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Sealand

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Datei:Flagge sealand.jpg Datei:Wappen sealand.jpg
Nationales Motto: E mare libertas
(Latein: Freiheit aus dem Meere)
Landessprache Englisch
Regierungschef Fürst Roy von Sealand (selbsternannt; gelegentlich wird Fürstin Joan als Mitherrscherin genannt)
Staatsoberhaupt Prinzregent Michael von Sealand
Fläche 611 m²
Plattformbesetzer


 - Gesamt (2002)
 - Bevölkerungsdichte

(Not ranked)


1 (Fürst Roy)
1637/km²

Gründungsdatum Unabhängigkeitserklärung am 2. September 1967
Währung Sealand dollar ('SX$', 'SXD'?) gekoppelt an USD
Zeitzone UTC
Nationalhymne E Mare Libertas
Internet TLD keine
Ländervorwahl keine

Das selbsternannte Fürstentum Sealand ist ein seit 1967 selbständig erklärtes Territorium (sog. Mikronation), knapp 10 km von der Küste von Suffolk, England entfernt (51°53'40"N, 1°28'57"O). Sealand besteht aus einer aufgegebenen britischen Hochseefestung. Die Plattform ist 47 m lang und 13 m breit, die zwei hohlen Betonsäulen, auf denen die Festung ruht, haben einen Durchmesser von acht Meter und beherbergen in ihrem Inneren 7 Plattformen, welche je ca. 50 m² Fläche haben. Sealand wurde nie international als Staat anerkannt und liegt seit der Ausdehnung auf eine Zwölfmeilenzone innerhalb der britischen Hoheitsgewässer.

Geschichte

Die Station Roughs Tower wurde 1942 durch das Vereinigte Königreich gebaut und während des Krieges durch 150-300 Marinesoldaten bewohnt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges verwaiste die Festung.

Erst am 2. September 1967 wurde sie von Paddy Roy Bates besetzt, der als Betreiber eines Piratensenders von den britischen Behörden verfolgt wurde. Er beanspruchte die Station für sich, und da sie außerhalb der Zone britischer Hoheitsgewässer - damals drei nautische Meilen um die Küste - lag, befand er sich in Internationalen Gewässern und außerhalb der Jurisdiktion irgendeines Staates. Bates erklärte die Unabhängigkeit der Festung, nannte sie Sealand und erklärte sich und seine Frau zum uneingeschränkten Herrscher: Fürst Roy und Fürstin Joan.

1968 versuchte die Royal Navy, die Besetzer von Roughs Tower entfernen zu lassen. Fürst Roy feuerte als Antwort einige Schüsse auf die Boote ab, weshalb vor einem britischen Gericht Anklage gegen ihn erhoben wurde. Das Gericht verkündete seine Entscheidung am 25. November 1968 und stellte sich auf den Standpunkt, dass sich der Vorfall außerhalb britischen Territoriums ereignete und deshalb auch außerhalb der britischen Jurisdiktion lag.

In den folgenden 15 Jahren drangsalierte die britische Regierung die Besetzer von Sealand: sie sollten Sozialversicherungsbeiträge zahlen, Rundfunkgebühren und anderes, aber die Justiz entschied regelmäßig, dass Sealand kein Teil des Vereinigten Königreichs sei.

Im September 1975 verkündete Fürst Roy eine Verfassung von Sealand und ernannte den Deutschen Alexander Achenbach zum Außenminister und Regierungschef auf Lebenszeit.

Datei:Kartesealand.jpg
Karte von Sealand
Datei:Sealand station.jpg
Sealand aus der Luft

Als Fürst Roy im August 1978 für einige Tage abwesend war, putschten Achenbach und einige seiner Freunde gegen die Familie des Fürsten, erklärten ihn für abgesetzt und hielten Fürst Roys Sohn Michael kurzzeitig auf Roughs Tower in ihrer Gewalt. Einige Tage später setzten sie ihn in den Niederlanden in Freiheit. Fürst Roy engagierte mehrere gut bewaffnete Männer und eroberte mit einem Hubschrauber die Festung zurück. Die gefangenen Putschisten setzte er als angebliche Kriegsgefangene fest, aber verurteilte dann den deutschen Anführer Achenbach, der ja außer der deutschen auch die sealandische Staatsbürgerschaft besaß, zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe auf Roughs Tower. Die deutsche und niederländische Regierung intervenierte bei der britischen Regierung und versuchte die Freilassung der Gefangenen zu erreichen. Diese jedoch verweigerte jegliche Verantwortung mit Hinweis auf die Gerichtsentscheidung von 1968. Deutschland entsandte daraufhin einen Diplomaten nach Roughs Tower, um über die Freilassung des deutschen Staatsangehörigen zu verhandeln. Nach einigen Wochen entließ Prinz Roy den Gefangenen und betrachtet seither die diplomatischen Verhandlungen als De-facto-Anerkennung Sealands durch Deutschland.

Achenbach errichtete in Deutschland eine Exilregierung und betrachtet sich weiterhin als Regierungschef, während er Fürst Roy Verfassungsbruch vorwirft und ihn seit 1978 lediglich als gewaltsamen Besetzer ansieht. An Stelle von Fürst Roy setzte Achenbach als Staatsoberhaupt einen Syndikus ein, den Niederländer Dr. A. Oomen.

Der Anspruch Sealands de facto und de jure als eigener Staat anerkannt zu werden wurde wiederholt von Rechtswissenschaftlern analysiert. Ein Ergebnis ist, dass die Bedingungen der Konvention von Montevideo erfüllt sein müssen: ein definiertes Staatsgebiet, dauerhafte Bevölkerung, eine eigene Regierung und die Möglichkeit, in Beziehungen mit anderen Staaten einzutreten. Diese Kriterien werden von Sealand erfüllt, sieht man einmal davon ab, dass die permanente Bevölkerung sehr klein ist.

Ein rechtliches Argument gegen die Staatseigenschaft von Sealand ist die Anerkennung durch andere Staaten, die einen Staat durch die Anerkennung anderer Staaten definiert. Nach dieser Theorie ist Sealand kein eigenständiger Staat.

Seit der Gerichtsentscheidung von 1968 haben sowohl Großbritannien als auch Sealand in Übereinstimmung mit der Konvention der Vereinten Nationen über Seerecht von 1982 ihre Territorien in eine Zwölfmeilenzone rund um die Küsten ausgedehnt. Die Frage ob die Unabhängigkeit Sealands rechtmäßig sei, stand dabei nie zur Debatte.

Großbritannien hat nie versucht, seine staatliche Hoheit auf Roughs Tower auszudehnen. Es scheint Politik zu sein, sich nicht zu Sealand zu äußern oder zu handeln, wenn man nicht dazu gezwungen ist. Nach Ende der dreißigjährigen Geheimhaltungsfrist sind nun Dokumente öffentlich geworden, die zeigen, dass das Vereinigte Köngreich Pläne entwickelt hatte, die Festung zurückzuerobern. Diese wurden aber durch den Premierminister aufgrund der Möglichkeit, dass dabei Soldaten ihr Leben lassen könnten, sowie der damit verbundenen rechtlichen Probleme und dem Bild in der Öffentlichkeit, zurückgestellt.

Sealand verfügt über eine Reihe von für einen Staat typischen Eigenschaften: eine Verfassung, eine Flagge, eine Nationalhymne, ein nationales Motto, eigene Briefmarken, eine eigene Währung (1 Sealand-Dollar entspricht einem US-Dollar), sowie eigene Pässe. Gefälschte Sealand-Pässe wurden auch verkauft und sind in einige Kriminalfälle verwickelt, darunter auch der Mord an Gianni Versace. Die Regierung von Fürst Roy und die Exilregierung in Deutschland werfen sich gegenseitig vor, Pässe zu fälschen und im großen Stil zu verkaufen.

Seit der dritten Konferenz zum Seerecht sind legale Staatengründungen nach dem Beispiel Sealand nicht mehr möglich. Der nächste benachbarte Staat muss nun die Verantwortung für künstliche Konstruktionen im Meer übernehmen. Darüber hinaus sind nach der dort verabschiedeten Konvention nicht mehr benötigte Konstruktionen unmittelbar nach Außergebrauchstellung zu entfernen.

Wirtschaft

Roys Sohn Michael wurde Teilhaber von Ryan Lackey, dem Gründer der Firma HavenCo. Diese nutzt Sealand als elektronischen Datenhafen und bietet sicheres Datenhosting auf Sealand an.

Recht

Roy von Sealand erklärte die Souveränität als einseitige Unabhängigkeitserklärung und beauftragte später die Sealand State Corporation mit der Entwicklung des Landes. Das Rechtssystem entspricht dem Gewohnheitsrecht.

Verfassung

Fürst Roy führte 1995 eine Verfassung mit Präambel und sieben Artikeln ein, die die Unabhängigkeit des Staates bestätigen, die konstitutionelle Monarchie festschreiben, legislative und judikative Strukturen einführt, Waffen verbietet (mit Ausnahme der Wachen) und die Thronfolge regelt.

Regierungsstruktur

Neben dem Souverän und Staatsoberhaupt Prinz Michael (2003) besteht die Regierung aus dem Senat, dem Generalstaatsanwalt, der Sealand-Wache und dem Büro des Staatsoberhauptes. Diese besteht eigentlich aus drei Büros: dem Büro für innere Angelegenheiten, für externe Angelegenheiten und dem Büro für Post, Telekommunikation und Technologie.

Die selbsternannte Regierung der Exilanten besteht mind. aus Prof. Alexander Achenbach, dem Syndikus Dr. A. Oomen in der Funktion des Staatsoberhauptes sowie dem Minister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit Johannes Seiger und dem Minister für besondere Angelegenheiten, Hans-Jürgen Sauerbrey. Es soll ebenfalls ein Sicherheitsdienst existieren.

Auf den Web-Seiten der selbsternannten Exilregierung werden zur Zeit als Regierung von Sealand außer dem Syndikus Dr. A. Oomen noch Johannes W. F. Seiger - als Premierminister (Ministerpräsident) und Staatsratsvorsitzender - sowie Josef Baier als Außenminister genannt..

Auf der Internetseite der sog. selbsternannten Exilregierung werden nationalsozialistische Inhalte vermittelt. U.a. wird dort behauptet, dass die USA vom Judentum unterwandert sei und es als erwiesen gilt, dass nur eine halbe Million Menschen durch den Holocaust getötet wurden. Die "Exilregierung" und die "Komissarische Reichsregierung" erkennen sich gegenseitig als Staaten an, letztgenannte erkennt wiederum die Bunderrepublik Deutschland nicht an, mit der Begründung, das Deutsche Reich sei nicht untergegangen.

Judikative

Der Generalstaatsanwalt kann angesichts entsprechender Umstände ein Tribunal einberufen. Die letzte Entscheidung verbleibt aber beim Staatsoberhaupt.

Post

Sealand-Briefmarken werden zumindest zur Korrespondenz des Regierungsbüros genutzt und auf Sealand gestempelt. Von der königlich britischen Post werden sie nochmals entwertet. Die Adresse lautet Sealand, 1001, Sealand Postsack, IP11 9SZ, United Kingdom. Die königlich britische Post und Webseite derselben verwendet die Adresse der nächstliegenden Ortschaft: Sealand Fort, PO Box 3, Felixstowe, IP11 9SZ.

Die Adresse der Exilregierung in Deutschland: Fürstentum Sealand, SEALAND HOUSE, Postfach 1128, 14956 Trebbin - Löwendorf