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Langschiff

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Als Langschiffe bezeichnet man Ruderschiffe, die erheblich länger als breit sind. Viele antike Kulturen, darunter große Seefahrervölker, kannten Langschiffe.

Griechische Langschiffe waren Ruderschiffe, die von den Griechen bereits im 1. Jahrtausend v. Chr., also vor der Entwicklung von Galeeren mit mehreren Reihen von Riemen, gebaut wurden. Diese Schiffe (beispielsweise die Schiffstypen der Pentekontere (Fünfzigruderers) und Triakontere (Dreißigruderers)) besaßen zum Teil beträchtliche Ausmaße: Die Länge einer Pentekontere wird auf 35 bis 40 Meter geschätzt.

Das älteste erwähnte Langschiff ist die Argo in der Argonautensage, auf der Jason und die Argonauten nach Kolchis fuhren, um das goldene Vlies zu erobern.

Aus den griechischen Langschiffen wurde – vermutlich um 800 v. Chr. – die Bireme entwickelt.

Einige römische und spätantike Schiffstypen lassen sich als Langschiffe bezeichnen, so z. B. die Navis lusoria.

Das sächsische Langschiff oder Langboot war eine Parallelentwicklung zum Wikingerlangschiff und diesem sehr ähnlich.

Im Jahre 1939 wurde in Sutton Hoo über dem Fluss Deben, East Anglia ein Langschiff von 24 Meter Länge gefunden, das im 7. Jahrhundert als Grab für einen englischen König diente, vermutlich Raedwald dem Roten.

Schiffbau wie bei den Wikingern in Roskilde

Das Langschiff der Wikinger ist ein Schiffstyp, der hauptsächlich für militärische Zwecke verwendet wurde. Handelsschiffe wurden Knorren genannt und waren deutlich breiter. Die frühen Langschiffe, wie das 23 Meter lange Nydam-Schiff aus Nydam/Süddänemark aus dem 4. Jahrhundert, das in Schleswig ausgestellt ist, waren noch reine Ruderschiffe. Spätere Langschiffe hatten einen Mast mit einem Rahsegel. Das Steuerruder war seitlich an Steuerbord. Jedes Schiff musste auch einen Anker haben.

Langschiffe wurden in Klinkerbauweise gebaut und mit in Teer getauchtem Moos oder mit einer Mischung aus Schafswolle und Kiefernpech abgedichtet. An den Überlappungen wurden die Planken mit Sehnen oder auch Metallnieten zusammengehalten. Sämtliche hölzerne Schiffsteile aller Schiffstypen wurden mit verschiedenen Beilen aus Baumstämmen nach der jeweiligen Maserung gespalten, so dass das Holz in Faserrichtung brach. Auch die Planken wurden nicht gesägt, denn gerissenes Holz behält seine Faserstruktur und ist damit wesentlich stabiler als gesägtes. Daraus ergab sich insgesamt eine enorme Festigkeit und Belastbarkeit. Wie es den Wikingern gelang, die geeigneten Bäume zu erkennen, die gerade und nicht verdreht gewachsen waren, ist noch nicht bekannt. Einen gewissen Aufschluss über den Bau und die Arbeitsteilung gibt das Gulathingslov:

„§ 306: Nun wird das Schiff vom Alter heimgesucht, und sie sollen ein anderes bauen. Da sollen sie es dort bauen, wo sie es gebaut haben wollen, und weder Acker noch Wiese beschädigen. Nun soll des Königs Land dazu genommen werden, wenn es vorhanden ist. Ist es nun nicht vorhanden, so soll man eine Stelle in der Mark eines jeden nehmen, der dazu bereit ist. Und wenn man mehrere Schiffe bauen soll, da soll man nicht die Mark eines (einzigen) Mannes beschädigen. Nun verteilen sie den Baubedarf untereinander. Die, welche erlosen, den Kiel oder die Steven zu stellen, die mittlere Beplankung oder die Stevenplanken, sie bezahlen eine Mark, wenn eines fehlt. Oberbordstück am Vordersteven und das zugehörige Spant, für jedes Holz, das da fehlt, da soll man büßen mit drei Öre und das Holz heranschaffen, auch wenn es später sei. Drei Öre sind festgesetzt für jedes Innenholz, das quer über das Schiff geht. Ein Öre für jeden Balken, doch auch ein Öre, wenn nur eine Klaue fehlt. Drei Öre für den Mast und ebenso für die Ra und ebenso für alle Langhölzer, wenn sie im Innern des Schiffes liegen. Nun soll es einen Öre gelten für jede Bordplanke, die man haben muss, doch auch einen Öre, wenn nur eine Elle fehlt.; und man soll das Stück liefern, wenn es auch später sei. Ein Öre für jeden Nagel und Beschlagknopf. Ein Öre für jeden Eimer Teer. Ein Öre für jede Plankenabdichtung („siðrauðr“, nach Fritzner nur an dieser Stelle verwendet und nicht bekannt) und auch ein Öre, wenn nur eine Elle fehlt. Ein Öre für jede (nicht gelieferte) Mahlzeit (der Bauleute). Ein Öre für jeden Pfennig, den die Bauleute verdienen sollen. Nun soll man alle Schiffbauer anfordern, die innerhalb des Viertels sind, bis es genug sind. Jeder Stevenbauer ist straffällig mit sechs Mark, wenn er sich dem entzieht, die Arbeit zu übernehmen. Nun haben sie den Kiel auf das Gebälk der Unterlage gelegt und den Bau begonnen. Wenn da einer von ihnen fortläuft von dem Bau: Läuft ein Stevenbauer oder ein Bordbauer davon, da ist der Stevenbauer oder der Bordbauer friedlos, weil er dem König die Landesverteidigung schädigt. Nun sollen die Bauleute ihr Geld verdienen: Der Stevenbauer zwei Öre zu sechs Ellen an den Werktagen zwischen den Sonntagen und der Bordbauer 1 Öre. ...“

Das Rechtsbuch des Gulathings. Übs. von Rudolf Meißner. Weimar 1935.

Aufschlussreich ist nach § 301:

„Nun löst man das Schiff von den Landfesten und ein Mann nimmt seine Halbbank nicht ein, da soll man seinen Riemen aufrichten und eine Buße von drei Mark ihm zu Handen feststellen. Eine Witwe soll ihren Anteil des Proviants und alle Ausrüstung zum Schiff bringen und dem Schiffsführer anbieten, wenn sie keinen Mann für sich an der Riemenschlinge hat. Nun sind sie nicht startklar, wenn auf einem Zwanzigsitzer (vierzig Ruderer) fünf Plätze oder mehr unbesetzt sind. Nun soll der Landherr oder Amtswalter, der das Landesachtel zu betreuen hat, die fünf Riemenschlingen besetzen und nicht weniger. Nun sollen sie ihre Mannschaft anderen Schiffen anbieten, wenn sie nicht seeklar werden. Wenn diese sie nicht übernehmen, da sind sie straffrei, wenn sie zu Hause bleiben, und sie sollen dann den Proviant dem Amtswalter übergeben, für den König aufzubewahren. Wenn sie heimkommen und Anspruch auf Mannschaftsgestellung erheben und sie nicht bekommen, da sollen sie vom Kiel abschlagen und ihr Schiff verkürzen, wie sie Mannschaft dafür haben. Aber sie dürfen es nicht kürzer machen, als dass man es noch nach den Ruderbänken benennen kann. Wenn es weniger sind, als dass sie einen Dreizehnsitzer bemannen können, da sollen die auf das Thing fahren und sich zur Aufrechnung anbieten mit anderen Männern. ...“

Das Rechtsbuch des Gulathings

Aus diesen Vorschriften lässt sich entnehmen, dass es offenbar für bestimmte Baumaßnahmen Spezialisten gab, auf die man nicht verzichten konnte, wie die Strafandrohung bei Verweigerung zeigt. Weiterhin konnte ohne Gefahr für die Stabilität des Schiffes der Rumpf nachträglich verkürzt werden. Schiffe für den Kampfeinsatz durften nicht kürzer als 13 Ruderbänke sein. Aus der Zahl der fünf fehlenden Ruderer kann nichts über die Gesamtzahl geschlossen werden; denn auch bei doppelter Besetzung zur Ablösung führte das Fehlen der Ablösung für fünf Ruderer dazu, dass das Schiff nicht auslaufen konnte.

Über die Qualität des Rumpfes sagt § 310:

„Nun sendet der König seine Leute in das Fylke, das Schiffszeug und die Männer zu prüfen, und diese oder der Schiffsführer bezeichnen das Schiff als nicht seeklar. Aber die jeweils andere Seite bezeichnet es als seeklar. Da soll man Männer aus einer anderen Schiffsgestellung berufen, die sollen beschwören, ob das Schiff seeklar ist oder nicht. Aber wenn sie nicht schwören wollen, da sollen jene ihr Schiff zu Wasser bringen und ihr Fahrzeug prüfen. Sie sollen es fünf Nächte zur Dichtung liegen lassen und dann ausschöpfen. Wenn nun ein Mann das Schiff durch Schöpfen trocken halten kann hinaus auf die Küstenfahrstaße, da ist das Schiff seeklar.“

Das Rechtsbuch des Gulathings

Die Langschiffe wurden gerudert und gesegelt. Der Tiefgang der Langschiffe betrug nur 90 cm bei voller Beladung und sie erreichten eine Maximalgeschwindigkeit von 15 bis 20 Knoten! Sie waren sowohl mit dem Segel als auch mit den Rudern extrem schnell. Wenn gerudert wurde, dann musste über größere Strecken ein ständiger Wechsel der Rudermannschaft stattfinden, was die Besatzungsanzahl erhöhte und diese somit schwer bestimmbar macht. Aus dem Gokstad-Schiff, das 32 Ruderlöcher aber 64 Schilde hatte, ist beispielsweise zu folgern, dass mit einer doppelten Besatzung zu rechnen ist, die sich gegenseitig auswechselte. Zusätzlich hatten die Langschiffe meistens einen umlegbaren Segelmast, der in kürzester Zeit (ca. 1,5 Minuten) auf- und abgebaut werden konnte. Die Transportkapazität orientierte sich an der Beförderung von Menschen und von Gütern geringen Volumens mit hohem Wert, damit die Geschwindigkeit des Bootes gewahrt blieb. Neben der Möglichkeit von Fahrten über lange Entfernungen konnten die Wikinger mit ihren Schiffen nicht nur in flachen Gewässern segeln, sondern ebenfalls entlang der Flüsse, selbst unter flachen Brücken hindurch, tief in das jeweilige Landesinnere vordringen. Dabei gelang es ihnen, so schnell die Flüsse heraufzufahren, dass auch reitende Boten keine Vorwarnung mehr geben konnten. Außerdem ermöglichte der geringe Tiefgang der Schiffe ein schnelles Anlanden an Sandstränden.

Datei:Wikingerschiff.jpg
Nachbau eines Langschiffs

Die Segel waren oft farbig, aber nicht nur rot-weiß, wie auf den Darstellungen der Neuzeit. Als Knut der Große von England aufbrach, um Olav den Heiligen aus Dänemark zu vertreiben, wird seine Flotte geschildert:

„Knútur hinn ríki hafði búið her sinn úr landi. Hafði hann óf liðs og skip furðulega stór. Hann sjálfur hafði dreka þann er svo var mikill að sextugur var að rúmatali. Voru þar á höfuð gullbúin. Hákon jarl hafði annan dreka. Var sá fertugur að rúmatali. Voru þar og gyllt höfuð á en seglin bæði voru stöfuð öll með blá og rauðu og grænu. Öll voru skipin steind fyrir ofan sæ. Allur búnaður skipanna var hinn glæsilegsti. Mörg önnur skip höfðu þeir stór og búin vel.“

„Knut der Mächtige hatte ein Heer zusammen, um das Land verlassen zu können. Er hatte eine außerordentlich große Streitmacht und wunderbar große Schiffe. Er selbst hatte ein Drachenschiff. Das war so groß, dass es 60 Ruderbänke zählte, und darauf waren vergoldete Drachenköpfe. Jarl Håkon hatte auch ein Drachenschiff. Dieses zählte 40 Ruderbänke. Auch dieses trug vergoldete Drachenköpfe. Aber die Segel waren blau, rot und grün gestreift. Diese Schiffe waren überall über der Wasserlinie bemalt, und ihre ganze Ausrüstung war die prächtigste. Noch manch andere Schiffe hatten sie, groß und herrlich ausgerüstet.“

Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 147. Übs. von Felix Niedner.

Möglicherweise gab es auch einfarbige Segel, denn der Skalde Sigvat, der die Flotte gesehen hat, schreibt in seinem Preisgedicht: Vorlage:Spalten Viele Schiffe konnten auch gewisse Strecken über Land transportiert werden. So heißt es von Olav dem Heiligen: (Der König] ließ die Schiffe über die Landrücken zwischen den Seen bringen.[1]

Die Geschwindigkeit der Wikingerschiffe war, wie schon beschrieben, beachtlich. Das belegen auch Fahrversuche mit verschiedenen Nachbauten. Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf langen Strecken dürfte um 7 Knoten gelegen haben, das entspricht der Maximalgeschwindigkeit eines heutigen Familienseglers. 1893 unternahm Magnus Andersen mit einem Nachbau des Gokstad-Schiffes eine Fahrt von Norwegen nach New York. Bei günstigen Windverhältnissen erreichte er 11 Knoten (fast 20 km/h). Magnus Andersen konnte nachweisen, dass sich die Gokstad mit nur einem Mann auch bei schwerstem Seegang steuern ließ. Dass der Bootskörper aufgrund der elastischen Spantenverbindungen den Kräften des Wassers nachgeben konnte, erwies sich als äußerst vorteilhaft. Er überquerte mit nur 27 Tagen Fahrzeit den Atlantik doppelt so schnell wie ein Nachbau der Santa Maria des Christoph Kolumbus. Die mit rund 10 Metern besonders kurze Heimlösa Rus erreichte 12,4 Knoten. Mit der – ebenfalls relativ kleinen – Helge Ask, einem Nachbau des Schiffswracks Nr. 5 aus dem Roskilde-Fjord, wurden 14 Knoten erreicht. Es spricht viel dafür, dass die größeren und schlankeren Langschiffe noch deutlich höhere Maximalgeschwindigkeiten erreichen konnten.

Ebenso beachtlich war die Seetüchtigkeit. 1968 fuhr eine Gruppe von 32 dänischen Pfadfindern mit dem Langschiff-Nachbau Imme Gram die Themse stromauf und versuchte das Schiff zum Kentern zu bringen. Trotz aller Anstrengungen gelang dies nicht.

Nach der Länge unterschied man mehrere Typen:

  • Skuta (Namensgeber für die heutigen Schuten)
  • Skarfi um 20 Meter lang, z. B. Oseberg-Schiff
  • Snekka um 30 Meter lang, z. B. Gokstad-Schiff, auch als Haithabu-Schiff bekannt
  • Skeith oder Skaid über 30 Meter lang und mit bis zu 60 Riemen ausgestattet
  • Dreki oder Drakkar (Drachen), bis zu 50 Meter lang und mit über 60 Riemen ausgestattet. (Der Begriff des Drakkar wird häufig in Sachbüchern verwendet, ist aber grammatisch falsch und existiert im Altnordischen nicht.)

Das größte Schiff war nach der Überlieferung der Ormurin langi.

Viele Informationen über den Aufbau von Langschiffen stammen aus Schiffsgräbern. Es war in der Wikingergesellschaft gebräuchlich, Könige unter einem länglichen Grabhügel in einem Schiff mit reichen Grabbeigaben zu begraben. Das Schiffsgrab in Oseberg in Norwegen (Wikingerlangschiff) ist dafür ein gutes Beispiel.

Fußnoten

  1. Heimskringla Ólafs saga helga. Kap. 121.

Siehe auch

Literatur

  • Dirk Husemann: Reformstau im Drachenboot. in: Abenteuer Archäologie. Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., Heidelberg 2006, 1, 78ff. ISSN 1612-9954
  • Dirk Husemann: Reformstau im Drachenboot. in: Spiegel-Online. vom 12.03.2006.
  • |Frédéric Durand]], Les Vikings et la mer, éditions errance, Paris, 1996