Schloss Landestrost

Schloss Landestrost ist eine Schlossanlage im Baustil der Weserrenaissance, die zwischen 1573-84 in Neustadt am Rübenberge in Niedersachsen entstand. Als Festung angelegt, war Landestrost eine der am schwersten befestigten Anlagen ihrer Zeit im nordwestdeutschen Raum. Die Anlage diente aber auch als repräsentativer Wohn- und Verwaltungssitz für ihren Erbauer, Herzog Erich II. zu Braunschweig-Lüneburg. Während der Bauzeit ab 1574 nannte er die Stadt Neustadt in Landestrost um, was nach seinem Tode 1584 rückgängig gemacht wurde.
Geschichte


Das Schloss entstand in dem flachen Land auf einer natürlichen Erhebung, dem "Rouvenberg", nahe der Leine. Die Erhöhung gab vermutlich dem Ort seinen späteren Namenszusatz "am Rübenberge". Das Schloss wurde auf den Grundmauern der 1493 als „castrum Rouenberg“ erstmals erwähnten Burg errichtet, die 1563 ein Brand größtenteils vernichtet hatte. Das Schloss diente der Repräsentation der Macht seines Erbauers Herzog Erich II., der seinen Amtssitz aber bereits 1555 nach Hann. Münden verlegt hatte. Am Bau waren zahlreiche ausländische Architekten und Handwerker beteiligt. Anhand von vorgefundenen Steinmetzzeichen am Bau wird vermutet, dass hier über 200 Steinmetze beschäftigt waren. Der Herzog starb jedoch 1584 noch vor Vollendung des Schlosses und hinterließ keine Erben. Sein Fürstentum wurde mit dem Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel vereinigt und Herzog Julius ließ die Bauarbeiten abschließen. Während des Dreißigjährigen Krieges waren das Schloss wie auch die Stadt zwischen 1626-35 von den Truppen Tillys besetzt. 1635 erfolgte die Befreiung durch Herzog Georg von Calenberg. Die Anlage blieb noch bis 1636 herzogliche Residenz für die Herzöge von Lüneburg. Danach wurde sie Sitz des Amtmannes des Amtes Neustadt am Rübenberge. Er nutzte das alte Festungsplateau als Obst- und Gemüsegarten. Daher heißt das Gelände noch heute "Amtsgarten". Ein Lageplan des Schlosses von 1885 zeigt das alte Wegenetz und die Gartenaufteilung, was bei der heutigen Umgestaltung beibehalten wurde. Zukünftige Änderungen sind an ein gartendenkmalpflegerisches Konzept gebunden, das seit 2003 umgesetzt wird.
Baubeschreibung


Nach dem Willen des Erbauers war ursprünglich der Bau einer vierflügeligen Schlossanlage vorgesehen. Tatsächlich wurden nur der Nord- und der Ostflügel neu errichtet. Der Südflügel war noch von der Vorgängerburg vorhanden. Bei einer Belagerung des Schlosses 1635 während des 30jährigen Kriegs wurde er schwer beschädigt und stürzte im Folgejahr ein. Die beim Schlossbau verwendeten Bruchsteine stammten aus den etwa 25 km südlich gelegenen Anhöhen des Stemmer Berges und des Gehrdener Berges, der Sandstein aus dem Deister. Es ist zu vermuten, dass der Transport zumindest teilweise ab Hannover auf der Leine erfolgte. Die roten Mauersteine des Schlosses kamen aus einer Ziegelei im etwa 8 km südlich gelegenen Wunstorf.
Die Schlossanlage verfügt über Treppentürme, die dem Zugang zu den einzelnen Geschossen dienen. Die Fassade aus Ziegelmauerwerk ist im Stil der Renaissance gehalten. Sie wird durch Friese und Gesimsen aus Sandstein aufgelockert. Auffällig sind die reichlich verzierten Eingangsportale aus Sandstein. Die Keller des Schlosses bestehen aus Gewölben und sind mit den Kasematten der sich nach außen erstreckenden Festungsanlage verbunden.
Befestigung

Im Sinne der Militärarchitektur der damaligen Zeit war Landestrost eine neuitalienische Bastionärsbefestigung im Fürstentum Calenberg. Das Renaissanceschloss war in die Festung integriert worden, ebenso wurde Neustadt zu einer Stadtfestung ausgebaut. Sie war ebenbürtig zu anderen Festungsanlagen oder -städten im deutschen Raum, wie Wolfenbüttel, die Zitadellen Spandau und Jülich. Schloss Landestrost war mit Befestigungsanlagen und spitzwinkligen Bastionen umgeben war. Dazu wurden Wälle aus Erde errichtet und mit tiefen Wassergräben umgeben. Rund um den Ort und das Schloss verlief ein 1 km langer, mauerwerksgestützter Wall. Er hatte eine Höhe von 9 m bei einer Breite von 40 m. Die Mauern waren 2,3 m stark. Der Aufbau der gesamten Festung entsprach den Anforderungen, die die Entwicklung von Kanonen hervorgerufen hatte. Als Vorbild dienten Bastionärsbefestigungen in Italien und den Niederlanden. Herzog Erich II. machte sich Anlagen zum Vorbild, die er während seiner Söldnerdienste im spanisch-niederländischen Krieg in Antwerpen gesehen hatte. Mit dem Bau waren italienische Ingenieure beauftragt, die auch anderen Orten wirkten. Heute ist im Bereich des Schlosses von der Festungsanlage nur noch die Südbastion sowie eine etwa 100 m lange Kasematte erhalten.
Legende vom eingemauerten Kind

Zum Bau der Festungsmauern um 1580 gibt es eine Legende, wonach ein Kind lebendig eingemauert worden sein soll. Angeblich seien beim Bau der Südbastion die Mauern immer wieder eingefallen. Sie entstanden im sumpfigen Untergrund der nahe gelegenen Leine. Der Herzog als Erbauer drängte auf die Fertigstellung der Anlage und als Lösung wurde eine Opferung angesehen. Dafür soll das Kind einer Zigeunerin gedient haben, das man seiner Mutter für wenige Taler abgekauft habe. Die Mutter soll sich später in den Festungsgraben gestürzt haben und sei ertrunken. In einer Außenmauer der Südbastion findet sich das gemauerte Steinrelief eines Kindes, um an die Geschichte zu erinnern.
Heutige Nutzung
Eigentümer der Schlossanlage ist die "Stiftung Kulturregion Hannover". In den Kellergewölben ist seit 1888 eine Sektkellerei (Duprès-Kollmeyer, früher Duprès) untergebracht, die mit Flaschengärung arbeitet. Sie ist die einzige Sektkellerei in Niedersachsen. 1958 entstand am Schloss ein Anbau für die damalige Kreisverwaltung, in der sich heute die Stadtbibliothek und das Amtsgericht befinden. Ab 1973 wurde das Festungsplateau, das in früheren Jahrhunderten dem Amtmann als Gemüsegarten diente, in einen öffentlichen Park umgestaltet. Ein Nutzer der Schlossanlage ist heute auch das Archiv der Region Hannover in einem Schlossflügel. Dort kann auch eine Ausstellung zur Geschichte des Schlosses besichtigt werden. Einige Schlossräume werden für Veranstaltungen vermietet.
Torfmuseum

Das Torfmuseum im Schloss dokumentiert die Moorlandschaften westlich von Neustadt am Steinhuder Meer mit ihrem großflächigem Torfabbau. Das Museum gliedert sich in mehrere Bereiche, z. B. Entstehung von Moor und Torf, menschliche Nutzung des Rohstoffes Torf als Existenzgrundlage der Moorsiedler, Moorkultivierung sowie heutiger Schutz der Moore.
Literatur
- Veronica Albrink: „Große Pracht führen über Vermögen …“. Die Bauten und die Finanzen Erichs des Jüngeren von Braunschweig-Calenberg (1546-1584); in: Der Weserraum zwischen 1500 und 1650. Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur in der frühen Neuzeit, hrsg. vom Institut für Architektur-, Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland beim Weserrenaissance-Museum Schloss Brake, Marburg 1993, ISBN 3894451386
- Wolfgang Kunze: Leben und Bauten Herzog Erichs II. von Braunschweig-Lüneburg. Katalog zur historischen Ausstellung im Schloss Landestrost, Neustadt am Rübenberge; Hannover 1993