verschiedenen anderen Ländern (z. B. England) entwickelten sich anfangs analog zur Tradition der Handschriftenzeit mehrere Schriftenformen parallel zueinander: Für religiöse Texte nahm man anfangs fast ausschließlich gotische Schriften wie die Textura, für lateinische Texte, meist wissenschaftliche Werke der Medizin, Jura, Philosophie und klassische antike Bücher die Humanisten-Antiqua. Daneben gab es für verschiedene Texte in der jeweiligen Landessprache, Mischformen, die sich aus den groberen Bastarda-Schriften und schneller zu schreibenden Kurrent-Schriften entwickelten. Ihre bekannteste frühe Form ist die Schwabacher (um 1480). Aus ihr entstand eingangs des 16. Jahrhunderts die wesentlich elegantere Fraktur (vgl. Theuerdank), die heute noch fälschlicherweise als Oberbegriff für alle gebrochene Schriften verwendet wird.

Die Übersetzung der Bibel in die Deutsche Sprache durch Martin Luther führte zum Entstehen einer deutschen Schriftsprache, deren Schrift die Fraktur wurde. Damit manifestierte sich in Deutschland das duale Schriftensystem Antiqua-Fraktur, während alle anderen Länder nach und nach zur einheitlichen Antiqua-Schrift übergingen. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden auch verstärkt deutschsprachige Texte in Antiqua-Schriften gesetzt.


Siehe auch: Antiqua-Fraktur-Streit, Haarstrich, Schriftart, Typografie, Geschichte der Typografie